Kapitel 47: Zusatzkapitel
Im Hydra-Bunker
„Ich hab sie!"
„Was hast du?", kam Seizews genervte Frage, denn eigentlich war es ihm scheißegal, was Rumlow genau gefunden hatte.
Der Hydra-Kommandant war nämlich schon seit einer halben Stunde damit beschäftigt Dr. Schedlers Labor zu durchwühlen, während Seizew in der Zwischenzeit seine HK 417 auf Hochglanz poliert hatte. Dieses Rumgesitze und Gewarte bis die Frau Autorin sich endlich wieder dazu herabließ, ein neues Kapitel aus seinem POV zu schreiben, ging ihm gehörig auf den Sack, dabei waren doch gerade die Passagen aus seiner Sicht genau das, was die vornehmlich weibliche Leserschaft dieser seichten Fanfiction lesen wollte. Wer interessierte sich denn bitteschön für diese dröge Liebesschnulze zwischen dem dementen Winter Soldier und der komplexbehafteten Möchtegern-Mutantin, die noch dazu ein vollkommen überflüssiger weiblicher OC war, wenn man stattdessen etwas über die neuesten superfiesen Machenschaften der heißen Hydra-Kerle erfahren konnte?
Seizews Blick wanderte in Rumlows kaputtes Gesicht, als dieser mit einem beschissenen Grinsen auf ihn zu marschiert kam. EINES heißen Hydra-Kerls, korrigierte er sich innerlich, als er die Hackfresse noch einmal in all ihrer epischen Hässlichkeit bewunderte und verkniff sich eines dieser bösartigen Schmunzeln, das die Autorin ihm immerzu auf die Lippen zauberte, wahrscheinlich, weil sie ihn insgeheim auch für einen ziemlich geilen Typen hielt.
„Die Vaaaselineee", flötete Brock Rumlow und zwinkerte seinem Kameraden neckisch zu, während er den Tiegel in einer ziemlich eindeutigen Handgeste auf und ab bewegte.
„Scheiße, was?" entfuhr es White Death und er stierte den Mann an, als hätte er ihm gerade offenbart, dass er heimlich rosa Unterwäsche trug.
Was zum verfickten Teufel wollte Rumlow mit beschissener Vaseline und warum verflucht nochmal ließ ihn die Autorin immer wie einen vulgären Abklatscht des Winter Soldiers reden? Langsam hatte er mehr als genug davon, jedes zweite Wort mit „verfickt" oder „beschissen" einleiten zu müssen, nur um damit seine Badass-Qualitäten zu unterstreichen. Ja, er war bei einem gestörten Alkoholiker-Vater aufgewachsen, und ja, er war ein ganz harter Knochen, ehemaliger Elite-Scharfschütze des russischen Militärs und einziger Überlebender des zweiten Winter Soldier-Programms, aber in seiner Freizeit las er trotzdem gerne Schopenhauer und Dostojewski und seine Mutti - Gott habe sie selig - hatte ihm immer verboten solche Schimpfwörter in den Mund zu nehmen. Konnte diese Autorin sich nicht einfach mal was Neues einfallen lassen? Steve Rogers durfte ja auch immer gefühlsduseliges Zeug in seinen Kapiteln absondern, weil er ja angeblich so ein einfühlsames, nachdenkliches Schnuckelchen war. Mann, diese Fanfiction kotzte ihn mittlerweile richtig an und jetzt kam noch dieser beschissene Plottwist mit der Vaseline dazu!
Verdammt, was hatte die Autorin schon wieder im Sinn?
„Na ja, es ist so Nico", setzte Rumlow an und versteckte die Vaseline plötzlich hinter seinem Rücken, um verschämt mit seinem Fuß auf dem Boden ein unsichtbares Herzchen nachzufahren.
Derweil schrillten bei Seizew alle Alarmglocken. Dieser vollkommen OoC-Kosename konnte nur eines bedeuten und das war so unvorstellbar, dass -
„Ich finde, es wird langsam Zeit, dass wir zu unseren unterdrückten Gefühlen füreinander stehen, die die Autorin in unser Charakterprofil ganz behutsam eingearbeitet hat, findest du nicht, mein kleiner russischer Superkiller?"
