Kapitel 97
Seine Süßen flogen ihm entgegen, als er unverhofft ein paar Stunden früher heimkam.
Er konnte sich vor lauter Armen und Mündern kaum wehren, war der glücklichste Mann der Welt!
Einen nach dem anderen seiner Schätze schmuste er ab, tausend Sätze prasselten gleichzeitig auf ihn ein, und er lachte, wie noch nie in seinem Leben.
Anja kochte Kaffee, Kuchen hatte sie vom Heim mitgebracht, für sie hatte die Leiterin extra eine Quiche gebacken, weil sie doch keinen Zucker und auch keine Zuckerersatzstoffe essen durfte.
Da hatten sie gleich ein Abendessen dank Lukas' Notlüge!
Sie saßen unter ihrem Apfelbaum, die Kinder auf Papas Schoß, sie in seinem Arm. Irgendwie ging das schon!
„Wir haben dich vermisst!" sagte Chiara und küsste ihn ab.
„Das war fast wie früher, als wir nur halbe Eltern hatten!" fügte Florian hinzu. „Aber da wussten wir ja noch nicht, wie super die andere Hälfte ist!"
Und Lukas liefen wieder einmal die Augen über. „Ich habe euch auch vermisst!" stieß er hervor.
„Ist doch klar! So wunderbare Kinder muss man ja vermissen!" stellte Chiara trocken fest, und wieder einmal musste Lukas darüber lachen, wie ähnlich der Humor von Mutter und Tochter war.
Dann wollten sich die Kinder hinlegen. Die Eltern brachten sie hinauf, sie würden ja sowieso bald im Schlafzimmer landen, dann hatte sie wenigstens schon ein Stockwerk geschafft.
„Ein Stunde?" fragte Anja ihre Kinder.
„Auch zwei! Der Hans hat gesagt, Papas, die die Mamas lange nicht gesehen haben, müssen viele Fragen stellen!" meinte Chiara.
Gott segne dich, Hans! dachte Lukas!
„Und dann wollt ihr ja bestimmt noch kuscheln!" stellte Florian fest. „Weil Kuscheln gefällt euch immer!"
Sie knutschten die beiden noch ab, bis sie kichernd im Bett lagen.
„Und hast du mich auch vermisst?" fragte er sie leise auf dem Flur. Sie hatten täglich abends miteinander telefoniert, hatten sich kräftig angeheizt mit Worten. Das war zwar äußerst unvernünftig, aber schön!
Er hatte ihr erzählt, dass er die Jeans jetzt endgültig zur Altkleidersammlung gegeben hatte, weil auch ihre Abwesenheit nichts nutze, so lange sie telefonierten!
„Deine Taten, ja, doch, die habe ich vermisst!"
„Welche Taten genau?" Er schob sie Richtung Schlafzimmer.
„Deine Küsse!" stöhnte sie.
„Diese Küsse?" fragte er und lieferte eine zarte Auswahl ab.
„Doch, ja!"
„Oder diese Küsse?" Er lieferte eine heißere Auswahl ab.
„Doch, auch!
„Oder diese Küsse?" Er lieferte eine leidenschaftliche Auswahl ab.
„Auch, ja!" Ihr schwanden fast die Sinne.
„Und welche Taten noch?"
„Die deiner zärtlichen Hände!"
Und wieder lieferte er ihr ein breites Spektrum zu Auswahl.
Dann konnte er das Spiel nicht mehr fortsetzen. Mittlerweile wusste er, welche Taten sie noch meinte, musste sie umsetzen, weil die Leidenschaft ihn sonst verbrennen würde.
„O Gott, Schnuckelchen, habe ich dich vermisst!" Er küsste sie lange, immer wieder, weil er sie doch so gerne küsste.
Und er liebte sie wieder, weil er sie doch so gerne liebte!
So unendlich gerne, seit der ersten Nacht!
Weil er ihren Körper so gerne fühlte, seit der ersten Nacht!
Weil er ihren Körper so gerne eroberte, seit der ersten Nacht!
Weil er ihr so gerne gut tat, seit der ersten Nacht!
Weil er seinem Körper so gerne guttun ließ, seit der ersten Nacht!
Die zwei Stunden vergingen wie im Flug.
Sie waren noch lange nicht satt, aber etwas weniger hungrig.
Schwer lösten sie sich vom Bett, draußen tuschelten schon die Kleinen. Sie nahmen sie auf den Arm, dankbar für ihr Verständnis.
Sie tobten ein wenig im Garten herum, spielten Malefitz, lachten sich halb kaputt dabei, wärmten die Quiche, Lukas machte einen Salat dazu, dann gingen sie noch ein Runde um die Häuser, tratschten an dem einen oder anderen Gartenzaun, sahen Peter mit dem Auto wegfahren.
Komischerweise hatten die Kinder nicht ein einziges Mal nach ihm gefragt. Instinktiv schienen sie zu fühlen, dass es hieß: Papa oder Onkel Peter. Dafür waren sie sehr dankbar. Vor allem Lukas, der wegen der Kinder Peter in ihrem Leben geduldet hätte, aber nur unwillig!
So war es auf alle Fälle besser!
Sie lagen noch eine Weile auf den Liegen, bis den süßen Kleinen die Augen zufielen.
Lukas brachte sie nach oben, Anja holte inzwischen Wein und Zigaretten.
