Kapitel 8
Mia kuschelte sich an ihn, entspannte sich.
Er hatte recht, sie brauchte vor der Vergangenheit keine Angst zu haben genauso wenig wie er. Sie würde nicht mehr an andere Frauen in seinem Bett denken, denn jetzt war er bei ihr, sie war bei ihm. Sie war ihm nachgelaufen, und das war gut so! Denn deshalb lag sie im Jetzt in seinen Armen. Die Zeit würde zeigen, was daraus würde, aber heute, hier und jetzt war sie glücklich!
Sie lachte leise: „Ich bin froh, dass du keine 18 mehr bist!"
Er lachte mit ihr: „Sonst wäre ich womöglich dein Schüler!"
„Das wäre weniger gut!"
„Bestimmt sind viele Schüler verliebt in dich!"
„Na ja, der eine oder andere!"
„Die armen Jungs!"
„Aber das motiviert auch!"
„Aha, du setzt deine beachtlichen Reize ein, um die Jungs durchs Abitur zu bringen."
„Logisch! Mein Chef wundert sich jedes Jahr, dass bei mir die Jungs so gute Noten haben."
Sie alberten und blödelten und lachten eine ganze Weile, die Tränen waren vollkommen vergessen, ebenso wie die Vergangenheit ausgelöscht war. Hannes war hin und weg von ihrer Schlagfertigkeit, ihrem Humor, genoss nicht nur ihre Nähe, genoss es auch, mit ihr zu lachen, losgelöst von allen Ängsten einfach Spaß zu haben.
„Was könnten wir eigentlich für eine Tageszeit haben? Und welchen Tag?" fragte sie schließlich.
„Also, ich schätze mal Dienstag, so gegen Mittag könnten wir haben!" Hannes lachte.
„Aha, darum!"
„Darum was?"
„Darum habe ich einen solchen Bärenhunger!" gestand sie.
„Mein Gott ja! Wie lange hast du denn nichts gegessen?"
„Lang, lang ist's her."
„Na, dann komm, süße Mia, schauen wir mal in den Kühlschrank, ob wir was finden!" schlug er vor.
„O je! Ein Junggesellenkühlschrank! Da werden wir wohl bloß Ketchup und vertrocknete Nudeln finden!"
Hannes grinste sie an.
Aber die Überraschung war groß.
Es gab so ziemlich alles zu finden außer Ketchup und vertrocknete Nudeln.
Er deckte den Tisch und kochte Kaffee. Dann ließen sie sich ein leckeres spätes Frühstück schmecken. Sie rauchten eine Zigarette auf dem Balkon, in dicke Jacken gehüllt. Er erzählte ihr von der Perle, die den Haushalt von ihm und seinem Bruder schmiss, Einkäufe, putzen, waschen, bügeln und alles andere erledigte.
Sie lachte bei der Erinnerung an seinen Zwillingsbruder. „Ich dachte, ich bin übergeschnappt, sehe dich plötzlich doppelt!"
Dann zeigte er ihr den Rest der Wohnung.
Ein riesiges Wohnzimmer, ein Zimmer mit einem Klavier, ein großes Arbeitszimmer mit Computern, Druckern und einer Menge mehr an Hardware.
An der Wand hingen zwei Urkunden: Seine Doktorarbeit in Mathematik, ausgezeichnet mit summa cum laude mit Prädikat, mehr ging nicht, das Diplom in Informatik.
Aha! dachte sie. Jetzt weiß ich immerhin schon, wie er heißt! Dr. Hannes Maybach! Klingt gut!
Sie schmunzelte. „Irgendwie scheinen wir ganz gut zusammenzupassen!"
„Wo sie Recht hat, hat sie Recht, meine schöne Mia!"
„Du spielst Klavier?" fragte sie dann.
„Ja, meine Süße! Soll ich für dich ein paar Liebeslieder spielen?"
„Das wäre schön!"
Sie gingen zurück, er setzte sich auf den Hocker, zog sie auf seinen Oberschenkel, machte ein paar Fingerübungen, fing an zu spielen und leise mitzusingen.
Er hatte eine wunderschöne Stimme, er spielte eine paar Lovesongs nur für sie, sie schmolz dahin, ihr Herz schmerzte vor Glück, oder vor Liebe?
