Kapitel 35: Fokus

„Ich bin beeindruckt."

Brock Rumlow wandte der Telepathin, die erneut bewusstlos auf dem Metallstuhl zusammengesackt war, den Rücken zu und bedachte sein Gegenüber mit einem Grinsen, das mit der hässlichen Kraterlandschaft in seinem Gesicht zu einer diabolischen Maske verschmolz. Seizews einzige Reaktion war ein beiläufiges Schnauben, während sein Blick noch einmal über den regungslosen Körper der jungen Frau wanderte.

Es war fast schon zu einfach gewesen.

Insgeheim hatte er schon ein wenig gehofft, dass sie sich mehr wehren würde, dass sie länger durchhalten würde. Er hatte mit einer Herausforderung gerechnet, sich aber scheinbar in der Telepathin getäuscht. Am Ende war sie eben doch nur ein zartes Pflänzchen, das man viel zu schnell, viel zu einfach brechen konnte. Eine Woche hatte Seizew sich als Zeitraum von Rumlow erbeten. In drei Tagen hatte er die Kleine schon soweit gehabt. Fast verspürte er so etwas wie Enttäuschung, als er sie nachdenklich betrachtete und die vergangenen Tage Revue passieren ließ. Zugegeben, sie hatte sich besser geschlagen als manch anderer Gefangener, der denselben Maßnahmen ausgesetzt gewesen war. Immerhin hatte er sich für die starrsinnige Frau etwas ganz Spezielles einfallen lassen.

Die letzten viertausend Jahre hatten einige äußert effiziente, wenngleich brutale Foltermethoden hervorgebracht. Allem Anschein nach blühte der menschliche Erfindungsgeist immer besonders dann auf, wenn es darum ging, andere Lebewesen zu quälen. Seizew hielt trotzdem nicht viel von Misshandlungen, es sei denn, es herrschte Zeitdruck oder es ging nur um simple Informationsbeschaffung, so wie kürzlich bei der alten Schrulle in England. Diese Art der Folter war plump, stumpfte irgendwann nur noch ab und hinterließ einen gebrochenen Menschen, mit dem anschließend nicht mehr viel anzufangen war. Dabei gab es wesentlich wirkungsvollere Methoden, die genauso zielführend waren. Und das Schöne daran war, dass man keinen einzigen Finger krumm machen musste.

Brutale Gewaltanwendung hätte bei ihrer Gefangenen ohnehin nicht viel bewirkt, das hatte Seizew innerhalb kürzester Zeit begriffen. Was sie an körperlicher Stärke missen ließ, glich sie mental aus, so viel musste er ihr zugestehen. So hatte sie es tatsächlich geschafft sich der Gehirnwäsche erfolgreich zu widersetzen und wäre wohl auf kurz oder lang bei der Prozedur auf dem Metallstuhl unter ihren Händen weggestorben. Wäre es nach Rumlow gegangen, dann wäre das Hirn der Telepathin jetzt höchstwahrscheinlich nur noch Brei und er hätte es zweifelsohne nicht nur auf ein paar Ohrfeigen beruhen lassen, um seinen Frust an der störrischen Frau abzureagieren. Der Typ hatte einen größeren Dachschaden, als er bisher geahnt hatte. Es war nicht mehr viel übrig von dem einst so cleveren Leiter des S.T.R.I.K.E.-Kommandos, den er schon auf vielen Missionen begleitet hatte. Er schien keinerlei Sinn für die Finessen der menschlichen Psyche zu besitzen. Männer wie der Kommandant verstanden nur eine Sprache - Gewalt - roh, brachial und stets ein probates Mittel bei Widerstand und Hindernissen. Dabei übersah er allerdings, dass man im Umgang mit Geschöpfen wie Red Star mit nur etwas Fingerspitzengefühl und Intelligenz wesentlich eleganter das angestrebte Ziel erreichen konnte. Also hatte Seizew sich der Sache angenommen. Sie brauchten die Telepathin schließlich lebend und vor allen Dingen kooperationsbereit. Es war nicht ihr Körper gewesen, der gebrochen werden musste, sondern ihr Wille, ihr Geist.