„Was redest du da für eine kranke Scheiße, Rumlow? Was für verfickte unterdrückte Gefühle?"
Seizew umklammerte sein Sturmgewehr krampfhaft in einem letzten verzweifelten Versuch sich gegen das heraufziehende Unheil zu wappnen.
„Ach komm schon, Nicolein! Denkst du, ich habe die Blicke nicht bemerkt, die du mir seit unserem Wiedersehen jeden Tag zuwirfst, wenn du glaubst, dass ich gerade nicht hinsehe? Ich weiß ja, dass der amtierende Staatschef deines Heimatlandes ein homophobes Arschloch ist, aber du bist doch Manns genug, um über solchen dummen Vorurteilen zu stehen."
„Du bist schon wieder besoffen, oder?"
Rumlow musste mindestens zwei Flaschen Wodka intus haben oder er war endgültig durchgeknallt oder die Autorin war nun vollkommen übergeschnappt oder hatte einen über den Durst getrunken, jedenfalls wollte Seizew nicht glauben, was er da gerade hörte.
„Slaaaaasssssh, AVL-18, das volle Programm, mein Süßer", säuselte Rumlow und wackelte dabei mit seinen Augenbrauen oder besser gesagt dem, was noch davon übrig war.
„Scheiße, nein", platzte es aus White Death heraus und er richtete den Blick seiner sturmgrauen Augen hilfesuchend gen Decke und fragte sich dabei, was der Leser oder vielmehr die Leserin sich überhaupt unter Sturmgrau für eine Farbe vorstellen sollte.
Wahrscheinlich klang das einfach effektvoller als normales Grau oder die Autoren-Tussi hatte einfach eine Schraube locker. Die Tussi hatte definitiv eine Schraube locker, korrigierte er sich im nächsten Moment, als Rumlow ihm eine Kusshand zuwarf.
Verdammt nochmal, er stand auf Titten und Weiberärsche und nicht auf Brock Rumlows -
„Nun sei nicht so ein feiges Huhn, Nicolein. Immerhin bin ich dein Vorgesetzter und ich hab gelesen, dass Männer andere Männer in Führungsrollen extrem anziehend finden! Und außerdem ist das ja gar nicht meine Idee, sondern die der Autorin und die ist hier quasi Gott, oder nicht?"
„Aber, aber das ist doch komplett OoC! Ich durfte doch erst im letzten Kapitel diese kleine heiße Hydra-Schlampe vernaschen und jetzt soll ich auf einmal mit dir Sex haben? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Außerdem frage ich mich, wie dieses Kapitel hier überhaupt die Handlung vorantreiben soll. Hört sich schwer nach Porn with plot an, findest du nicht?"
Rumlow überging Seizews Einwand mit einem Schulterzucken und begann genüsslich den Deckel des Tiegelchens aufzudrehen.
„A propos vorantreiben", fing er an und White Deaths Gesicht wechselte bei diesen Worten in einen Farbton, der ausgesprochen gut zu seinem Superschurkennamen passte. „Du könntest langsam mal das Licht ein wenig dimmen, damit wir endlich zur Sache kommen können, schließlich sind wir doch zutiefst romantische Männer, die einfach nur missverstanden von der ganzen Welt sind und nur deshalb so abartig brutale Dinge tun, weil wir nicht zeigen wollen, wie verletzlich unsere geschundenen Seelchen in Wirklichkeit sind."
„Scheiße, Rumlow! Hörst du eigentlich, was du hier für einen Schwachsinn verzapfst? Vielleicht solltest du dir auch mal eine Behandlung in der Gedächtnisunterdrückungsmaschine gönnen, ich glaube nämlich, dass dein Gehirn irgendwie einen ganz schönen Schaden abbekommen hat. Gib es zu, die Autorin zwingt dich dazu, diese Kacke abzusondern."
„Natürlich zwingt sie mich dazu, du beschissener Wichser", donnerte auf einmal Rumlow und seine Augen verengten sich zu wütenden Schlitzen. „Die Alte ist gestört, missbraucht uns und das gesamte MCU für ihre verrückten Fantasien und dann lädt sie diesen Schund auch noch ins Internet, damit jeder dahergelaufene Idiot an diesem Bockmist teilhaben kann. Weißt du, was sie in Kapitel 98 für uns geplant hat?"
