Kapitel 78

Am Morgen ließen die Kinder sie überraschender Weise bis fast um zehn Uhr schlafen. Und sie schliefen tatsächlich so lange! Die Nacht hatte ihre Seelen geheilt, reingewaschen. Sie hatten sich geliebt, ihre Körper und ihre Seelen hatten sich bis zur Erschöpfung geliebt, doch sie empfanden keinerlei Müdigkeit. Sie erwachten mit einem Lächeln auf den Lippen und im Herzen, knuddelten ihre Kinder, strahlten den Tag an, strahlten das Leben an, sprangen aus dem Bett, umarmten sich, hielten sich lange fest.

„Danke!" sagte Lukas, und sie verstand, wie nur sie ihn verstehen konnte.
Sie küsste ihn, wie nur sie ihn küssen konnte.
Er lächelte sie an, wie nur er sie anlächeln konnte.
Und sie tanzten in den Tag, wie sie nur gemeinsam in den Tag tanzen konnten, in den Tag und durchs Leben!

Sie frühstückten in der Sonne, gingen zum Strand, schwammen im ruhigen Meer, Lukas verlor ein wenig von seiner Angst, ließ zu, dass die Kinder die Schwimmflügel abnahmen, wenn sie dabei waren, schwamm mit Anja, seiner geliebten Anja, weit hinaus, weil er vertraute, dass die Kinder auf dem Felsen sitzen bleiben würden.

Er holte eine Luftmatratze und einen Ball.
Er spielte Piraten mit seinen Kindern, die Luftmatratze war das Piratenschiff.
Anja lag im Sand und sah ihnen glücklich zu.
Er war so losgelöst, so glücklich, lachte die ganze Zeit, er war so jung, so zufrieden, so angekommen in seinem Leben, in ihrem gemeinsamen Leben.

Chiara lief ihm davon, er lief ihr nach, sie schlug Haken wie ein Hase, er hatte Probleme, den kleinen Wirbelwind zu fassen.
Florian lachte, als er seinen Vater beobachtete, der seine Schwester fangen wollte. Alle waren fröhlich, glücklich, zufrieden.
Er legte sich erschöpft auf die Decke, sie spielte Ball mit ihren Kindern, ihren wunderbaren Kindern.

Er sah ihr zu, wie sie grazil nach dem Ball sprang, wie sie lachte, wie sie ihre Kinder abküsste, wie sie alle drei um die Wette schwammen, sich auf dem Rücken treiben ließen, sich tauchten, lachten, sich nass spritzten.
Er war glücklich! Einfach nur glücklich!
Er ging nach oben, machte Brote zurecht, brachte sie mit einer Flasche Wasser nach unten, sie aßen, neckten sich, lachten, aßen, tranken, und er war glücklich, einfach nur glücklich!

Sie cremten sich ein, legten sich auf die Decke, schliefen eine Stunde, tobten zu viert im Wasser, schwammen hinaus, die Zwillinge konnten echt gut schwimmen, küssten sich wassertretend ab, schwammen zurück, aßen ein bisschen, kuschelten und er war glücklich, einfach nur glücklich!

Er liebte die Kinder, er liebte Anja, er liebte das Leben, er liebte die Zukunft.
Er lächelte über die Trauer, fand sie vollkommen irreal, liebte die Gegenwart mit seiner Anja, seinen Kindern, war glücklich, einfach nur glücklich!

Abends gingen sie in eine kleine Bodega, aßen Tapas, bis sie zu platzen drohten, die Eltern tranken ein Glas Wein, die Kinder Saft, sie lachten, küssten sich, lachten.
Aller Augen lagen auf der glücklichen Familie, deren Liebe zueinander fast zum Greifen war. Die Kinder bekamen noch ein Eis, die Erwachsenen einen Espresso und eine Zigarette, sie liefen noch eine Weile durch die Straßen, waren glücklich, alle vier, einfach nur glücklich!

Wieder zu Hause gingen die Kinder freiwillig gleich ins Bett.

„Ob Violetta noch da ist?" fragte Florian, als er in den Kissen lag.
Lukas grinste Anja an. „Die gefällt dir wohl?" fragte er seinen Sohn.
„Ja, die ist nett! So ruhig! Aber sie ist schon sechs! Ich weiß nicht, ob das passt!"
Anja bis sich auf die Fingerknöchel.
„Tonio ist älter als ich. Das passt schon besser!" meinte Chiara bestimmt.

