Namensfindung
Steve
Emma ächzt mitgenommen als ich sie auf dem kleinen Bett, das eher an einem Feldbett erinnert, zum Liegen bringe.
Ihr Körper ist immer noch in einer Diamantenform überzogen. Aber sie lebt. Sie beide leben. Und nur das zählt. Mal wieder.
"Hatten wir nicht was vereinbart? Keine lebensgefährlichen Situationen mehr. " versuche ich sie liebevoll zu necken. Und anscheinend hat der gute Liter Mineralwasser, den ich ihr noch vor dem Einstieg in Hanks Flugzeug gebracht habe, ihr wirklich gut getan, denn ihr schönes Lächeln umspielt wieder ihre Lippen. „Wenn Shaw mich das nächste Mal unvorbereitet angreifen will, werde ich ihn sagen, dass er vorher erst deine Zustimmung einholen soll."
Doch trotz des Wassers fällt ihr das Atmen noch schwer und die Risse in ihrem Körper sind noch deutlich zu erkennen und glühen noch leicht. Aber das wird werden. Ich kümmere mich um sie. So wie sie es damals bei mir getan hat, als ich in der Schlacht mit Thanos das halbe Gesicht aufgeschnitten bekommen habe und in einer Verfassung war, die ich gar nicht von mir kenne. Aber sie stand unverrückbar an meiner Seite und ich verliebte mich nur noch ein weiteres Mal in diese Frau, bei der ich damals schon dachte, dass meine Liebe zu ihr nicht größer sein könnte.
Das Krankenzimmer ist kleiner als gedacht. Sie ist groß wie eine typische Besenkammer und nur mit ein paar Hängeschränken und einen Bett ausgestattet. Außer den LED-Lichtern an der Decke, besitzt der Raum nur ein kleines rundes Fenster über der Feldbettähnlichen Liege. Aber es bietet uns genau das, was wir brauchen. Zeit für uns. Zeit, um zu heilen und Kräfte zu sammeln. Für uns alle drei.
Ich gehe zu einen der drei Hängeschränke an der rechten Wand und öffne den vorerst es. Auf der Suche nach etwas zum Kühlen. Irgendwas um die Hitze aus ihr zu bekommen.
„Wie gehts Peggy?" höre ich sie leise fragen.
Schmerzmittel, Mullbinden, Pflaster, Desinfektionsmittel. Nichts.
Ich schließe den Schrank und seh zu meiner Frau hinüber.
Bei allen was passiert ist, geht ihr diese Frage durch den Kopf? Hätte ich nicht gewollte, dass wir Peggy retten, wäre ihr das hier erspart geblieben.
Ich komme nicht umhin sie besorgt zu mustern. „Sie hat alles gut überstanden. Ihre Augen- und Haarfarbe hat sich geändert. Aber alles ist gut. Sie kann sich wieder an alles erinnern."
„Sehr gut. Hat sie Michael schon getroffen?"
Der zweiter Schrank ist dran. Irgendwo muss doch was sein. "Nur kurz. Aber ich schätze, sie werden jetzt ausreichend Zeit während des Fluges, um vieles zu bereden."
Ich ziehe die beiden Schranktüren auseinander. Das Holz knarrst bei der Bewegung. Doch etwas anderes kann ich auch hören. Zuerst glaube ich es mir nur eingebildet zu haben. Doch beim genaueren hinhören, filtere ich eine Stimme heraus. „Weiß sie von uns?" fragt Emma mit säuselnd leiser Stimme zu mir herüber.
Ich trete ein kleines Stück nach hintern und spähe zu meiner liegenden Frau, deren Diamantkopf mir entgegensieht. „Du meinst, nachdem du allen von deiner Schwangerschaft erzählt hast? Ich denke schon. Hätte nicht eindeutiger sein können." Eigentlich soll es ein Versuch sein ihr ein kleines Lächeln zu entlocken, aber ihre Miene wird nur enttäuschter. Verdammt noch einst. Manchmal habe ich wirklich das Talent die dämlichsten Sachen, in den unpassendsten Momenten von mir zu geben!
Seufzend wende ich mich dem Inhalt des Schrankes zu. Endlich. Kompressen. Ich nehme mir eine. Sie ist kühl. Nicht eiskalt, wie ich es mir gewünscht hätte, aber es wird reichen. Allerdings wird eine wohl kaum reichen.
