Kapitel 17
„Hast du was Neues für mich reinbekommen?" fragte er Brigitta.
„Ein paar Shirts, ja! Und den Ledermantel, den Mona hat, gibt es auch für Männer, dann noch die neue Jeanskollektion, ganz schmal geschnitten."
„Zeigen!" Er schlüpfte in die Shirts, sah Mona an, wählte die aus, bei denen ihre Augen zu flimmern begannen.
Die Jeans nahm er in fünf verschiedenen Waschungen und Farben, weil ihre Zunge über ihre Lippen fuhr, als er die erste probierte.
Der Ledermantel musste unbedingt sein, weil sie die Augen schloss, tief einatmete, den Blick abwendete, als er ihn anhatte.
Er blinzelte Brigitta zu, sein Daumen hob sich. Gut gemacht! hieß das.
„Okay! Ich mach dann alles fertig. In einer Stunde könnt ihr die Sachen abholen. Auf Monatsrechnung, wie immer?"
„Nein, ich zahle selbst!" wehrte Mona ab.
Er schob sie zum Laden hinaus. „Ich zieh's dir vom Gehalt ab!" bestimmte er lachend.
Vor dem Laden nahm er sie in den Arm. „Das hat Spaß gemacht!" Er wirbelte sie im Kreis herum. „Ich liebe dich! Ich liebe dich! Ich liebe dich!" rief er.
Mona war vollkommen hin und weg von dem lustigen, aufgedrehten Kerl.
„Aber verrückt ist einer von uns beiden schon!" sagte sie, lächelte ihn aber an, ihre dunkelblauen Augen strahlten mit seinen hellblauen um die Wette.
„Echt?" antwortete er. „Also ich bin's nicht."
Nach einem sehr langen Kuss gingen sie zum Essen in eines der teuersten Restaurants der Stadt. Wieder wurde er mit Namen begrüßt, sie wurden zu einem Tisch geführt. Man nannte sie gnädige Frau, schob ihr den Stuhl zurecht. Die Preise waren astronomisch, das Essen vorzüglich.
„Der Koch ist exzellent!" zog sie ihn auf.
„Aber bestimmt ein schlechter Liebhaber!" schoss er zurück.
Sie lachten leise, küssten sich vorsichtig, streichelten sich ein bisschen.
Der Geschäftsführer kam mit zwei Gläsern Champagner, erkundigte sich nach Simons Eltern, nach seinen Geschäften.
„Danke, ich könnte nicht klagen!"
Da der Mann immer wieder neugierig zu Mona sah, stellte Simon sie vor. Dann konnte er auch endgültig sicher sein, dass die Klatschpresse darüber informiert würde, dass er vom Markt war.
„Darf ich vorstellen: Mona, meine zukünftige Frau!"
„Sehr erfreut!" Damit verabschiedete er sich schnell, er musste seinen Freund informieren, vielleicht konnte der auch unauffällig ein Foto schießen, wenn die beiden das Lokal verließen.
„Was machen deine Eltern eigentlich?" fragte Mona.
„Mein Vater hat eine Kanzlei. Steuer- und Wirtschaftsberatung, meine Mutter repräsentiert!"
„Versteht ihr euch gut?"
„Wir hatten eine Zeit lang Sendepause, weil er sauer war, dass ich nicht bei ihm einsteigen wollte. Aber nach dem Tod meines Bruders haben wir uns langsam wieder angenähert."
„Oh! Dein Bruder ist gestorben? Wie furchtbar!"
Er sah an ihr vorbei, versuchte die Tränen zu unterdrücken. „Mein Zwillingsbruder Max, ja!"
„Was ist passiert?" Sie legte ihre Hand auf seine, hielt sie tröstend fest.
Er wischte über seine Augen. „Eine Frau hat ihm übel mitgespielt. Er hat sie im ersten Semester kennengelernt, er hat Medizin studiert. Meine Eltern haben uns großzügig unterstützt während des Studiums, dem Biest hat das ganz gut gepasst, auf seine Kosten zu leben, so brauchte sie nicht zu jobben. Als sie fertig war, ist sie mit seinem besten Freund nach Amerika abgedampft. Zwei Tage später ist er mit seinem Auto gegen einen Brückenpfeiler gekracht, ohne Bremsspuren."
