Kapitel 100

Der Chefarzt der pädiatrischen Abteilung saß fassungslos über Lukas' Berichten.
Was sollten sie diesem jungen Kollegen noch beibringen? 

Sie sollten von ihm lernen! Er hatte freiwillig eine Nacht Dienst gemacht, hatte zwei Frühchen gerettet, konnte im Schlaf das neue Gerät bedienen, handelte instinktiv hundertprozentig richtig, was sollte er noch lernen auf der Station? Er war mehr als zufrieden mit dem neuen Kollegen.

Später kam der Bewerber für die zweite Ausbildungstelle vorbei. Ein sympathischer junger Mann, zufällig ein Kommilitone von Lukas, mit dem er sich während des Studiums angefreundet hatte, dem er auch grob von seiner Liebe erzählt hatte.

Als die Familie nachmittags durch die Gänge der Klinik lief, um nach Katrin und Uschi zu sehen. liefen die beiden sich über den Weg. Es gab ein großes Hallo, Lukas stellte seine Familie vor, Andreas verstand erst einmal gar nichts!

Lukas hatte von einer unerfüllten, tragischen Liebe erzählt und ein paar Wochen später hatte er eine Ehefrau und Zwillinge!
Sie gingen alle in die Kantine auf einen Kaffee und ein Eis für die Kinder, Lukas erzählte nun ihre Liebesgeschichte ein wenig genauer. Andreas lachte befreit auf. „Du bist die Liebe seines Lebens, um die er fünf Jahre geheult hat?" fragte er in seiner direkten Art, aber so leise, dass die Kinder nichts verstehen konnten.

„Scheint so, ja!" antwortete sie.
„Das ist ja der Hammer! Fünf Jahre habt ihr euch nicht gesehen? Fünf Jahre konnte niemand bei euch landen? Fünf Jahre habt ihr auf einander gewartet, ohne zu wissen, wie es weiter geht? Und in der Zwischenzeit hast du die Zwillinge bekommen und sie großgezogen?"

Lukas lachte. „Klingt leicht irre, oder?"
„Leicht? Das glaubt euch kein Mensch! Wenn ihr das verfilmt, schalten die Leute nach einer halben Stunde um!"

Anja mochte den jungen Kollegen ihres Mannes sofort. Er hatte eine so offene Art, die Dinge anzusprechen, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Er nahm Anja in den Arm. „Bin ich froh, dass das so ausgegangen ist! Er hat wirklich gelitten!" flüsterte er ihr zu.
Chiara musste wieder einmal seinen Blick kontrollieren. Nein, verliebt sah er die Mama nicht an, bloß nett!

„Ich auch! Das kannst du annehmen!" flüsterte sie zurück.
Lukas beobachtete die beiden. Seine Süße verstand sich mit seinem Heidelberger Freund natürlich auf Anhieb, so wie mit allen Menschen!
Er musste sie schnell wieder einmal küssen.

„Und wieso bist du jetzt hier gelandet? Wolltest du nicht in Heidelberg bleiben?" fragte er Andreas.
Der grinste. „The power of love!" sagte er. „Ich habe im Urlaub Laura kennengelernt, die hier am Gericht ihr Referendariat begonnen hat. Dann habe ich mich auf die Stelle beworben, erst eine Absage bekommen und dann urplötzlich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch!"

Lukas musste lachen, erzählte dann die Geschichte von Larissa, der Quotenfrau.
„Dann habe ich deinem guten Aussehen mein Glück zu verdanken! Und deinem Widerstand gegen weibliche Annäherungsversuche, also eigentlich Anja! Ich werde euch in mein Nachtgebet einschließen!"

Sie lachten alle drei Tränen, die Kinder lachten mit, auch wenn sie nicht verstanden, worum es ging. Aber der Andreas war nett, Mama und Papa mochten ihn.
„Jetzt brauchen wir nur noch eine Wohnung!" seufzte Andreas. „Zur Zeit wohnen wir im Hotel, aber das geht ganz schön an den Geldbeutel!"