Mit drei Stück der blauen Beutel bewaffnet, laufe ich in zwei kleinen Schritten zu dem Bett. Vorsichtig und darauf bedacht, ihr den nötigen Platz zu geben, den sie braucht, setze ich mich neben sie und verteile die Kompressen auf ihrem nackten Körper. Die erste lege ich auf ihren Bauch. „Ich hatte nicht viel Zeit mit mir gehabt zu reden, bis ich den Knall gehört habe. Mein einziger Gedanken war, alle deine Einzelteile einzusammeln. Kein einziges zu vergessen. Erst als wir dich im Blackbird hatte, hat sie sich mich geschnappt, um mit mir zu reden. Sie wollte wissen was los ist.", sage ich und packe die zweite blaue Tüte auf ihren rechten Oberschenkel, der noch deutlicher glüht als der linke, „Ich hatte keine Ahnung wo ich anfangen sollte. Also habe ich einfach gesagt, dass meine Familie in höchster Gefahr schwebt. Statt weiter nachzufragen, was ich damit meine, wie ich es erwartet hatte, hat sie mir einfach die Hand auf die Schulter gelegt und sagte mir, dass sie stolz auf mich wäre."
Ich schenke Emma ein kurzes Lächeln, während ich fortfahre. „Ich fragte warum. Schließlich bin ich nun wirklich nicht stolz darauf, dich wieder fast verloren zu haben. Aber das meinte sie nicht. Sie sei stolz auf mich, dass ich endlich eine Frau gefunden habe, mit der ich meine eigene Familie gründen werde. Dass ich jemanden hätte, der mich dazu gebracht hat, weiter zumachen. Eine mir zeigt, dass die Welt nicht nur aus Schlachtfeldern und Aktenordnern besteht. Sie hätte wohl einige Wetten abgeschlossen, dass es wohl keine Frau mehr schaffen wird, mich von sich zu überzeugen. Dabei hat sie sich selbst auch mit einbezogen."
Die dritte Kompresse lege ich an ihre Stirne. Emmas Augen richten sich zögerlich zu mir auf. „Was hast du gesagt?"
„Dass du fantastisch bist und ich es kaum mehr erwarten kann, meine Tochter endlich in den Händen zu halten. Für mich ist es kaum denkbar, einen Tag ohne dich zu verbringen."
Etwas in Emmas rechten Mundwinkel zuckt glücklich auf. „Das ist süß von dir."
Ein leises Zischen ertönt von ihrer Stirne. Ich hebe kurz die Kompresse an und warte bis die kleine Dampfwolke aus den Rissen ihrer Haut heraus gestiegen ist. Dann lege ich die Kompresse zurück auf ihre Stirn. „Ruh dich aus, Em."
Sie schüttelt langsam ihren Kopf, während ihre Augen noch jeder meiner Bewegungen verfolgen. „Mir gehts gut. Auch wenn ich gerade nicht so aussehe. Ich habe keine Schmerzen. Nur ein wenig ... Phoenix-Feuer in mir."
Tatsächlich scheint es ihr schon deutlich besser zu gehen. Von der übrigen Phoenix-Feuer-Hitze scheint sie nicht viel mehr zu spüren. Ihre Lunge scheint sich zur vollen Größe entfaltet zu haben. Und dass sie ein Stehaufmännchen ist, weiß ich ja schon lange. Dennoch: „Ich will dich ja nicht enttäuschen, Sonnenschein.", setze ich an und rücke die Kompresse ein Stücke weiter auf ihrer Stirn, „Aber viele andere Optionen wirst du hier nicht bekommen. Du hast die Auswahl zwischen dem Cockpit mit Hank und Jean und der Chance, dass sie wieder Mal davon redet wie großartig Scott ist, und dem Krankenzimmer mit meiner Wenigkeit."
Seufzend verdreht meine Frau die Augen. Es scheint ihr wirklich wieder besser zu gehen. Meine kleine Kämpferin. „Jean wird mir ein Ohr abkauen, was ich ihr inzwischen alles schuldig bin. Drei Mal hat sie mir jetzt das Leben gerettet, hat mir Scott vom Hals geschafft und mir indirekt dazu geholfen, dich kennenzulernen, indem sie mit dem Mistkerl wieder ins Bett gesprungen ist. Ihr Preis dafür wird hoch sein. So wie ich sie kenne, will sie dann bestimmt, dass ich ihr das Ganze als Blumenmädchen auf ihrer und Scotts Irgendwann-mal-Hochzeit zurückzahlen werde. Oder als lebendige Diskokugel bei ihrem Eröffnungstanz."
