Kapitel 7

Mittlerweile waren sie an seinem Haus mitten in der Stadt angekommen. Er fuhr in den Hof, zog sie kurz in seine Arme, hatte das Gefühl, in den Himmel zu fliegen vor Glück. Er öffnete die Autotür, half ihr galant heraus, aber nur, um sie gleich wieder fest in die Arme zu nehmen.
War das wirklich wahr?
Träumte er nicht?
Er stand mit ihr im Arm vor dem Haus, in dem er wohnte?

Als er die Haustüre aufsperrte, öffnete sich die Türe der unteren Wohnung. Das genaue Ebenbild von Hannes trat heraus. Mia erschrak, sah von einem zum anderen.
Jetzt bin ich verrückt geworden, sehe ihn schon zweimal! dachte sie verwirrt.
Hannes lachte. „Darf ich vorstellen? Markus, mein Zwillingsbruder! Und das, Bruderherz, ist Mia! Genauer gesagt Frau Dr. der Germanistik Dipl. Math. Mia Leissen." sagte er voll Stolz auf seine Eroberung.
„Die Mia?" fragte der andere grinsend.
„Die eine und einzige Mia!"

Markus umarmte sie herzlich. „Und wie das jetzt?"
„Das erzählen wir dir mal in Ruhe! Jetzt brauchen wir erst einmal ein großes Bett!" Er lachte über das ganze Gesicht.
Mia knuffte ihn.
Lachend nahm er sie in den Arm. „Der arme Markus hat sich die letzten Tage mein ganzes Gejammer anhören müssen, jetzt soll er auch ein wenig von meinem Glück mitkriegen!"
Engumschlungen stieg er mit ihr die Treppe zu seiner Wohnung hoch. „Viel Spaß an der Uni!" rief er seinem Bruder über die Schulter zu.

Der lachte: „Danke! Dir, ich meine, euch auch viel Spaß! Tauschen wirst du wohl nicht wollen?"

Hannes tippte sich nur an den Kopf.
Markus sah den beiden nach.
Die letzten Tage hatte Hannes sich bei ihm ausgeheult, bildlich gesprochen.
Hatte das Mädchen verteufelt, vermisst, verflucht, hatte sich als Trottel beschimpft, als Betrogenen bedauert, hatte mit allen Frauen abgeschlossen, sehnsüchtig von dem Abend erzählt, von ihr geschwärmt, über sie geschimpft, es gab kein anderes Thema mehr!

Schließlich hatte er ihn ins ZAP geschickt, damit er auf andere Gedanken kam. Eigentlich wollte er ja mitgehen, aber er musste noch Seminararbeiten korrigieren, war wegen des Gejammers des Bruders zu nichts gekommen. Da musste Hannes sie wohl wiedergetroffen haben!
Er war froh, dass die Ära Caro zu Ende war. Diese dumme Kuh, die mit vollen Händen das Geld des Bruders ausgegeben hatte, mit der man sich über nichts unterhalten konnte. Zuletzt, als sie gemerkt hatte, dass die Beziehung vor dem Ende stand, hatte sie sogar ihn angeflirtet. Aber er hatte dankend abgelehnt.

Diese Mia Leissen war nicht nur wunderschön, sie war auch klug. Er lächelte, als er an ihre Titel dachte, das passte ja haargenau! Er machte sich auf den Weg zur Arbeit in die Fakultät Biochemie. Er hatte seit einigen Monaten dort eine Dozentenstelle.

Hannes öffnete die Türe zu seiner Wohnung, trug sie galant über die Schwelle.
„Herzlich willkommen, Schönheit!" sagte er leise und versank wieder einmal in ihren saphirblauen Augen.
Mia war gerührt! Er sagte immer so süße Sachen, schon auf dem Ball hatte er so liebe Dinge in ihr Ohr geflüstert.

