49. Vorbei

Schweigend beobachtete ich die Männer dabei, wie sie versuchten, ein Kinderbett aufzubauen, wie Kisten voll Babykleidung und allen erdenklichen Spielzeugen ins Haus geschleppt wurden. Kinderwägen, Wickeltische, ein Jahrespack an Windeln und Schnullern und Stramplern.

Ich wusste nicht, ob ich träumte oder ob das hier tatsächlich das Haus des Jokers war. Anhand der Gesichtsausdrücke der Männer schienen die meisten es auch nicht zu wissen.

Er hatte den Verstand verloren.

Ich war mir sicher.

Dieses eine Zimmer im Haus sah alles andere als wie das Geheimversteck eines Mafiabosses aus, es sah mehr aus wie das Land der Teletubbies.

Mir war es einfach zu viel. Ich konnte nichts hiervon begreifen und ich wusste, ich sollte froh um seine Mühen sein, gerührt sein, aber leider war ich es nicht. Ich war maßlos überfordert.

Es war einfach zu viel.

An manchen Tagen konnte ich ja selbst noch gar nicht begreifen, ein Baby zu kriegen, und dann sah ich das alles und ich fühlte mich erdrückt.

In der Zwischenzeit wurde mein Bauch größer, das Baby wuchs gesund heran und wir erfuhren endlich, was für ein Geschlecht es haben würde.

„Ein Mädchen", hauchte ich, als die Ärztin es verkündete. Für einen Augenblick war ich glücklich, doch dann dachte ich daran, was für ein hartes Leben man als Frau hatte und ich wünschte mir, sie wäre ein Junge gewesen. Niemand, der eingesperrt wird, niemand, der nur für seinen Körper begehrt und verkauft wird. Jemand, der sicherer leben könnte als meine Tochter es je könnte.

„Eine kleine Ella", schnurrte der Joker offenbar erfreut und er küsste mich auch schon, erdrückte alle Sorgen in mir.

So wusste ich nun, was mich erwarten würde. Meinem Baby würde es an nichts fehlen, wir würden ein Mädchen kriegen und aus einem ganz verrückten Grund fand der Joker das alles klasse. Manchmal fragte ich mich, was seine wahren Intentionen waren. Wollte er wirklich so gern ein Baby? Wollte er mich wirklich einfach glücklich sehen? Ich war nur nicht glücklich. Ich sollte es sein, aber ich war einfach nur zutiefst erschüttert von dieser skurrilen Lebenssituation und egal wie sehr ich versuchte mich von allem einnehmen zu lassen, meine Sorgen durch Sex zu vergessen, es funktionierte nicht und der Joker merkte es... zu deutlich.

„Ok, spuck es aus, was macht dir zu schaffen?"

Ich war gerade dabei gewesen, ins Bad zu gehen, als der Joker mich am Arm packte und zwang, stehenzubleiben.

„Was soll denn sein?"

„Lüg mich nicht an, Ella!", warnte er mich mit einem gefährlichen Ton.

„Ich weiß es nicht", gestand ich leicht genervt von seiner Art. „Ich kann dir nicht sagen, was mich stört. Es ist eine Mischung aus allem. Ich fühle mich überfordert und gestresst und weiß gar nicht, wie mir geschieht. Diese Schwangerschaft und so eingesperrt zu sein... es stresst mich wohl. Vermutlich spielen meine Hormone verrückt."
„Würde es dich glücklich machen, mehr zu deiner Familie zu hören?", fragte er und zog mich enger zu sich, wo er seine Hände auf meinen ziemlich runden Bauch legte, der mich die meiste Zeit irritierte.

Da war ein Baby in mir.

Heilige Scheiße.

Das war so gruselig, cool, aufregend und merkwürdig zugleich.

„Was ist mit ihnen?", fragte ich misstrauisch. Bisher hatte ich mich nicht getraut, ihn zu fragen, was er ihnen angetan hatte. Wären sie tot, wäre es sicher bekannt gewesen. Sicher hätte ich es irgendwo aufgeschnappt, oder? Ich hoffte sehr, sie wären nicht tot, anderenfalls könnte ich für nichts garantieren.

„Ihnen geht es gut. Ich habe deinen verehrten Bruder gewarnt, mein Eigentum nicht mehr anzurühren und ihm angedroht, dass ich ihn nächstes Mal ausweiden lassen würde, sollte er es versuchen." Was Bruce als Batman sicherlich nicht einschüchtern würde. Das wusste der Joker nur nicht und ich würde es ihm gewiss nicht verraten.

