Kapitel 91

"Da wären wir." Lächelnd schob Rose das Seerosenblatt an das Ufer heran.

Neugierig spähte ich auf das Ufer. Schon vom Wasser aus konnte man die Anfänge des Ortes erkennen. Stege ragten in den Fluss hinein, an denen ein paar wenige Boote vertäut waren. Doch war niemand an der Anlegestelle zu sehen.

Mittlerweile war es doch schon relativ dunkel geworden und Fackeln und entzündete Laternen erhellten die Wege, die durch die riesigen Bäume hindurch führten. Das orangene Licht hob sich wunderschön von den dunklen grün blauen Schatten ab und verlieh dem ganzen Ort ein magisches Aussehen.

"Hobi wohnt direkt hier in diesem Baum.", lächelte sie Nymphe und deutete auf den nächsten Baum, der am Ufer stand und seine Wurzeln auch teilweise ins Wasser streckte.

Und jetzt sah ich auch die kleine Haustür, die etwas versteckt zwischen den Wurzeln lag. Mit großen Augen sah ich zu den anderen Bäumen und sah auch dort die Türen. Geumjae hatte wirklich nicht zu viel versprochen. Die Waldbewohner wohnten wirklich in den Bäumen. Aber die Bäume waren auch gigantisch. Die kleinsten hatten einen Durchmesser von zehn Metern, die meisten sogar nochmal etwas mehr. Platz war also in den Bäumen genug.
Und als ich etwas in die Höhe sah, konnte ich weiter oben in den Bäumen große Balkone um die Stämme erkennen, die auch miteinander über Brücken verbunden waren. Es war unglaublich beeindruckend diese Konstruktion zu sehen.

Unser Blatt dotzte gegen das Ufer und ehe ich mich versah, war Yoongi schon auf den festen Waldboden gesprungen. Ich kletterte etwas vorsichtiger von dem Blatt und lächelte der jungen Nymphe zu.

"Dankeschön, Rose.", bedankte ich mich bei ihr. Sie lächelte zurück.

"Doch nicht dafür. Aber ich muss wieder los. Ich versuche morgen Abend wieder hier zu sein,  vielleicht sehen wir uns ja wieder. Vielleicht ja auch mit Hobi. Sagt ihm auf jeden Fall Grüße von mir." Damit hob sie ihre Hand zur Verabschiedung und tauchte in die dunklen Fluten ab.

Ich winkte ihr ebenfalls und drehte mich dann zurück.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich Yoongi wieder als Kobold direkt vor mir stehen sah. Auch wenn er mit dem Rücken zu mir stand und die ungewohnte Umgebung auch so fasziniert beobachtete. Ich war immer noch überrascht wie schnell er sich verwandeln konnte.

"Also eins muss man ihnen hier lassen. Stil haben sie auf jeden Fall...", hörte ich ihn leise sagen, was mich zum schmunzeln brachte.

Ich wollte gerade etwas erwidern, als die Tür zu dem Baum aufging, von der Rose gesagt hatte, dass sie zu Hoseoks Haus führen würde.

Eine humpelnde Dryade mühte sich auf einen Stock gestützt heraus und hinter ihr tauchte tatsächlich unser Faun auf, zu dem wir auch wollten.

"Versuch dich so gut wie möglich zu schonen. Ich stelle die Salbe bis morgen mittag fertig und bringe sie dir dann vorbei. Und dann bekommen wir deinen Fuß auch wieder hin."

Er verabschiedete sich lächelnd von der Dryade, die nun ihren Weg in den nächtlichen Ort antrat. Er sah zu uns und sah uns im Schatten der einen Wurzel noch stehen.

"Oh... noch zwei Patienten? Heute ist wohl so ein Lauf... Kommt rein", seufzte er und winkte uns, das wir ihm in den Baum folgen sollten.

Yoongi und ich sahen uns an, bevor Yoongi amüsiert mit den Schultern zuckte und als erstes Hoseok hinterher lief. Ich folgte den beiden und schloss die Tür dann hinter mir.

Wir standen wohl nun in Hoseoks Behandlungsraum. Hier drinnen war es durch die ganzen entzündeten Lampen echt hell und roch durch die ganzen Kräuter,  die überall verteilt hingen, auch echt gut. Ein großes Bücherregal stand an der Rückwand, während an der linken Seite eine Behandlungsliege Stand, während auf der rechten Seite ein Tisch und einige Stühle standen. Hoseok stand mit dem Rücken zu uns an dem Bücherregal und schob irgendein Buch an seinen vorgesehenen Platz.

