Kapitel 2
Simon
Der Kollege am Lehrerinnentisch stand auf, wollte wohl zur Toilette. Vielleicht verriet er ihm die Nummer der schönen Mona?
Simon sprang auf, ging dem anderen nach, wartete vor der Türe auf ihn.
Als er zurückkam, sprach Simon ihn an. „Ah, sorry!" Er war ein wenig verlegen. „An deinem Tisch sitzt ein hübsches Mädchen, Mona heißt sie, glaube ich! Hättest du vielleicht eine Telefonnummer von ihr?"
Er kam sich zwar total bescheuert vor bei seinen Worten, aber einen Versuch war es durchaus wert!
Der Kollege sah ihn schmunzelnd an. „Mona ist nicht hübsch, Mona ist schön!" wies er ihn zurecht.
Simon grinste ihn an. Wenigstens ließ er ihn nicht einfach stehen.
„Ja, da bin ich durchaus deiner Meinung!"
„Aber ich kann dir nicht einfach ihre Nummer geben!" gab der Kollege zu bedenken.
Er schien zu überlegen, zog einen Block und einen Stift aus seiner Jackentasche, riss einen Zettel heraus, gab ihn mit dem Kuli an Simon weiter. „Schreib deine Nummer auf, bitte sie, dir ihre zu geben!"
Simon schrieb seinen Namen, seine Nummer, malte doch tatsächlich ein Herz dazu, zog einen Strich, schrieb auf die zweite Hälfte: Mona, zog eine Zeile für ihre Nummer.
„Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dich anrufen dürfte!" schrieb er darunter, gab den Zettel an Paul zurück.
Das war so ziemlich der schrägste Anmachversuch meines Lebens! dachte er lächelnd.
Er setzte sich an seinen Tisch zurück, wollte beobachten, wie sie reagierte, wenn der Kollege ihr seine Botschaft brachte.
Sie las den Zettel, sah zu ihm, zögerte.
Er lächelte sie an. „Bitte!" sagte er stumm.
Mona
Paul stand auf, musste wohl zur Toilette.
Der gutaussehende Mann sprang auf, ging ihm nach.
Als der Kollege zurückkam, ging er zu Mona. Er legte ihr ein Blockblatt hin.
„Der junge Mann da drüben möchte deine Telefonnummer!" sagte er lächelnd.
Sie sah überrascht zum Nachbartisch. Der Typ legte seine Hand auf sein Herz.
So ein Spinner! dachte sie, und ihr Herz machte ein paar verrückte Sprünge.
Ja, klar! Ihre Nummer!
Und dann?
Nichts wahrscheinlich!
Er würde sich zusammen mit seinen Freunden lustig über sie machen!
Über die dumme Blonde, die ihre Nummer jedem gab!
Andererseits sah er wirklich toll aus!
Vielleicht sollte sie einfach den Spaß mitmachen?
Vielleicht sollte sie einfach mal etwas Verrücktes wagen ?
Etwas, das andere mit 20 machten?
Flirten, auf ein Date hoffen, sich womöglich wirklich mal mit ihm treffen?
Warum denn auch nicht?
Warum sollte es ihr denn nie passieren, dass ein solcher Mann sich für sie interessierte?
Vielleicht?
Vielleicht?
Sie sah noch einmal zu ihm. Sein Lächeln schien intensiver geworden zu sein! Hatten seine Lippen gerade das Wort „Bitte!" geformt?
Egal!
Sie machte das jetzt!
Sie schrieb ihre Nummer auf, riss die Hälfte des Blattes ab, die Hälfte mit dem Herzen, seiner Nummer und diesem einen Satz: „Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dich anrufen dürfte!" behielt sie.
Paul brachte die andere Hälfte zurück zu Simon.
Simon
Simon strahlte zu ihrem Tisch hinüber.
Nun, kein Herz, keine Nachricht, aber ihre Nummer!
