Kapitel 12
Am nächsten Morgen erwachten sie frisch und vollkommen fit. Hannes machte Frühstück, sie rief beim Anwalt an, erklärte kurz, wozu sie bereit wären, wenn gewisse Bedingungen erfüllt würden.
Hannes lauschte gebannt ihrer Ausdrucksweise.
Mit Worten hatte sie es echt drauf!
Der Anwalt gab ihnen einen Termin um zwei Uhr.
Später setzte sich Hannes an den Computer, entwarf eine Art Vertrag, mit ihrem Angebot, die Summe ließ er offen, und ihren Gegenforderungen.
Mia stand hinter ihm, hatte die Arme um ihn geschlungen, den Kopf auf seinem, und las mit.
Das sah sehr professionell aus!
„An welche Summe denkst du eigentlich bei dem Ganzen?" fragte sie.
„Na, so mit 500.000 müssen wir schon rechnen!"
„Was?" rief sie entsetzt. „Eine halbe Million? Niemals!"
„Ja, überschlag doch mal, Frau Diplommathematikerin, 2000 Euro pro Monat, 30 Jahre lang, da ist das eher niedrig angesetzt!"
„Aber da pokern wir erst einmal!"
„Schon! Deshalb habe ich ja keine Summe eingetragen!"
Er schloss die Arbeit ab.
„Jetzt musst du nur noch Kaufvertag drüber schreiben!" stellte sie lachend fest.
Hannes sprang hoch. „Was soll das denn heißen?" fragte er entsetzt.
„Das war ein Spaß! Weil das so professionell aussieht!" schränkte sie ein.
„Also, du hast schon bessere Späße gemacht!" Er strich sich mit der Hand über das Gesicht. „Du siehst das hoffentlich nicht im Geringsten so?"
„Ach, komm Hannes!" Sie schmiegte sich an ihn. „Mich gibt es doch nicht zu kaufen! Mich gibt es nur geschenkt!"
Er war schon wieder Wachs in ihren Händen. „Jetzt reicht es dann langsam mit dem Erschrecken!" bat er noch, bevor er das Geschenk Mia annahm.
„Erzähl mir doch ein wenig von deinen Eltern!" bat er, als sie erfüllt nebeneinander lagen.
„Mein Papa ist Professor für Deutschdidaktik, meine Mutter Grundschullehrerin. Sie war seine Studentin!"
„Oh! Oh!" Hannes grinste sie an. „Na, wenn sie nur annähernd so schön ist wie du, ist das nur verständlich!"
Mia lachte. „Mein Papa ist aber auch ein sehr attraktiver Mann!"
„Und auf wen bezieht sich das auch?" neckte er sie.
„Ach, es gibt ja eine Menge gutaussehender Männer!"
Hannes kitzelte sie. „Aber ich, hör auf, ich, hör jetzt sofort auf, ich darf es ja nur einem Mann sagen, dass er toll aussieht!"
„Na, jetzt hat sie aber gerade noch die Kurve gekriegt, meine kleine Doktorin!" Zur Belohnung gab es einen heißen Kuss. „Und deine Schwester und dein Schwager, was machen die?"
„Carla ist auch Grundschullehrerin und Robert Hauptschullehrer."
„Na, das ist ja eine sehr pädagogische Familie! Ich hoffe nur, ihr verbündet euch nicht, und wollt mich erziehen!"
„Zu was denn? Zu einem normalen, langweiligen Mann? Da werde ich schon aufpassen, dass die mir meinen verrückten Hannes so lassen wie er ist!" Zur Belohnung gab es ganz viele heiße Küsse.
Pünktlich um zwei kamen sie beim Anwalt an.
Der war überrascht von der reizenden Frau, nach den Berichten seines Mandanten hatte er einen reizlosen Blaustrumpf erwartet.
Der gutaussehende Mann neben ihm war wohl ihr neuer Lebensgefährte.
Mia erzählte erst einmal in groben Worten glasklar formuliert, wie die Geschichte mit der Trennung, den Vereinbarungen, dem Haus sich wirklich abgespielt hatte.
Der Anwalt war nun leicht verunsichert, ihr Noch-Ehemann hatte ihm den Sachverhalt schon etwas anders geschildert.
Dann übernahm Hannes. „Wir wären aber durchaus bereit, eine einmalige Abfindung zu bezahlen, wenn er auf gewisse Forderungen eingeht."
Er legte den Entwurf vor. „Punkt eins wäre ein schneller Scheidungstermin. Getrennt von Tisch und Bett sind die beiden ja schon mindestens ein Jahr, das heißt, der Gerichtstermin könnte zeitnah sein.
Punkt zwei: Verzicht auf das Haus, da es mit Mias Geld gebaut wurde, was auch ganz einfach zu belegen ist.
Punkt drei: Verzicht auf Unterhalt, der Mann ist 33 Jahre alt, wird wohl selbst arbeiten können, muss nicht die Frau, die er betrogen hat, noch ausnehmen. Das Gleiche gilt für den Versorgungsausgleich.
Punkt vier: Das erworbene Vermögen hat Mia mit zahlreichen Nebentätigkeiten erworben, das ist jetzt eine Sache der Moral, ob er auf der Hälfte besteht, noch dazu, da sie durch ihr höheres Einkommen jahrelang beträchtlich zum Haushaltseinkommen beigetragen hat und er nun auch noch ihr ehemals gemeinsames Konto bis zum Anschlag leergeräumt hat."
Mia hörte ihrem Traummann fasziniert zu. Er konnte aber auch mit Worten umgehen, Donnerwetter!
