Kapitel 110
Mit diesen wunderschönen Gedanken war sie ein wenig eingeschlafen. Sie konnte das, weil sie wusste, dass sie wieder aufwachen würde.
Er wiegte sie wie ein Kind in seinen Armen, wusste, dass sie bald wieder die Augen öffnen würde.
Die Großeltern kamen zurück, Florian und Chiara erschraken, dass die Mama schon wieder schlief.
Aber der Papa lächelte glücklich, also konnte es dieses Mal nicht so schlimm sein. Sie streichelten die süßen Babys, die glucksten vor Freude. Dann fuhren sie mit Oma und Opa Berentz nach Hause.
„Wann kommt die Mama heim?" fragte Florian.
Anja wachte auf, sah Lukas fragend an.
„Na, eine Woche wirst du schon noch hierbleiben müssen, Süße!"
„Okay, das halten wir schon noch aus, oder?" fragte sie ihre Kinder. Die beiden nickten verständig. Das wusste der Papa am besten, denn der war ja Arzt.
Als der Facharzt zur Visite kam, wollte Anja Nägel mit Köpfen machen. „Nächste Woche gehe ich heim!" stellte sie entschlossen fest, um Widerstand gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Der Doktor begann lauthals zu lachen. „Nächste Woche? Unter vier Wochen brauchen wir gar nicht zu diskutieren!"
„Pah! Von wegen!" Der war wohl verrückt!
Der Chefarzt setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. „Frau Sieber! Sie lagen 7 Monate im Koma! Sie waren in dieser Zeit schwanger mit Zwillingen, Sie hatten einen Kaiserschnitt! Sie sind 7 Monate lang gelegen, haben keine feste Nahrung zu sich genommen! Sie haben vier Kinder, davon zwei Neugeborene! Sie werden mindestens 4 Wochen in der Klinik auf der Rehastation bleiben! Ende der Diskussion!" Er hatte alle Argumente freundlich lächelnd, aber bestimmt vorgebracht.
„Das werden wir ja sehen!" antwortete sie freundlich lächelnd, aber bestimmt.
Lukas schmunzelte vor sich hin. Er war gespannt, wer der Sieger bleiben würde bei diesem Gefecht. Er tippte stark auf seine Süße. Und er sollte Recht behalten.
Anja aß so viele Kalorien, wie sie schaffte, holte das verlorene Gewicht schnell auf. Sie absolvierte das doppelte Trainingsprogramm im Reharaum, versorgte ihre Kleinen ab dem übernächsten Tag selber.
Sieben Tage nach dem Gespräch wurden die Fäden der Kaiserschnittnarbe gezogen, danach packte sie ihre Tasche.
„Haben Sie den Entlassungsschein dabei?" fragte sie bei der Morgenvisite. Der Chefarzt der Rehaabteilung schmunzelte. Er hatte so etwas schon erwartet.
Aber der gesundheitliche Zustand der schönen Frau war wirklich erstaunlich gut. Das hing wohl auch mit den Bemühungen ihres Ehemanns um sie während des Komas zusammen.
Außerdem war sie mental unglaublich stark.
Er fasste in seine Kitteltasche, zog ein gefaltetes Blatt heraus und hielt es ihr hin. Sie fiel ihm um den Hals vor Freude. „Jetzt weiß ich auch, warum ich mich überzeugen habe lassen!" scherzte er.
Lukas kam gerade zur Türe herein. „Aha! Die Kleine schau an! Kaum wieder unter den Lebenden, schmeißt sie sich schon fremden Männern an den Hals!"
Lachend wechselte Anja die Herren aus, umarmte ihren Mann. „Du warst gerade nicht greifbar!"
Sie wedelte mit dem Entlassungsschein vor seinen Augen. Er las, wirbelte sie durch die Luft.
„Na, wirklich gezweifelt habe ich ja nicht daran!"
Der Arzt nahm Lukas noch in die Pflicht. „Aber sie soll es langsam angehen lassen, ja?" Doch er wusste auch, dass der junge Kollege ein wachsames Auge auf seine Frau halten würde.
