Kapitel 90

Staunend sah ich zu wie die Bäume immer größer und älter wurden. Und nicht nur das. Immer mehr Ranken schlangen sich um das Holz der Bäume, die in riesigen Blättern endeten oder in farbenfrohen Blüten.
Auch neue unbekannte Wasserpflanzen ragten aus dem Wasser empor und ließen die Umgebung nur noch lebendiger wirken. Vögel, in allen Farben die man sich vorstellen konnten, flogen unter dem dichten Blätterdach durch ihre grüne Welt und füllten die Luft mit ihrem lauten Schreien und Zwitschern.

"Es ist schön hier, nicht wahr?", hörte ich Rose, die uns immer noch geduldig durch das Wasser zog.

"Es ist wunderschön.", hauchte ich, was sie leise zum Lachen brachte.

"Wir sind bald da.", lächelte sie sanft. Ich nickte und sah mich weiterhin in diesem grünen Paradies herum.

Mittlerweile sah man nur noch wenig Himmel. Die Bäume waren einfach so groß, dass sie ein fast komplett dichtes Blätterdach über dem Wald erzeugten. Es war so anders wie ich bisher Wälder kannte. Aber es war auf seine Art und Weise einfach so schön und lebendig.

"Woher kennt ihr denn jetzt Hobi genau?", fragte Rose schließlich doch. Ich riss meinen Blick von dem Blätterdach durch das es schon jetzt eher dämmrig war.

"Ich weiß nicht, ob du das mitbekommen hattest, aber von allen Wesensvölkern wurde ein Heer mit Heilern einberufen, um sich gegen die Feen zu stellen, die darauf bedacht waren einen Rachekrieg zu starten. Und Hoseok war eben als Heiler von den Waldwesen dort gewesen. Und da haben wir eben ihn kennengelernt. Wobei das auch eher über Yoongis Kobold Bruder kam, den du wohl auch schon hier auf einer Seerose transportiert hast." Ihre Augen wurden groß.

"Du kennst auch Geumjae?", fragte sie überrascht. Jetzt lächelte ich nickend.

"Wow. Du musst ja echt weit herum gekommen sein.", staunte sie. Nur dann seufzte sie etwas traurig. Ich sah sie etwas verwirrt an.

"Was seufzt du denn so?", fragte ich vorsichtig, in der Hoffnung ihr nicht zu nahe zu treten. Sie schüttelte etwas den Kopf.

"Ich wünschte, ich könnte auch die große weite Welt entdecken, wie du es schon offenbar getan hast. Ich bin an das Wasser gefesselt. Ich kann es nicht verlassen, ohne dass ich sterben werde.", seufzte sie.

"Oh...", gab ich etwas überfordert zurück. "Das tut mir leid..."

"Alles gut. Ändern können wir es ja leider nicht.", antwortete sie traurig.

Stumm nagte ich an meiner Unterlippe. Leider hatte ich tatsächlich keine Möglichkeit ihr zu helfen. Meine Magie war ja eher das Gegenteil zu dem was sie am Leben erhielt.

"Aaaber du meintest du kennst Hoseok auch? Beziehungsweise du nennst ihn ja auch beim Spitznamen?", versuchte ich einfach das Thema wieder zu wechseln. Und wieder legte sich ein rosa Schleier auf ihre Wangen.

"Ja.", gab sie schließlich zu.

"Er ist das erste andere Wesen, mit dem ich außerhalb des Wassers Kontakt hatte. Weißt du? Normalerweise bleiben Nymphen unter sich und meiden es mit anderen Wesen zu reden. Aber ja... Er ist damals einfach in das Wasser gefallen und konnte nicht schwimmen.", sie begann etwas zu kichern.

"Er sah irgendwie so süß aus und er tat mir leid, also habe ich mich über die Regeln meiner Mutter hinweg gesetzt und ihn wieder ans Ufer gebracht. Und seit dem sind wir befreundet.", erzählte sie lächelnd.

"Nur leider hatte ich in letzter Zeit keine Zeit mehr ihn zu besuchen. Ich hatte eben Wachdienst bei den Seerosen, wo wir vorher losgefahren sind."

"Wachdienst?", fragte ich etwas irritiert. Grinsend nickte sie.

"Wir Nymphen wachen unter anderem darüber, wer den Fluss betritt und wer nicht. Falls einer also mit schlechten Absichten dem Fluss oder dem Wald etwas böses will, halten wir denjenigen auf."

Überrascht sah ich sie an. "Also hast du uns nicht einfach so angesprochen?"

Sie schüttelte grinsend den Kopf.
"Nein. Wenn ihr Hobi nicht gekannt hättet, oder ich das Gefühl gehabt hätte, ihr würdet etwas böses wollen, hätte ich euch nicht geholfen. Eher dann abgehalten weiter zu ziehen."

