Kapitel 37

Im Bett vom Dr. der Biologie Markus Maybach, Diplomchemiker, lag Frau Dr. der Chemie, Kerstin Stollberg, eine Kollegin, die soeben den besten Sex ihres Lebens genossen hatte. Sie hatte ein halbes Jahr vor ihm an der Uni als Dozentin angefangen und ihn anfangs ein bisschen an die Hand genommen, bildlich gesprochen.

Doch sie setzte vom ersten Tag an alles daran, eine Nacht mit diesem unglaublich gutaussehenden Mann zu verbringen.
Er war immer sehr zuvorkommend, höflich, scherzte mit ihr, schien sie aber als Frau nicht wahrzunehmen. Sie änderte ihre Frisur, ihre Art sich zu kleiden, er machte ihr Komplimente dazu, aber mehr war nicht.

Da beschloss sie, ihn bei einer Versuchsreihe in Molekularbiologie um Unterstützung zu bitten, seinem Spezialgebiet.

Sie verbrachten viel Zeit miteinander, so auch den ganzen Sonntag. Danach lud sie ihn zum Dank zum Essen ein, die Zeit drängte, die Laborversuche gingen dem Ende zu, die Arbeit war fast fertig, sie war nicht sicher, ob ihr Vertrag verlängert werden würde.

Er nahm die Einladung an, hatte sowieso nichts Besseres vor. Nach dem harmonischen Essen fragte er sie, ob sie nicht noch mit ihm ins ZAP gehen wollte, gegen einen One-Night-Stand wieder einmal hätte er auch nichts gehabt. Sie schien auch irgendwie Signale zu senden, dass sie einem Abenteuer nicht abgeneigt wäre.

Im Club sah Niklas Hannes mit einer anderen Frau, relativ vertraut.
Sie konnte zwar Mia nicht im Geringsten das Wasser reichen, aber das hieß ja, dass Mia nicht mehr in festen Händen wäre!
Sofort machte sich Niklas durch die Tanzenden auf den Weg, „Hallo, Hannes!" begrüßte er den Kollegen.

Markus sah ihn an, musste lachen. „Sorry, Niklas, ich bin Markus!"
„Ah, dich hat man hier aber schon lange nicht mehr gesehen!" Niklas war enttäuscht. Markus deutete die Mimik von Hannes' Kollegen richtig. „Und hast du gedacht, Mia wäre wieder zu haben, oder?" fragte er geradeheraus.

Niklas schmunzelte ein wenig ertappt. „Na ja, man muss seine Chancen doch nutzen!"
„Aber das wirst du nicht erleben, armer Junge! Die beiden haben sich gerade verlobt! Tut mir echt Leid für dich!"
Niklas zog von dannen und machte sich wieder auf die Suche nach einer vergleichbaren Schönheit wie die süße Mia, die ihm schon gehörig im Kopf herum spukte.
Markus erklärte Kerstin die Zusammenhänge, berichtete von seinem schwer verliebten Bruder und der hübschen Mia.

Kerstin lachte über den arg enttäuschten Niklas. „Ja, ja! Wo die Liebe hinfällt!" sagte sie und versuchte, ihrem Kollegen nicht allzu tief in die Augen zu sehen.
Markus führte sie auf die Tanzfläche, küsste sie ein paar Songs später, fing an, sie zu streicheln, genoss ihre Hände auf seinem Nacken, küsste sie leidenschaftlicher, spürte steigende Erregung.

„Möchtest du mit zu mir kommen, Kerstin?" fragte er schließlich. „Ich wohne nur ein paar Straßen weiter."
Sie zierte sich nicht lange. Endlich hatte sie ihn da, wo sie ihn haben wollte. „Ja, Markus, das möchte ich!" Sehr gern sogar! dachte sie.
Markus legte den Arm um sie, holte ihre Mäntel, half ihr höflich hinein. Auf dem Weg küsste er sie ein paarmal, es fühlte sich gut an.
In seiner Wohnung tanzte er noch ein paar Lieder lang mit ihr, die Zärtlichkeiten wurden leidenschaftlicher, ebenso wie die Küsse.

Er führte sie ins Schlafzimmer und liebte sie langsam, voll Hingabe an ihren Körper, voll Zärtlichkeit, und sie gab ihm Ruhe und Zeit, sie zu lieben und auch selbst zu fühlen, was nicht immer so bei den Frauen gewesen war.
Danach wollte er eigentlich einschlafen, beschloss aber, noch eine Kuschelrunde einzulegen, mit ihr noch ein bisschen gemeinsam die Nähe des anderen zu fühlen. Dabei hatte ihn der lästige Hannes gestört.

