Kapitel 1
Simon
Simon saß mit seinen Angestellten im Biergarten. Es war ein herrlicher Sommerabend, die Stimmung war entspannt. Sie hatten heute einen großen Auftrag an Land gezogen, wollten feiern, er hatte sie eingeladen.
Nach seinem Informatikstudium hatte er ein Start-up gegründet, programmierte Apps und Spiele. Nach einigen Monaten stellte er Thorsten ein, zwei Jahre später Jan und Kai. Die Geschäfte liefen super, in spätestens zehn Jahren wollte er das Unternehmen verkaufen, als Privatier sein Leben genießen. Bis dahin hätte er mit Sicherheit eine Frau gefunden, die seinen nicht gerade niedrigen Ansprüchen genügte.
Er wusste, dass er gut aussah, fast einsneunzig groß, seine Figur hielt er mit regelmäßigen Besuchen im Fitnesscenter in Form, dunkle Haare, immer etwas zu lang, hellblaue Augen.
Die Mädchen schienen diese Kombination zu schätzen!
Er war nicht direkt eitel, zog sich aber gerne schick und modisch an, wusste auch, was ihm gut stand.
Sein Leben war perfekt, er war auf der Sonnenseite des Lebens angekommen.
Als sie das Essen bestellt hatten, füllte sich der lange Tisch neben ihnen. Eine Frau nach der anderen kam, setzte sich, es wurde geschnattert, was das Zeug hielt.
„O Gott!" Thorsten verdrehte die Augen. „Ausgerechnet ein Damenstammtisch!"
Aus den Gesprächsfetzen, die nicht zu überhören waren, entnahmen sie, dass es sich um Lehrerinnen einer Grundschule handelte.
„Und auch noch Lehrerinnen!" stöhnte Kai.
Gewohnheitsmäßig taxierte Simon die Frauen.
Alle über meiner bevorzugten Altersgrenze! dachte er lächelnd.
Ein einzelner Mann setzte sich zur Gruppe nebenan.
„Der Ärmste!" witzelte Jan.
Dann machten die vier Kollegen ihre Ohrenklappen zu, stießen mit ihren Weizengläsern an.
Sie tranken alle alkoholfreies Bier, sie waren mit dem Auto da.
Da kam eine Frau durch das Tor des Biergartens, eigentlich ein Mädchen, wie Simon mit Kennerblick einschätzte.
Hübsch, sehr hübsch, eigentlich bildhübsch, ca. 1,70 groß, schlank, aber wohl proportioniert, sehr wohl proportioniert sogar, mit langen blonden Haaren.
Wahnsinn! dachte Simon, setzte sich aufrecht hin, war gespannt, wo sie Platz nehmen würde. Bestimmt wartete ihr Freund auf sie!
Sie steuerte geradewegs auf den Tisch neben ihnen zu.
„Ah! Unsere Prinzessin!" ertönte ein lauter, freudiger Ausruf. „Ja, Mona! Wo bleibst du denn?"
Sie setzte sich auf den einzig noch freien Platz an der Stirnseite, mit Blickrichtung zu ihm.
Prima! dachte Simon. Sein Jaginstinkt war erwacht.
Die Hübsche sagte etwas, was er nicht verstand, sie sprach deutlich leiser als die anderen.
„Na, klar, den Vorsitz führt immer die Hübscheste!" gab der einzige Kollege am Tisch zurück.
Schleimer! dachte Simon. Und jetzt warf sie dem Typen auch noch eine Kusshand zu.
Mona
Mona war erledigt, aber voller Euphorie in ihrer Wohnung angekommen.
Letzter Schultag vor den großen Ferien!
Der schönste Tag des Jahres!
Sechs Wochen Ferien lagen vor ihr!
Ab morgen würde es dann jeden Tag einer weniger sein, aber heute schien die freieZeit unendlich. Sie hatte noch viel Arbeit gehabt, aber jetzt waren alle Bücher an Ort und Stelle, jedes Lehrmittel an seinem Platz.
Als Förderlehrerin war sie verantwortlich für Lehrer- und Schülerbücher sowie das gesamte Material.