"Oh..." Irgendwie hatte ich das nicht ganz erwartet.

"Wie hättest du uns dann davon abgehalten?", wollte ich sie fragen, doch etwas anderes nahm ihre Aufmerksamkeit ein.

Erschrocken zuckte sie zusammen, als eine andere weibliche Stimme laut: "Rose!", rief.

Sofort hielt sie in den Schwimmbewegungen inne und wir trieben nur noch mit der Strömung des Flusses durch den Wald. Nur wenige Sekunden später tauchte eine etwas ältere Frau neben Rose auf.

"Was tust du da?", zischte die ältere Nymphe etwas unwirsch.

"Eo... Eomma... I... Ich..."

"Wem hilfst du da überhaupt schon wieder?"

Sie sah kurz zu Yoongi und mir, bevor sie wieder zu ihrer Tochter sah. Doch plötzlich fiel ihr ärgerlicher Gesichtsausdruck und Verwirrung trat hervor. Sie sah wieder zurück zu mir und runzelte die Stirn.

"Wer bist du?", fragte sie irritiert.

"P... Park Jimin...", antwortete ich etwas ängstlich. Würde Rose jetzt Ärger bekommen, dass sie uns geholfen hat?

Die ältere Nymphe riss ihre Augen auf.
"Park?! Wie Park Jeongmin?!"

Mir klappte der Mund auf. Von Yoongi hörte ich ein belustigtes Schnaufen. Vermutlich sollte es mich langsam nicht mehr wundern, aber trotzdem... Ich war nach wie vor überrascht wo mein Vater überall auf der Welt unterwegs war und wie viele sich doch an ihn erinnerten.

"D... Das war mein Vater...", räusperte ich mich schließlich, als ich wieder meine Stimme gefunden hatte. Jetzt war es an der Alten Nymphe, deren Mund ungläubig aufklappte.

"Eomma?", fragte Rose sie etwas verwirrt.

"Oh Götter, natürlich! Jimin! Oh bist du gewachsen... wie lange ist das her? Fast zwanzig Jahre? Bist du groß geworden!"

Okay... Langsam wurde es doch absurd. Aber vermutlich war das nur der Anfang von dem was mich in dem Waldort erwarten würde. Rose schien gar nichts mehr zu verstehen.

"Du bist deinem Vater wirklich aus dem Gesicht geschnitten.", lächelte mich Roses Mutter an. Schüchtern erwiderte ich das Lächeln.

"Eomma?", versuchte es Rose erneut.

"Oh tut mir leid Rose. Erinnerst du dich wie ich erzählt habe, dass es früher mehr freundliche Wesen gab, die die Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Wesensarten stärkten? Sein Vater war einer davon. Ich habe ihn selber damals oft ins Dorf gebracht.", lächelte sie.

"Und auch einmal mit seinem kleinen Sohn.", fügte sie noch kichernd hinzu. "Bist du groß geworden... und gut siehst du aus."

Ich spürte wie meine Wangen warm wurden.

"Was treibt dich nach all den Jahren in unseren Wald? Und was macht dein Vater mittlerweile?"

Mein Lächeln fiel wieder etwas.

"Mein Vater lebt leider nicht mehr...", antwortete ich schließlich leise.

Geschockt sah sie mich an. "Oh nein... Das wusste ich nicht. Mein Beileid..."

Ich versuchte mich wieder an einem Lächeln.
"Dankeschön... Jedenfalls sind wir hier um Hoseok, dem Heiler im Ort etwas zurück zu bringen, was ein Freund von ihm fälschlicherweise eingepackt hat."

"Geumjae hatte etwas von Hoseok? Naja wie dem auch sei. Dann will ich euch nicht länger auf eurem Weg aufhalten. Nicht dass ihr zu spät noch ankommt. Außerdem muss ich auch weiter. Vielleicht sieht man sich ja noch einmal die Tage. Bis dahin." Und schon verschwand sie wieder im Wasser.

Erstaunt sah Rose mich an. Ich zuckte nur mit den Schultern.

"So schnell hat sie noch nie weiter machen lassen...", grübelte sie. "Geumjae musste damals erst einmal durch einen Kreuzverhör von ihr, bevor sie uns weiter gelassen hatte..."

Sie seufzte, schüttelte ihren Kopf und begann wieder zu grinsen.
"Aber gut. Auch nicht schlecht. So erreichen wir doch noch zeitig Himmelsteich."

Und schon ergriff sie wieder unser Seerosenblatt und zog uns weiter stromabwärts, weiter in den grünen Wald.

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