Als er wieder vor dem Bett stand, lächelte sie ihn an.
Ein schönes Lächeln! dachte er. Eigentlich eine sehr hübsche Frau, wenn sie mit geröteten Wangen und leicht verschleiertem Blick in seinem Bett lag, und nicht die kluge, taffe Frau an der Uni war. Und er fühlte sich wohl mit ihr. Als er die Erregung spürte, war er leicht verwundert darüber. Zweimal unmittelbar hintereinander mit einer Frau zu schlafen, diesen Wunsch hatte er noch nicht oft verspürt. Aber auch sie wollte wohl noch mehr, er fühlte es, als er wieder anfing, ihr Zärtlichkeiten zu schenken.

Hannes brannte vor Neugierde. Markus hatte schon längere Zeit keinen Damenbesuch mehr gehabt, zumindest, so viel er mitbekommen hatte. Er hatte in den letzten Tagen viel Zeit an der Uni mit einer Kollegin verbracht, aber nie irgendwie von ihr als Frau geschwärmt. Na ja, morgen würde er schon mehr erfahren. Er legte sich neben seine Süße, nahm sie vorsichtig in den Arm und schlief glücklich wie an jedem der vergangenen Tage, seit er sie kannte, ein.

Um sechs läutete der Wecker.
„O nein!" stöhnte Mia. „Ich rufe heute an, dass ich nicht komme! Ich bin liebeskrank!" Sie kuschelte sich an Hannes. Der verließ blitzschnell das Bett, brachte seine Beherrschung in Sicherheit.

Er drückte auf dem Gerät 10 Minuten Nachschlafzeit für sie.
„Verräter!" brummelte sie und war schon wieder weg. Hannes bereitete ein extra schönes Frühstück vor, als sie extraschön zurechtgemacht in die Küche kam.
Sie schmiegte sich an ihn. „Rufst du beim Chef an und entschuldigst mich?" bat sie schmeichelnd.

„Wenn du jetzt nicht aufhörst, kleiner Teufel, kann gleich keiner von uns beiden mehr anrufen, dann gelten wir einfach als verschollen!"
„Aber mir ist so schmusig zu Mute!"
„Mia! Bitte!" Seine Stimme klang leicht gequält und atemlos.

Sie kam wieder zu sich. „Sorry! Ich bin echt blöd!" Sie setzte sich brav an den Tisch, begann zu frühstücken. Hannes brachte den Kaffee, setzte sich so weit wie möglich von ihr weg. Er räusperte sich, um den Frosch aus einem Hals zu bekommen.
„Heute fange ich mit dem Computerraum an." Er wählte ein unverfängliches Thema.
„Echt? Aber du musst nicht alles bis Mittwoch fertig haben!"
„Ich halte normalerweise schon meine Versprechen, nicht nur bei dir!" versicherte er lächelnd.

Sie griff nach seiner Hand, drückte sie liebevoll. Das ließ er gerade noch zu.
„Zuerst fahre ich in den Elektronikgroßmarkt, bestelle die neuen Geräte, Ich besorge 30, 20 ist ja blöd, dann baue ich die alten ab, organisiere den Abtransport."
„Dann bist du heute in der Schule? Da muss ich gleich eine Vertretung suchen! Ich muss dir schließlich helfen!" Sie grinste ihn frech an.

„Okay! Das kannst du ruhig machen! Dann dauert es halt ein paar Jahre, bis ich fertig bin!"
Lachend gab sie ihm einen Abschiedskuss, er gab ihr einen Abschiedskuss, so ging es noch eine Weile hin und her. Gegen sieben hüpfte sie die Treppe hinunter und wäre beinahe in Markus hineingerannt, der sich gerade von einer Frau verabschiedete.

Er hatte Kerstin zu einem gemeinsamen Frühstück überreden wollen, aber sie wollte lieber vor der Uni noch nach Hause. Er hatte ihr angeboten, frische Sachen von Mia auszuleihen, aber das war ihr dann doch unangenehm gewesen.
Sie schienen ja sehr vertraut zu sein, Markus und Mia, wenn er sogar Wäsche für sie von ihr holen wollte! dachte sie. „Du magst sie sehr, die Verlobte deines Bruders, oder?" entfuhr es ihr.
Er sah sie ernst an. „Ja, jeder Bruder mag seine kleine Schwester!" stellte er klar.

„Hoppala!" rief Mia überrascht aus. Markus hielt sie fest, damit sie nicht hinfiel. „Darf ich vorstellen, meine kleine Schwester, die ich nie hatte, Mia. Das ist Kerstin."
Mia war gerührt, umarmte Markus. „Danke, großer Bruder, den ich nie hatte! Hallo, Kerstin!"