Lukas sah Anja an, sie wusste, dass er sie mit diesem Blick etwas fragen wollte. Sie lächelte ihn an. Sie hatten ein Haus, da würden sie auf die Wohnung ein Zeitlang schon verzichten können. Notfalls könnten sie ja einmal in ein Hotel gehen für eine heiße Liebesnacht in der Stadt! Sie nickte ihm zu, er lächelte dankbar für ihr Verständnis.

„Hör zu Andreas, ich habe noch meine Junggesellenwohnung in der Stadt. Sie ist voll möbliert. Also, bis ihr was Passendes findet , könntet ihr dort wohnen!"
„Wow! Der Hammer! Aber die Miete zahle ich dann natürlich!"
„Das passt schon! Die Wohnung gehört mir!"
„Aber dann zahle ich dir Miete!"

„Nein, danke, Andreas! Das braucht es echt nicht! Spart euer Geld, sucht euch in Ruhe eine Wohnung, es eilt auch nicht!" Er drückte Anjas Hand, streichelte ihre Finger. Ich habe meine Süße, zwei Kinder, was sollte ich noch mehr wollen? Geld mit Sicherheit nicht!

Andreas war platt! „Laura hat heute frei, könnten wir vielleicht gleich mal hinfahren?"
„Natürlich! Oder süße Familie, etwas dagegen?"
Ein dreistimmiges „Nein" kam als Antwort.
Andreas rief Laura an, die ganz aus dem Häuschen war. Lukas gab dem Freund die Adresse.

Kurz danach trafen sich alle im Hof des Hauses.
Laura war eine entzückende, junge Frau, die Lukas und Anja gleich um den Hals fiel, die Kinder herzte, ihren Schatz leidenschaftlich küsste.

Die Wohnung war perfekt, das junge Liebespaar überglücklich, das Ehepaar auch. Dann gingen alle sechs zu Salvatore, um den Deal zu feiern.
Laura konnte ihr Glück nicht fassen. „Warum macht er das?" fragte sie Andreas, als sie alleine in der Wohnung waren.

„Er hat nach fünf Jahren die Liebe seines Lebens zurückbekommen und zwei Kinder! Er muss sein Glück teilen, sonst platzt er! Außerdem sind die beiden einfach gute Menschen! So etwas gibt es eben!" Er erzählte seiner geliebten Referendarin die Geschichte von Anja und Lukas.
„Das wäre ein schöner Liebesfilm!" schwärmte sie. „Aber nicht unbedingt glaubwürdig! Fünf Jahre, bei zwei so hübschen Menschen!"

Er nahm die Frau, die dachte wie er und zum Glück auch fühlte wie er, in den Arm. Und das Bett, das einem Ehepaar so viele glückliche Stunden beschert hatte, wurde von einem neuen Liebespaar ausprobiert.
Zu Hause fragte Lukas seine herzallerliebste Ehefrau: „Geht das echt klar mit der Wohnung, Schönheit?"

„Natürlich, Lukas! Für Liebespaare muss man doch ein Herz haben, oder?" antwortete sie. „Und die beiden sind ja wirklich nett!"
Er nahm sie in den Arm. So viele glückliche Stunden hatten sie in dieser Wohnung erlebt, nun war es Zeit, anderen dieses Glück zu verschaffen, zumindest vorübergehend! Und, wie immer, verstand sie ihn!

Die letzten Schultage gingen vorbei. Anja führte Uschis Klasse mit, eine Vertretung gab es nicht mehr so kurz vor Schuljahresende.
Lukas war glücklich bei seiner Arbeit, Katrin wuchs und nahm an Gewicht zu. Der Chef hatte ihn zu sich gebeten, ihm sein höchstes Lob ausgesprochen. Andreas begann seinen Dienst, Lukas zog wieder in die Kammer um, er wollte keine Sonderbehandlung.


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