Und davon verstand er eine ganze Menge.

Rumlow klopfte dem hochgewachsenen Mann neben sich mit einem grunzenden Lachen auf die Schulter, leckte sich dann vielsagend die Lippen.

„Ich will gar nicht wissen, was du alles mit der Kleinen in dieser Zelle angestellt hast!"

Seizew ignorierte die geifernde Hackfresse des Hydra-Kommandanten, verschränkte schweigend die Arme vor seiner Brust. Sollte Rumlow glauben, was er wollte. Ihm war es mehr als egal, welche perverse Scheiße den hässlichen Bastard insgeheim geil machte. Es war ein Job, er hatte ihn erledigt - effizient wie immer. Ihn interessierten nur die Qualitäten, die sich hinter dem durchaus attraktiven Äußeren der Gefangenen verbargen und er hatte Red Star nicht angelogen, als er ihr gesagt hatte, dass er sie bewunderte. Denn das tat er. Er bewunderte diese unfassbare Macht, die sie seit ihrer Geburt in sich trug und deren Grenzen sie sicherlich noch nicht einmal ansatzweise ausgereizt hatte.

Was für eine Verschwendung!

Zola und all die anderen waren verfickte Idioten gewesen, ein solches Juwel als bloßes Versuchskaninchen zu benutzen, wo sie doch zu so viel mehr im Stande war. Und dann hatte Hydra ihre wertvolle Waffe auch noch jahrzehntelang in dieser abgelegenen Basis in Kryostaseschlaf unter Verschluss gehalten und stattdessen lieber auf den wartungsintensiven Winter Soldier zurückgegriffen. Pierce war ein noch größerer Trottel gewesen, als er bisher angenommen hatte.

Red Star war eine Kraft in die Wiege gelegt worden, für die er töten würde. Und dabei war er selbst alles andere als durchschnittlich. Seine geschärften Sinne, seine Schnelligkeit und übermenschliche Körperkraft verdankte Seizew jedoch nicht einer Laune der Natur, sondern allein einem künstlichen Serum, das in einem russischen Hydra-Labor zusammengerührt worden war. Zwar war er schon vor dem Serum ein hervorragender Scharfschütze und guter Nahkämpfer gewesen, doch die Substanz hatte eben jene Eigenschaften um ein Hundertfaches gesteigert. In der Vergangenheit hatte er bereits bewiesen, dass er dem ursprünglichen Winter Soldier zumindest ebenbürtig war, wenn man von dieser verfluchten kybernetischen Armprothese einmal absah.

Die erste Zeit nach dem Serum war für ihn natürlich kein Spaziergang gewesen. Nach der Injektion war er tagelang mehr dem Tod als dem Leben nahe gewesen. Sein Immunsystem hatte sich massiv gegen die Verwandlung gewehrt, die sich tief in seinem Körper auf zellulärer Ebene abgespielt hatte. Aber er hatte überlebt. Als Einziger von zehn Probanden hatte er das zweite Winter-Soldier-Programm zu Beginn des 21. Jahrhunderts erfolgreich überstanden. Zäh war er schon immer gewesen, verdammt schwer tot zu kriegen, sonst hätte sein Säufervater ihn sicherlich schon in jungen Jahren zu Tode geprügelt.
Pjotr Seizew war einmal einer der besten Berufsjäger in ihrer Heimat gewesen, ein Vater, zu dem er mit kindlicher Bewunderung aufgesehen hatte. Aber nach dem frühen Tod seiner Frau, hatte er seinen Kummer zusehends in Wodka ertränkt und sein Sohn war am Ende immer derjenige gewesen, der herhalten musste, wenn der kräftige Mann im Suff einen seiner Wutanfälle bekommen hatte. Lange Zeit hatte er seinen Vater gehasst, hatte sich frühzeitig für den Militärdienst entschieden, nur um nicht mehr mit dem alten Wichser in dieser abgefuckten Blockhütte im sibirischen Nirgendwo hausen zu müssen. Heute wusste er, dass ihn jeder Schlag, jeder Tritt, jede eiskalte Nacht im Schuppen allein mit den Hunden, stärker gemacht hatte. Scheiße, es gab Tage, da war er dem Alten fast dankbar dafür.

