Kapitel 14

 Anfang Februar, ziemlich genau zwei Jahre, nachdem sie sich kennengelernt hatten, bekam Lukas einen Brief von der zentralen Vergabestelle für Studienplätze, es wurde ihm ein Platz in Heidelberg angeboten.

Tagelang versuchte er über die Tauschbörse einen Platz in Regensburg zu bekommen, oder wenigstens näher an Regensburg. Er telefonierte sich die Finger wund, ohne Erfolg. In Regensburg hätte er frühestens in zwei Jahren ein Chance.

Er hatte schon oft mit sich gehadert, dass er aus Leichtsinn und Überheblichkeit seine scheinbar sichere 1,00 im Abi vermasselt hatte. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen, dass er vor den Prüfungen in den Nebenfächer lieber gefeiert hatte als zu lernen.

So schaffte er zwar noch eine hervorragende 1,2, aber für Medizin reichte es nicht. Vier Jahre Wartezeit hatte es ihn schon gekostet! Er hatte eine Ausbildung zum Hilfs-Sanitäter gemacht, manchmal beschleunigte das die Vergabe, er arbeitete eine Zeit lang in einer Halbtagsstelle als Fahrer.

Als er Anja ein paar Tage kannte, gab er den Job auf, er brauchte alle Zeit, alle Nerven, alle Energie für das Werben um diese Frau. Das Finanzielle war kein Problem, seine Eltern unterstützten ihren Einzigen mehr als großzügig. Außerdem hatte er geerbt. Aber langsam wollte er auch einmal vorwärts kommen im Leben.

Doch, wenn er jetzt den Platz annahm, hieße das womöglich wirklich das Ende seiner Nicht-Beziehung mit Anja. Sie hatte ihm ihren Standpunkt mehr als einmal und mehr als deutlich gemacht.

Er wusste nicht, was er machen sollte. Sollte er gar nichts erzählen und noch zwei Jahre warten? Das war auch unsinnig! Eine Woche ließ er sich nicht bei ihr blicken, weil er einen Ausweg suchte.

Anja wunderte sich, dass sie schon eine Woche nichts von Lukas gehört hatte. Sie rief nie an bei ihm an, wenn sie ihn sehen wollte, das war ein ungeschriebenes Gesetz, das allerdings sie so bestimmt hatte.

Er sollte entscheiden, wann er sie sehen wollte, was allerdings fast immer der Fall war. Vielleicht hatte es endlich geklappt mit einer neuen Beziehung, sie würde es ihm wünschen.
Nein! schrie ihr Herz. Das würde ich nicht!

Aber so waren die Spielregeln!
Nach sieben Tagen stand Lukas plötzlich unangemeldet vor ihrer Türe, in der Hand zum ersten Mal keine rote Rose, er hatte sie im Aufruhr der Gefühle vergessen.

Anja wusste, das Ende war gekommen.
„Komm rein!" bat sie leise.
Er ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen, zog einen Brief aus der Jackentasche.
„Ich habe einen Studienplatz bekommen!"

Es war die Erfüllung meiner Träume, warum fühlte es sich dann an, wie das Ende meines Lebens? dachte er. Er legte den Brief vor ihr auf den Tisch.

„Nach Heidelberg, okay!" Sie versuchte, cool zu bleiben. „Na, wir wussten ja, dass es irgendwann so kommen würde!"
Die Tränen liefen aus ihren Augen, sie konnte nichts dagegen tun.
„Aber du könntest mitkommen!"

„Nein, Lukas! Wir haben das oft genug durchgesprochen! Jetzt müssen wir endlich Nägel mit Köpfen machen!" Sie erstickte fast an ihren vernünftigen Worten.

„Aber wir können uns doch trotzdem weitertreffen. Heidelberg ist ja nicht aus der Welt. Ich habe Semesterferien, Wochenenden!"

„Lukas, das geht nicht! Du musst dich auf das Studium konzentrieren! Wir müssen aufhören, das mit uns noch mehr in die Länge zu ziehen!"

„Dann war's das jetzt? Auch keine Freunde mehr?"
Anja lachte bitter auf. „Du weißt ja, wie das klappt bei uns mit der Freundschaft!"
„Ich finde, dass es super gut geklappt hat!" Er sprach unbewusst schon in der Vergangenheit.

Sie registrierte es schmerzlich berührt.
Lukas stand auf, nahm sie in den Arm, nur zum Abschied wollte er sie noch einmal spüren.

Doch bald schon verloren sie vollkommen den Kopf und jede Beherrschung.

Sie liebten sich auf dem Sofa wie Ertrinkende.
Plötzlich fuhr Lukas hoch: „Verflixt, ich habe das Kondom vergessen!"
Anja beruhigte ihn: „Keine Gefahr vom Zyklus her!"
„Wirklich?"

„Ganz sicher, ich bin kurz vor der Periode, morgen oder übermorgen!"
„Gott sei Dank! Das würde mir jetzt noch fehlen! Das wäre dann der worstcase!"
Sie lagen noch kurz beieinander, dann bat Anja leise: „Geh jetzt bitte, Lukas! Und kein Anruf, kein Besuch, schwöre es mir bitte!"

„Ich schwöre es dir, schöne Anja! Und, danke für die schönen beiden Jahre unserer Nicht- Beziehung!" flüsterte er.

„Es war mir ein Vergnügen, mein hübscher Junge!"
Er küsste sie noch einmal, dann ging er, ohne sich noch einmal nach der Liebe seines Lebens umzudrehen, mit der einfach alles gepasst hatte.


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