Und wenn er sie so ansah, lief es ihr wieder kribbelnd den Rücken hinunter. Er führte sie ins Wohnzimmer, schaltete die indirekte Beleuchtung und die Stereoanlage an.
Die CD, die er zuletzt gehört hatte, bei der er sehnsüchtig an den Ball zurückgedacht hatte, lief an. Schmachtende Love Songs, die allesamt vom Verlust einer großen Liebe handelten - er nahm sie in den Arm, versuchte zu tanzen, musste dann aber zu sehr lachen.

„Sorry, die CD habe ich mir vorgestern reingezogen, als ich mit dir im Gedankenclinch lag und so traurig war! Aber heute geht das gar nicht!" Er wechselte die Musik aus, schon noch romantisch, aber nicht so schwermütig. „Besser!"
Er nahm sie wieder in den Arm, tanzte ganz brav mit ihr, sah ihr lächelnd in die Augen. Sie hielt seinem Blick stand.
Er wollte sich beherrschen, nicht gleich wieder ins Bett mit ihr fallen.
Er genoss einfach ihre Nähe. Sie war da, sie war mit zu ihm gekommen!
Er genoss ihre Nähe so sehr!
Er fühlte sich unglaublich wohl, fühlte sich ihr so nah und genoss ihre Nähe unbeschreiblich, wollte sie nie wieder loslassen!

Er genoss so sehr, ihre Nähe machte ihn verrückt!
Beim dritten Song begann er sie zu küssen, genoss ihre Küsse, ihre Nähe, ihre Haut, ihre Hände auf seiner Haut, ihre Zärtlichkeiten, süß, zart, federleicht.
Sein Blut rauschte in den Ohren, sein Herz schlug ein paar Takte zu schnell, ihr Körper, so nah, so vielversprechend nah!
Beim vierten Song zog er ihr Shirt aus, genoss noch mehr Nähe, noch mehr Haut, ihr Körper so nah, so erregend nah!

Sie stöhnte wohlig unter seinen Händen, ließ ihn wohlig stöhnen unter ihren Händen.
Beim fünften Song führte er sie ins Schlafzimmer zu dem versprochenen zwei Meter breiten Bett, von dem sie zwar eigentlich nur die Hälfte brauchten, aber wenigstens rollte er nicht auf den Boden, während er sie in den Himmel küsste, sich von ihr in den Himmel küssen ließ.
Wieder ließ er sich Zeit, ihr alle Zärtlichkeiten zu schenken, mit seinen Händen, seinen Lippen, seiner Zunge.
Wieder nahm sie alles an, genoss, was er mit ihr machte, noch mehr als beim ersten Mal, weil sie wusste, dass alles gut war, was er tat.
Er genoss die Ruhe, die Zeit, die sie ihm gab.

Er hasste es, im Bett gedrängt, unter Druck gesetzt zu werden. Aber meistens war so ein hektisches Gedrängel daraus geworden, dass er vor lauter Stellungswechseln am Ende oft nicht gewusst hatte, ob er irgendetwas gefühlt hatte.
Aber Mia ließ ihn fühlen, fühlte mit ihm diese steigende Lust, dieses Begehren!

Er holte ein Kondom aus der Nachttischschublade, drang in sie ein, ganz langsam, sie ließ es zu, drängte auch hier nicht, ließ ihm Zeit, ihre Wärme zu fühlen, zu fühlen, zu fühlen, sie zu fühlen!
Er wurde schneller, wieder langsamer, wieder schneller, bis sie sich ihm entgegenbog, erleichtert stöhnte, sich an ihn klammerte und ihm wieder das Geschenk wie beim ersten Mal machte, das ihn fliegen ließ.
„Mia, mein Gott, Mia!" stöhnte er. „Das ist gut! Das ist schön!" Er konnte dieses Gefühl nicht fassen, das war um so viel besser, um so viel mehr, als alles, was er je erlebt hatte! Es dauerte lang, bis er die Erde wieder erreichte.