Besser als nichts!
Sein Herz tanzte seltsam!
Okay, flirten, anmachen, anbaggern machte ihm immer viel Spaß.
Diese ersten Blicke, das erste Lächeln, die ersten Worte, das Kribbeln im Bauch, wenn ihm ein Mädchen gefiel, ein erstes Date, der erste Kuss, die erste Nacht, manchmal eine zweite, aber meistens war der Rausch dann schnell vorbei!
Es war die Jagd, die ihn interessierte!
Aber diesen Tanz in seinem Inneren hatte er noch nie gefühlt, da war er sich sicher.
„Tanz in deinem Inneren? Spinnst du jetzt komplett, Simon?" schalt er sich und lachte leise in sich hinein.
Thorsten sah ihn fragend an. „Sag mal, was ist denn mit dir heute los? Du bist schon sehr seltsam drauf. Machst Grimassen, führst Selbstgesprächen, war da was in deinem Essen? Was war denn das für ein Zettel?"
Simon grinste ihn nur an. Sollte er womöglich zugeben, dass er sich verliebt hatte?
In ein Mädchen, mit dem er noch kein Wort gesprochen hatte, von dem er nichts wusste als den Vornamen und die Telefonnummer, falls die stimmte.
Der Gedanke traf ihn schmerzhaft.
Papier war geduldig.
Was, wenn sie sich einen Spaß mit ihm machte?
Er sah, wie sie zahlte, aufstand, zum Tor ging.
Verdammt, wenn er sie jetzt gehen ließ, und die Nummer war ein fake, würde er sie nie wieder sehen.
Er warf einen großen Schein auf den Tisch. „Zahlt ihr bitte! Ich muss los!"
Thorsten schüttelte den Kopf über Simon.
Der lief in der Zwischenzeit der blonden Schönheit nach, holte sie bei ihrem Auto ein.
„Mona!" rief er. „Warte bitte!"
Sie drehte sich zu ihm um, lächelte ihn an.
Aus der Nähe war sie noch schöner!
Im Licht der Laterne sah er ihre Augen.
Dunkelblau, fast Lila.
Oder Violett?
Er hatte den Unterschied zwischen den beiden Farben nie recht verstanden.
Mein Gott, was für Gedanken! Bist du bescheuert?
Er zog sein Handy aus der Hosentasche, wählte die Nummer, die sie ihm aufgeschrieben hatte, hörte erleichtert das Klingeln in ihrer Handtasche.
Sie lachte. „Du hast gedacht, ich gebe dir eine falsche Nummer? Nein, solche Tricks habe ich nicht drauf."
Sie sah ihn an, zog ihr Handy aus der Tasche, wählte seine Nummer. Es klingelte in seinen Händen.
„Okay!" sagte sie und schien zufrieden zu sein. „Du offensichtlich auch nicht."
Er konnte nicht mehr.
Sie sah ihn so süß an, sie war so süß, sie war so schön.
Er griff nach ihrem Kopf, zog ihn vorsichtig zu sich, musste sie jetzt küssen, sonst würde er sterben.
Sanft streiften seine Lippen über ihre, er achtete auf ihre Reaktion, seine Zunge spielte an ihren Mundwinkeln, bat darum, dass ihre Lippen sich ihm öffneten, was sie auch taten.
Ihre Zungen trafen sich, spielerisch, nicht fordernd, nur gebend.
Schweratmend löste er sich von ihr, streichelte ihr schönes Gesicht.
Dann stellte er ihr die Frage, die ihn seit einiger Zeit quälte, diese idiotische Frage, deren Beantwortung ihn in der folgenden Nacht um seinen Schlaf bringen würde: „Wer ist Fabian?"
Sie wich seinem Blick aus, sah an ihm vorbei in die Nacht. „Mein Mann" antwortete sie.
Ihr Mann! Ihr Mann! Ihr Mann!
Verdammt!