Markus und Kerstin debattierten, ob sie den Bus nehmen wollte, oder ob er sie heimfahren sollte.
„Wo wohnst du denn?" mischte Mia sich ein. Kerstin registrierte das du als ein bisschen schnell, die Kleine war ja deutlich jünger als sie. „In der Prüfeninger Straße!" gab sie zurück.
„Dann kannst du mit mir fahren. Ich muss ins Goethegymnasium!"
„Ja!" stimmte Markus zu. „Das ist doch praktisch!"
„Ich bin eh zu früh dran! Ich musste vor meiner Verliebtheit fliehen!" lachte Mia.
Na, die Kleine trägt ja ihr Herz auf der Zunge! dachte Kerstin, fand das aber jetzt nicht direkt unsympathisch.

„In welche Klasse gehst du denn?" fragte Kerstin, als sie im Auto saßen.
Mia musste leise lachen. „In der ersten Stunde in die 5., dann zwei Stunden in die 9. und noch zwei Stunden in die 13."
Kerstin stutzte. „Du bist Referendarin?"

„Nein, das ist auch schon ein paar Jahre her! Ich bis Studienrätin Deutsch / Mathe."
„Wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf?"
„28!"
„Na, da hätte ich mich jetzt schwer verschätzt!"
„Ich hab's gemerkt! Und du?" wollte Mia wissen.
„31!"


„Bist du in Markus verliebt?" Mia war es seit kurzem gewohnt, alles zu fragen, was sie wissen wollte.
Kerstin sah zum Seitenfenster hinaus. „Ja, ich denke schon!"
„Und Markus?"
„Ich glaube, eher nicht!"
„Es ist schwer, sich nicht in die Kerle zu verlieben, oder? Sie sehen schon verdammt gut aus!" schwärmte Mia.
Kerstin musste über die offene Art der jungen Frau lächeln. Sie fing an, sie ins Herz zu schließen. „Ja, das ist ziemlich schwer! Aber sehen sie sich denn wirklich so ähnlich?"

„Wie ein Ei dem anderen, echt!" versicherte Mia und erzählte, wie sie Markus das erste Mal neben Hannes gesehen hatte: „Ich habe gedacht, ich bin übergeschnappt vor lauter Verliebtheit und sehe ihn schon doppelt!"

Kerstin lachte und erzählte Mia von Niklas, der Markus für Hannes gehalten, und gehofft hatte, sie wäre wieder frei. „Der Spinner!" kommentierte Mia den Bericht nur.
Mittlerweile waren sie vor Kerstins Haus angekommen, Mia hielt an. Kerstin stieg aus, sah dem roten Mini noch eine Weile nach. Es musste schön sein, so glücklich verliebt zu sein wie die Kleine! Aber sie war ja auch wirklich reizend!


Hannes beobachtete die Abschiedsszene vom Fenster aus. Mia hüpfte und tanzte, die ziemlich große schlanke Frau – mehr konnte er nicht erkennen – stieg ein, Markus blieb an der Haustüre stehen, keine Umarmung, kein Abschiedskuss. Er sprang die Treppe hinunter, um den kleinen Bruder auszufragen. Der stand immer noch gedankenverloren in der Eingangstüre. Er drehte sich zu Hannes um. „Kaffee?" fragte er nur.
„Gerne!"

Markus ließ umständlich Kaffee aus der Maschine, schäumte Milch auf, ließ sich am Tisch nieder. „Also, frag schon, was du wissen willst!"
„Bist du verliebt?" war das Einzige, was Hannes wissen wollte. Alles andere erschien ihm seit zwei Wochen als reine Zeitverschwendung.

„Ich weiß es nicht! Sie ist nett, humorvoll, klug, sieht gut aus, vor allem, wenn sie lächelt, und ich habe mich heute Nacht gut gefühlt bei und neben ihr!"
„Aber du bist nicht verliebt?" bohrte Hannes weiter.
„Es gibt auch eine Liebe auf den zweiten Blick! Sie ist nicht so temperamentvoll wie Mia, sprüht nicht so vor Leben, aber man kann auch auf Wolke 4 oder 5 glücklich werden!"
„Nein, Markus, zufrieden, aber nicht glücklich! Und du kannst auch nicht alle Frauen in Zukunft mit Mia vergleichen!" sagte er ernst.

Markus sah ihn überrascht an. „Nein, nein, Bruderherz! So war das nicht gemeint! Ganz am Anfang vielleicht, aber mittlerweile ist sie für mich wie eine kleine Schwester!"
Hannes wusste schon, dass sein Zwilling die Wahrheit sagte, er hatte ja selbst gefühlt, wie es in ihm ausgesehen hatte, bis sich das anfängliche Schwärmen in Freundschaft wandelte.

