Kapitel 9
Manchmal zog Lukas anfangs noch alleine los und versuchte sein Glück mit Mädchen, die altersmäßig besser passten, aber über einen Kuss und ein paar Streichelversuche ging es nie hinaus, weil sein Körper einfach schwieg - und sein Herz sowieso.
Er merkte ziemlich schnell, wie er für sie fühlte, dass er sie liebte, Alter hin oder her!
Da stellte er seine Suche ein.
Sie gingen miteinander ins Kino, ins Theater, auf Konzerte, auf Bälle, in Discos, zu Vernissagen, sie waren in der Stadt bekannt als das schönste, verliebteste Paar, das aber nur befreundet war.
Nie fragte er die ersten Male: „Wollen wir ins Theater?"
Sie hätte geantwortet: „Geh doch mit einem Mädchen, das zu dir passt!"
Stets sagte er am Telefon: „Ich habe Theaterkarten, finde aber niemanden, der Lust hat mitzugehen!"
Sie fragte nie, woher er die vielen Karten für alles Mögliche immer hatte.
Später wurde er mutiger, bat sie einfach mitzukommen, hin und wieder sprach sogar sie von einem neuen Film, den sie sehen wollte, einem Theaterstück, das sie interessierte.
Aber immer wieder kam von ihr der Hinweis darauf, dass sie nicht zueinander passten.
Immer wieder beharrte sie darauf, dass sie keine Beziehung hatten, dass er frei war, dass er ein Mädchen suchen musste, das zu ihm passte.
Dass sie einen Mann suchen musste, der zu ihr passte!
Manchmal machte sie ihn verrückt damit, er versuchte eins ums andre Mal ihr klar zu machen, dass sie wunderbar zusammen passten, dass er sie liebte, sie wollte diese Worte partout nicht hören, aber er gab nicht auf.
Einmal waren sie auf einem Uniball. Sie sah bezaubernd aus in ihrem engen langen Lurexkleid mit langen Seitenschlitz und Spagettiträgern. Lukas hatte es vor ein paar Tagen angeschleppt.
Er brachte ihr immer wieder Geschenke mit: Mal einen Pulli, mal ein hübsches Kleid, mal eine Jeans, immer teure Markensachen. Beim ersten Mal hatte sie ihn verwundert angesehen. „Ist mir zugeflogen!" sagte er lakonisch.
„Aber...!
„Kein aber, Anja! Lass mir doch den Spaß, für eine gute Freundin Sachen auszusuchen!" bat er leise.
An diesem Abend folgten ihr viele Männerblicke
Sie konnte aber kaum den Blick von ihrem hübschen Jungen lösen.
Im dunklen Anzug sah er umwerfend aus. Er trug ein Shirt darunter in ihrer Lieblingsfarbe, Hemden zog er eigentlich nie an.
Viele Mädchen und Frauen drehten sich nach ihm um.
Sie tanzten miteinander, er platzte vor Stolz auf seine schöne Freundin, bis sie sagte: „Da sind ja heute alle Altersklassen vertreten! Vielleicht ist da für mich auch einer dabei!"
Manchmal hatte er Mordgedanken!
Bald setzte sie ihren Vorsatz in die Tat um.
Ein großer dunkelhaariger, gutaussehender Mann, der altersmäßig zu passen schien, baggerte sie an. Sie tanzte mit ihm, ließ sich küssen, verschwand aus dem Saal mit ihm.
Lukas' Herz hörte auf zu schlagen.
Dann kam sie wieder, setzte sich neben ihn, trank einen Schluck Cuba Libre.
Er riss sich zusammen, fragte beherrschter als er sich fühlte: „Na, hat's nicht gepasst?" Er versuchte sogar ein Lächeln.
„Nein! Seine Hände haben mir nicht gefallen!" sagte sie nur.
Mir auch nicht! dachte Lukas. Wenn ich mir vorstelle, wo sie gerade waren!
Kurz überlegte er, ob er sich für die Qual revanchieren sollte, aber dann wäre sie alleine gewesen, es wäre womöglich doch noch einer aufgetaucht, bei dem ihr auch noch die Hände gefallen hätten.
Außerdem wäre es zu billig gewesen.
Er tanzte mit ihr den ganzen Abend, seine Hände streichelten sie zart, sanft, wie nur er sie streicheln konnte. „Gefallen dir meine Hände besser?" fragte er leise nah an ihrem Ohr.
„Ja!" sagte sie nur.
Mehr brauchte er eigentlich nicht hören.
Anja war mit dem Mann mitgegangen, obwohl seine Küsse beim Tanzen schrecklich waren, nass, hart, seine Zunge erstickte sie fast. Aber sie musste langsam anfangen, ernsthaft zu suchen, nicht immer zu denken: Heute noch nicht!
Er drängte sie in eine dunkle Ecke, presste sie an die Wand, grapschte nach ihren Brüsten, fasste ihr in den Schritt, ertränkte sie mit seinen Küssen, stöhnte: „Du bist schon eine heiße Braut! Gehen wir zu dir oder zu mir?"
Anja lachte: „Könntest du mir vielleicht erst deinen Namen verraten?"
„Ich heiße Richard, und du?"
„Ich nicht!" Sie machte sich frei von seinen fummelnden Händen.
„Hör zu, Richard!" sagte sie lächelnd. „Du gehst jetzt nach Hause zu deiner Frau!" Sie hatte beim Anmachen die Druckstelle an seinem Ringfinger bemerkt. „Und dann übst du zwei Sachen: Erstens das Küssen und zweitens das Zärtlichsein!" Damit ließ sie ihn stehen.
Wochen später sah sie ihn in der Stadt, als sie mit Lukas durch die Straßen zog. An seinem Arm hing eine Kollegin von ihr, seine Frau. Anja musste lachen. Na, das hätte es gebracht!
Sie tanzte dann nur noch mit ihrem besten Freund, genoss seine sanften Zärtlichkeiten, war zufrieden mit sich.
Sie hatte ja gesucht, aber eben nichts gefunden.
Auf der Heimfahrt sah sie eine Weile zum Fenster hinaus. „Du, Lukas? Warum sind die Männer eigentlich immer so auf die primären Geschlechtsmerkmale einer Frau fixiert?"
Er lachte über ihre Ausdrucksweise. „Ich weiß nicht! Ich kenne mich mit Männern nicht aus!"
Sie boxte ihn auf den Arm. „Du Affe!"
Sie dachte noch eine Weile nach. „Aber, ich meine, du fasst mich doch auch nicht da an, wo du möchtest! Du fasst mich doch da an, wo ich angefasst werden möchte!"
Ihm wurde kalt und heiß bei ihren Worten.
„Ich fasse dich nur da an, wo ich möchte, Anja!" sagte er mit belegter Stimme.
Sie sah ihn von der Seite an, er erwiderte kurz ihren Blick, sie sah die Zärtlichkeit in seinen Augen.
Das war mit das Schönste, was er je zu ihr gesagt hatte! Was je ein Mann zu ihr gesagt hatte!
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