Kapitel 21
Das Sirren kam so schnell näher, dass wir keine Chancen hatten uns in den Schatten der Bäume zu flüchten. Der Kobold bedeutete mir still zu sein, aber das wäre ich auch so geblieben.
Das Flügelschlagen wurde immer lauter, bis die Quelle des Geräusches über den Baumwipfeln in unser Sichtfeld geriet. Es war ein einzelner Feenmann, der mir doch irgendwie bekannt vorkam.
Stöhnend ließ sich der Kobold neben mir zurück sinken.
"Den Göttern sei Dank, das ist nur Minghao.", seufzte er erleichtert.
Da wir wirklich nicht darauf geachtet hatten uns bedeckt zu halten, sah uns der Feenmann auch sehr schnell und flog zu uns herunter. Und ein paar Augenblicke später landete er auch.
"Jimin, ich hab dich gefunden!", stellte er mit einem erleichterten Lächeln fest.
Ich ging stark davon aus, dass er beigedreht hätte, wenn er mich nicht erkannt hätte.
Sein Lächeln verwandelte sich aber keine Sekunde später in Entsetzen, als er mir ins Gesicht sah.
"Bei allen Göttern, was ist dir bitte zugestoßen?!"
Schnell hatte er den Abstand zu mir überbrückt, mein Gesicht in seine Hände genommen und betrachtete meine aufgeplatzte Lippe und geschwollenes Gesicht von nahem.
"Wurdest du überfallen? Wer hat dich bitte so zugerichtet?! Ist der Tiger nicht bei dir gewesen? Hat er sich nicht geschützt? Oh Heilige, ich wusste ich hätte Seoyeon davon abhalten sollen diesen Eigenbrödler mit dir mitzuschicken!"
Hilfe suchend sah ich über seine Schulter zu dem Kobold, der allerdings nur entnervt seine Augen verdrehte.
"Lass den Kleinen doch Mal atmen, du lässt dem ja nicht einmal die Chance zu antworten..."
Der ältere Feenmann wirbelte herum und starrte Yoongi mindestens genauso entsetzt an.
"Ein Kobold?! Wo kommt jetzt bitte ein Kobold her?"
Er wirbelte zu mir wieder zurück.
"Hat dich der Tiger wirklich verlassen und dafür hast du dich mit einem KOBOLD zusammen getan? Ich weiß echt nicht was schlimmer ist, du alleine unterwegs, oder mit einem halbnackten Kobold...", brabbelte er vor sich hin.
Eh...
Ich vernahm ein fassungsloses Schnauben hinter dem Rücken des Feenmannes.
"Oh wow... Hätte nicht gedacht, dass du 'n Koboldrassist bist. Und du warst mir Mal halbwegs sympathisch..."
Minghao drehte sich entsetzt um. "Bitte?!"
Der Kobold verdrehte genervt die Augen und verschränkte die Arme.
"Fängt ja schon Mal super an, wenn sich alle Völker gegen eure Königin verbünden sollten. Steck dir deinen Koboldrassismus mal sonst wohin, bis deine Königin abgesägt ist. Dann kannst du ihn meinetwegen auch wieder rausholen. Mir egal. Aber jetzt ist anderes wichtiger. Was willst du, Minghao?"
Als hätte er sich verbrannt zuckte der Ältere zurück.
"W... Woher kennst du meinen Namen?", fragte er geschockt.
Der Kobold verdrehte erneut die Augen. "Weil wir jahrelang unter einem Dach gewohnt haben... Ach was soll's, beschleunigen wir das ganze..."
Er lief einige Schritte zurück, bis er im Schatten stand und sich verwandelte.
Entsetzt klappt der Mund des Feenmannes auf und er stand sprachlos da. Yoongi ließ die Verwandlung, kaum hatte er die Tiergestalt, im Mondlicht wieder rückgängig machen und stand erneut mit verschränkten Armen vor uns.
"So. Und jetzt kein Ton mehr über irgendwelche Kobolde, die dir nicht passen, oder über angeblich unzurechnungsfähige Tiger.", murrte er.
Minghaos Mund klappte auf und zu wie der von einem Goldfisch.
"Willst du uns jetzt sagen, wieso du uns gesucht hast?", rollte der Kobold die Augen.
Es brauchte kurz bis...
"Bitte was?!"
Ich hielt mir leider zu spät das Ohr zu, als der Alte uns diese Frage entgegen kreischte.
"Autsch...", kommentierte der Kobold und hielt sich ebenfalls kurz die Ohren zu.
"Ja, ich bin schon immer ein verfluchter Kobold gewesen, nein, ich wusste bis vor zwei Tagen auch nicht, dass ich noch in meiner wahren Gestalt herum rennen kann.", seufzte er.
"Damit sind glaub die wichtigsten Fragen geklärt. Also, warum bist du hier?"
"Aber, aber, aber..."
"Soll ich dir erstmal eine Knallen, dass du wieder funktionierst?", knurrte mein Begleiter doch langsam wütend.
Vorsichtig streckte ich den Arm aus und zwickte den Feenmann in den Arm. Geschockt sah er zu mir. Aber scheinbar half das und er beruhigte sich langsam.
"Okay... Jimin ist da, der sagt nichts dazu, also ist das wohl alles real... Leider...", beruhigte sich Minghao selber und schnaufte einmal durch.