Heute Abend noch das Lehreressen, dann bräuchte sie die ganze Bande lange Zeit nicht mehr sehen.
Sie lächelte bei diesem Gedanken. Es war nicht so schlimm mit den Kolleginnen und dem einzigen Kollegen. Sie war seit zehn Jahren an dieser Schule, war noch immer die Jüngste, alle mochten sie, alle brauchten sie.
Seit der Trennung von ihrem Mann waren sie ihr Halt, etwas wie eine Familie.
Ihr Mann!
Verdammt, sie wollte nicht schon wieder heulen!
Dreizehn Jahre waren sie zusammen gewesen, sechs davon verheiratet.
Fabian war nie ihre große Liebe gewesen, aber er war damals so verliebt in sie, ihre Eltern mochten ihn sehr, seine Eltern mochten sie, also blieben sie zusammen.
Sie war 15 gewesen, er 17, als sie sich kennengelernt hatten. Sie war die Erste, mit der er geschlafen hatte, er war der Erste, mit dem sie geschlafen hatte.
Sie wollten Kinder, als es nicht klappte, ließen sich beide untersuchen.
Es stellte sich heraus, dass er zeugungsunfähig war. Für beide brach eine Welt zusammen!
Sie rappelten sich hoch, suchten neue Wege für ihr Leben, neue Ziele.
Und dann fand sie durch einen blöden Zufall heraus, dass er sich mit einer Arbeitskollegin eingelassen hatte.
Ihre erste Reaktion war Erleichterung darüber, noch einmal neu anfangen zukönnen.
Er zog aus, kam zurück, zog wieder aus, erklärte ihr immer wieder, dass er sich nicht entscheiden könne zwischen der anderen und ihr.
Sie warf ihn aus der Wohnung, vermisste ihn, den Freund, mit dem sie fast das halbe Leben zusammen gewesen war.
Er besuchte sie, heulte, ging wieder, ließ sie eins ums andere Mal verunsichert zurück.
Sie hatte sich selbst ein Versprechen gegeben: Bevor sie ihn zurücknahm, sollte es denn dazu kommen, wollte sie einige Erfahrungen mit Männern machen. Nicht unbedingt im Bett, aber sie wollte flirten, vielleicht ein Date haben, vielleicht einen anderen küssen, vielleicht auch einmal mit einem anderen schlafen!
Sie war 28, sah, wie man sagte, gut aus, sie brauchte ein bisschen Bestätigung. Bisher hatte sie einige Flirts gehabt, wenn sie mit einer Freundin ausgegangen war, auf einem Faschingsball hatte sie auch mit einem Typen heftig herumgeschmust.
Zu einem Date oder mehr hatte sie es noch nicht gebracht.
Sie duschte, wusch die Haare, zog ihr Jeanskostüm an, darunter ein knappes Top. Dann fuhr sie los, um das Lehreressen hinter sich zu bringen. Es war nur noch der Platz an der Stirnseite des langen Tisches frei.
„Soll ich heute den Vorsitz führen?" fragte sie lachend.
„Na, klar, den Vorsitz führt immer die Hübscheste!" zog Paul, der einzige Kollege sie auf. Sie warf ihm eine Kusshand zu.
Er war glücklich verheiratet, Vater von drei Töchtern, das Flirten war bei ihnen ein harmloser Running-Gag.
Simon
Er ließ das Mädchen nicht aus den Augen, wusste nicht so recht, warum er den Blick nicht von ihr lösen konnte.
„Wie steht es mit Fabian?" fragte eine der lauten Damen sie.
Er verstand ihre Antwort nicht.
Verdammt, warum sprach ausgerechnet sie so leise?
Wer war Fabian?
Ihr Freund?
Deutete die Frage auf eine Krise hin?
„Hau ihn in die Tonne!" kam der Vorschlag der Kollegin. „Der hat dich doch gar nicht verdient!"
Ganz meine Meinung! dachte er.
Doch das Mädchen Mona zuckte mit den Schultern, sagte etwas, was ihre Augen traurig werden ließ.
Er verstand sie wieder nicht.
Verflixt und zugenäht!
Danach erzählte die Hübsche etwas, was alle zum Lachen brachte.