„Und Alfred und Nina? Ihnen geht es auch gut?"
„Deine Haushälter?"

„Sie sind Familie!", sagte ich energisch und befreite mich aus seiner Umklammerung.

„Was auch immer. Sie leben, bist du zufrieden?"

„Natürlich, ich will nicht, dass auch nur einen von ihnen was passiert", sagte ich warnend, aber er sollte sie alle bloß in Ruhe lassen!
„Ich habe mit deiner Familie nichts zu tun, meine Hübsche. Lasen sie mich in Frieden, lasse ich sie in Frieden. Abgesehen von meinen Plänen für Wayne Enterprises natürlich."
„Also hast du das noch nicht vergessen", seufzte ich und setzte mich aufs Bett, wo er sich neben mich niederließ und sein Gesicht an meinen Hals drückte, diesen zu küssen anfing. Mir kam es so vor, als ob er dank der Schwangerschaft nur noch verrückter nach mir geworden wäre. Ich sah ihm regelrecht an, wie sehr es ihn erfreute, dass sein Baby in mir heranwuchs, dass ich so eindeutig zu ihm gehörte. Er sollte bloß nicht zu viel Gefallen daran finden. Ich werde mich sicher nicht erneut schwängern lassen für sein Ego. Das hier reichte. Einmal reichte.

„Keineswegs. Die Firma deiner Familie ist dem Untergang geweiht", sagte er gut gelaunt und biss mir spielerisch in die Haut, was mich zusammenzucken ließ.

„Das gefällt mir nicht", sagte ich ehrlich. Zu ehrlich. Bisher hatte ich nie zugegeben, dass dieser ganze Plan mir missfiel. Bisher hatte ich einfach immer artig meinen Mund gehalten, aber ich konnte es nicht mehr. Er sollte meine Familie einfach in Frieden lassen.

Ich quiekte auf, als er mich auf die Matratze drückte, sich über mich kauerte, mir dank des Bauchs nicht mehr so nahe kommen konnte, wie er es gern wollte.

Danke Baby.

„Wird da jemand rebellisch?", fragte er alles andere als glücklich und presste ein Messer gegen meine Wange.

„Ich bin nicht rebellisch, ich sage dir nur meine Meinung!" Diese verdammten Hormone ließen mich übermütig werden. Wenn ich nicht bald lerne, den Mund zu halten, wird er mir sicher noch irgendwann einen Finger oder zwei abschneiden.

Er lächelte gefährlich, steckte das Messer jedoch weg. „Willst du nicht, dass ich deinem Bruder alles nehme? Ich könnte die Sache auch anders angehen."

„Wieso?", fragte ich ihn. „Wieso unbedingt er?"

„Er ist der reichste Mann der Stadt." Er zuckte mit den Schultern, als ob das Antwort genug wäre. War es nicht.

„Es gibt andere reiche Männer, reiche Männer, die nicht mein Bruder sind. Reiche Männer, die abartige Schweine sind und es verdienen würden, wenn man ihnen alles nimmt. Lass ihn doch einfach in Frieden."
„Ich lasse ihn doch in Frieden, ich nehme ihm nur seine Firma", sagte er und küsste dabei meine Wange, wo eben noch sein Messer beinahe meine Haut geschnitten hätte.

„Und danach? Wenn du das erreicht hast, was dann?"

„Oh, dann gibt es tausend andere Pläne. Bei einem darfst du gern dabei sein, ich treffe nämlich später unseren alten Freund Gregorio", sagte er und ich sah ihn entsetzt an, hatte schon lange keinen einzigen Gedanken mehr an Gregorio verschwendet.

„Gregorio?", hauchte ich schockiert und der Joker lächelte erfreut mich ablenken zu können.

„Ich zeige ihm nur zu gerne sein geliebtes Mädchen", sagte er, wollte ihm wohl ganz dringend zeigen, dass in mir ein Baby heranwuchs. Sein Baby.

Oh, das würde kein schönes Treffen werden, doch es würde Ablenkung bedeuten und für diese war ich mehr als nur bereit. Besonders, wenn ich dabei endlich dieses verdammte Haus verlassen dürfte.

„Was für ein Anliegen hast du mit ihm?" Ich wusste, dass der Joker ab und an irgendwelche Geschäfte mit Gregorio führte. Zu welchem Sinn und Zweck wusste ich allerdings nicht. Die beiden brachten sich die meiste Zeit halb um, aber bisher funktionierte ihre Zusammenarbeit irgendwie auf eine ganz merkwürdige Weise.