Ihr Freund wäre ja noch okay gewesen!
Aber ihr Mann?
Sie sagte noch etwas, er verstand es nicht, das Blut rauschte in seinen Ohren.
Er drehte sich um, ging wortlos zu seinem Auto, raste nach Hause.
Verdammt! Verdammt! Verdammt!
Er schlug auf das Lenkrad ein.
Warum brannten seine Augen so?
Heulte er?
Nie und nimmer heulte er wegen einer Frau, die er gar nicht kannte.
Mona
Mona merkte, wie müde sie wurde.
Die letzten Schultage forderten ihren Tribut, die ständigen Diskussionen mit Fabian taten ihr Übriges. Sie konnte den Unterhaltungen am Tisch kaum noch folgen.
Sie wollte nach Hause, sie wollte von diesem Mann da drüben ein bisschen träumen, dem Mann, der sie so angestrahlt hatte, als er ihre Nummer in Händen hielt.
Diesem so gut aussehenden Mann.
Im Tagträumen war sie gut.
Sie konnte stundenlang auf dem Sofa liegen oder auf dem Balkon, sich Szenarien ausmalen, wie sie die Liebe ihres Lebens fand.
Nur in der Praxis klappte das alles nie.
Sie zahlte, verabschiedete sich von den Kolleginnen und Paul, versprach halbherzig, sich bei der einen oder anderen mal zu melden und ging zu ihrem Auto.
Da hörte sie plötzlich hinter sich eine Stimme: „Mona! Warte bitte!"
Sie drehte sich um, der lange Kerl kam ihr hinterher gelaufen.
Er sah sie eine Weile wortlos an, betrachtete sie eingehend.
Ihr Herz klopfte.
Das war heute schon alles sehr seltsam.
Er zog sein Handy aus der Hosentasche, wählte anscheinend ihre Nummer, ihr Telefon läutete in der Handtasche.
Sie lachte. „Du hast gedacht, ich habe dir eine falsche Nummer gegeben? Nein, solche Tricks habe ich nicht drauf!" Da wäre sie ja im Traum nicht darauf gekommen.
Aber scheinbar lief das auch manchmal so ab!. Sie hatte ja überhaupt keine Erfahrung beim Daten, beim Flirten, darin, angebaggert zu werden. Seit sie das andere Geschlecht wahrgenommen hatte, war sie in festen Händen gewesen.
Sie wollte das Spiel aber mitmachen, wählte seine Nummer, sein Handy klingelte.
„Okay, du offensichtlich auch nicht." sagte sie lächelnd, sah ihn offen an, wich seinem Blick nicht aus.
Was würde jetzt passieren? dachte sie, als ihre Augen aneinander hängen blieben.
Und es passierte etwas, was ihre Tagträume endlich einmal mit Inhalt füllen würde.
Er küsste sie.
Und wie er sie küsste.
Wow!
Der hatte es echt drauf.
So einen zärtlichen Kuss hatte sie noch nie erlebt.
So, so, so liebevoll.
Liebevoll? Jetzt spinnst du total! schalt sie sich.
Er ließ sie los, streichelte ihr Gesicht.
Blitze schossen durch ihren Körper, ihr Herz raste.
„Wer ist Fabian?" fragte er leise. Er schien einiges von den Gesprächen an ihrem Tisch mitbekommen zu haben.
Jetzt wich sie seinem Blick aus. Was sollte sie diesem tollen Mann antworten, der sie gerade so geküsst hatte?
Irgendetwas erfinden?
Aber was sollte das für einen Sinn haben?
„Mein Mann!" antwortete sie und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: „Wir haben uns getrennt."
Aber da war er schon erstarrt, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, drehte sich um, ließ sie einfach stehen. Kurz darauf raste ein Sportcoupé an ihr vorbei.
Sie sah gerade noch, wie er mit der Faust auf das Lenkrad schlug.
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