"Okay... Also folgendes...", fing er an.
"Wir waren mit unserem Teil soweit erfolgreich..." Er stockte kurz und sah zu dem Kobold.
"Könntest du dich vielleicht einfach wieder in den Tiger verwandeln, dann hab ich das Gefühl, dass alles so ist wie es sein sollte..."
Genervt verdrehte Yoongi die Augen, tat ihm aber den Gefallen und wartete im Schatten als Tiger darauf, dass der Alte fortfuhr.
"Schon besser...", seufzte der etwas erleichtert, ehe er weiter redete.
"Also, alle anderen Völker sind alarmiert und auf dem Weg her. Das einzige Problem ist, dass sowohl die Zwerge, als auch die Bewohner der Feuerlande noch ein, zwei Tage brauchen werden, bis sie hier sind. Die Kobolde und die Faune, Dryaden und Zentauren erreichen morgen die Umgebung hier."
"W... Wo ist das Feenheer gerade?" Meine Stimme zitterte leicht, als ich die Frage stellte.
Doch als ich den zufriedenen Blick des Tigers sah, wusste ich, das er am liebsten auch diese Frage gestellt hätte.
"Die lagern heute in der Nähe eines recht großen Waldsee.", gab Minghao nach kurzem überlegen an uns weiter.
Ich weitete meine Augen. Wir hatten doch einen so großen Vorsprung?
"Aber wir brauchen mehr Zeit, bis alle anderen Völker da sind. Dein Dorf muss dieses verlassen, auch wenn ein Großteil im Sterben liegt.", knirschte der Feenmann mir den Zähnen.
Von Yoongi kam ein Seufzen. Er hielt es wohl doch nicht aus und verwandelte sich wieder.
"Tut mir leid, aber so kann ich besser mit dir kommunizieren. Weil ich auch nicht weiß inwiefern, der Kleine, dir alles sagen würde." Er sah zu mir. Doch in seinem Blick lag nichts Verurteilendes. Nur tiefes Mitgefühl und Wärme.
"Wie haben seit heute Mittag, durch den Kleinen tatsächlich das Heilmittel gegen den Elfentod.", fuhr er fort.
"Bitte was?!"
Er ließ den Älteren allerdings nicht weiter zu Wort kommen.
"Dementsprechend wäre es wohl möglich, wenn wir heute Nacht weiter ziehen, dass wenn wir morgen früh im Dorf sind und die Medizin verteilen, alle rechtzeitig raus zu bekommen.", redete er einfach weiter.
"Das sind ja großartige Nachrichten!", strahlte Minghao.
"Es gibt allerdings nur einen Haken an der Sache...", fuhr Yoongi ungeachtet fort.
Fest sah er Minghao an. "Du wirst mitkommen müssen."
Irritiert sah der Feenmann von mir zu Yoongi. "Werde ich wohl machen können, aber warum?"
Der Kobold seufzte und sah mich an an.
"Weil unser kleiner Elf verschwiegen hat, dass er derjenige ist, auf den niemand hören wird..."
Ich presste die Lippen zusammen und sah zu Boden, während ich spürte, wie ich wieder rot wurde. Ich schämte mich gerade so unglaublich.
"Aber warum das denn?"
Mir stiegen Tränen in die Augen, als Yoongi erneut für mich antwortete. "Weil er als Fußabtreter gesehen wird, weil er keine Magie wirken kann.", fasste er trocken zusammen.
"Wie jetzt? Du kannst keine Magie wirken?" Minghao sah mich fassungslos an.
Tränen kullerten über meine Wangen, als ich den Kopf schüttelte.
"Das... kann aber nicht sein... Jeder Elf hat Zugriff auf eine Art der Magie...", murmelte der Alte.
"Jetzt quäl ihn nicht! Er hat damit schon alleine damit zu kämpfen! Und damit du es weißt, die Verletzungen haben ihm andere Elfen zugefügt. Das sind ihre normale Handlungen ihm gegenüber.", fuhr Yoongi den Alten an.
Geschockt sah Minghao mich an.
"Ich hab es mit eigenen Augen gesehen und war zu langsam um dazwischen zu gehen...", knurrte der Kobold wieder und ich meinte etwas Reue darin mitschwingen zu hören.
"Also kommst du mit, Minghao?"
Es brauchte kurz bevor der Alte sich sammelte, dann aber überzeugt nickte. "Natürlich!"
"Gut."
Ich hob vorsichtig den Kopf, als ich sah wie die Füße des Kobolds in mein Blickfeld traten. Er streckte seine Arme aus und legte sie auf meine Schulter. Sanft drückte er sie ermutigend und ich sah wieder diese Wärme, die in seinem Blick lag.
"Du musst das morgen nicht alleine durchstehen."
Schniefend nickte ich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Er reichte mir das Hemd, dass er vom Boden auf sammelte.
"Wir müssen weiter, damit wir morgen rechtzeitig im Dorf sind. Aber keine Sorge, ich trag dich. Dann kannst du jetzt noch ein wenig schlafen...", lächelte er mich an.
Ich nickte und ließ mir beim Anziehen von ihm noch einmal helfen. Auch wenn ich nicht wusste, was ich von dieser neuen Wendung halten sollte.
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