„O Gott! Was für ein sinnloser Tod!" stellte sie entsetzt fest.
Simon sah sie an. Sie hatte alle seine Gefühle auf den Punkt gebracht. Die Sinnlosigkeit dieses Todes war das, was ihn am meisten fertig gemacht hatte in den letzten Jahren. Sein Bruder wäre über alles weggekommen, hätte ein wunderbares Leben vor sich gehabt, wenn er sich Zeit gegeben hätte, damit fertig zu werden.
Warum hatte er sich diese Zeit nicht gegeben?
„Daher kommt wahrscheinlich auch deine Beziehungsangst!" dachte sie laut.
„Möglich! Aber die hatte ich auch schon vorher. Gut, ich hatte schon lange geahnt, dass sie ihn ausnutzt, ein Außenstehender sieht das wohl eher. Ich wollte schon vermeiden, dass mir Ähnliches geschieht."
„Und was hast du jetzt? Eine, die auf deine Kosten die Stadt leer kauft!" Sie wollte mit einem Scherz die Stimmung wieder drehen.
Er nahm es dankbar an, strich ihr übers Haar. „Eine, die Meine, der ich die Welt zu Füßen legen werde!" Er küsste ihre Finger, jeden einzeln, ganz zärtlich, sehr erregend.
„Was machen eigentlich deine Eltern?" wollte er dann wissen.
Sie verdrehte die Augen. „Hauptschulrektor und Grundschullehrerin, aber schon in Pension."
„Ah! Eine pädagogische Familie! Und du bist das einzige Kind?"
„Nein! Mitnichten! Wir sind fünf! Drei Jungs und zwei Mädchen. Aber ich bin mit Abstand die Jüngste. Mich hätte es gar nicht mehr geben sollen. Ich war ein Unfall in der Menopause."
Er erschrak bis aufs Blut.
Seine Süße hätte es nicht geben sollen?
Eine fürchterliche Vorstellung!
„Und deine Geschwister, was machen die?"
„Dreimal darfst du raten!"
„Lehrer?"
„Alle! Fürchterlich! Die Jungs Florian, Christoph und Kilian Hauptschule, ihre Frauen und Sonja Grundschule, ihr Mann Hauptschule. Ich bin das schwarze Schaf. Ohne Abi, ohne Studium, nur Förderlehrerin."
Er lachte. „Du hast aber keine Komplexe oder?"
„Nicht mehr, nein!"
„Und warum hast du kein Abitur gemacht? Ein schlaues Kerlchen wie du?"
Sie lächelte ihn an. „Ich war faul. Ich war verzogen. Ich habe lieber gemalt und Musik gemacht. Ich habe gerechnet: Drei Jahre länger Gymnasium, zwei Jahre länger Studium für zwei Gehaltsstufen, rumgeschickt werden in ganz Bayern gegen eine Planstelle von Anfang an in der Stadt."
„Du bist ein berechnendes Wesen?"
„Logisch!"
Sie erzählte noch eine Weile von ihren Geschwistern, deren Kindern, ihrer Kindheit als Nesthäkchen.
„Das war schön!" sagte er und nahm ihre Hand in seine. „Sich in aller Ruhe zu unterhalten."
„Wir sollten öfter essen gehen. Da kommen wir auch zum Reden!" antwortete sie lächelnd.
„Obwohl, nicht zum Reden zu kommen, ist auch schön!" meinte er anzüglich. Seine Hände spielten aufreizend mit ihren.
Er stand auf. „Wir müssen noch zahlen!" erinnerte sie ihn.
„Kommt auf die Rechnung!" sagte er lächelnd. „Ich bin oft mit Geschäftspartnern hier."
„Zahlst du eigentlich irgendwo in der Stadt?" fragte sie lächelnd.