„Natürlich! Ich werde doch auf meinen größten Schatz aufpassen!" Sie verabschiedeten sich von der Station, holten ihre Babys, die Lukas über Nacht immer auf seine Station gebracht hatte. Alle Beschäftigten standen Spalier, als sie durch die Gängen gingen. Viele Freudentränen liefen, weil die Geschichte ihres Doc Hollywood und seiner Prinzessin so gut ausgegangen war.
Sie packten Leonie und Phillip ins Auto, er war seltsamer Weise mit ihrem gekommen, das die Versicherung ersetzt hatte.
Dann musste er sie erst einmal lange, lange küssen. Er küsste sie schließlich so gerne, und er hatte schwerste Entzugserscheinungen.
Danach drückte die Jeans, die eigentlich ziemlich locker gesessen hatte, weil er auch wieder an Gewicht verloren hatte, gewaltig, und er genoss das Gefühl unendlich. Sie fühlte seine Erregung. presste sich gegen ihn, ihr wurde fast schwindlig vor Begehren.
Sie sahen sich tief in die Augen.
Bald! versprachen sie sich mit diesem Blick. Bald!
Er streichelte ihr Gesicht. Die Haut sah wieder frisch und gesund aus wie früher. Die Lippen waren wieder voll und weich, nicht mehr rissig und trocken.
„Ich liebe dich so sehr, Anja!" flüsterte er heiser.
Sie konnte nicht antworten, weil sie einen solchen Kloß im Hals hatte, aber er kannte ihre Antwort genau.
Viele Passanten sahen das glückliche Paar, das mit seinen beiden Kindern strahlend aus dem Krankenhaus gekommen war und nun am Auto in die Liebe versunken stand.
Manchmal war das Glück schon großzügig unterwegs! dachte der eine oder die andere.
Und wieder einmal wusste keiner, was diese glücklichen Menschen hinter sich hatten.
Zu Hause erwarteten Anja eine Reihe von Überraschungen. Die erste stand vor dem Haus. Ein knallblauer Bus mit sieben Sitzplätzen und einem großen Kofferraum.
„Deiner?" fragte sie atemlos.
„Yep! Unserer!"
„Wow!" Ein Kuss belohnte ihn für seinen Weitblick und vor allem für sein Vertrauen, dass alles gut werden würde.
Die Zwillinge kamen ihr entgegengelaufen, warfen sich in ihre Arme. Viele Freudentränen flossen, auch bei den Kleinen. Endlich war die Mama wieder da!
Ihre Eltern verabschiedeten sich, wollten der Familie Zeit füreinander geben.
„Ich rufe morgen mal an, ob ihr was braucht, Kleine! Okay? fragte ihr Vater.
„Ja, und vielen Dank für alles!" brachte Anja gerade noch heraus.
„Ist doch selbstverständlich! Hauptsache ist, du bist wieder da und den Kindern geht es gut!"
Drinnen zog Chiara, die das Geheimnis jetzt schon so lange für sich behalten hatte, dass sie beinahe daran erstickt war, sie in den ersten Stock.
Verwundert lief sie hinter der Tochter her. Die öffnete die Türe zum Kinderzimmer. Anja sah zwei Gitterbettchen, zwei Wiegen, zwei Wickelkommoden und viele Schränke. Auf dem Boden ein kuscheliger Teppich, in den Regalen Kleinkinderspielzeug.
Die Schränke waren gefüllt mit Anziehsachen für Babys bis zu einem Jahr.
Ihr blieb die Sprache weg, was eher selten geschah.
Lukas war mit Florian an der Hand nachgekommen, nahm sie in den Arm. „Gefällt's dir?" fragte er vorsichtig.
„Natürlich!" Sie strich zärtlich über sein Gesicht.
„Und euch beide verkauft er auf dem Markt?" Ihr Scherz entspannte die gerührte Situation.
Chiara grinste sie an. „Nur mich! Weil ich den Opas und Omas erzählt habe, dass der Papa einen Kater gehabt hat!"
„Nur den Omas und Opas? Töchterchen, du wirst ja noch!" lachte Anja.
Lukas hörte dem Geplänkel glücklich zu. Sein süßer Clown war wieder zu Hause, lieferte sich Wortgefechte mit seiner entzückenden Tochter. Die Familie war wieder komplett, das Oberhaupt war wieder da. Sie hatten sich gut verstanden, die Kinder und er, aber alle drei waren nur halb gewesen ohne sie.
