Kapitel 89

Stumm seufzte ich. Wieso war ich nur so?

Ich wollte doch am Abend mit Yoongi noch reden, aber nach dem Essen, war ich so müde und so schnell an ihn gelehnt eingeschlafen, dass ich dieses Vorhaben nicht umsetzen konnte.
Und jetzt saß ich wieder auf seinem Rücken und ließ mich weiter durch das Gelände tragen.

Wir folgten weiterhin der strahlend weißen Mauer. Laut der Karte würden wir so irgendwann an einen Fluss kommen, der dann in den großen Wald führen würde. Und irgendwann an diesem Fluss sollte sich dann auch die Heimat von Hoseok befinden.

Ich war gespannt wie der Wald dort wohl aussehen würde. Laut Geumjae sollte er deutlich anders als die Wälder der Elfen und Kobolde sein, die sich doch relativ ähnlich sahen. Ich war gespannt. Vor allem auf Hoseoks Haus.
Angeblich würde er in einem Baum wohnen, was ich mir noch nicht wirklich vorstellen konnte. Aber noch waren wir ja nicht da.

Ich sah wieder zu Yoongi, der tapfer einen Schritt vor den anderen setzte. Ich hatte es schon versucht, dass er mich nicht trug und ich stattdessen selber laufe, aber diese sinnlose Diskussion hatte ich schon längst aufgegeben. Auch weil wir tatsächlich so doch deutlich schneller vorankamen. Und so war ich doch dankbar, dass der Kobold eine doch so große Ausdauer und Geduld hatte.

Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass er mich als zusätzliches Gewicht eh nicht spüren würde, was er an Vorabend noch einmal erwähnt hatte. Ich hatte es doch noch einmal versucht, ihn zu überreden, dass ich auch alleine laufen könnte. Aber wie gesagt, diese Diskussion konnte ich nur verlieren. Nicht zuletzt, weil er sich mir immer in den Weg stellte, damit ich nicht voran kam.

Irgendwie schien er das mich umher Tragen viel zu sehr zu genießen. Na gut. Wir hatten so die ganze Zeit Körperkontakt. Vielleicht wollte er das auch einfach nicht missen.

Wieder in meiner Gedankenwelt versunken, brauchte ich eine Weile, bis ich bemerkte, wie Yoongi wieder stehen geblieben war. Erst ein Schnipsen an meinem Bein ließ mich wieder in der Realität ankommen. Verwirrt sah ich mich um, was ein amüsiertes Schnurren von ihm hervorbrachte.

Es war früher Nachmittag und...

Wir standen tatsächlich an einem großen Fluss, der unter der Mauer herausfloss und sich über eine weite Ebene bahnte. Ich folgte dem Flusslauf und meinte in der Ferne einen großen Wald auszumachen.

"Ich denke, das ist wohl der Fluss.", gab ich etwas dümmlich von mir, was zu einem Glucksen von Yoongi führte.

Ich verdrehte nur meine Augen, als er sich wieder in Bewegung setzte und dem Strom flussabwärts folgte.

Stumm beobachtete ich wie sich das Landschaftsbild änderte, je weiter wir liefen.

Die Bäume die entlang des Flusses wuchsen, wurden immer größer. Ich staunte. Allein hier waren die Bäume schon so alt, dass es keinen vergleichbaren im Elfenreich gab. Und je weiter wir kamen, desto breiter wurden sie.

So allmählich konnte ich mir doch vorstellen, dass es schließlich im eigentlichen Wald wohl doch gut möglich war, einen Baum von innen zu bewohnen.

Der Fluss wurde breiter und flacher. Erstaunt sah ich wie riesige Seerosen in diesem Fluss wuchsen und ihre gigantischen Blätter die Wasseroberfläche bedeckten. Diese Pflanzen waren nichts zu den, die ich bisher kannte.

Ich merkte, wie Yoongi langsamer wurde und im Schatten eines großen Baumes zum stehen kam. Schließlich tapste er Richtung Ufer und ich ließ mich von seinem Rücken herunter rutschen, dass er in Ruhe trinken konnte.

Ich sah nach oben zu dem Baum, der wohl ein spät blühender war und seine wundervoll duftenden Blüten über seine komplette Baumkrone verteilt hatte.

Plötzlich hörte ich Yoongi laut fauchen und ich zuckte erschrocken zusammen. Ich sah zu dem Tiger, der erschrocken ein paar Meter zurück gesprungen war und ebenso erschrocken zum Ufer starrte.

Verwirrt sah ich, was ihn da so erschreckt hatte. Eine junge Frau mit blassgrauer Haut schaute aus dem Wasser hervor und kicherte belustigt.

"Tut mir leid. Ich wollte euch nicht erschrecken.", entschuldigte sie sich und hob beruhigend ihre Hände.