Mein Gott, hatte sie sich verliebt?
Das tat so gut, einen so hübschen Mann, einen so klugen Mann, einen so netten Mann hatte sie sich da geangelt!
Am Sonntag hatte sie geheult vor Enttäuschung, jetzt saß sie auf seinem Schoß, er spielte Klavier und sang für sie! Wie sollte sie das fassen?
Er hörte auf zu spielen, sah sie an. „Woran denkst du, Schönheit?" fragte er leise, ganz nah an ihrem Ohr.
„Ob ich das Glück, hier bei dir zu sein, jetzt fassen kann oder nicht!" flüsterte sie, ohne lange nachzudenken und sah ihm tief in die Augen.
Da war es auch schon vorbei mit seiner Beherrschung.
Was ist denn los mit mir? dachte er. Ich kann doch nicht den ganzen Tag mit ihr im Bett verbringen, den ganzen Tag Sehnsucht nach ihr haben, sie den ganzen Tag begehren.
So kannte er sich wirklich nicht.
Und doch musste er sie unbedingt küssen, sie spüren, sie streicheln.
Mia fühlte das Begehren in sich hochsteigen.
Das konnte doch nicht sein, dass sie ihn schon wieder wollte! War das normal, dass sie schon wieder seine Hände auf ihrer Haut spüren wollte? Warum bekam sie denn nicht genug von ihm? Sie schmiegte sich an ihn, genoss seine Zärtlichkeit, es war die pure Wonne.
Sie taumelten mehr als sie gingen zum Bett, dieses Mal wollte sie nicht nur nehmen, sie wollte ihm auch geben, wollte seine Haut fühlen, ihm gut tun. Und er nahm ihre Berührungen mit der gleichen Ruhe an, die sie ihm ließ.
„Ist das eigentlich normal?" fragte sie viel später.
„Was denn, süße Mia?"
„Dass ich so hungrig auf dich bin!" Wieder staunte sie über ihre eigene Offenheit. Aber irgendetwas war zwischen ihnen geschehen, und sie glaubte, dass es etwas sehr Schönes war.
Hannes holte tief Luft. „Puh, Mädchen, pass auf, was du sagst! Sonst musst du meinen Hunger gleich noch einmal stillen!" flüsterte er erregt. Sie war unglaublich, die süße, wunderschöne Mia.
Sie streichelte seinen muskulösen Bauch.
„Ich habe nicht vor, dich verhungern zu lassen!"
Sie konnte nicht fassen, was sie gesagt hatte!
War das die gleiche Mia, die vor ein paar Stunden Panik davor hatte, dass er mit ihr schlafen wollte? War wirklich sie es, die ihn lockte, die noch mehr von ihm wollte, die nicht genug bekam von dem, was er mit ihr machte, von der Liebe mit ihm?
Er wollte sich beherrschen, sie nicht überfordern, aber sie lockte doch ihn, er war hoffnungslos verliebt, sie waren jung, vielleicht war dieser unendliche Hunger auch normal, wenn man eine Frau so liebte?
Darauf wusste er auch keine Antwort.
Aber er wollte sie, sie wollte ihn, er holte das nächste Kondom, schaute kurz auf seinen Vorrat. Na, für heute könnte es reichen, dachte er lächelnd und pfiff aufs Beherrschen.
Selig vor sich hinlächelnd schliefen sie danach ein, sie hatten fast 24 Stunden miteinander verbracht, ihren ersten Tag.
Hannes wachte um drei Uhr auf, fühlte glücklich ihre Nähe.
Eine Dusche würde nicht schaden! dachte er.
Unwillig verließ er das Bett, ging ins Bad.
Danach wollte er kochen für sie.
Er sah im Kühlschrank nach, hatte keine Ahnung mehr, was er der Perle aufgeschrieben hatte. Er fand zwei Schnitzel, Salat, Tomaten, Mozzarella und legte los.
Ab und zu musste er eine Pause machen, weil sein Glück ihm den Atem nahm, weil er an die vergangenen Stunden denken musste, weil er seine Sehnsucht nach ihr wieder in den Griff bekommen musste, schon wieder!
Mia wachte auf, tastete nach Hannes, sie war alleine in dem großen Bett. Sie schlüpfte in ihren Morgenmantel, machte sich auf die Suche nach ihm. Sie fand ihn in der Küche, er war am Kochen, um halb vier Uhr nachts!
