Kapitel 72

Ich verließ das Haus leise. Hyeyeon war beschäftigt das Essen vorzubereiten und Jaesang half ihr, wo er konnte. Geumjae verräumte unterdessen ein Teil seines Reise Gepäckes und ich hatte nichts zu tun.

Vermutlich hätte mich einer von ihnen noch unterhalten können, doch ich entschied mich dazu noch einmal nach Yoongi zu sehen. Die Sonne war schon am untergehen, weswegen er ja jeden Moment eigentlich dann seine Koboldgestalt wieder erlangen sollte. Und tatsächlich. Als ich bei der letzten Stallung ankam, sah ich wie er an die Abtrennung gelehnt schon im Stroh saß und starr auf die Wand gegenüber blickte.

"Hyung?", fragte ich vorsichtig und ging zu ihm in die Stallung.

Kurz ging sein Blick zu mir, ehe er wieder die Wand anstarrte. Leise setzte ich mich zu ihm auf den Boden.

"Alles okay?"

Er schwieg kurz, bevor er kraftlos mit den Schultern zuckte. Etwas unsicher sah ich ihn an. Nicht ganz wissend was ich tun sollte.

Nach kurzem Zögern traute ich mich dann aber doch und legte vorsichtig meinen Kopf auf seiner Schulter ab. Meine Hand fand ihren Halt an einem seiner Arme, die er auf seinen angezogenen Knie gelegt hatte.
Als er nicht reagierte, wollte ich unsicher mich von ihm lösen. Offensichtlich wollte er dieses Kontakt so nicht.

Doch bevor Ich mich bewegen konnte, seufzte er plötzlich und legte seinen Kopf an meinen. Also blieb ich doch einfach so sitzen und ließ ihm die Zeit, die er brauchte.

"Ich habe Angst.", flüsterte er schließlich.

"Wovor denn?", fragte ich leise.
Kurz war es wieder still.

"Was... Was wenn sie mich gar nicht sehen wollen... Ich habe die ganzen Jahre darauf gehofft, darum geweint, wieder bei meinen Eltern zu sein und jetzt wo die Chance so greifbar nah ist... Wollen sie mich überhaupt sehen?" Ein frustriertes Seufzen entkam seinen Lippen.

Ich hob meinen Kopf von seiner Schulter und sah ihn an.

"Ich bin mir sehr sicher, dass sie dich wieder sehen wollen.", sagte ich mir fester Überzeugung.

Als ich eine kleine Hausführung von Geumjae bekommen hatte, bevor er angefangen hatte aufzuräumen, waren sämtliche Dekorartikel in diesem Haus Gegenstände, die an seinen "verstorbenen" Bruder erinnerten, aufgefallen. Unsicher erwiderte er meinen Blick, doch ich schenkte ihm nur ein breites Lächeln.

"Komm, wir gehen zusammen rein. Es sollte demnächst auch Essen geben.", sagte ich und stand schließlich auf.

Ich streckte ihm meine Hände entgegen, um ihn hochzuziehen. Immernoch unsicher sah er mich an. Doch ich hielt meine Hände weiterhin ihm entgegen gestreckt.

"Na komm schon. Ohne dich gehe ich nicht rein.", verlangte ich.

Schließlich seufzte er ergeben und ergriff meine Hände, um sich hoch ziehen zu lassen. Als er neben mir stand, ergriff ich einfach seine Hand, um ihn mit mir mit zuziehen. Ich ignorierte das Kribbeln in meiner Bauchgegend und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Einer seiner Mundwinkel zog sich schief nach oben, aber er ließ sich von mir mitziehen.

Meine Hand verschwand fast in seiner, fiel mir auf und irgendwie... mochte ich diese Tatsache... Das Kribbeln in meinem Bauch wurde stärker. Unbemerkt seufzte ich leise. Ich konnte wohl wirklich nicht mehr leugnen, dass ich mich absolut in diesen Kobold verknallt hatte. Aber das war jetzt nicht das Hauptthema.

Wir erreichten die Türe und nach kurzen Zögern, schaffte ich es, das Yoongi mir auch ins Innere folgte. Langsam betraten wir den Eingangsbereich und er sah sich um.

"Es hat sich nichts verändert...", murmelte er leise.

"Kaum." Geumjae stand in der nächsten Tür und lächelte seinem Bruder aufmunternd zu. Vorsichtig löste ich meine Hand aus Yoongis.