Der Anwalt war noch verunsicherter als zu Beginn. Was der junge Mann da vortrug, hatte alles Hand und Fuß und war von der Ethik her auch richtig. Doch er musste die Interessen seines Mandanten vertreten, wenn auch mittlerweile sehr ungern.
„Und an welche Summe hatten sie gedacht?"
„200.000 Euro!" kam es von Mia wie aus der Pistole geschossen.
Der Anwalt bat sie, kurz im Vorzimmer Platz zu nehmen, er wollte den Noch-Ehemann anrufen, um ihm den Vorschlag zu unterbreiten. Er selbst fand das Angebot mehr als fair.
Er telefonierte, kam dann nach nebenan. „Für 300.000 wäre mein Mandant einverstanden, wir könnten dann für nächste Woche einen Scheidungstermin festmachen." Die beiden ließen sich ihre Erleichterung nicht anmerken, setzten ein Pokergesicht auf.
„Na ja, wenn es nicht anders geht, also 300.000. Aber da ist dann auch der Vermögensanteil abgegolten!" stimmte Hannes zu.
Der Anwalt machte den Deal telefonisch fest, er konnte im Namen seines Mandanten unterschreiben. Er holte die beiden, die schnell das zufriedene Grinsen unterdrückten, wieder herein.
„Gut, dann können wir gleich das Formular verwenden!" Er setzte 300.000 Euro bei der Summe ein, er und Mia unterschrieben, er machte noch zwei Kopien. Dann rief er am Gericht an, bekam einen Termin am kommenden Donnerstag, 15 Uhr. Er gab ihr eine Karte mit seiner Bankverbindung. „Sie überweisen dann spätestens 14 Tage nach dem Scheidungstermin auf mein Konto. Das, was er von ihrem Konto abgeholt hat, ziehen Sie ab, wir wollen doch der Moral Genüge tun!" Er lächelte sie an.
„Zwei Dinge noch, wenn Sie gestatten, die aber bitte unter uns bleiben!" Er bezog auch Hannes mit ein. „Zum einen bin ich froh, dass mein Mandant nicht besser rechnen kann! Zum zweiten: Ich denke, Sie können sich glücklich schätzen, dass diese Ehe bald Vergangenheit ist. Ich bin der Meinung, es haben sich zwei neue Paare gebildet, die besser zusammen passen, wenn Sie verstehen, was ich sagen will. Ich hatte das Vergnügen, die neue Frau ihres Noch-Ehemannes kennen zu lernen, Frau Dr. Leissen!"
Er begleitete die beiden zur Türe.
„Jetzt fällt mir noch etwas ein! Dieses Formular, woher haben Sie das?"
„Das hat Hannes entworfen! Er ist Diplominformatiker!"
„Machen Sie auch Auftragsarbeiten?"
„Ich lebe zum Großteil davon!" sagte Hannes lächelnd.
„Könnten Sie für mich eine Reihe von Vordrucken erstellen?"
„Ich kann Ihnen auch ein Programm schreiben, damit Sie mit Bausteinen selbst alles modifizieren können!" schlug Hannes vor. „Kommen Sie einfach einmal vorbei! Anruf genügt!" Er gab ihm eine Visitenkarte. „Dr. math. Hannes Maybach, Diplominformatiker", las er.
„Sagte ich doch! So passt es besser, optisch und auch intellektuell! Ich rufe demnächst mal an!" Und dann fasste der Anwalt einen Entschluss. Verpflichtung seinem Mandanten gegenüber hin oder her, er musste vor diesem Scheidungstermin noch etwas klären. Er musste auf Nummer sicher gehen, dass mit dieser seltsamen Eheschließung alles korrekt war, bevor dieser Unsympath das Geld dieser hübschen intelligenten Frau bekam.
Auf der Straße nahm Hannes Mia in den Arm und küsste sie erst einmal.
„Gut gemacht, Pokerface!" sagte er stolz.
Im Auto musste sie wieder einmal etwas loswerden, was ihr auf der Zunge lag. „Weißt, du Hannes, dass dein Job mich total anturnt?" Er lächelte seine Süße an, die noch vor ein paar Tagen Angst vor den Männern, Angst vor der Liebe, Angst vor ihren eigenen Gefühlen gehabt hatte! Er atmete tief ein. „Uff! Wie meinst du das?"
„Wenn du so professionell von Programmen schreiben redest, von Bausteinen zum Modifizieren, von Benutzeroberfläche und Links, da wird mir ganz anders! Wenn du mit deinen schönen Händen in rasender Geschwindigkeit in die Tasten haust, werde ich ganz schwach!" Mein Gott, wie er es liebte, wenn sie ihr Herz so auf der Zunge trug! Da wurde ihm ganz anders, da wurde er ganz schwach!
„Ich finde diesen Job ausgesprochen sexy!"
Er küsste sie leidenschaftlich. „Und ich finde es sehr sexy, wenn du mit Anwälten in deinem wunderschönen Deutsch verhandelst! Ich mag deine Ausdrucksweise sehr, und ich mag auch sehr, was unter dem T-Shirt ist!"
Beinahe verloren sie den Kopf beim Küssen und Streicheln in einem Parkhaus mitten in der Stadt. Er löste sich zuerst von ihr, atmete tief ein und aus. „Das war knapp, Süße! Du denkst aber schon ab und zu daran, dass ich ein Mann bin, ein sehr verliebter Mann, wenn du solche Sachen sagst?"
„Du weißt doch, dass ich mich mit Männern nicht auskenne!"
Hannes lachte leise auf. „Ja, ja! Das weiß ich, kleines Biest!"
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