„Hallo, süße Mia!" flüsterte er, wieder überwältigt von ihrer Schönheit, trotz verstrubbelter Haare.
„Hallo, Traummann!" flüsterte sie. Er sah so gefährlich gut aus! „Was machst denn du?"
„Ich koche Mittagabendessen!"
Sie lachte. „Na, um halb vier ist das ja auch das Normalste der Welt!"
„Normal? Wer hat denn gesagt, dass bei uns beiden irgendetwas normal ist?" Er blieb sicherheitshalber hinter dem Tresen.
„Ich geh mal ins Bad. Das kann aber dauern. Ich brauche fast eine halbe Stunde zum Haare föhnen. Ich glaube, ich schneide die Mähne mal wieder ab."
Hannes fiel vor Schreck das Messer aus der Hand. „Nein! Ich meine, du bist ein freier Mensch, aber das wäre echt eine Sünde!"
Sie lachte. „Okay, vielleicht überlege ich es mir noch mal!"
Eine halbe Stunde später kam sie wieder zurück. Die Locken fielen locker bis weit über die Schultern, glänzten in allen Blondtönen mit einem rötlichen Schimmer. Er fuhr mit der Hand durch ihr Haar, es rieselte durch seine Finger. „Diese Locken abschneiden! Auf Ideen kommt die Frau!"
„Bist du ein Haarfetischist?" fragte sie frech.
„Eigentlich bin ich ein Mia-Fetischist! Aber dein Haar ist schon was Besonderes!" Er lächelte sie zärtlich an.
Es kribbelte sie schon wieder am ganzen Körper. „Vor vier Wochen war ich bei meinem Friseur, ich wollte sie um die Hälfte kürzen, aber er hat sich geweigert. Das könnte er den Hetero-Männern nicht antun, hat er gesagt!" erzählte sie lachend.
„Morgen schreibe ich ihm einen Dankesbrief!" versprach Hannes.
„Setz dich, Süße, wir essen gleich!" bat er wenig später. Der Tisch war hübsch gedeckt, Kerzen brannten, eine Flasche Champagner stand im Kühler. Er brachte Caprese als Vorspeise, nahm die Flasche. „Möchtest du ein Glas?"
„Vielleicht erst einmal ein halbes. Ich weiß nicht, wie ich auf Champagner um vier Uhr morgens reagiere."
Er stieß mit ihr an. „Danke, Schönheit, dass du in mein Leben gekommen bist!"
„Danke, Hannes, dass es dich gibt!" antwortete sie, und es schien das normalste der Welt zu sein, das zu sagen.
Er sah sie lange an. Eine Frage brannte in seinem Herzen.
„Mia, dir ist schon klar, dass das mit uns der Anfang einer Beziehung ist, nicht die Fortsetzung eines Faschingsflirts?"
Er kannte sie noch nicht lange, aber dass er sie nie wieder verlieren wollte, war ihm vollkommen klar, erschien ihm als das Natürlichste der Welt.
Sie zögerte kurz, sein Herz setzte aus. „Ja, Hannes, das ist mir schon klar. Ich weiß zwar nicht viel über Beziehungen, aber das fühle ich schon, dass das mehr als ein Flirt ist."
Sie wunderte sich zwar, dass sie das so offen aussprechen konnte, vor allem nach so kurzer Zeit, aber es war die Wahrheit.
Die Stimme in ihrem Kopf schwieg, aber sie hatte sie ja letztes Mal weggeschickt.
Er drückte fest ihre Hand. „Dann ist alles gut! Und, wirst du die Woche hier bei mir bleiben? Ich muss das jetzt wissen, damit ich nicht immer Angst haben muss, du willst nach Hause!"
Sie lachte. „Wenn du mich so lange ertragen kannst, bleibe ich gerne!"
Bleib für immer, kleine Frau Doktor, bitte, bleib für immer! dachte Hannes.
„Ich werde versuchen, dich zu ertragen!" sagte er leise.
Dann aßen sie erst einmal die leckere Vorspeise. Danach gab es Schnitzel mit Salat, es schmeckte fantastisch. „Jetzt kann der auch noch kochen!" seufzte sie.
Er lächelte sie glücklich an.
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