Seizew hatte Red Star die Wahrheit gesagt. In dieser beschissenen Welt überlebten nur die Starken.

Und die Frau und er selbst gehörten zu eben jener Spezies. Sie beide waren die Weiterentwicklung der Menschheit, wie ungleiche Geschwister, die trotz aller Unterschiede aus demselben Holz geschnitzt waren. Er selbst war ein Produkt der Wissenschaft. Die Telepathin war von Natur aus ihren Mitmenschen überlegen, ihre Gabe war in ihren Genen verankert. Hydra brauchte Menschen wie sie, wenn sie es mit Freaks wie diesem Captain America aufnehmen wollten. Es hatte nur etwas zusätzliche Überzeugungsarbeit gebraucht, um Red Star klarzumachen, dass ihr keine andere Wahl blieb, als mit ihnen zusammenzuarbeiten, wenn sie weiterleben wollte.

Letztendlich war es wohl der Durst gewesen, der ihren Willen gebrochen hatte. Es war immer der Durst.

Der Mensch war dazu in der Lage erstaunlich viele Schmerzen, erstaunlich viel Leid zu ertragen, aber anhaltender Schlafentzug gepaart mit Flüssigkeitsmangel und Hunger zwang irgendwann jeden in die Knie. Man brauchte sich bloß zurücklehnen und geduldige darauf warten, dass die Opfer aufgaben. Harte Soldaten hatte er in ihrer Isolationshaft verzweifeln sehen, als man ihnen Schlaf, Essen und Trinken verwehrt hatte. Jedoch war es am Ende der Durst, der sie alle in die Verzweiflung trieb. Seizew fand es nach wie vor faszinierend, dass es ausgerechnet die selbstverständlichsten Dinge im Leben waren, die richtig eingesetzt zu den mächtigsten Folterinstrumenten werden konnten. Es bedurfte wahrlich keiner Schläge oder anderweitiger Misshandlungen, um einen Menschen gefügig zu machen.

In den letzten Tagen hatte er die Frau immer wieder in ihrer Zelle aufgesucht. Seine Anwesenheit war von ihr mit Sicherheit noch nicht einmal wahrgenommen worden. Zu geschwächt war sie durch die verabreichte Droge, den Nahrungs- und Wassermangel und die Müdigkeit. Am dritten Tag wusste Seizew, dass er sie soweit hatte. Der Trotz, der Kampfgeist hatte ihre hellen blauen Augen verlassen und das war seine Chance, diese Leere mit etwas Neuem zu füllen.

Es war tatsächlich wie damals bei der Laika-Hündin seines Vaters. Der Alte war vielleicht ein Schläger und Säufer gewesen, aber er hatte etwas von Hunden verstanden. Von ihm hatte Seizew gelernt, dass jeder Wille gebrochen werden konnte, egal wie eisern er auch anfangs sein mochte. Nach zwei Wochen der Misshandlung durch Freunde seines Vaters, nur mit dem Nötigsten zu Essen und zu Trinken, war das zuvor so stolze Tier nur noch ein kümmerlicher Haufen Fell und Knochen gewesen. Und dann war Pjotr Seizew gekommen und hatte sich mit so viel Zärtlichkeit und Einfühlvermögen in das Herz dieser misshandelten Kreatur geschlichen, dass dieser Hund ein Leben lang seinen scheinbaren Retter mit bedingungsloser Hingabe und Treue belohnt hatte. Und genau das hatte er mit der Telepathin gemacht. Sie sah wohl ebenfalls eine Erlösergestalt in ihm, einen barmherzigen Samariter, als er sie aus der Zelle holte und sich ihrer annahm, als er ihr Trost spendete und Freundlichkeit zeigte, an einem Ort voller Grausamkeiten.