Grinsend lächle ich ihr zu. „Würde sie nie machen. Sie hätte viel zu viel Angst davor, dass du ihr die Show stellen könntest. Scott wird es sich vier Mal überlegen, ob er wirklich einwilligen will."
Lachend schüttelt sie ihren Kopf. "Der Kerl traut mir inzwischen nicht weiter, als ich groß bin. Dann nehme ich doch viel lieber Option B."
Ihr helles Lachen zu hören, kann kein schöneres Geschenk sein. Sie endlich entspannt und gelöst zu sehen, lässt mich aufatmen. Mit einer kurzen Kopfbewegung mache ihr deutlich ein Stück auf dem kleinen Ein-Mann-Bett zur Seite zu rutschen, damit ich mich neben sie legen kann. Ohne Widerworte, aber mit einen schelmischen und zugleich koketten Lächeln auf den Lippen, kommt sie meiner Bitte nach und rutscht ein Stück, bis ich mich zu ihr legen kann ... und so ziemlich alles vom Bett einnehme.
Doch Emma scheint es nicht sonderlich zu stören. Sie legt sie mit den Kopf auf meine Brust und schlingt einen Arm um mich herum. Tatsächlich ist ihr Körper vom Feuer noch deutlich erhitzt und ich kann ihre Temperatur durch meinen kompletten Anzug hindurch spüren. Fast fühlt es sich so an, als würde ich eine Heizung umarmen. Im Sommer. Aber wer so viel ertragen musste, dem soll das hier vergönnt sein.
Meine Hand streichelt über ihren Oberarm. "Und was machen wir jetzt?" fragt sie murmelnd an meiner Brust. "Rumliegen und überlegen, wie wir mir in diesen Flugzeug zu neuen Sachen verhelfe?"
Ich zucke mit den Schultern. "Ich habe deine Sachen selbstverständlich mitgenommen. Sie liegen in einer Box im Cockpitraum. Ich kann sie dir nachher holen, wenn du sie nicht mehr mit deiner Körpertemperatur verbrennen wirst. Ganz davon abgesehen, könnte ich dich mit der Auswertung einiger Einsatzberichten vergnügen."
Wieder kann ich nur feixen, als ich ihr dumpfes Stöhnen über mir vernehme. "Und das soll besser sein als Jean und Hank?"
"Wir können uns auch einfach mal Gedanken darum machen, wie wir unsere Tochter nennen wollen."
Damit scheint sie wohl nicht gerechnet zu haben. Emma runzelt die Stirn. "Klingt ... nach einer Option."
"Irgendwelche Vorschläge, bevor ich dir meinen ultimativen Namensvorschlag präsentiere und dich damit umwerfen werde?"
Emma hebt sich ein Stück weit nach oben, um mich besser sehen zu können. Diamanten Strähnen ihres Haares fallen um ihre Gesicht herum. Sie wirkt fast schon schockiert über meine Ankündigung. "Du hast dir darüber schon Gedanken gemacht?"
Wieder zucke ich nur mit den Schultern und schiebe ich sogleich mit einer Hand die linken Strähnen ihres Haares hinter ihr Ohr. "Immer mal wieder. Einen ordentlichen Namen zu finden, ist wichtig für so ein kleines Lebewesen."
"Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht.", gesteht sie leise und beobachtet jede meiner Bewegungen aufmerksam. "Ich habe ehrlich gesagt damit gerechnet, dass du sie nach deiner Mutter benennen willst."
"Ich liebe meine Mutter, aber mein Kinder nach ihr zu benennen, zumindest mit ersten Namen, stand nie für mich zur Option."
"Warum?"
Ich lächle ihr matt entgegen und lege meine Hand, die noch an ihren Ohr beschäftigt war, an ihre Wange. "Ich muss meine Tochter nicht nach meiner Mutter benennen, um mich an sie zu erinnern, Sonnenschein. Ich glaube nicht, dass es in ihrem Interesse war."
"Sarah ist doch ein schöner Name." murmelt sie zu mir herab.
"Ist er, keiner Frage, aber ich habe da etwas Besseres für unsere kleine Gewinnerin gefunden." sage ich grinsend und ziehe Emmas Gesicht mit einer Hand zu meinem Gesicht herab.
