Kapitel 23: Grizzly- Ray

Ein zweites Auto parkte neben der Lodge. Ein grüner Geländewagen mit einem nur allzu vertrauten Logo auf der Fahrertür. Bucky umrundete das Haus, darauf bedacht sich lautlos zu bewegen. Neben der offenen Terrassentür saß Wallenstein als stummer Wächter. Die angespannte Körperhaltung des Hundes zeugte von erhöhter Alarmbereitschaft. Natürlich blieb ihm Buckys Anwesenheit nicht verborgen, doch schien das Tier ihn mittlerweile wieder zum Kreis jener Personen zu rechnen, von denen keine Gefahr ausging und die somit in der Gegenwart seiner menschlichen Freundin geduldet wurden. So machte der Hund sich noch nicht einmal die Mühe, Buckys Ankunft durch Bellen oder Knurren anzuzeigen.

Aus dem Wohnzimmer vernahm er Beccas helle Stimme, die immer noch leicht kratzig klang. Es würde sicherlich noch ein paar Tage dauern, bis sich ihre Stimmbänder vollständig erholt hatten. Erneut kochten die Schuldgefühle in ihm hoch. Das Wissen, dass er ihr wehgetan hatte, dass er ihr körperlichen Schaden zugefügt hatte, verfolgte ihn noch immer, selbst wenn Rebecca ihm bereits verziehen hatte. Im Alkoholrausch hatte sie ihm offenbart, dass sie ihn mochte. Und auch wenn er sich seither fortwährend einredete, dass Becca betrunken gewesen war, dass sie nicht gewusst hatte, was sie da eigentlich sagte, so hatte jener Satz aus ihrem Mund doch etwas in ihm ausgelöst.

Er hatte tatsächlich die Nacht an ihrer Seite verbracht. Er hatte ihr von Steve erzählt. Er hatte ihr alles erzählen wollen, woran er sich erinnern konnte. Aber als sie dann übernächtigt und schlecht gelaunt, mit dunklen Augenringen und einem leichenblasse Gesicht vor ihm auf der Couch gesessen hatte, da war es ihm auf einmal wie Schuppen von den Augen gefallen. Er mochte sie auch. Er mochte Rebecca, die Frau, die aus der gleichen Zeit wie er selbst stammte, die mit der bloßen Macht ihrer Gedanken Unvorstellbares tun konnte, die wie ein Seemann auf Deutsch fluchte, gerne einmal zu tief ins Glas schaute und ihren stinkigen Köter über alle Maßen liebte, die dickköpfig und unbelehrbar war, die ihn ansah, wie ihn schon lange niemand mehr angesehen hatte.

Und er hatte entsetzliche Angst davor, dass sie ihn nie wieder so ansehen würde, dass er ihr nie wieder nah sein konnte, wenn sie erfuhr, welches Monster er wirklich war, welche abscheulichen Dinge er für Hydra getan hatte.

Sie kannten sich erst wenige Tage, ein lächerlicher Zeitraum, wenn man bedachte, wie lange sie tatsächlich schon in dieser Welt existierten. Und dennoch war der Gedanke sie zu verlieren für Bucky unerträglich. Sie sah nicht den Winter Soldier in ihm, sondern Bucky Barnes, einen Menschen, einen Weggefährten und vielleicht sogar einen Seelenverwandten. Einmal mehr war er vor ihr und dem unausweichlichen Gespräch geflüchtete, dabei rannte er doch in Wahrheit nur vor sich selbst und seiner eigenen Vergangenheit davon. Es war absolut unlogisch, kindisch und dumm, aber er wollte Becca nicht verlieren, er durfte sie einfach nicht verlieren. Er brauchte sie!

Der Klang einer tieferen Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Eindeutig eine Männerstimme und die nachfolgenden Worte brachten sein Blut in Wallung.

„Weißt du, ich hab noch oft an unseren gemeinsamen Abend gedacht."

Dieser gottverdammte Palmer! Der Typ war lästiger als eine ansteckende Geschlechtskrankheit. Was führte dieser schmierige Kerl im Schilde? Hatte Bucky nicht schon bei ihrem letzten Treffen deutlich gemacht, dass die Avancen von Grizzly-Ray nicht erwünscht waren? Wie wenig Anstand trug der Kerl nur in sich, wenn er bereits einen Tag später unangemeldet auf der Türmatte einer vergebenen Frau stand? Woher hatte er überhaupt gewusst, dass Becca allein war? Hatte Palmer dafür einen siebten Sinn oder einfach nur mehr Glück als Verstand?