Folgsam wie ein Opferlämmchen hatte sie sich danach von ihm in Schedlers Labor bringen lassen. Halb bewusstlos hatte sie in seinen Armen gelegen, zu schwach für ihre früheren Psychospielchen. Und dieses Mal hatte sie sich nicht gegen die Maschine gewehrt, wenngleich die Schmerzen sie irgendwann doch wieder laut aufschreien ließen. Der Doktor war geradezu euphorisch gewesen, als die Chimäre endlich ihre Arbeit verrichtet hatte und das Programm erfolgreich abgeschlossen worden war. Danach wurde ihr alles eingetrichtert, was künftig wichtig für sie sein sollte. In ihren ausdruckslosen Augen hatte sich kein Widerstand mehr geregt und trotzdem wurde sie auf Rumlows Befehl hin ein zweites Mal gelöscht, nur um auf Nummer Sicher zu gehen. Als sie dann erneut aus ihrer Ohnmacht aufgewacht war, hatte man ihr noch einmal die wichtigsten Dinge eingebläut. Dass Hydra ihre Familie war, dass S.H.I.E.L.D., Captain America und die Avengers ihre Feinde waren, dass die Regierungen der Welt allesamt korrupte Unrechtsregime waren, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun musste, um ihre Familie zu schützen, um Hydra zu helfen, eine bessere Welt zu errichten. Und die kleine Telepathin hatte brav und demütig jedes Wort aus Brock Rumlows Mund wie ein Schwamm aufgesogen und gleich einem Glaubensbekenntnis leise nachgesprochen.

Jetzt lag sie wieder ohnmächtig da, während sich Schedler daran machte eine Infusion an ihrer Armbeuge zu legen. Sie war bleich, ein Schweißfilm hatte sich auf ihrer Stirn gebildet und man sah ihrem zerbrechlichen Körper die Strapazen der letzten Zeit deutlich an. Die Schürfwunden ihrer Fesseln stachen in einem wütenden Rot von der hellen Haut ihrer Handgelenke ab und ihr sonst so strahlendes Haar fiel strähnig und wild über ihre Schultern. Irgendjemand musste die Frau endlich mal unter laufendes Wasser stellen, wenn sie wieder aus ihrem beinahe komatösen Erschöpfungsschlaf aufwachte. Sie roch langsam aber sicher wie Etwas, was man am Straßenrand gefunden hatte. Aber das sollte nicht sein Problem sein. Er hatte jetzt lange genug den Babysitter gespielt.

„War's das dann?", brummte Seizew gelangweilt, nachdem er Hydras neueste Waffe einige Zeit ausgiebig gemustert hatte.

Rumlows zufriedenes Nicken beantwortete er mit einem herzhaften Gähnen und wandte sich voller Genugtuung zum Gehen. Zeit für seinen eigenen Schönheitsschlaf. Es war ja nicht so, dass er an diesem Abend noch irgendetwas verpassen würde, wenn er sich zurückzog. Die Telepathin würde jedenfalls nicht mehr weglaufen. In seinem Zimmer angekommen ließ Seizew sich rücklings auf das schmale Feldbett fallen, nachdem er seine schweren Kampfstiefel achtlos in den Raum geworfen hatte. Mit einem zufriedenen Schmunzeln verschränkte er die Arme im Nacken und schloss kurze Zeit darauf die Augen.

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Das laute Heulen der Sirene ließ ihn binnen eines Herzschlages hochschnellen. Er hatte schon immer einen leichten Schlaf gehabt, aber dieser Höllenlärm würde innerhalb kürzester Zeit die gesamte Basis in Aufruhr versetzen. Ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, dass es früher Abend war und er gerade einmal zwei Stunden geschlafen hatte.