Sie nahm ihre Tochter in den Arm, Lukas seinen Sohn.
„Ob es passt oder nicht, hat überhaupt nichts mit dem Alter zu tun!" sagte Lukas im Brustton seiner Überzeugung. „Nicht das Geringste!" Er lächelte seine Süße an.
„Sollen wir morgen anrufen, ob ihr sie noch mal besuchen könnt?" fragte Lukas.
„Au ja! Aber ihr wärt nicht traurig?"

Anja sah ihrem hübschen großen Jungen in die Augen.
„Nein, wir wären nicht traurig! Es wäre vielleicht ein wenig langweilig ohne euch, aber wir finden schon einen Beschäftigung!"
„Ihr könntet euch dann ja wenig hinlegen!" schlug Chiara vor.
„Zum Beispiel, ja!" Lukas blieb todernst, obwohl das Lachen ihn kitzelte.

„Na, süßes Anjaschnuckelmäuschen, was hättest du denn für Pläne für heute Abend?" fragte er als, sie auf der Terrasse saßen.
„Fernsehschauen?"
„Hm!"
„Malefitz spielen?"
„Hm!"
„Kniffeln?"
„Hm!"
„Dann mach du einen Vorschlag!"
„Küssen?"
„Hm!"
„Streicheln?"
„Hm!"
„Dich bis zu den Sternen lieben?"
„Das klingt doch nicht schlecht!" Sie sah ihn liebevoll an.
„Wir können aber auch erst fernsehschauen, Malefitz spielen oder Kniffeln! Es muss nicht immer nach meinem Kopf gehen!"

„Ach, ne! Du weißt doch, der Klügere gibt nach!"
„Und du bist die Klügere von uns beiden?"
„Logisch!"
„Also im Leben sicher! Aber in Liebesdingen möchte ich das ernsthaft bezweifeln!"

Und wieder einmal musste sie ihm das letzte Wort lassen. Das wird ja noch zur Regel! dachte sie, bevor er alle Gedanken aus ihrem Kopf küsste.
„Teil dir deine Manneskraft gut ein, morgen haben wir vielleicht eine Zeit lang kinderfrei!" scherzte sie später in der Nacht.
„Also gut!" Er sprang aus dem Bett. „Dann gehen wir noch ein wenig raus, holde Süße!"

Sie sah ihn verblüfft an. Diese Reaktion hätte sie jetzt nicht erwartet.
Er schlich zu den Kindern. Das Kinderhandy lag eingeschaltet auf Florians Nachttisch, er steckte seines in die Tasche des Morgenmantels, schnappte sich die Decke im Wohnzimmer, schnappte sich seine heiße Braut. „Seit wir hier sind, möchte ich dich am Strand lieben!" flüsterte er heiser.

Sie flogen den kurzen Pfad hinunter und liebten sich unter dem Sternenhimmel.
Danach brauchte er dringend eine Lippenpflege, obwohl er den Geschmack von Labello hasste.
Das war auch etwas, was neu für ihn bei Anja war: Von Anfang an liebte er es, sie zu küssen, schon auf dem ersten Ball konnte er nicht genug davon bekommen.

Ein Kuss hatte für ihn nie eine große Bedeutung gehabt, gehörte eben dazu, wenn man ein Mädchen rumkriegen wollte. Aber bei ihr liebte er das Küssen um des Küssens willen. Ein sanftes Streichen über ihre Lippen erregte ihn von Anfang an unglaublich. Die Chemie zwischen ihnen schien einfach zu passen!

Für einen längeren Aufenthalt wurde es dann doch zu frisch. „Wir hätten einen Schlafsack mitnehmen sollen!" meinte er
„Aber einen größeren als damals!" gab sie lachend zurück.
„Da haben wir uns vielleicht angestellt!" erinnerte er sich.
„Alles ausprobiert, und nichts ging mit dem großen Kerl da bei mir!"
„Was meinst du genau mit dem großem Kerl bei dir?"
Sie knuffte ihn. „Du Affe!"

Lachend wischten sie sich den Sand ab, hüllten sich in die Morgenmäntel, hielten sich noch ein bisschen im Arm, so war es warm genug.
„Der Schmerz ist weg!" sagte er schließlich glücklich. „Sonst kam immer nach einer schönen Erinnerung die Erinnerung an den Verlustschmerz später. Aber meine Seele ist endgültig heil! Ich danke dir, süße Anjamaus!"

Langsam stiegen sie zum Haus hinauf, setzten sich noch mit einem Glas Wein auf die Terrasse. Es war immer schwer, die Tage des Glückes zu beenden. Sie wollten so viele Minuten wie möglich genießen. Schlafen konnte sie irgendwann!
Schließlich legten sie sich doch auf das neue Polsterbett, schliefen engumschlungen ein.


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