„Du bist etwas Besonderes, Rebecca, das hab ich sofort gesehen."

In Bucky legte sich ein Schalter um. Er trat durch die Tür ins Hausinnere und gab sich nicht einmal Mühe, die Wut in seiner Stimme zu unterdrücken.

„Was zur Hölle macht der denn hier?"

Zwei paar Augen sahen ihn entsetzt an. In Beccas Gesicht zeichnete sich jedoch innerhalb kürzester Zeit große Erleichterung ab, wohingegen Palmer seinen Mund zu einem falschen Grinsen verzog, um die Unsicherheit zu überspielen, die Bucky für den Bruchteil einer Sekunde in seinen Augen gesehen hatte.

„Honey", flötete die Frau und sprang regelrecht auf, um ihm entgegen zu kommen. „Wie war dein Waldspaziergang?"

Sie hängte sich bei ihm ein und zog ihn in Richtung Couch. Der verdammte Ranger machte immer noch keinerlei Anstalten sich zu verabschieden.

„Gut", grummelte Bucky, während sich Rebecca neben ihm niederließ und in gespielter Vertrautheit an ihn kuschelte.

„Hast du Hunger, Honey? Ich habe uns etwas zu Essen gemacht."

Offensichtlich war das der letzte Wink mit dem Zaunpfahl, der von Nöten war. Denn sogar Grizzly-Ray sah nun endlich ein, dass er wie ein störender Fremdkörper neben den scheinbar verliebten Turteltäubchen wirken musste und erhob sich ohne Bucky eines weiteren Blickes zu würdigen.

„Ich mach mich dann mal auf den Weg."

Wenn Palmer sich eingebildet hatte, dass er sich so einfach aus dem Staub machen konnte, dann hatte der Kerl sich geschnitten. Bevor Rebecca etwas erwidern konnte, war Bucky auf seinen Beinen und machte eine vage Geste in Richtung Flur.

„Ich begleite unsere Gast nach draußen."

Becca musterte ihn mit einem Gesichtsausdruck, als hätte er verkündet, dass er Palmer nun standesrechtlich vor dem Haus erschießen würde. Auch das kalte Lächeln des Mannes verriet ihm, dass sein Vorschlag auf wenig Gegenliebe stieß. Mit einem letzten beinahe sehnsüchtigen Blick in Richtung Becca folgte ihm Palmer zur Haustür. Dort angekommen trat Bucky nach dem Ranger an die Abendluft und brachte diesen dann mit wachsendem Ärger zu seinem Auto. Seine Hände ballten sich schmerzhaft zu Fäusten.

„Halt dich gefälligst von ihr fern, verstanden?", zischte Bucky zwischen zusammengepressten Zähnen und durchbohrte den Mann mit seinen eiskalten Augen, als er sich langsam zu ihm umdrehte.

Ray war größer als er und verschränkte im Wissen, dass er zudem einige Pfund Muskelmasse mehr auf die Waage brachte, die Arme vor seiner breiten Brust. Herausfordernd funkelte er seinen Kontrahenten an.

„Warum sollte ich? Weil du sie im Moment flachlegst?"

Nun ließ er also endgültig die Maske des charmanten Kerls von Nebenan fallen und zeigte sein wahres Gesicht, das so gar nicht zu seinem vorgespielten Image als Saubermann und Schwiegermutters Liebling passen wollte.

„Ich wollte die Kleine schon vögeln, da wusste sie noch nicht einmal, wer du bist! Was glaubst du, wie lange sie braucht, um zu kapieren, was für einen Loser sie sich da ausgesucht hat? Wurdest wohl unehrenhaft aus der Army entlassen und jetzt liegst ihr auf der Tasche, was?"

Bucky ignorierte die Provokation und wiederholte stattdessen mit ruhiger doch lauter Stimme seine Warnung: „Ich war wohl nicht deutlich genug? Wenn du noch einmal versuchst dich an meine Freundin ranzumachen, dann schwöre ich, dass ich dir jeden Finger einzeln breche. Jetzt kapiert?"