*
Zehn einhalb Stunden später landet der Flieger auf einer gepflasterten Fläche hinter dem Palast.
Viele unserer Freunde stehen bereits warten im Halbkreis aufgereiht um die beiden Flugmaschinen. Ein Augenpaar sticht mir dabei besonders heraus. Das von Cordelia.
Viele der Fluginsassen stehen bereits bei unseren Freunden und führen angeregte Gespräche. Gott sei Dank, hat niemand von ihnen Lust zu uns loszustürmen und mit uns reden zu wollen. Mir wäre ein stiller Abgang am liebsten. Gleich nach oben zu unseren Räumen, um eine warme Dusche nehmen zu können. Mit Emma.
Gerade haben Emma und ich den ersten Fuß in unsere heimischen Boden gesetzt, da läuft Cordi auch schon wie von der Tarantel gestochen zu uns. "Du mieser kleiner Arsch!" faucht sie wütend und meint damit wohl niemand anderen als ... mich?
"Du solltest auf sie aufpassen, verfluchtes Arschgesicht!" Cordi holt bereits mit einer Hand nach meinem Gesicht aus, aber ich kann noch entspannt den Kopf zur Seite ziehen, um ihr die Ohrfeige zu ersparen. Doch das scheint es für Cordi nicht besser zu machen. Heilige Mutter, ist die wütend.
Mit puderroten Gesicht, zusammengepressten Lippen und einen wilden Funkeln in den Augen, tobt sie vor Emma und mir herum. Fast wie Rumpelstilzchen.
Emma versucht zu schlichten, stellt sich fast schon beschützend vor mich und hält Cordelia mit einer Armlänge Abstand von mir fern. "Dem Baby und mir geht's gut, Cordi. Beruhig dich!"
Aber das scheint das Feuer nur noch weiter in ihrem Körper zum Brodeln zu bringen. Mit ausgestreckten Zeigefinger deutet sie über Emma hinweg auf mich - und ich werde das Gefühl nicht los, Angst vor ihr haben zu müssen - was allerdings dem verschuldet sein kann, dass Cordelia Empathin ist und mich so fühlen lassen kann.
Aber wahrscheinlich würde ich das auch so fühlen. "Meine Schwester hätte draufgehen können!"
"Ich-" Ich bin sprachlos. Natürlich trag ich Mitschuld. Ich hätte besser auf sie achten sollen. In jeder Situation. Aber das habe ich nun mal nicht. Nicht, weil ich sie nicht genug liebe. Nein. Einfach weil ich weiß, dass sie alleine klar kommt. Immer. Sie macht so selten Fehler, schätzt Gegner so selten falsch ein oder verfehlt ihre Ziele, dass ich es ganz einfach nicht gewohnt bin, besser aufpassen zu müssen. Obwohl ich das inzwischen als werdender Vater tun müsste. Und das ist auch der Punkt, der am meisten an mir nagt.
Aber wie soll ich das Emmas Schwester erklären? Ich habe selten einen Menschen gesehen, der derart ausflippen kann. Und erst recht keinen, der mir eine Ohrfeige verpassen will. Das ist das letzte mal in den vierziger Jahren passiert, als Bucky für ihn und mich zwei Damen auf ein Date eingeladen hat. Mein Date war damals Anny Frankens. Eine großgewachsen schwarzhaarige Frau, die anscheinend all ihre Zeit und ihr Geld in den Frisur investierte. Ich gab mir damals alle Mühe, sie zu unterhalten, obwohl ich bereits seit der ersten Sekunde, in der ich Lucie gesehen habe wusste, dass es nichts zwischen uns wird. Sie interessierte sich damals für alles. Für ihre rotlackierten Nägel, für die hübschen Locken, die sie sich in ihr Haar zuvor gemacht hatte, für den guten amerikanischen Burger, für Bucky - für Buckys Muskeln - nur nicht für mich.