„Ja, bei McDonalds!" gab er zurück.
„Auf Wiedersehen Herr Dr. Reiser! Gnädige Frau! Der Tisch am Mittwoch geht klar?" Der Geschäftsführer wuselte um sie herum.
„Ach Gott! Die Amerikaner! Die hätte ich jetzt beinahe vergessen. Einen Platz mehr, bitte!" wies Simon an. „Danke, Georg!"
Sie verließen das Lokal, ein Fotograf schoss wie zufällig ein Bild.
Simon erkannte ihn, rief ihn zu sich.
„Machen Sie doch ein offizielles Bild, nicht so einen grässlichen Schnappschuss. Simon Reiser mit Mona, seiner zukünftigen Ehefrau!" erklärte er lachend.
Er nahm sie in den Arm, lächelte sie an, der Fotograf machte eine Reihe von schönen Aufnahmen.
Mona sah Simon verwundert an.
„Georg informiert immer die Presse, wenn jemand von Interesse im Lokal auftaucht. Dann kommt der Fotograf, macht schreckliche, heimliche Aufnahmen. Da ist es mir schon lieber, dass du gut getroffen wist."
Mona schüttelte den Kopf. Das Leben mit Simon versprach ja einige Überraschungen.
„Warum hat der Dr. Reiser zu dir gesagt?" wollte sie noch wissen.
Er schmunzelte.
„Ah! Okay! Wahrscheinlich, weil du einen Doktortitel hast!" sagte sie voll Bewunderung. „Irgendwann werde ich schon alles Wichtige über dich wissen."
„Süße, wir kennen uns noch nicht einmal ein Woche, und das Allerwichtigste weißt du: Dass ich dich wahnsinnig liebe. Alles andere ist zweitranging."
„Stimmt!" Sie hatte keinerlei Einwände.
Sie gingen zu Brigitta zurück, standen ein wenig hilflos vor dem Berg an Tüten.
„Das kriegen wir nie ins Auto!" stellte Simon fest.
„Never!" schloss sich Mona seiner Meinung an.
„Wir liefern euch alles am Montag!" bot Brigitta an.
„Gut! Dann nehmen wir die Abteilung Simon mit, und den Rest bringt ihr uns. Danke!"
„Bitteschön! Es war mir ein Vergnügen!"
„Das glaube ich! Du machst jetzt den Rest des Monats zu, und ich muss Konkurs anmelden!" zog er sie auf.
Sie lachte ihn an. „Na ja, mein Hübscher! Was man so liest, müsste ich schon noch ein paar Nullen anhängen bei der Rechnung, um dich in den Konkurs zu treiben!"
Er umarmte sie, verließ mit Mona und vielen Tüten das Geschäft.
Er fühlte sich jung, leicht, glücklich, verliebt, verknallt, er fühlte ein unglaubliches Glück in sich.
Und das Glück hatte einen Namen: Mona, die schöne Mona, die er am Dienstag in einem Biergarten gesehen hatte, die ihm die schlimmste Nacht seines Lebens beschert hatte und dann die schönsten Tage und Nächte seines Lebens.
Zu Hause ließ er erst einmal alle Tüten fallen, nahm sie in die Arme, musste dieses zauberhafte Wesen jetzt endlich einmal richtig küssen, dann musste er sie endlich einmal wieder ausgiebig streicheln, ausgiebig fühlen, dann musste er in sie, unbedingt, weil es nichts gab, was das übertraf.
Er brauchte diesen Kick, einmal und immer wieder. Er wollte sie die ganze Nacht lieben, er war den ganzen Tag so brav gewesen.
Im Morgengrauen schliefen sie ein, engumschlungen, wollten auch im Schlaf keinen Zentimeter an Nähe aufgeben.
„Ich liebe dich so! Ich werde dich nie wieder hergeben!" flüsterte er im Halbschlaf.
„Mich wirst du auch nicht wieder los, Chef!" gab sie zurück, und zauberte ein Lächeln auf seine Lippen.
„Gut!" Damit schlief er ein.
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