Mia lag stumm neben ihm, fühlte noch das Beben, das Höhersteigen, und noch höher, und noch höher, bis sie flog.
Mein Gott, was machte dieser Mann mit ihr, dieser gut aussehende Mann? War das jedes Mal so? Kann es sein, dass ein Mann sie jedes Mal so zärtlich behandelte, dass sie jedes Mal so fühlen konnte, weil er sich Zeit nahm, ihr Zeit gab, weil er sie so erregte, so über alle Maßen erregte, sie aber dann nicht unbefriedigt ließ?
Kann das wirklich sein? dachte sie vollkommen überwältigt.

Doch plötzlich hatte sie einen quälenden Gedanken: Hatte er andere Frauen auch so verwöhnt, auf diese besondere Weise geliebt? Wahrscheinlich! Sicher sogar!

Er wird nicht gerade bei ihr angefangen haben, ein guter Liebhaber zu sein! rief ihr die boshafte Stimme in ihrem Kopf zu.


Sie drehte sich von ihm weg, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah. Er ging schnell ins Bad, fühlte, dass irgendetwas nicht stimmte mit ihr. Dann setzte er sich neben sie, sah die Tränen. „Mäuschen, Süße, Mia, was ist denn los?" fragte er von Angst erfüllt. Er streichelte ihr Haar, war relativ hilflos.

Sie wandte den Kopf auf die andere Seite. „Nichts!" brachte sie nur heraus. Er drehte sie wieder zu sich. „Bitte, rede! Habe ich was falsch gemacht? Was Falsches gesagt?" Warum lag sie in seinem Bett und weinte?

„Nein, lass nur!" Sie musste sich zusammenreißen, machte die ganze Stimmung kaputt, oder sie musste mit ihm darüber reden, das würde das Beste sein.

„Es ist nur, ich habe gerade gedacht, dass du das, was du mit mir machst, auch mit anderen Frauen gemacht hast!" So, jetzt war es raus.

Hannes verstand ihre Gedanken, konnte sich vorstellen, was sie fühlte, wie sie sich fühlte. So, wie er sich gefühlt hätte, wenn sie viele Männer vor ihm gekannt hätte! Was sollte er ihr antworten?

Er ging ums Bett herum, legte sich neben sie, zog sie ganz eng an sich, wenigstens sperrte sie sich nicht gegen seinen Nähe.

„Süße Mia, ich kann mir schon vorstellen, dass das ein Problem für dich ist! Aber glaube mir, so wie mit dir habe ich noch nie gefühlt, noch nie empfunden! Freilich kannst du jetzt denken: Das sagt er jeder! Aber das stimmt nicht! Ich genieße deine Zärtlichkeit und deine Hingabe an meine Zärtlichkeit unendlich! Ich genieße es, dass du mir Zeit und Ruhe schenkst, dich zu lieben. Das ist sehr selten! Meistens ist es immer zu hektisch gewesen, zu fordernd, zu unruhig, als dass man wirklich Zeit gehabt hätte zu fühlen. Verstehst du, was ich sagen will?"

Mia verstand durchaus, sie verstand, dass er ihr sagen wollte, dass es auch für ihn etwas Besonderes war, sie zu lieben.
Und das glaubst du ihm so einfach? fragte die ekelhafte Stimme in ihr.
Ja, das glaube ich ihm! Und jetzt halte die Klappe und verschwinde. Ab jetzt komme ich auch allein zurecht!

„Ja, Hannes, ich verstehe! Und ich glaube es dir auch!" Sie lächelte ihn an, er küsste die Tränen weg.

„Außerdem, schau, Süße, ich bin nun einmal 32 Jahre alt und keine 18. Ich bin auch nicht Quasimodo! Also ist es doch auch natürlich, dass ich mit der einen oder anderen Frau geschlafen habe, oder? Aber das war doch alles vor dir, das ist Vergangenheit, wie dein FastEX auch Vergangenheit ist. Jetzt beginnt doch etwas Neues, die Zukunft, meinst du nicht?"


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