Sie schien witzig zu sein.
Er mochte humorvolle Frauen!
Die Schönheit unterhielt den ganzen Tisch.
„He, Simon! Bist du noch unter uns?" Kai stieß ihn an.
Simon riss sich vom Anblick des blonden Mädchens los, aber nur kurz.
Magisch wurden seine Blicke wieder von ihr angezogen.
Da sah sie zufällig in seine Richtung, er lächelte sie an, sie sah schnell wieder weg.
Kurz darauf sah sie wieder zu ihm, er lächelte noch intensiver, sie lächelte vorsichtig zurück.
Er hob sein Glas, um ihr zuzuprosten, sie senkte den Blick.
Ein scheues Reh! dachte er. Umso besser! Da machte das Erobern noch mehr Spaß!
So ging es eine ganze Weile, bis ihre Augen auf ihm haften blieben, bis sie ihn anlächelte, ohne gleich wieder wegzusehen.
Er legte einen Finger auf seine Lippen, schickte ihr einen Luftkuss.
Sie senkte wieder den Blick, redete eine ganze Weile mit ihrer Tischnachbarin, bis ihre Augen wieder wie zufällig zu ihm zurück kamen.
„Sag mal, wo schaust du denn die ganze Zeit hin?" Kai nervte ihn kolossal! Der Kollege wollte sich umdrehen, um nachzusehen, was Simon so von ihnen ablenkte. Der hielt ihn fest.
„Lass das! Reg mich nicht auf!" Er wollte nun wirklich nicht riskieren, dass Kai die blonde Schönheit entdeckte und womöglich anflirtete!
Das war seine Beute!
Obwohl er sich bei diesem Gedanken nicht so recht wohl fühlte, nicht so wie sonst!
Kai verstand seinen Chef echt nicht mehr. Sein Blick war ständig auf irgendetwas gerichtet, er lächelte dümmlich vor sich hin, machte komische Gesten, beteiligte sich nicht mehr an ihrem Gespräch.
Mona
Natürlich musste Rita nach Fabian fragen. Die mit ihrer Neugierde!
„Ein ewiges Hin und Her!" hatte sie ihr geantwortet.
„Hau ihn in die Tonne!" riet sie ihr. „Der hat dich gar nicht verdient!"
Ja, wenn das so einfach wäre, 13 Jahre ihres Lebens in die Tonne zu kloppen!
Sie zuckte mit den Schultern, bat die Kollegin um ein anderes Thema.
Sie machte ein paar Witze, alle lachten. Sie konnte immer Sachen erzählen, die sie so beobachtete den ganzen Tag, sie wusste, dass die Kolleginnen ihre Geschichten liebten.
Zufällig sah sie zum Nachbartisch, ihr Blick traf den eines jungen Mannes.
Er lächelte ihr zu.
Sie sah schnell weg, erinnerte sich aber dann daran, dass sie ja flirten wollte!
Sie sah zurück, er prostete ihr zu, sie sah wieder weg.
Wenn sie doch nur ein wenig mehr Übung hätte!
Wenn sie doch nur ein bisschen mehr Erfahrung hätte!
Aber sie war 15 gewesen, als sie Fabian getroffen hatte, woher sollte sie denn Erfahrung haben, wie man mit offensichtlich baggernden Männern umgeht?
Sie zwang sich, den Blick bei ihm zu lassen, ein wenig zu lächeln, denn der Typ sah verdammt gut aus!
Da schickte er ihr doch tatsächlich einen Luftkuss!
Das war sie jetzt nicht gewohnt!
Sie sah wieder weg, redete eine ganze Weile mit Angelika, die neben ihr saß.
Mein Gott, der Typ war süß!
Sah der heiß aus!
Aber was sollte der von ihr wollen?
Er machte sich wahrscheinlich einen Spaß daraus, sie zu necken!
Sie sollte nicht mehr hinsehen!
Was hatte Angelika gerade gefragt?
Ein bisschen gucken musste sie doch, nur einmal noch. Sein Tischnachbar redete auf ihn ein, wollte sich umdrehen, der hübsche Kerl schien ihn daran hindern zu wollen!
Seltsam, das alles!
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