„Ach das Übliche. Nichts, was dich interessieren würde. Nur langweilige Geschäfte", sagte er und strich mir das Hemd, das ich trug, gefährlich hinauf, fing an Küsse auf meinem Bauch zu platzieren und mir fielen glücklich die Augen zu, als er wieder zu seiner und meiner liebsten Tagesordnung überging. Sex.



Später am Abend zwang ich mich in ein Schwangerschaftskleid. Ich war die letzten Wochen nur in Hemden des Jokers herumgelaufen und fand es seltsam wieder etwas zu tragen, das mir auch passte. Das Kleid war in einem rötlichen Orange, langärmlig und aus Wolle gemacht. Es schmiegte sich angenehm an meine Kurven und zeigte deutlich, in was für einem Zustand ich mich befand. Das war ganz wichtig für den Joker.

Männer.

Ich war ganz aufgeregt das verdammte Haus verlassen zu dürfen und hatte hoch und heilig versprochen, mich zu benehmen. Ich hoffte, dass wenn der Abend gut verlief, ich ja vielleicht weder öfters nach draußen dürfte... zumindest, wenn das Baby endlich da wäre und ich nicht mehr wie ein Ballon durch die Gegend laufen musste.

Das Treffen fand zu meinem Bedauern in Gregorios Club statt. Dass der Joker riskierte, mich in dem Zustand so sehr in Gregorios Gebiet zu lassen, stimmte mich nervös. Das und hier zu sein, wieder an diesem schrecklichen Ort zu sein, gefiel mir nicht. Der Joker hatte einen Arm um mich gelegt und hielt mich schützend an seiner Seite, während wir durch den so gut wie verlassenen Club liefen. Außer Gregorios Personal war niemand da. Niemals hätte ich gedacht, wieder hier zu enden. Ich hatte nie wieder kommen wollen und doch war ich nun hier und alles war so anders als einst. Ich war mit dem Joker zusammen, würde sein Kind kriegen. Ich war daheim gewesen, hatte die Freiheit schmecken dürfen. So viel konnte in so kurzer Zeit passieren.

Ich erkannte Demetri, der als Wache hinter Gregorio stand und dessen Augen groß wurden, als er mich erblickte. Das Ersatzmädchen für mich, Lisa, war offenbar ausgetauscht worden. Was aus Lisa geworden ist, wusste ich nicht und wollte es vermutlich auch gar nicht wissen müssen. Das neue Mädchen an Gregorios Seite sah verflucht jung aus, als wäre sie unmöglich älter als 16. Sie saß still und verängstigt an seiner Seite, die Augen vor Panik beim Anblick des Jokers nur noch mehr geweitet.

Sie zu sehen, machte mich wütend. Wütend auf Gregorio, wütend auf alle Männer hier, die das mitansahen uns nichts dagegen unternahmen. So wie Demetri, von dem ich gedacht hätte, er müsste mein Freund sein und der mich dennoch in dieser Auktion damals einfach im Stich gelassen hatte.

„Ella..." Gregorios Stimme brach ab, als er mich sah, mich richtig sah. Er sah aus, als ob er sich gleich übergeben müsste.

„Was hast du ihr angetan, du Monster?"
„Oh, ich habe Ella die Kleider vom Leib gerissen und-"

„Ich sollte dich dafür ausweiden, Clown!"

„Versuch es", sagte der Joker unbekümmert und eher erheitert von Gregorios halben Anfall. Er setzte sich mit mir an der Seite gemütlich gegenüber von diesen hin und ich legte schützend meine Hände vor meinen Bauch, mied die Blicke aller. Das hier gefiel mir noch weniger als gedacht.

„Wieso ist sie hier? Willst du mich quälen, Clown? Du bringst sie nie zu unseren Treffen mit!"
„Ich kann mein Mädchen in dem Zustand kaum allein lassen."

„Sie ist nicht dein Mädchen!", zischte Gregorio und die Ader an seiner Stirn pulsierte gefährlich. „Du hast sie gestohlen!"
„Von Roberto, der nur leider tot ist. Also gehört sie nun mir. Ich denke, man sieht deutlich, dass sie mir gehört."

Könnte man endlich aufhören, über mich zu reden, als sei ich ein Gegenstand?
„Eigentlich gehöre ich ja mir", sagte ich deswegen. „Ich bin nicht sein Eigentum, ich bin freiwillig beim Joker."

