Ein Zentimeter
POV Sirius
Ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen, aber ich war von all dem ziemlich überfordert.
Nicht, weil ich Mühe hatte, die Richtigen Worte gegen Moonys Selbstzweifel zu finden. Sie fielen mir instinktiv ein und es freute mich riesig, wenn sie halfen. Im Gegensatz dazu machte es mich unsicher, wenn Remus nicht sofort verstand, was ich meinte. Manchmal wusste ich das auch nicht.
Auch nicht, weil ich das komisch fand. Moony war für mich einer der wichtigsten Menschen der Welt, und ich würde unsere Verbindung nicht durch sowas beeinträchtigen lassen. Niemals.
Vielmehr war es, wie er zu mir war. Wie sehr er mir vertraute.
Vielleicht war es Einbildung, aber in meiner Wahrnehmung schloss er jedes Mal die Augen und lächelte, wenn ich ihn ohne Vorwarnung umarmte.
Er lächelte mich oft an, und es sagte mehr als sämtliche Worte.
Plötzlich riss Remus mich aus meinen Gedanken.
"Wartest du kurz hier? Nicht böse gemeint, aber Madame Pomfrey lässt selbst mich fast nicht zu sich, weil sie Angst hat, das irgendwer sich ansteckt."
"Klar."
Immer noch in meiner Pyjamahose und in einem Gryffindorroten Wollpulli lehnte ich mich an die Wand. Das alles war verwirrend.
POV Remus
Nach dem ich Madame Pomfrey beruhigt hatte, ging ich wieder nach draußen zu Sirius. Dieser lehnte an der Wand und schien in Gedanken zu sein. Seine Haare band er zum Schlafen immer im Nacken zu einem lockeren Dutt zusammen. Ich träumte schon ewig davon, ihm zu sagen, wie attraktiv er für mich damit aussah, aber das war Quatsch.
"Pads?"
"Ja?"
"Können wir zurück?"
"Äh... Klar."
Schweigend liefen wir zurück. Pads starrte immer nur auf die nächsten paar Meter Flur.
"Moony?"
"Ja?"
"Darf ich dich noch... etwas letztes fragen?"
"Natürlich."
"Wieso war es diesmal so...ruhig. Also natürlich ist das toll, aber es ist laut dir... ungewöhnlich."
"Ich weiß. Seit dem letzten Mal habe ich einen Trank. Er sollte die Agressionen von Moony schwächen, aber sie sind fast verschwunden. Hoffe ich zumindest. Auf jeden Fall ist nirgendwo irgendwas zerstört. Ich muss ihn immer vor der Verwandlung einnehmen und an etwas oder jemand denken, den ich liebe."
Sirius nickte bedächtig. Wir liefen langsam weiter.
"Moony? Ich hab gesagt letzte Frage, aber-"
Ich lachte.
"Nur zu."
"Wie war das früher? Also wie war Moony und hattest du da auch einen Trank?"
"Ja. Aber der war deutlich schwächer. Ich habe immer im Garten gewütet. Meine Armen Eltern mussten sich dann im Haus verbarrikadieren und alles vor mir schützen."
Sirius lächelte.
"Du warst bestimmt niedlich als kleines Wölfchen. Ich stelle mir ein hundeartiges etwas mit puscheligen spitzen Ohren und leuchtend Grünen Augen vor, das um Bäume herumrennt."
Ich glaubte, ich hatte mich verhört. Niedlich? Und hatte er eine Bemerkung zu meinen Augen gemacht? Das konnte nur ein Traum sein. Aber ein toller Traum.
"Vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber ich war eher ein randalierendes Wölfchen, das meinen Eltern einmal im Monat die aus diesem Grund leerstehende Gartenhütte zerlegt hat. Einmal wollte meine Mutter spätabends was holen, und ich habe sie fast blutig gekratzt."
Im gleichen Moment ließ ich den Kopf hängen. Das war keine Erinnerung, über die man Scherze machte. Das war schmerzhaft.
"Du bist nicht schuld daran, Moony" , flüsterte Sirius.
"Ich weiß, was du denkst. Ob du es glaubst oder nicht, ich weiß, wie es ist, von jemandem manipuliert zu werden. Auch wenn es das eigene Gehirn ist. Aber du bist nicht schuld. Das weißt du auch."
Sirius sah mich eindringlich an. Ich war paralysiert. Einerseits von seinen kleinen Ansprachen, aber auch von seinen Augen, die so viel mehr als Worte sagen konnten. Er ging ein paar Schritte weiter und blieb dann wieder stehen.
"Moony?"
"Mhm?"
"An was hast du gedacht?"
"Ich weiß es nicht."
"Hä?"
"Ich habe oft Blackouts. Das ist normal. Ich kann mich nur noch daran erinnern, das beim ersten Mal das sich spiegelnde Mondlicht in einer Schraube mich auf das stärkste gebracht hat, was ich in dieser Kategorie zu bieten habe. Aber ich habe keine Ahnung, was das ist."
Sirius sah mir tief in die Augen.
"Liebe kann man manchmal nicht benennen" , flüsterte er.
Angespannt nickte ich. Sirius war wenige Zentimeter von mir entfernt. Er stand vor einem der Flurfenster. Seine Augen verschmolzen fast mit dem Himmel. Sie waren Grau mit feinen Linien und helleren Stellen.
POV Sirius
"Ich glaube, ich weiß es" , flüsterte Moony mir zu.
Ich stand vor dem Fenster. Er war nur wenige Zentimeter von mir entfernt.
"Was... was ist es" , wisperte ich.
Aber Moony schüttelte nur sanft den Kopf.
Seine Lippe war leicht blutig, was sie viel roter als sonst wirken ließ. Mit seinen Augen schien er direkt in meine Seele zu gucken, und sehen, dass ich in meinen besten Freund verliebt war.
Unsere Lippen waren höchstens einen Zentimeter voneinander entfernt. Es war unfassbar schwer, diesen Abstand nicht einfach zu überbrücken.
Im gleichen Moment hörten wir von irgendwoher ein Fauchen.
"Mrs Norris!"
Moony zog mich an der Hand zurück. Solche eigentlich normalen Berührungen waren jetzt nicht die beste Idee. Ich atmete so gut wie gar nicht.
Vor dem Dorm blieben wir kurz stehen. Wir wussten beide nicht, wieso. Langsam beugte Remus sich vor. Als sich unsere Hände berührten, zuckte ich zurück. Er schaute mich erschrocken an.
"Wir sollten schlafen gehen" , sagte er.
Über seinem Gesicht lag ein trauriger Schatten. Ich nickte. Ich hatte es vermasselt.
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