Nach einer Stunde dieses furchtbaren Dates entschied ich mich verkrümmeln zuwollen, mit der Ausrede, noch etwas für mein damaliges Kunststudium tun müssen. Farben kaufen und sowas. Was man halt als Kunststudent so braucht. Ich stand vom Tisch auf, legte soviel Dollar auf den Tisch, um die Rechnung von Lucie und mir großzügig zu bezahlen. Nur wenige Wimpernschläge erhob sich auf mein Date, wuchs vor mir in die Höhe. David gegen Goliath, dachte ich mir als ich den Kopf in den Nacken legen musste, um in ihre tief braunen Augen sehen zu können. Zum ersten Mal an diesen Abend sah mich Anny wirklich an. Ich hätte damals schwören können, dass sie mir bis auf den Grund meiner Seele herabsah. Sie hob die Hand blitzartig nach oben und donnerte mir ihre frisch manikürte Hand ins Gesicht. Anny fauchte mich wie eine wilde Katze an. Was ich mir nur dabei denken würde, sie so bloß zu stellen. Sie hätte einen Ruf hier und sie so eiskalt sitzen zu lassen, würde ihrer Person nun absolut nicht gerecht werden.
Meine einzige Reaktion war damals, das Geld vom Tisch aufzunehmen, das für Annys Essen bestimmt war, zurück in die Brieftasche zu stecken. Mit den Worten, dass sie sicherlich Frau genug sei, um sie ihre Rechnung zu bezahlen, verschwand ich.
Ein paar Monate später erfuhr ich, dass sich Anny mit einem Farmer verlobt hätte, der mehr oder weniger dafür bekannt war, alkoholisiert mit seinen Mähdrescher zu fahren, weshalb schon einige seiner Finger an beiden Händen komplett oder teilweise fehlten. Aber dennoch bekam sie ein Kind von ihm und lebte wohl mehr unglücklich als glücklich auf dessen Landwesen, weit ab von Brooklyn und jeden städtischen Friseur. War mir damals ziemlich recht.
Aber das hier ist leider nicht Anny Frankens, sondern Emmas Schwester, die mir immer noch allzu gerne, die Faust ins Gesicht schlagen möchte. Und bei ihr kann ich leider keine Show abziehen, ohne dafür nicht die nächsten Nächte auf dem Sofa schlafen zu dürfen. Und das ist es mir sicherlich nicht wert.
"Bin ich nicht, Cordi! Es ist alles gut, kleine Schwester." Emmas Wort, die sie sanfter und gewählter kaum sein können, sickern fast zeitgleich nach ihrer Aussprechung in Cordelia hinein. Vielleicht ist es aber auch Bucky, der hinter ihr auftaucht und ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter legt.
Die wilde Flamme in den Augen von Emmas Schwester wird immer kleiner bis ein Tränenschleier alles zum erlöschen geführt hat. Sie wendet ihren Blick von mir ab und zu ihrer Schwester auf, die immer noch vor ihr steht. "Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, Em."
Emmas rechter Mundwinkel zuckt, als sie ihre Arme zu einer einladenen Umarmung öffnet. "Ich bin aus Diamten geformt, Cordi. So schnell wird niemand mich los."
Und mit einem emotionalen lauten Aufschluchzen stürzt sich die dünne zarte Cordelia in die Arme ihrer Schwester und lässt wohl alles raus, was sich in den letzten Tagen in ihr angefressen hat.
Emma tätschelt die Schulter ihrer Schwester sanft als ihr Blick zu mir hinübergeht und sie mich sacht anlächelt. Ist schön wieder Zuhause zu sein, mein Hübscher.
Sacht drücke ich ihr einen kurzen Kuss auf den aschblonden Schopf, ehe sich meine Aufmerksamkeit der braunhaarigen Dame widmet, die lächelnd auf uns zu kommt. "Habt ihr die Reise gut überstanden?"
Emmas Aufmerksamkeit prescht sofort zu Peggy hinüber. Zum ersten Mal überhaupt treffen sie aufeinander.
Mit einem sanften Stupser macht Emma ihrer Schwester klar, sich kurz von ihr lösen zu sollen. Bucky steht bereits einsatzbereit neben ihr und nimmt Cordelia zu sich und bringt sie ein Stück weit von uns fort, während sich Emma das cremefarbenen kurzärmligen Blusenoberteil zurecht zieht. Ich lege den Arm um ihre Mitte und ziehe sie an mich heran. "Uns geht's gut." gebe ich lächelnd zurück und sehe wie sich Peggys rotbemalte Lippen zu einem Lächeln formen.
Sie streckt die Hand Emma entgegen. "Wir hatten noch nicht ganz die Ehre uns vorzustellen."
Em's Wangen färben sich leicht rot an, als sie nach Peggys Hand greift und sie sacht schüttelt. Doch sie wirkt entspannt und glücklich, wenn sie auch noch nicht ganze wieder ihre normale gesunde Hautfarbe bekommen hat. "In der Tat. Beim letzten Mal, war ich noch nicht ganz so wach gewesen."