"Wie kann ich euch helfen?", fragte er. Jetzt musste ich doch auch grinsen.

"Also eigentlich hatten wir gehofft, eher dir helfen zu können.", antwortete ich ihm.

Erschrocken zuckte er zusammen und fuhr herum. Ungläubig starrte er und an.

"Jimin? Yoongi? Was... was macht ihr denn hier?" Langsam schien es zu ihm durchzudringen, dass wir tatsächlich vor ihm hier standen und die Verwirrung machte einer überraschten Freude Platz.

Ich zog aus meinem Hemd die kleine Waage, die ihm gehörte hervor und hielt sie in die Luft.

"Wir sollten dir das kleine Ding hier wiederbringen. Geumjae hatte es fälschlicherweise eingepackt."

Die Augen des Fauns wurden kugelrund und sein Mund klappte auf. Es brauchte kurz, dann entkam ihm ein lauter Freudenschrei und das nächste was ich spürte, war wie er mich anfiel und mich halber zerquetschte.

"Oh danke, danke, danke!!! Ich habe schon gedacht ich hab sie verloren... Oh danke, danke, danke!"

Erleichtert merkte ich, wie er von mir weggezogen wurde. Yoongi sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.

"Ich hätte gerne noch etwas länger von unserem Dunkelelf. Du solltest ihn vielleicht nicht direkt zerquetschen..."

Erschrocken sah Hoseok mich wieder an.
"Oh, tut mir leid. Ich hoffe, ich habe dir nicht weh getan. Wenn ich mich zu sehr über etwas freue, bin ich etwas unaufmerksam.", gab er etwas bedröppelt zu. Ich lächelte ihn an.

"Alles gut. Du hast mir nicht zu sehr weh getan.", schmunzelte ich, was ihn deutlich entspannter werden ließ.

"Dann ist ja gut.", seufzte er erleichtert.

Dann fasste er wieder seine kleine Waage ins Auge und nahm sie behutsam an sich.

"Dankeschön. Wirklich.", betonte er noch einmal.

"Jetzt kann ich wirklich wieder richtig arbeiten.", erklärte er und bedeutete Yoongi und mir ihm zu folgen.

Er öffnete eine Tür neben dem Bücherregal und führte uns ins Hinterzimmer, wo offensichtlich der eigentliche Arbeitsbereich lag.
Überall standen Gefäße durcheinander, mit Flüssigkeiten und getrockneten Kräutern drinnen.

Er lief zu einem Tisch, wo allerlei Löffel und Pinzetten darauf lagen und hängte die kleine Waage an ein Gestell, das offensichtlich den festen Platz dieser Waage bedeutete. Zufrieden seufzte er, als er die kleine Waage wieder dort hängen sah. Dann drehte er sich wieder zu uns und strahlte uns entgegen.

"Wie seid ihr denn so schnell ins Dorf gekommen? Normalerweise bekommen wir das zuerst von unseren Wächter mit, bevor jemand wirklich hier ankommt."

"Wir haben Rose getroffen. Die hat uns auf einem Seerosenblatt über den Fluss hergezogen. Von der sollen wir dir auch ein Gruß ausrichten. ", erklärte Yoongi trocken und sah sich interessiert in Hoseoks Labor um.

"Rose?", fragte er erstaunt.
"Die habe ich ja ewig nicht gesehen. Geht es ihr gut?"

Yoongi und ich nickten synchron.

"Es schien jedenfalls so. Und sie wollte morgen Abend noch einmal vorbei schauen.", erwiderte Yoongi. Ein Lächeln breitete sich in dem Gesicht des Faunes wieder aus.

"Dann kann ich sie mal wieder sehen. Schön.", lächelte er. Doch dann klatschte er in seine Hände.

"So. Aber jetzt seid ihr ja erst einmal hier. Ich mache kurz vorne die Tür zu. Für heute habe ich auch Feierabend. Und dann gehen wir zusammen hoch. Mein Großvater hat bestimmt schon gekocht fürs Abendessen. Und so wie ich ihn kenne, ist es eh für zwei Personen zu viel. Dann bleibt ihr einfach bei uns. Und dann können wir reden, ich kann euch Himmelsteich zeigen... Das wird super!"

Und schon verschwand er kurz in sein Behandlungszimmer, bevor er zurück kam und uns über eine Treppe nach oben, wohl in die Wohnräume hinauf führte.

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