„Das ist schon klar, aber irgendwie suchst du eine Frau, die wie Mia ist, oder?"
„Ja, irgendwie wahrscheinlich schon, aber das ist bei uns ja auch nicht Neues, dass uns der gleiche Typ gefällt, oder?"
„Nur dass Mia halt so gar nicht in unser bisheriges Beuteschema passt. Gott sei Dank, würde ich sagen, oder?" Hannes grinste den Bruder an.

„Da siehst du mal, was so ein Beuteschema taugt!" Markus musste lachen. Jahrelang hatten sie große Frauen mit langen, glatten, dunklen Haaren angebaggert, und eine Kleine mit blonden Locken hatte schließlich das Herz des Bruders eingefangen.

„Ich schau jetzt halt, mal was draus wird!" fasste Markus zusammen. Er musste Hannes noch die Geschichte mit Niklas erzählen.
Fast tat der Hannes leid! Hatte er so große Hoffnungen gehabt, Mia doch noch erobern zu können und war so bitter enttäuscht worden! Beide mussten herzhaft lachen. Dann erzählte Markus noch ein wenig von Kerstin und ihrer gemeinsamen Arbeit an der Uni.

Doch Hannes fehlte das Leuchten in den Augen von Markus, als er von der Frau erzählte, mit der er gerade eine Nacht verbracht hatte.
Nachdenklich ging er wieder nach oben. Aber er wollte nicht zu viele Gedanken mit Markus' Problemen verbringen. Das musste der selbst auf die Reihe kriegen.
Er machte sich sorgfältig fertig, schließlich wollte er an der Schule seiner Süßen einen guten Eindruck machen und so nebenbei ihr ein wenig gefallen, nur ein ganz klein wenig.

Aha, darum lässt du wieder einmal einen Bartschatten stehen, verwendest aber das teure Rasierwasser, lässt deine Haare leicht verstrubbelt, trägst ein Shirt in der Farbe, bei der ihre Augen flimmern, deinen neuen Ledermantel, und steckst deine helle enge Hose mit den Knöpfen, die sie so heiß findet, in die Stiefel, damit du einen guten Eindruck machst und ihr ein ganz klein wenig gefällst, sagte sein Spiegelbild zu ihm. Er streckte ihm die Zunge heraus und machte sich strahlend, tanzend, pfeifend, singend vor Glück auf den Weg.

Da fiel ihm ein, dass er sich bei Siemens melden sollte, ob etwas Dringendes ansteht. Niklas meldete sich, gab aber Entwarnung, alles war ruhig.
„Und du hast letzte Nacht darauf gehofft, meinen Platz bei meiner Süßen einzunehmen?" lachte Hannes.

„Ah, die Buschtrommeln waren aber schnell!"
„Glaubst du im Ernst, dass ich mich je wieder von Mia trennen werde?"
„Alle glauben das! Es laufen schon Wetten im ZAP, zwei Wochen sind bei dir ja schon rekordverdächtig! Die halbe Männerwelt der Stadt steht Gewehr bei Fuß, um ganz vorne dabei zu sein, wenn die Jagd eröffnet ist!"
„Oh oh! Das lass nur Mia nicht hören, dass ihr sie als Jagdbeute betrachtet! Und mir gefällt es, ehrlich gesagt, auch nicht wirklich!"
„Sorry, aber bis vor zwei Wochen hast du selber so geredet!"

„Nein, so eigentlich nie! Frauen sind wunderbare, anbetungswürdige Wesen, und keine Jagdbeute!"
Niklas musste Hannes Recht geben. Der Kollege hatte sich nie an den zotigen Reden der Jungs in der Disco beteiligt, hatte sie immer zur Räson gerufen, wenn sie respektlos von Frauen gesprochen hatten, was ihm ja auch den Spitznamen „Frauenversteher" eingebracht hatte. 

Vielleicht war das ja der Grund, warum er Mia erobern konnte und alle andern abgeblitzt waren.
Niklas begann sein Verhalten dem weiblichen Geschlecht gegenüber zu überdenken.
„Vielleicht kannst du ja mal ein Seminar abhalten, mit dem Thema: Wie behandle ich Frauen richtig!"

Hannes lachte: „Das könnte dem einen oder anderen nicht schaden! Also ich bin jetzt drei Tage untergetaucht, wenn was Existenz bedrohendes passiert, piepst du mich an, okay?"
„Gut! Schon wieder Liebesurlaub?"
„Nein, ich richte an Mias Schule den Computerraum neu ein."

„Ah, super! Wenn du Hilfe brauchst, rühre dich bitte, ja?"
„Mia wird aber nicht dabei sein, falls du dahingehende Hoffnungen hegst!"
„Nein, das war jetzt echt kein Hintergedanke, eher ein paar Lektionen im Frauenverstehen, so nebenbei!"
Hannes lachte. „Wir werden sehen!"


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