"Na komm." Geumjae winkte ihn zu sich her und langsam folgte er dessen Anweisung.

Wir traten nacheinander in das Esszimmer beziehungsweise Besuchszimmer. Nebenan in der Küche rumorte es noch ein wenig. Ich sah zu Yoongi, der Zimmer Zentimeter für Zentimeter begutachtete.

Erschrocken fuhr ich zusammen, als etwas laut klirrend zerbrach. Ich sah zu dem Ursprung des Geräusches und sah Jaesang in der Tür stehen. Unter ihm zerbrochenes Essgeschirr.

Mit weit aufgerissen Augen starrte er Yoongi an. Sein Mund ungläubig geöffnet.

Seine Frau eilte aus der Küche. "Was lässt du bitte das schöne Geschirr fallen?! Das..."

Sie unterbrach sich selber, als sie den Blick ihres Mannes folgte und ebenso vor Schock erstarrte. Doch ebenso schnell wie sie erstarrt war, löste sie sich wieder aus ihrer Starre.

"Mein Sohn!", schrie sie laut auf.

Sie ließ ihren Kochlöffel, den sie noch in der Hand hielt, fallen und rannte auf Yoongi zu, um ihn um den Hals zu fallen.

"Eomma...", hörte ich Yoongi wimmern und sofort schlang er auch seine Arme um sie herum.

Ich hörte wie beide schluchzten. Langsam löste sich nun auch Jaesang aus seiner Starre und kam auf die zwei umschlungenen zu.

"Yoongi... Wie... wie ist das möglich...", hauchte er fassungslos.

Yoongi tauchte verheult aus der Schulter seiner Mutter hervor und sah seinen Vater an.

"Appa..." So brüchig hatte ich vorher noch nie seine Stimme gehört.

Seine Mutter löste sich ein wenig von ihm, dass der Vater ihn nun auch mit umarmen konnte. So blieben die drei nun eine ganze Weile stehen, weinten und hielten einander einfach fest.

Ich musste leicht schmunzeln, als ich sah wie Geumjae auch eine Träne verdrückt und irgendwann seine innere Mauer auch fallen ließ und dazu trat um an der Familien Umarmung teilzuhaben.

Etwas traurig lächelnd betrachtete ich wie diese Familie nach so langer Zeit wieder vereint war. Es versetzte mir einen kleinen Stich, dass ich so etwas in dieser Weise nie erleben würde. Was allerdings nicht hieß, dass ich es ihnen nicht gönnte.

"Oh Götter... Wie ist das möglich? Wir haben gedacht du wärst tot...", hauchte Hyeyeon nach einer Weile und löste sich von ihren jüngsten Sohn, nur um ihm eine Hand vorsichtig an die Wange zu legen.

"I... Ich...", hickste er immer noch völlig mit dem Nerven.

"Sh... Sh... Keine Eile. Wir haben alle Zeit der Welt, mein Schatz. Beruhige dich erst einmal und dann Essen wir erst einmal was. Dann können wir in aller Ruhe erzählen. Ich muss nur in die Küche bevor noch irgendetwas anbrennt."

Vorsichtig löste sie sich von ihm und ging nach kurzem Zögern in die Küche. Die Chance nutze allerdings sofort sein Vater, um ihn nun vollends in seine Arme zu ziehen.

Ich lächelte still, durchquerte leise den Raum und begann vorsichtig das zerbrochene Geschirr einzusammeln und aufeinander zu stapeln. Vorsichtig trug ich den Scherbenhaufen in die Küche.

"Wohin soll ich die Scherben hin tun?", fragte ich leise.

Hyeyeon zuckte erschrocken zusammen. Es schien als ob sie fast vergessen hätte, dass ich wohl auch im Haus war.

"Oh Dankeschön. Aber das hättest du echt nicht machen müssen. Leg die Scherben da hinten einfach auf die Ablage. Ich kümmere mich dann später darum.", nickte sie mir dann zu. Ich folgte ihrer Anweisung.

"Soll ich dann schon einmal etwas rüberbringen? Oder kann ich dir sonst irgendwas helfen?"

Sie seufzte einmal lang und schien mit sich etwas zu ringen.

"Na gut.", seufzte sie schließlich. "Ich gebe dir gleich neues Geschirr, das kannst du dann gleich rüber zum Tisch tragen. Und dann stell ich dir die Speisen hin, die du auch schon rüber bringen kannst."

Ich nickte und machte mich dann schließlich an die Arbeit.

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