Chiara zog sie noch ein Stockwerk höher. Das zweite Zimmer war jetzt das Reich der beiden Großen.
„Wunderbar!" konnte sie nur sagen. Sie hatte sich noch gar keine Gedanken darüber gemacht, wo sie die neuen Kinder unterbringen würden. Erst einmal konnten sie ja im Schlafzimmer bleiben, alles andere würde die Zeit zeigen.
„Cool oder?" fragte Florian.
„Obercool!" antwortete sie und nahm den Sohn auf den Arm, diesen wunderhübschen Sohn, der seinem wunderhübschen Vater immer ähnlicher sah. Eine glückliche Familie hielt sich im Arm.
Anja wusste, Lukas war endgültig angekommen, hatte die Initiative ergriffen, ohne sich mit ihr zu besprechen, weil er der Vater dieser Kinder war, immer gewesen war!
Sie hörten von unten ein leises Weinen.
„Mein Gott, wir haben ja noch zwei!" stöhnte sie gespielt genervt.
Chiara flitzte nach unten, um die neuen Geschwister zu trösten, Florian ging ihr gemessen wie immer nach.
Lukas nahm seinen Sonnenschein in den Arm. Es war ein trüber, regnerischer Tag, aber noch nie war ihm einer heller erschienen als der heutige. Er küsste sie vorsichtig, wusste, er musste seine Beherrschung gut einteilen!
Wusste, nur eine Türe entfernt stand ein einladendes Sofa, auf dem sie seinen Körper zum ersten Mal mit Genuss berührt hatte, auf dem sie seinen Körper aufgeweckt hatte.
Aber er wusste auch, dass unten zwei Winzlinge auf sie warteten, die er unbedingt hatte haben wollen, die er wahnsinnig liebte.
So riss er sich von ihren Lippen los, die er so gerne küsste, die er sechs Monate lang mit Labello gepflegt hatte, die aber trotzdem rau geworden waren, die aber jetzt wieder himmlisch einladend waren.
Lächelnd und engumschlungen stiegen sie nach unten. Sie wussten, wie sehr sie sich liebten.
Wussten, dass diese Liebe nichts zerstören konnte, keine fünf Jahre und auch keine sechs Monate!
Sie befreiten Leonie und Phillip aus den Tragetaschen, nahmen sie auf den Arm, herzten sie und küssten sie ab, kuschelten sich zu sechst auf das Sofa.
Plötzlich fiel Anja siedend heiß etwas ein.
Entsetzt sah sie Lukas an. „Mein Gott! Hast du deine Prüfung eigentlich schon gehabt?"
Er sah sie ein bisschen verlegen an. „Yep!" sagte er nur.
„Und? 4,5 Schnitt?"
Er grinste. „So ungefähr, ja!"
Sie knuffte ihn. „Sag schon!"
„1,1! Wenn du nicht so faul gewesen wärst, hätte ich die 1,00 geschafft!"
„Ah! Jetzt bin ich schuld, wenn du versagst?"
„Logo! Und mit diesem Patzer muss ich jetzt mein ganzes Leben lang zurecht kommen!"
Sie nahm ihn fest in den Arm. „Herzliche Glückwunsch, mein hübscher, kluger Junge!"
„Danke, Süße! Ich hab mich echt angestrengt, damit du stolz auf mich bist!" flüsterte er.
Chiara hatte Philipp auf ihren Schoß gezogen. „Denk dir nichts! So sind die immer! Entweder küssen sie sich oder sie flüstern!" sagte sie zu dem winzig kleinen Bruder.
„Weißt du, wir haben ein bisschen komische Eltern! Aber es sind die liebsten Eltern der Welt!" erklärte Florian Leonie.
Die komischen, sich immer küssenden oder immer flüsternden Eltern lachten, bis sie Bauschmerzen hatten. Alles war gut! Alles war wie früher, nur besser!
Dann fütterte und wickelte Lukas die Babys, die Großen gingen ihm zur Hand, Anja sollte sich ausruhen.
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