"Wer... wer bist du? Und was machst du da im Wasser?", fragte ich sie etwas verwirrt, was sie nur wieder zum kichern brachte.

"Ich bin eine Nymphe. Ich lebe hier im Wasser.", erklärte sie amüsiert.

"Oh..." Ich spürte, wie die Hitze mir ins Gesicht stieg.
"Tut mir leid, ich hatte nicht gedacht..."

"Ist schon gut.", unterbrach sie mich lächelnd. "Du wusstest wohl von meiner Art noch nichts?"

Beschämt schüttelte ich den Kopf.

"Na jetzt weißt du jedenfalls von unserer Existenz.", kicherte sie wieder. Interessiert sah sie von mir zu Yoongi.

"Ihr seid wohl zum ersten Mal in dieser Gegend unterwegs?"

Ich nickte. "Das stimmt."

"Wo wollt ihr denn hin, wenn ich fragen darf? Ich habe noch nie einen Elfen und noch keinen Tiger in unserem Waldreich gesehen.", überlegte sie laut.

"Wir wollen zu dem Ort 'Am Himmelsteich'. Zumindestens meine ich, dass der Ort so hieß.", grinste ich verlegen. Geumjae hatte eine gewaltige Sauklaue, mit denen er die Städtenamen auf seine Karte geschmiert hatte. Die Nymphe sah mich erstaunt an.

"Zu dem Ort des Lernens der Waldbewohner? Was wollt ihr denn da?"

Ich lächelte etwas schüchtern.

"Dort wohnt ein Freund von uns, dem etwas wichtiges fehlt. Und das wollen wir ihm wieder bringen." Sie überlegte kurz.

"Ein Freund? Wer von denen hat denn Kontakt zu den anderen Völkern?" Sie schien kurz nachzudenken.
"Sag, wer ist denn euer Freund?"

"Jung Hoseok. Ein Faun, der Heiler ist.", erklärte ich ihr. Ihre Augen wurden groß.

"Hobi?! Hobi ist euer Freund?!", rief sie überrascht aus. Ganz verdutzt nickte ich.

"Du kennst ihn?", fragte ich zurück. Ein leichter rosa Schimmer legte sich auf ihre Wangen.

"So in etwa.", gab sie zögerlich zu. Sie schien wieder kurz nachzudenken, bevor sich ihr Gesicht erhellte.

"Weißt du was? Hobis Freunde sind auch meine Freunde. Ich helfe euch schneller zu ihm zu kommen.", lächelte sie mir zu. Überrascht sah ich sie an.

"Wirklich?"

"Na klar.", kicherte sie wieder.

"Sonst lauft ihr von hier noch mindestens einen ganzen Tag. Wenn ich euch ziehe, sind wir heute Abend schon im Ort." Ich sah verwirrt zu Yoongi und dann wieder zu ihr.

"Ziehen?", runzelte ich meine Stirn.

Sie strahlte mich an, nickte und verschwand mit einem Mal plötzlich unter Wasser. Ich versuchte zu erkennen, wohin sie getaucht war, als ich plötzlich sah, wie sich auf einmal ein riesiges Seerosenblatt auf das Ufer bewegte. Das grüne Blatt, dozte gegen das Ufer und dahinter tauchte wieder die Nymphe auf.

"Klettert auf das Blatt. Es ist stabil genug, dass es euch beide trägt. Dann kann ich euch ziehen."

Etwas skeptisch sah ich das Blatt und dann sie an.

"Na kommt schon. Der Kobold den ich mal hierauf transportiert habe, war deutlich mutiger, als ihr.", lachte sie.

Überrascht sah ich Yoongi an. Offenbar hatte Geumjae diese Fahrt wohl auch schon gemacht. Yoongi sah immer noch skeptisch aus. Doch ich beschloss ihr einfach zu vertrauen.

Es war vermutlich nicht unbedingt das klügste, aber falls sie irgendetwas böses wollen würde, würde ich mich bestimmt irgendwie wehren können. Notfalls würde ich sie kochen oder so...

Vorsichtig kletterte ich auf das Blatt, das erstaunlich wenig nachgab. Yoongi zögerte kurz noch, sprang dann aber auch neben mich, auf unser seltsames Floß auf. Es wippte kurz, aber ging glücklicherweise nicht unter.

"Dann mal los.", kicherte sie wieder und schwamm los und zog uns hinter sich her auf den Fluss.

"Ich bin übrigens Rose, euer heutiger Kapitän.", stellte sie sich nun vor und lachte dann glockenhell auf. "Und ihr seid...?"

"Ich bin Jimin.", antwortete ich ihr und lächelte sie an. "Und das ist Yoongi."

"Angenehm.", lächelte sie und zog uns weiter.

Offenbar hielt sie tatsächlich Wort und würde uns zu dem Ort bringen, wo Hoseok wohnte. Und ich musste sagen... Diese Art des Reisens hatte definitiv auch etwas.

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