„Soll ich jetzt etwa Angst haben, James?", äffte Palmer seinen Tonfall nach und lachte dann gehässig auf. „Ich kann warten. Rebecca wird bald merken, was für ein Psycho du bist. Und keine Sorge, wenn sie dann mit dir Schluss gemacht hat, bin ich bei ihrem nächsten Besuch zur Stelle, um die kleine Schlampe mal so richtig dur-"

Er vollendete den Satz nie. Buckys Metallfaust kollidierte ohne Vorwarnung mit Palmers Unterkiefer. Er legte bei Weitem nicht die volle Wucht in seinen Schlag. Dennoch taumelte der Mann mehrere Schritte nach hinten. Der Schmerz verwandelte Rays Gesicht in eine hässliche Fratze. Seine Hand fuhr zu seinem Kiefer und Bucky wünschte ihm, dass er mindestens ausgerenkt war.

„Wag es in meiner Gegenwart nie wieder, so über sie zu sprechen", presste Bucky schließlich hervor.

Es kostete ihn unendlich viel Selbstbeherrschung dem Schwein nicht hier und jetzt die Nase zu brechen.

„Du verdammter Huren-"

„Ich rate dir, deine nächsten Worte genau zu bedenken", unterbrach ihn Bucky und machte demonstrativ einen Schritt auf Palmer zu.

Mehr bedurfte es nicht. Bucky kannte den Gesichtsausdruck, wenn jemand eine Niederlage akzeptierte. Ohne ein weiteres Wort riss der Ranger die Autotür auf und innerhalb weniger Herzschläge sauste der Wagen mit scharrenden Reifen davon. So schnell würden sie Ray Palmer nicht wiedersehen.

Zufrieden wie schon lange nicht mehr wandte sich Bucky zum Haus um. Auf der Türschwelle stand Rebecca. Sie hatte ihre Arme um sich geschlungen. Wie viel von der Auseinandersetzung hatte sie wohl mit verfolgt? Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen augenscheinlich genug. Unter ihren hellen durchdringenden Augen fühlte sich Bucky auf einmal wie ein ungezogener Teenager. Mit gesenktem Blick schlich er zur Haustür und kam schließlich vor Becca zum Stehen. Überrascht sah er zu ihr auf, als sie seine metallische Hand ergriff und diese für einige Zeit schweigend in ihren eigenen schmalen Händen hielt.

„Bucky."

Das war alles. Sein Name. Aber gleichzeitig hielt sie seine Metallhand, als sei sie das wertvollste Gut auf Erden. Und ihre Augen suchten seine, ihre Lippen formten ein fast schüchternes Lächeln. Und tief in seinem erkalteten verkümmerten Herz regte sich etwas in Bucky Barnes, was er zu diesem Zeitpunkt nicht greifen und nicht benennen konnte. Es brachte ihn dazu, seine menschliche Hand zu heben und ihr sanft eine Haarsträhne hinter ihr Ohr zu streichen. Es brachte ihn dazu, eben jene Hand auf ihre Wange zu legen und tief in diese wunderschönen Augen zu blicken, die manchmal traurig waren, manchmal vorwurfsvoll, aber stets voller Wärme und Güte.

„Niemand redet so über dich, Rebecca. Niemand."

Sie antwortete ihm nicht. Es waren auch keine Worte notwendig. Bucky konnte nicht sagen, wie lange sie sich gegenüberstanden. Irgendwann löste sie ihren Blick und zog ihn sanft mit sich ins Haus. Sie wärmte ihm das Essen auf, das sie sich scheinbar im Laufe des Mittags zubereitet hatte. Bucky wusste nicht, ob er jemals etwas so Gutes gegessen hatte. Zwischen seinen hastigen Bissen bemerkte er ihren amüsierten Blick auf sich. Er musste wie ein ausgehungerter Wolf auf sie wirken.

„Bucky?", hörte er sie nach einer Weile fragen, als sie einige Zeit später gemeinsam am Rand der Terrasse saßen, ihre Beine von dem hölzernen Aufbau baumeln ließen und die eigenartige Stimmung genossen, die sich über die Baumwipfel legte, kurz nachdem die Sonne als roter Ball am Horizont untergegangen war.

„Willst du es mir nicht erzählen? Manchmal hilft es über Dinge zu reden, so entsetzlich sie auch sein mögen. Damit können wir Vergangenes nicht ändern, aber wir schaffen es, das Hier und Jetzt ein Wenig erträglicher zu machen."