„Dermo [Anm. d. A. russ. Scheiße]", fluchte Seizew, zog in Windeseile seine Schuhe an und schnappte sich seine Waffen, die griffbereit auf einem kleinen Tisch an der gegenüberliegenden Wand des schlauchartigen Raumes lagen.

Sein Kampfmesser trug er ohnehin immer am Körper und die geladene Pistole und sein Sturmgewehr waren stets nur eine Armlänge von ihm entfernt, selbst wenn er sich an einem verhältnismäßig sicheren Ort wie diesem aufhielt.

Was war nun schon wieder schiefgegangen? Konnte er nicht ein einziges Mal in dieser beschissenen Hydra-Basis die Augen zumachen, ohne dass irgendeine verfickte Scheiße passierte? Wutschnaubend schulterte er seine HK 417 und riss die Tür auf, stürmte in den Gang, in dem das rote Licht des Alarms ein rhythmisches Farbenspiel auf die blanken Betonwände warf. Mehrere schwerbewaffnete Agenten rannten an ihm vorbei, aber niemand konnte ihm irgendetwas sagen, außer dass der Alarm ausgelöst worden war. Dämliche Penner, als ob er das nicht selbst mitbekäme! Er sprintete in Richtung von Block Zwei und umrundete eine Ecke. Gerade noch rechtzeitig konnte er abbremsen, um nicht mit einem atemlosen Agent Jones zu kollidieren.

„Seizew, ein Glück - ", brachte Jones hervor, während er angestrengt nach Luft japste, den Oberkörper nach vorne gekrümmt und die Arme auf seinen Knien abgestützt.

„Was zu Hölle ist hier los?", fuhr er den Mann an, der ihm seit der ersten Begegnung zuwider gewesen war.

„Wir werden angegriffen!"

„Von wem?"

Eigentlich konnte er sich die Frage genauso gut selbst beantworten, denn es gab nur eine Gruppe von Menschen, die einen derartigen Ausnahmezustand hervorbeschwören konnte. Aber wie verdammt nochmal hatten sie diese Basis ausfindig gemacht?

„Wo ist Rumlow?", herrschte Seizew den Agenten an, als dieser keinen weiteren vollständigen Satz zusammenbrachte und stattdessen nervös um sich blickte.

„Der Kommandant koordiniert die Evakuierung. Alle freien Einheiten sammeln sich in Block Drei. Ich bin selbst auf dem Weg dorthin."

Evakuierung? War während er geschlafen hatte der III. Weltkrieg ausgebrochen? Scheiße, es musste übel aussehen, wenn Rumlow tatsächlich schon an Aufgabe dachte. Ihm waren die Evakuierungspläne für die Bunkeranlage bekannt. Schon am ersten Abend hatte Rumlow ihn in das entsprechende Vorgehen im Notfall eingeweiht. Das unterirdische Tunnelnetz, das einem weitverzweigten Fuchsbau glich, ermöglichte einen unauffälligen Rückzug zu einem geheimen Ausgang, der nicht einmal in den Bauplänen verzeichnet war.

„Wo ist die Frau?", presste Seizew hervor und entsicherte sein Sturmgewehr.

„Wahrscheinlich noch im Labor."

„Wahrscheinlich?"

Sein Finger zuckte verräterisch am Abzug. Am liebsten hätte er den Idioten hier und jetzt abgeknallt. Anstatt ihre wertvollste Waffe bei einem feindlichen Angriff sicherzustellen, rannte dieser Depp konfus durch die Gegend, wohl mehr damit beschäftigt seinen eigenen Arsch zu retten, als auch nur eine Sekunde strategisch vorzugehen. Für die Nummer hier war Rumlow ihm mehr als ein Glas Wodka schuldig, das stand bereits jetzt fest. Seizew setzte zum Sprint an.