"Geht's dir wieder besser?" Nichts hiervon klingt zwischen Peggy und Emma gezwungen, genervt oder gar verachtend. Es scheint fast, als würden sie sich mögen. Ich werde ein Stoßgebet gen Himmel schicken, wenn sie wirklich miteinander auskommen werden. Es wird so vieles vereinfachen. So viel leichter machen.
"Mir geht's gut.", flötet sie und sieht zu mir auf, "Uns geht's gut."
Ich reibe ihr bekräftigend über den Rücken. Sie soll sich wohlfühlen. Gerade mit Peggy. Nichts hier von soll sie komisch oder ihr falsch vorkommen. Sanft streichle ich ihren Rücken nach oben entlang. "Konntest du schon mit Michael sprechen?" fragt Emma.
Peggy nickt mir freundlich entgegen. "Ja, aber wir haben noch ziemlich viel aufzuarbeiten. Seine Erinnerungen sind fast alle weg. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sie wiederkommen. Wir haben schon sehr viel miteinander durchgemacht, als das uns das aufhalten könnte." Dann blickt zu Emma, die mit ihr fast auf Augenhöhe ist. "Ich verdanke dir sehr viel, Emma. Nicht jeder hätte den Mut gehabt, erste meinen Bruder und dann mich zu retten. Michael hat mir von eurer Vergangenheit erzählt und die von Steve und mir, kennst du sicherlich. Es muss sicherlich für dich nicht einfach gewesen sein, trotzdem uns zu helfen und dafür danke ich dir."
Emmas Miene wird ernster. Sie beißt sich mit den Schneidezähnen für einen kurzen Augenblick in die Unterlippe. Kompliment sind für sie sonst kein Problem. Sicherlich auch keines von Peggy. Was hat sie dann? Was beunruhigt sie? Stört sie doch diese ganze Meine-Ex-ist-dein-Ex-Freundes-Schwester? "Wenn er Hilfe bei Erinnerungen hat, kann ich es mal versuchen. Ich habe auch die von Bucky wiederhergestellt, obwohl man sie ihn damals komplett genommen hat."
Peggy legt einem zuckersüßen Lächeln auf. "Darauf werde ich bestimmt zurückkommen, Emma." Für einen kurzen Moment bleibt sie noch bei uns, ehe sich Peggy von uns verabschiedet und sich zurück zu Michael gesellt.
Kaum hat sie uns ihren Rücken zugewandt, bröckelt irgendwas an Emmas Fassade gewaltig. Ich kann nur erkennen, wie sie schwer schluckt und sich mit aller Gewalt die Tränen zurückhalten muss.
Was zum Teufel...?
Schützend bewege ich mich vor sie und baue mich zu einer Wand auf, die sie vor den Blicken der anderen abschirmt. Vor allem von Cordelias, die mir sonst im nächst besten Moment ein Beil in den Rücken schlagen wird. Was ist los, Sonnenschein?
Meine Arme legen sich wie eine schützende Decke um sie und auch ihre binden sich um meine Mitte. Ich spüre ein mentales Zupfen in meinen Gedanken, dass mich dazu bringen soll, mich herum zu drehen. Und das mache ich auch - und entdecke weit hinter den anderen drei Personen in der Ferne.
Ein Mann, der von zwei anderen Leuten umarmt wird. Ich fokusiere meinen Blick und erkenne Erik als den Mann, der in der Mitte steht. Seine Augen sind fest geschlossen und ich könnte meinen, Tränenspuren auf seinen Wangen zu sehen. Links um ihn steht ein Mädchen. Eine junge Frau eher, mit langen braunen Haar, die das Gesicht fest an die Brust von Erik gepresst hat. Sie trägt einen roten langen Pulli mit Kapuze und eine schwarze lange Hose mit Lederschuhen.
Rechts steht ein junger Mann mit silbernen Haar. Er trägt seinen dünnen enganliegenden schwarzen Pullover und eine ebenfalls schwarzen Hose mit farblich passenden Schuhen. Er liegt an der Schulter von Erik. Hat nur einen Arm um Eriks Mitte gelegt. Doch eindeutiger kann die Geste nicht sein.
Das ist keine Umarmung von Fremden oder Bekannten. Das ist ein Vater, der endlich seine Kinder wiedergefunden hat.
Er hat sie wieder. Er hat sie endlich wieder.
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