Seizew wurde schlagartig noch bleicher und sein Mund formte ein tonloses „Was?"
Rumlow entfuhr derweil ein wissendes kaltes Lachen.
„Ja, mein Guter, nachdem wir mehrmals heißen selbstverständlich ungeschützten Sex hatten, werde ich überraschend schwanger. Mpreg nennt sich diese Scheiße dann, kannst du dir das vorstellen? Ich? Schwanger? Von dir?"
„Das - das kann die doch nicht machen", stammelte Seizew und er zweifelte mittlerweile an seinem eigenen Verstand.
Schwanger? Ein Mann? Das war doch anatomisch gar nicht möglich? Oder doch? Es war ja schließlich auch nicht möglich 70 Jahre in einem Eisklotz in der Arktis zu überleben und trotzdem stolzierte dieses Arschloch Captain America durchs 21. Jahrhundert. Verdammt, er musste sich etwas einfallen lassen. Er wollte keinen Sex mit Brock Rumlow haben und er wollte den Typ erst recht nicht schwängern. Er wollte gar niemanden schwängern, wenn er es recht bedachte, und die Lust auf Sex war ihm ebenfalls für die kommenden Monate gehörig vergangen.
Während Rumlow langsam mit einem pseudo-verführerischen Hüftschwung auf ihn zu gewatschelt kam, offenbarte sich White Death seine einzige Fluchtmöglichkeit.
Cliffhanger, er brauchte einen verfickten Cliffhanger! Und zwar auf der Stelle.
Die Autorin war nahezu süchtig danach ihre Kapitel an der spannendsten Stelle abzurechen, um ihre armen Leserinnen für die nächsten 7 bis 10 Tage mit Ungewissheit zu quälen. Aber wie zum Henker leitete man einen solchen Cliffhanger nur ein? Es brauchte ein gehöriges Maß an Dramatik und einen richtig guten Abschlusssatz, aber Rumlow kam immer näher und der Angstschweiß bildete sich bereits auf Seizews Stirn, als der Hydra-Kommandant im Gehen auch noch mit einem Striptease begann. Plötzlich waberte da zu allem Überfluss so eine seltsame Musik durch die Szene.
Joe Cocker? Verfickte Scheiße, die Irre am Laptop meinte es wirklich ernst!
Ihm blieb nur eine Möglichkeit. Er konnte Rumlow nicht erschießen, schließlich war das Gewehr eine zu offensichtliche Lösung, so einfach würde es ihm diese beschissene Autorin sicherlich nicht machen. Er musste wohl oder übel gute Miene zum bösen Spiel machen und weiter Zeit schinden. Immerhin hatte dieses Kapitel fast schon 1.500 Wörter und dann ließ es die Geisteskranke an der Tastatur meist auf sich beruhen, weil sie entweder keine Lust mehr hatte oder wieder zu ihren Lieblingen im Avengers Tower wechseln wollte, um Bucky und Co. dort weiter zu quälen.
Also tat White Death das Einzige, was in einer solch verzwickten Situation einen Cliffhanger heraufbeschwören konnte. Er umfasste in einer ziemlich übertrieben lässigen Geste Rumlows Handgelenk, als dieser vor ihm, nur noch in eine schwarz-rote Hydra-Boxershorts gekleidet, zum Stehen kam, sah ihm tief in die Augen und riss ihm dann blitzschnell die Vaseline aus der Hand. Dann rannte er vollkommen OoC kichernd wie ein pubertierendes Schulmädchen aus Schedlers Labor, in der Hoffnung, dass dieser Abgang überraschend und behämmert genug für die Autorin war, um ihn und seinen Hydra-Kameraden für die nächsten vier bis fünf Kapitel in Frieden zu lassen.
Glücklicherweise erreichte der Text just in diesem Moment das 1.500. Wort und die Autorin beschloss tatsächlich, den Hydra-Jungs eine kleine Pause zu gönnen, bevor es im nächsten Kapitel so richtig ans versaute Eingemachte gehen würde.
Im Hintergrund war nur noch Joe Cockers raue Stimme zu hören, die immer wieder „You can leave your hat on" ins Mikro raunte.
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