„Warten Sie! Das Notfallprogramm wird in Kürze initiiert!", hörte er Jones noch über den Alarm hinweg hinter sich her rufen, als er schon in einen anderen Gang einbog. „Das ist Selbstmord, Seizew!"

Selbstmord? Der Typ hatte ja keine Ahnung. Was für ein beschissener Feigling! Jones konnte von Glück sagen, wenn er ihn in den nächsten Stunden nicht in die Finger kriegen würde, dann konnte selbst der Kommandant dieses elende Würstchen nicht mehr retten. Selbst wenn die verfickten Avengers mitsamt der Nationalgarde anrückten, würde er diese Basis ganz sicher nicht ohne die Telepathin verlassen.

Schüsse und Schreie aus der Ferne verrieten ihm, dass er sich beeilen musste und er hetzte immer weiter durch die menschenleeren Korridore. Endlich kam er vor Schedlers Labor zum Stehen und stieß heftig atmend die Tür auf. Von dem Wissenschaftler war natürlich weit und breit nichts zu sehen. Wahrscheinlich war er einer der Ersten gewesen, der mit wehenden Fahnen beim ersten Anzeichen von Gefahr die Flucht ergriffen hatte. Red Star lag immer noch einem schlafenden Engel gleich auf dem Metallstuhl. Das Chaos um sie herum, schien nicht bis in ihre Ohnmacht vorzudringen. Und selbst wenn sie wach gewesen wäre, hätte es ihr nichts genutzt, denn sie war nach wie vor mit Händen und Füßen an den Stuhl gefesselt. Seizew schulterte erneut sein Gewehr und machte sich eilig daran die Bewusstlose zu befreien. Die Kampfhandlungen schienen sich in der Zwischenzeit ihrem Standort gefährlich angenähert zu haben. Schusswechsel und Geschrei drangen ungleich lauter an seine Ohren.

Kaum hatte er die Frau losgebunden, warf er sie wie einen Sack Mehl über seine freie Schulter und preschte durch die offene Tür wieder hinaus in den dahinterliegenden Gang. Mehrere Hydra-Agenten stürmten an ihm vorbei. Einzelne Wortfetzen konnte er aufschnappen. Er hörte etwas von Captain America und von einem Typ mit Metallarm. Er kam zu einem abrupten Halt, drehte sich langsam in die Richtung, aus der sich der Lärm immer bedrohlicher zu ihrer derzeitigen Position vorarbeitete.

Barnes.

Er konnte kaum glauben, dass der verfluchte Winter Soldier hier war, dass er offensichtlich mit Captain America zusammenarbeitete. Wie lange hatte er auf diese Gelegenheit gewartet? Seizew war versucht all seine Pläne über den Haufen zu werfen.

So nah, so verdammt nah.

Plötzlich begann sich die Frau zu regen, ein leises Stöhnen drang durch all den Lärm an sein Ohr und das war alles, was es brauchte, um ihn wieder klar denken zu lassen. Es war weder die richtige Zeit, noch der richtige Ort für eine Konfrontation mit dem Soldier, schon gar nicht, wenn dieser gemeinsam mit diesem beschissenen Volkshelden hier aufkreuzte. Er wusste, wann ein Kampf aussichtsreich war, aber auch wann Rückzug die klügere Alternative darstellte.

„Fokussiert bleiben", ermahnte er sich innerlich.

Sein momentaner Job war einzig und allein die Frau in Sicherheit zu bringen. Und damit setzte Seizew sich wieder in Bewegung. Das Zeitfenster für die Evakuierung war schließlich nicht sehr groß und er wollte längst über alle Berge sein, wenn durch das Selbstzerstörungsprogramm in der Bunkeranlage die Hölle über all jene hereinbrechen würde, die es nicht mehr rechtzeitig hinaus schafften. Vielleicht erübrigte sich dann die Sache mit dem Winter Soldier ja auch von ganz alleine, wenngleich Seizew immer noch darauf brannte, Barnes höchstpersönlich umzulegen.

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