„Der dich wohl übers Knie legen muss für dein vorlautes Mundwerk", flüsterte dieser warnend in mein Ohr.

„Freiwillig beim Joker?", fragte Gregorio fassungslos. „Ella, mein liebstes Kind, es ist noch nicht zu spät alles zur richten. Wir können das alles hier gern beseitigen." Er sah dabei angewidert nach unten Richtung meines Bauches. Was gab es da denn zu richten?

„Ich würde lieber sterben, als je wieder zu dir zurückzugehen", erwiderte ich kühl und sah zu dem Mädchen neben ihm, das mich sprachlos ansah. „Und ich werde dafür sorgen, dass du niemanden jemals wieder wie einen Sklaven gefangen hältst."

„Wobei ich gern behilflich bin", sagte der Joker und Gregorio erhob sich wütend, seine Männer traten sofort näher.

„Ich werde ungern in meinem eigenen Club bedroht!"
„Ich dachte, wir hätten das längst geklärt", sagte der Joker beinahe gelangweilt und stand auch auf, lehnte sich über den Tisch näher zu Gregorio. „Du hast mich zu respektieren. Egal wo wir auch sind."

„Sonst was? Das ist mein Club! Du bist hier in der Unterzahl, Clown!"

„Bin ich das?", fragte der Joker herausfordernd und als Gregorio seine Hand hob, richteten sich Unmengen an Waffen auf uns, während die paar Leute des Jokers ihre auf diese richteten. Gregorio hatte leider recht. Wir waren in der Unterzahl.

Nervös erhob ich mich, sah mich panisch um.

„J...", begann ich ängstlich, aber der Joker schien keineswegs verunsichert. Er lächelte lediglich amüsiert, als ob er sich gewünscht hätte, dass das passiert, und schnipste mit den Fingern. Sofort richtete ein Großteil der Männer Gregorios ihre Waffen auf die übrigen Wachen und auf Gregorio selbst. Dieser wirkte schockiert und ich war mindestens genauso schockiert, sah zu den vielen Leuten, die sich so offen gegen ihren eigenen Boss gestellt hatten. Wie hatte der Joker das geschafft? Wie hatte er all diese Leute abwerben können?

„Was wird das? Was soll das?", fragte Gregorio zornig und sah seine Arbeiter an, wo er beinahe genauso verblüfft zu Demetri sah, der seine Waffe auf Gregorios Kopf gerichtet hielt. Er stellte sich gegen ihn?

„Man muss seine Leute schon gut behandeln, wenn man ihre Loyalität nicht verlieren will, und wenn selbst ich meine Leute besser behandle als du, musst du einen sehr miserablen Job erledigen", sagte der Joker und zog mich etwas von Gregorio fort.

„Wir sind hier für unsere Zusammenarbeit, was soll das?", wütete Gregorio mit einem Hauch Furcht in der Stimme.

„Nein, wir sind für ein Treffen hier und dieses dient, damit ich dir sage, ich bin nicht weiter an einer Zusammenarbeit interessiert." Kaum hatte er zu Ende gesprochen, fielen die Schüsse. Ich schrie, presste mich an den Joker, als die restlichen loyalen Männer Gregorios erschossen wurden und dieser selbst eine Kugel in den Magen bekam. Schreiend glitt er zu Boden, überall war Blut und das Mädchen an seiner Seite saß wie versteinert da, sah ihn mit offenem Mund sprachlos an.

„Ihr wisst, was zu tun ist. Zerstört seine Sachen, bringt mir die Dinge, die ich angefordert habe und bringt das Mädchen dorthin, wo sie hingebracht werden will." Der Joker zog mich mit sich und völlig verdattert von diesem ganzen Treffen und wo es hingeführt hatte, ließ ich mich von ihm mitziehen.

„Was... was war das alles?"

„Ich dachte es wird Zeit, dass wir ihn beseitigen. Ich hatte viele Pläne, wie man ihm die meisten Schmerzen zufügen könnte, aber dass er allein und verlassen auf dem Boden ausbluten wird, während alle um ihn herum sich gegen ihn stellen, erschien mir recht angemessen."

„Also ist es vorbei", sagte ich immer noch ganz erstaunt und er blieb stehen, sah mich an.

„Es ist vorbei."

Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich küsste ihn überglücklich, war so froh, dass Gregorio fort war, er endlich keine Gefahr mehr für unschuldige Mädchen da draußen darstellen würde. Es war vorbei.


Aloha :) Ich hoffe es hat euch gefallen. Wir nähern uns dem Ende des Buchs xx

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