Er starrte auf seine Hände, die gefaltet in seinem Schoß ruhten. Seine Handschuhe hatte er bereits vor dem Essen abgelegt und so funkelte ihm seine metallische Hand wie eine Erinnerung an ein vergangenes Leben entgegen. Sein Blick huschte ein letztes Mal in ihr Gesicht.

Und dann erzählte er ihr alles. Alles, woran er sich erinnern konnte. Und das war nicht viel, auch wenn ihn täglich mehr Erinnerungsfetzen einholten. Während er immer wieder Pausen einlegte oder über seine eigenen Worte stolperte, hörte Becca ihm die ganze Zeit geduldig schweigend zu.

Er begann von seiner letzten Mission im Auftrag von Hydra zu erzählen, weil diese Erinnerung am deutlichsten in seinem Gedächtnis verankert war. Bucky schilderte ihr den Kampf mit Captain America auf dem Helicarrier. Er sagte ihr, dass dieser Rogers ihn wieder und wieder Bucky genannt und darauf bestanden hatte, dass sie in Wahrheit Freunde waren. Captain America oder Steve, wie Bucky ihn im Weiteren nannte, hatte ihn von einem Trümmerteil, das ihn begraben hatte, befreit und sich schließlich sogar geweigert weiter gegen ihn zu kämpfen. Beccas Augen weiteten sich, als er berichtete, wie er am Ende Steve aus dem Potomac vor dem Ertrinken gerettet und schließlich am Flussufer zurückgelassen hatte.

Bucky fuhr fort und erzählte von den Wochen danach, die er in ständiger Furcht auf den Straßen von Washington verbracht hatte. Er hatte sich von Essensresten aus Mülltonnen ernährt, dreckige Kleidung aus den Waschkellern von Mietshäusern gestohlen und jede Nacht in einem anderen leer stehenden abrissreifen Haus oder wie ein Obdachloser auf einer Bank in der dunkelsten Ecke eines Parks verbracht.

Er berichtete ihr von den grausigen Alpträumen, die ihn heimsuchten, sobald er seine übermüdeten Augen schloss, von der allgegenwärtigen Angst, dass Hydra ihn doch irgendwie aufspüren würde, von dem verstörenden Gefühl, sich an kaum etwas aus seinem früheren Leben erinnern zu können und von der Abscheu, sobald er sich an Dinge erinnern konnte, die er in den Diensten von Hydra getan hatte.
Er versuchte ihr manche der Erinnerungsfetzen zu beschreiben. Dieses eine Mal, als er an einem kalten Wintertag auf einer Anhöhe im Schnee gelegen hatte. Sein Scharfschützengewehr in Händen, sein Auge gegen das Zielfernrohr gepresst. Es war nur ein Schuss notwendig gewesen und seine Zielperson war in sich zusammengesackt, als sie gerade aus dem Auto ausstieg, das vor einem prunkvollen Landsitz südlich von St. Petersburg vorgefahren war.

Er erzählte ihr von der Erinnerung an den jungen italienischen Wissenschaftler, den er entführte hatte und der ihn immer wieder anflehte, ihn zu verschonen und ihm sagte, dass er eine kleine Tochter und eine Frau habe und den er so lange mit dem Kopf unter Wasser getaucht hatte, bis er ihm alles verriet, was Hydra über seine geheimen Forschungen wissen musste und wie er ihm anschließend die Kehle durchgeschnitten hatte und dabei zuschaute, wie er langsam am Boden liegend verblutete.

Und er sagte ihr, dass er sich an seinen eigenen Namen nicht mehr hatte erinnern können, dass er nicht gewusst hatte, wie alt er war, wo er geboren worden war, wer seine Eltern waren. Sie hatten ihn immer nur Soldat genannt, manchmal auch Winter Soldier. Irgendetwas hatte Hydra mit ihm gemacht, wodurch er sich an sein früheres Leben nicht mehr erinnern konnte. Aber Steve Rogers hatte ihn gekannt. Er hatte ihm einen Namen gegeben. Bucky.

Und schließlich erzählte er Rebecca, dass er im Smithsonian die Captain America-Ausstellung besucht hatte und dort erfahren musste, dass er James Buchanan Barnes hieß, ein Kindheitsfreund und Waffenbruder von Steve Rogers war und alle Welt glaubte, dass er während eines Einsatzes im Zweiten Weltkrieg gefallen war.

