Kapitel 20
Nach dem Essen kuschelten die vier noch ein wenig auf der Couch. Sie schmusten sich gegenseitig ab, hielten sich im Arm, Chiara schmiegte sich an Lukas' Brust. „Bringst du uns morgen in den Kindergarten, damit die anderen Kinder uns glauben, dass wir wirklich einen Papa haben?"
„Morgen ist Sonntag, meine Süße, aber am Montag bringe ich euch bestimmt!"
„Morgen ist Sonntag, was machen wir da?" fragte Florian.
„Was möchtest du denn machen?" fragte Lukas seinen Sohn.
„Wir könnten Zwillinge und Eltern sein!" wünschte sich der Kleine.
„Ja, mein Junge, das machen wir! Das machen wir jetzt immer: Tolle Zwillinge und Eltern sein!" versprach Lukas und wunderte sich wieder einmal über seinen nicht einmal Fünfjährigen.
Was war doch seine süße Anja für eine tolle Mutter, wie gut hatte sie die Kleinen doch erzogen, alleine, ohne ihn!
Um halb neun brachten sie diese unglaublich süßen Kinder nach oben. Sie überwachten gemeinsam das Zähneputzen, bei dem sie immer gerne schummelten, wuschen ihre süßen Gesichter, cremten sie ein, waren Eltern mit Zwillingen.
Sie brachten sie ins Bett, deckten sie zu, küssten sie. Dann gingen sie engumschlungen nach unten, kuschelten sich auf das Sofa. Die Anlage spielte die CD mit Kuschelsongs, zu denen sie unzählige Male getanzt hatten, bis sie regelmäßig die Leidenschaft erfasst hatte, und Lukas stellte noch ein paar der 5000 Fragen.
Sie erzählte von dem Moment, als sie sicher war, schwanger zu sein, von der Schwangerschaft, der ersten Zeit mit zwei Babys, wie brav sie waren, wie ihre Familie ihr geholfen hatte. Sie erzählte auch von Peter, wie er sie unterstützt hatte.
Lukas ahnte, dass er den Ex von Anja in seinem Leben dulden musste, den Kindern zuliebe. Er brauchte wohl auch nicht eifersüchtig zu sein. Wären da noch Gefühle von ihrer Seite her, hätte sie fünf Jahre lang Zeit gehabt. Sie würden vielleicht nicht die besten Freunde werden, aber er konnte seinen Kindern auch nicht den Onkel Peter wegnehmen, den sie schon immer in ihrem Leben gewohnt waren.
„Erzähl mir ein bisschen von dir!" bat Anja. „Und wie geht es jetzt weiter bei dir?"
Er erzählte vom Studium, von den Schwierigkeiten am Anfang, ohne die Frauen zu erwähnen natürlich, von seinem Ehrgeiz, so schnell wie möglich fertig zu werden, von seiner Doktorarbeit. Von der Assitenzarztstelle am Klinikum, wo er seinen Facharzt in Kinderheilkunde machen würde.
„Und dann werde ich wohl früher oder später die Praxis meiner Eltern übernehmen." schloss er.
Anja musste lachen. „Dann kannst du in den Akten ihre ganzen Kinderkrankheiten nachlesen!"
Lukas sah sie fragend an.
„Dein Vater ist ihr Kinderarzt!"
„Nein! Er wusste die ganze Zeit Bescheid?"
Anja erzählte von den Zufällen, die das Leben schrieb.
„Aber ich vermute fast, dass er etwas ahnt. Er schaut sie schon immer sehr verliebt an! Und Florian kannst du ja wirklich nicht verleugnen! Nur wenn er Chiara ansieht, schleicht sich manchmal Trauer in seinen Blick."
Lukas sah sie ein wenig traurig an. „Ich hatte auch eine Zwillingsschwester, aber sie ist kurz nach der Geburt gestorben. Damals war die Medizin noch nicht so weit bei Frühchen!"
„O Gott, das wusste ich ja gar nicht!"
„Ich vergesse es auch meistens, ich habe sie ja nicht gekannt! Aber für meine Eltern ist es natürlich etwas anderes! Ein Kind zu verlieren muss das Schlimmste der Welt sein!" Sie hingen eine Weile ihren Gedanken nach.
„Meinst du, wir könnten morgen kurz zu ihnen fahren mit den Kindern?" fragte er.
„Ja, schon! Aber wir könnte sie auch einladen, das wäre für Florian und Chiara vielleicht besser!"
„Du hast natürlich Recht, kluge Mama zweier entzückender Kinder!" Er küsste ihr duftendes Haar.
„Gefallen dir eigentlich die Namen?" wollte Anja wissen.
„Wunderbar! Besser hättest du sie nicht aussuchen können!" Er küsste ihren duftenden Nacken.
„Wann haben die beiden eigentlich Geburtstag?" wollte Lukas wissen.
Anja lächelte ihn an. „Rate mal!"
Lukas überschlug kurz: „Sieben Monate ab Februar, auf alle Fälle im September." Er stutze kurz.
Dann sah er sie ungläubig an. „Am 9. September?"
Sie nickte, grinste ihn schelmisch an. „Eigentlich wollte der Arzt den Kaiserschnitt am 2. September machen, weil ich fast geplatzt wäre!" Sie musste lachen, als sie sich erinnerte, wie sie ausgesehen hatte und wie sie sich gefühlt hatte. „Aber ich wollte die eine Woche auch noch durchhalten!"
Er drückte sie fest an sich. „Und dann haben wir immer Papas Geburtstag mit gefeiert!"
Lukas schluckte schon wieder schwer, um die Tränen zurückzuhalten. Er dachte an seine Geburtstage, während der fünf Jahre.
Der erste war eine wilde Party gewesen, er war bei irgendeiner Frau aufgewacht.
An diesem Tag waren seine Zwillinge zur Welt gekommen!
Den zweiten feierte er bei seinen Eltern, ein paar Kilometer von seiner kleinen Familie entfernt, abends zog er mit den Freunden um die Häuser.
Die weiteren hatte er alleine in seiner Wohnung verbracht, beschäftigt mit Büffeln und seiner Doktorarbeit. Seine Geburtstage hatten ihn nicht mehr interessiert.
Aber seinen 30. würde er mit dann fünfjährigen Zwillingen feiern!
Er hatte ziemlich schnell begriffen damals, dass sie eine tolle Frau war, aber nicht gewusst, wie unglaublich toll sie war.
Und urplötzlich überfiel sie beide wieder die Leidenschaft.
Das war schon beim allerersten Mal so gewesen, als sie durch die Stadt gelaufen waren und war so geblieben.
Egal, ob sie würfelten, lasen, Rätsel lösten, einen Film im Fernsehen sahen, lachten, sich unterhielten - von einer Sekunde zur anderen flackerte immer dieses unglaubliche Begehren zwischen ihnen auf, diese Sehnsucht, die unbedingt gestillt werden musste.
Sie hatten sich immer wieder vorgenommen, nur Freunde zu sein, schafften es aber nie!
Sie stolperten wie so oft vor fünf Jahren die Treppe hinauf, befreiten sich stöhnend von den störenden Kleidungsstücken, Lukas liebte sie mit der gleichen Hingabe wie immer, genoss es aber noch mehr als je zuvor.
Anja nahm seine verloren geglaubte Liebe mit Glückseligkeit an, wusste, warum sie unbedingt hatte warten müssen auf ihn, wusste, dass sie nie andere Erfahrungen gebraucht hatte als die Liebe und Zärtlichkeit dieses hübschen Jungen, der ein so schöner Mann geworden war.
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