Als sie rauchend und am Wein nippend auf der Terrasse lagen, erzählte Lukas seiner süßen Süßen, von den Ereignissen des Tages.
Ihr blieb fast das Herz stehen!
Diese verrückte Kuh, um ein Haar hätte sie Lukas' Lebenstraum zerstören können!
„O mein Gott!" Sie presste die Hand auf ihr Herz. „Und wenn der Ober nicht so gut reagiert hätte?"
„Ich weiß nicht! Es hätte unangenehm werden können! Vor allem, weil es ja nicht mich alleine getroffen hätte. Ich bin schließlich der Mann von Anja Berentz! Das wäre ein echter Skandal geworden! Und die Kinder hätten sicher auch was mitbekommen! Der Horror!"
Anja erkannt jetzt erst das Ausmaß dessen, was hätte passieren können. Er hatte das nicht selbstironisch gemeint, dass er der Mann von Anja Berentz sei. Sie war nun mal bekannt, die Medien hätten sich darauf gestürzt, die ganze Familie in den Dreck gezogen.
„Das war knapp! Hat das Schicksal wieder eingegriffen?" fragte sie leise.
„Wahrscheinlich!"
„Ich hätte das Weib umgebracht!"
„Das hättest du! Davon bin ich überzeugt!" Und er meinte sogar, was er sagte! Seine Anja hätte gekämpft um ihn, hätte nie gezweifelt an ihm, niemals!
Sie hätte sie nicht getötet, aber vernichtet!
„Mäusezahn?" fragte er voll von Glück. „Hast du eigentlich noch Hunger?"
„Und wie! Ich habe lange gefastet!"
Wieder einmal stolperten sie die Stufen hinauf, ließen sich aber dann hinter der Türe viel Zeit, sich zu liebkosen, sich zu küssen, sich auszuziehen, sich zu lieben, wie sich seit vielen Tagen, Monaten, einigen Jahren liebten. Irgendwann waren sie dann satt, aber da graute der Morgen schon. Es war egal! Einer von beiden würde den Zwillingen um neun Uhr Frühstück machen können, einer von ihnen beiden würde es schaffen!
Am Sonntag verabschiedete sich Lukas, um zum Dienst zu fahren, das hieß, er wollte sich verabschieden, denn Chiara hatte beschlossen mitzufahren.
„Das geht nicht, Mäuschen!" erklärte er.
„Letztes Mal ist es auch gegangen! Und wir waren ganz brav!"
„Aber da habe ich ja noch nicht gearbeitet! Das war doch nur ein Empfang!" versuchte er weiter zu argumentieren.
„Aber ich will mit! Da ist es schön! Da bist du ganz wichtig, und alle Leute schauen dich an!"
Lukas musste lachen. „Ach, und zu Hause bin ich nicht wichtig?" Schau an, seine Kleine, die hat echt feine Antennen! Aber es machte ihn auch stolz, wenn seine Kinder merkten, dass er geschätzt wurde.
„Doch, aber da ist auch die Mama wichtig!" Florian musste seiner Schwester zu Hilfe kommen. „Und ich will auch mit!"
„Na, klar! Papa macht dann Visite mit einem Kind links und einem rechts an der Hand!" Anja schüttelte den Kopf.
„Was ist Visite?" wollte Chiara wissen.
„Da gehe ich zu den Kindern, rede mit ihnen, überlege mit den anderen Ärzten, wie wir ihnen helfen können, sagen den Schwestern, welche Tabletten sie ihnen geben können!" erklärte Lukas.
Chiara hörte mit offenem Mund zu. Ihr Papa war echt ein wichtiger Mann, wenn er kranken Kindern helfen konnte.
„Aber da will ich mal dabei sein!" Chiara ließ nicht locker.
„Ein anderes Mal, Schätzchen! Wenn die Mama kommt, um den kranken Kindern was vorzulesen, dann dürft ihr mit, okay?"
„Versprochen?" fragte Florian.
„Ganz sicher! So, jetzt muss ich aber los!" Er küsste sich einmal durch, Anja bekam eine doppelte Ration.
Tobias und er richteten sich auf einen ruhigen Sonntagsdienst ein. Nicht gerade mit Schafkopfen, aber mit Zeit für die Visiten, für die Patienten, für die Eltern.
Doch dann ging es Schlag auf Schlag.
Es war seit Tagen sehr heiß, manche Eltern waren sehr unvernünftig. Zuerst kam ein schwerer Sonnenbrand, dann ein Hitzschlag, dann ein Badeunfall, der lebensbedrohlich war, dann noch ein Radunfall mit gebrochenem Bein.
Schließlich noch zwei Geburten, eine im siebten Monat, eine im achten, bei denen die Neugeborenen versorgt werden mussten.
Kaum hatten die beiden sich ein wenig auf den Liegen im Bereitschaftszimmer ausgestreckt, als schon wieder der Piepser ging.
Lukas raste los, und sein Herz blieb fast stehen, als er auf der Bahre Uschi erkannte. Christoph, ihr Mann, kam gerade angerannt, er hatte versucht, Lukas zu Hause zu erreichen, hatte erfahren, dass er heute Dienst hatte
„Uschi hat Wehen, die Fruchtblase ist geplatzt, mein Gott, es ist noch nicht einmal der sechste Monat geschafft!"
Lukas gab telefonisch ein paar Anweisungen auf seiner Station.
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