Becca saß noch lange schweigend neben ihm, als Buckys wirre Erzählung beendet war. Ihre Miene war ungewohnt verschlossen. Innerlich verzweifelte er an ihrem Schweigen. So kannte er sie gar nicht, beinahe abweisend. Was ging in ihr vor? Warum redete sie nicht mit ihm? Sie war doch immer diejenige, die um keine Antwort verlegen war. Er hatte sich ihr anvertraut, hatte ihr alles erzählt, woran er sich erinnern konnte. Er hatte sein Innerstes schutzlos offen gelegt. Ein falscher Blick, eine abfällige Bemerkung aus ihrem Mund wäre wie ein Dolchstoß in seine Brust.

Sein Kopf dröhnte und seine Kehle war staubtrocken. Es war schon dunkel. Der Mond war noch nicht aufgegangen. Einzig die Beleuchtung im Wohnzimmer warf ein schwaches Licht auf die Terrasse. Endlich wagte Bucky es noch einmal in Beccas Gesicht zu sehen. Sie weinte. Die Tränen kullerten still ihre Wangen hinab und schließlich bahnte sich ein unterdrücktes Schluchzen einen Weg durch ihren Mund. Und dann sah sie ihm in die Augen und Bucky wusste, dass sie verstand. Sie verstand ihn und sie verurteilte ihn nicht.

Er folgte seinem ersten Impuls und schloss sie in seine Arme. Zuerst versteifte sich ihr Körper, doch dann legte Becca den Kopf an seine Schulter und ihre Hand wanderte an jene Stelle seiner Brust, wo sein Herz in einem immer schnelleren Rhythmus schlug. Unbewusst ahmte sie damit jene bereits vertraute Geste nach, die sie auch im Schlaf gemacht hatte, als Bucky am Morgen neben ihr im Bett erwacht war.

„Es tut mir so leid", vernahm er irgendwann ihre Stimme und als Antwort strich er über ihr seidiges Haar.

+++

An diesem Abend verabschiedete sich Becca früh in ihr Schlafzimmer. Sie hatten kein weiteres Wort mehr gewechselt und die Frau machte tatsächlich einen erschöpften Eindruck. Bucky war sich sicher, dass sie etwas Zeit für sich alleine brauchte, um all die Dinge zu begreifen, die er ihr erzählt hatte. Also trennten sich ihre Wege im Flur des Obergeschosses. Er selbst bezog das Gästezimmer. Grübelnd lag er Stunde um Stunde in seinem Bett. Wie so oft wollte der Schlaf einfach nicht kommen.

Irgendwann erhob er sich mit einem frustrierten Schnauben und begann wie ein eingesperrtes Raubtier im Zimmer auf und ab zu schreiten. Schließlich führten ihn seine nackten Füße hinaus auf den Flur. Ohne so recht zu wissen wie er dort gelandet war, fand er sich vor Beccas Bett wieder. Wallenstein hob nur einmal mit einem Gähnen seinen Kopf, um sich dann wieder tief seufzend auf dem Boden auszustrecken. Die stille Duldung des Hundes war wie eine unausgesprochene Einladung sich der vertrauten Gemeinschaft anzuschließen und so ließ Bucky sich auf dem bequemen Polstersessel nieder, der an der Wandseite neben dem Bett als Kleiderablage diente.

Rebecca hatte sich ihre leichte Decke fast bis über den Kopf gezogen. Einzig ein nackter Arm war unter dem Stoff hervor gewandert und diente als Beweis, dass sich unter dem unförmigen Stoffhaufen tatsächlich ein menschliches Wesen verbarg. Bucky widerstand dem Verlangen im Schlaf wieder ihre Nähe zu suchen. Dieser Auswuchs an Willensschwäche würde ein einmaliger Fehltritt bleiben. Stattdessen wollte er lediglich ein oder zwei Stunden hier bei ihr sitzen und die beruhigende Aura auskosten, die ihre Anwesenheit selbst im Schlaf auf ihn ausstrahlte. Auf keinen Fall würde er auf diesem Sessel einschlafen. Das war sein letzter Gedanke, als Bucky langsam doch unaufhaltsam die Augen zufielen.

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