Kapitel 11
Natürlich hatten wir kein Glück was das Wetter betraf. Während es auf der Brücke noch leicht getröpfelt hatte, änderte sich dieser Zustand schlagartig, sobald wir auf der nächsten Insel waren.
Mit einem Mal kam ein heftiger Wolkenbruch auf uns herunter. Natürlich war die nächste Insel die, die bis auf die Brückenbäume keinerlei Vegetation und keine Möglichkeiten zum unterstellen hatte.
Ich musste nichts sagen. Der Tiger beschleunigte von alleine auf die nächste Brücke zu, die uns auf die nächste Insel mit deutlich mehr Wachstum führen würde. Ich rannte ihm im Platzregen hinter her, stets darauf achtend, dass ich nicht ausrutschte. Das funktionierte zwar noch auf dem Felsen, doch sobald ich die nächste Wurzelbrücke erreichte, rutschte ich auf dem nassen Holz ab und landete auf dem Hosenboden.
Ich sah den Tiger hinterher, der über die Brücke davon jagte. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Hätte ich auch vier Pfoten und Krallen, mit denen ich mich auf der nassen Brücke hätte halten können, hätte ich dasselbe gemacht. Doch leider war mir dies nicht vergönnt.
Ich rappelte mich auf, verletzt hatte ich mich zum Glück nicht. Ich setzte meinen Weg über die Brücke fort. Zügig, aber deutlich langsamer als vorher, den Rand der Brücke stets in Griffweite, sollte ich doch wieder abrutschen. Und nass war ich ja mittlerweile eh schon. Also war es egal. Nasser konnte ich eh nicht mehr werden. Dann konnte ich auch lieber sicher auf der anderen Seite ankommen.
Doch auf der Mitte der Brücke wurde es doch noch ekliger. Als wäre der Regen nicht schon genug, nahm der Wind zu und peitschte den Regen, der langsam doch eisig kalt wurde, um mich herum. Ich griff nach den Ranken und hielt mich fest, während ich weiter einen Schritt vor den anderen setzte.
Ich blinzelte nach vorne, doch ich sah nur noch grau vor mir. Der Regen hatte so zugenommen, dass ich nicht einmal mehr das Ende der Brücke mehr vor mir sah. Doch zurück konnte ich auch nicht mehr. Ich setzte meinen Weg fort.
Der Wind riss an meiner komplett durchnässten Kleidung und ließ mich frösteln. Dass das Wetter auf einmal so übel mit mir spielte, hatte ich auch nicht erwartet. Ich spürte, wie ich immer mehr auskühlte, doch ich konnte jetzt nicht aufgeben. Wenn ich aufgeben würde, würde ich schlimmstenfalls ins Wasser stürzen und so wie der Fluss an Wasser und Geschwindigkeit zugenommen hatte, wäre es das mit mir gewesen.
Ich taumelte, als eine starke Windböe mich erfasste und auf die andere Seite der Brücke riss. Ich klammerte mich an eine der Ranken und wartete bis mich der Wind wieder losließ. Doch kaum ließ diese Kraft kurz nach, ergriff mich der nächste Windstoß und warf mich wieder auf die andere Seite zurück.
Zitternd ließ ich mich auf die Knie gleiten und versuchte es krabbelnd weiter. Doch es schien, als hätte das Wetter sich gegen mich verschworen. Ich sah mit einem Mal ein grellen Blitz und fast gleichzeitig zerriss der Donner das Peitschen des Sturms. Und als wäre das der Startschuss dafür gewesen, begann es mit einem Mal zu hageln.
Die sonst so stabile Brücke begann im Wind zu schwanken und ich kauerte mich am Boden an der Seite zusammen. Ich versuchte mich festzuhalten und gleichzeitig meine Arme über meinen Kopf zu halten, um mich vor der kleinen Eiskörnern, die mich schmerzhaft trafen, zu schützen. Ich zitterte.
Mir war so kalt und mein Kopf begann auch langsam echt zu schmerzen. Ich legte meinen Kopf auf meine Knie ab. Was hatte ich dem Universum getan, dass es mich so hasste?
Je länger ich so ausharrte, desto mehr hatte ich das Gefühl, ich würde dieses Unwetter nicht überleben. Es wurde nicht weniger. Der Regen prasselte unentwegt weiter, ebenso die kleinen Hagelkörner und es blitzte und donnerte noch häufiger.
Als ein besonderes lauter Schlag, nicht unweit von mir, schier das Trommelfell zerriss, dachte ich das wäre es gewesen. Der nächste Blitz trifft mich und dann war es das. Doch dazu sollte es nicht kommen.
Mit einem Mal packte etwas schmerzhaft meine Hand und ich sah geschockt auf. Vor mir erkannte ich den triefnassen Tiger, der mich mit wildem Blick ansah. Er... Er war zurück? Als es erneut blitzte und donnerte, reagierte mein Körper automatisch.
Meine klammen Finger krallten sich in das nasse Schulterfell des schwarzen Tieres. Ich spürte seine Körperwärme unter dem Fell pulsieren, er schien deutlich besser beieinander zu sein als ich. Doch es schien als wäre es sein Plan gewesen, dass ich mich an ihm festhalte.
Kaum hatte ich mich festgekrallt, jagte er los. Ich stieß einen erschrockenen Keucher aus, als er mich mit sich riss, so schwungvoll, dass es mich automatisch auf seinen Rücken katapultierte. Wie automatisiert klammerte ich mich jetzt auch mit meinen Beinen an seinen Körper. Als er den Druck spürte, beschleunigte er noch einmal und jagte mit mir auf dem Rücken in Richtung des rettenden Ufers.
Ich presste mein Gesicht in seinen Rücken. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an die Kälte, die immer mehr Besitz von mir ergriff. Ich wusste nicht wohin mein Retter rannte. Irgendwann stoppte er abrupt, dass ich unvorbereitet von seinem Rücken stürzte.
Ich landete auf kalten Stein. Ich sah auf und stellte fest, dass wir in einer kleinen Höhle waren. Wir waren im trockenen und vom Wind geschützt. Ich hörte draußen weiter den Regen prasseln und den Wind umher peitschen. Zitternd richtete ich mich auf.
"D... Danke...", bibberte ich. Schwer atmend sah mich der Tiger an. Beziehungsweise ich vermutete es. In dem Dunkeln der Höhle waren nur Schemen zu erkennen.
Zitternd legte ich meine Provianttasche ab und begann mich auszuziehen. Ich musste meine nassen Sachen loswerden, sonst würde ich noch mehr auskühlen. Als ich dann irgendwann nackt war, tastete ich nach einer Stelle, wo ich mich zusammenrollen konnte, dass ich wenigstens etwas meiner Körperwärme behalten konnte.
Ich fand tatsächlich eine weichere Stelle mit Moos und rollte mich darauf zusammen. Ich wollte nicht einschlafen. Ich wusste, wenn ich das tat, waren die Bemühungen von meinem tierischen Retter vielleicht umsonst.
Ich wollte nicht... Aber mir war so kalt...
Und ehe ich mich dagegen wehren könnte, dämmerte ich doch langsam weg.
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