45. Alles ändert sich
Ein Baby.
Ausgerechnet ein Baby.
Dass ausgerechnet ein Baby mir helfen konnte glücklich zu werden, war absurd.
Kaum hatte ich erfahren, dass in mir ein Kind heranwächst, hatte sich alles verändert. Zum einen wurde ich daheim umso mehr mit Liebe und Hilfe überschüttet und zum anderen fing ich auch selbst an, aktiv an mir zu arbeiten. Ich nahm die neuen Tabletten, die schonender in meinem jetzigen Zustand waren und die ich um Welten besser vertrug.
Ich aß. Ich aß so viel es ging und noch mehr. Ich musste zwar immer noch oft brechen und ich hatte oft Panik und Ängste, aber mit den Stunden bei Dr. Campbell wurde es erträglicher. Ich wollte, dass dieses Kind überlebt. Ich wollte stark genug sein, damit es leben durfte und dann wollte ich stark genug sein, um mich um es kümmern zu können.
Es wäre nicht fair von mir, ein Kind auf diese verkorkste Welt zu lassen und es dann mit meinen Problemen zu belasten. Wenn dieses Baby geboren wird, sollte es keine komplett kaputte Mutter haben. Ich wollte stark sein. Ich musste stark sein und dafür würde ich alles geben.
Es war alles andere als leicht, aber mit diesem neuen Ziel im Leben kämpfte ich weiter und machte Fortschritte.
Bruce versuchte nicht mehr mir die Schwangerschaft auszureden. Genauso wie Alfred war er nicht glücklich, aber er respektierte meine Entscheidung und war froh zu sehen, dass es mir besser ging, dass dieses Baby wie meine persönliche Rettung war.
Weihnachten stand vor der Türe und damit das erste Fest, das wir in einer kleinen Ewigkeit als richtige Familie verbrachten. Ich war lange fort gewesen und zuvor war Bruce zu lange fort gewesen. Dass wir alle zusammen hier waren, im Haus ein Baum stand, Weihnachtsmusik zu hören war, es war wie ein Wunder. Es war etwas, womit ich nicht mehr gerechnet hätte. Niemals dachte ich, je wieder mit meiner Familie Weihnachten zu feiern, niemals dachte ich überhaupt je wieder so etwas zu erleben, gemütlich beisammen zu sitzen, etwas so Banales zu feiern, so glücklich und sorgenfrei zu sein, und nun hier zu sein ließ mich erst richtig realisieren, wie sehr ich das alles vermisst und gebraucht hatte. Es war herrlich einen Baum zu schmücken, Plätzchen zu backen, Lieder zu singen und dem ersten Schnee beim Fallen zuzusehen. Es lenkte mich alles ab. Ich dachte nicht mehr kontinuierlich an den Joker und die Vergangenheit. Für kurze Momente dachte ich an die Freuden des Lebens und die Zukunft.
Mittlerweile sah ich endlich Anzeichen meiner Schwangerschaft. Dadurch, dass ich mehr esse und nicht mehr durchgehend kotzen musste, hatte ich eine deutliche Wölbung bekommen. Laut den Untersuchungen meiner Ärztin befand ich mich in der 15. Woche, was mich nach einigen Berechnungen darauf schließen ließ, dass das hier irgendwann kurz nach meiner kleinen Partynacht mit Fiona geschehen war, als ich mich mit dieser zusammen weggeschlichen hatte. Danach hatte der Joker mich sehr bestrafend in den Himmel gevögelt. Was bei diesem einem Male anders gewesen ist als sonst, verstand ich nicht, aber ich war dankbar dafür. So unendlich dankbar.
Ich wollte das Weihnachtsfest einfach genießen. Es wäre das erste Fest mit meiner Familie und es wäre das letzte in diesem Haus. Ich hatte eingewilligt, Gotham zu verlassen. Nach vielen Gesprächen und vielen guten Argumenten war mir klar geworden, dass ich nicht bleiben konnte. Ich würde ein Baby kriegen und dieses Baby würde nicht in dieser verdammten Stadt bleiben. Dieses Baby sollte niemals den Schrecken erleben, den ich erleben musste. Es sollte glücklich sein, ein schönes Leben haben und das in Sicherheit. Also würde ich in wenigen Tagen gehen. Wohin wusste ich nicht, da Bruce es geheim hielt, aber ich würde gehen und die Vergangenheit hinter mich lassen. Es würde schwer werden und zu oft dachte ich bei Gedanken an die Zukunft und wie es wäre Gotham den Rücken zu kehren an den Joker und wie anders mein Leben verlaufen wäre, wenn man mich nicht von ihm weggeholt hätte. Was hätte er zu der Schwangerschaft gesagt? Vermutlich hätte er mir das Baby nur aus dem Bauch geschnitten. Die Vorstellung war verstörend aber leider die Wahrheit. Wieso sollte er ein Kind haben wollen? Der Joker war keine Vaterfigur und egal wie gern ich es mir auch erträumen würde mit ihm eine Familie und Zukunft zu haben, so würde es nie so sein.
„Das sieht köstlich aus", sagte ich und sah das viele Essen am Tisch an, das Nina servierte.
„Du hast dich wieder selbst übertroffen", stimmte Bruce mir zu und setzte sich neben mich. Es war nett so beisammen zu sein. Nur wir vier, wie in längst vergangenen Zeiten, wie in einem anderen Leben.
Damals, als Bruce gegangen war, hatte ich oft davon geträumt, wieder so zusammen zu sein. Bei Gregorio hatten Erinnerungen alter Zeiten mir Kraft gegeben, das alles zu überstehen, und nun saß ich hier und ein längst vergangener Traum wurde wahr.
„Ach ihr zwei, das ist doch gar nichts. Normalerweise hätte ich was viel Besseres gezaubert, aber mit den vielen Dekoration und baldigen Umzugsvorbereitungen..."
„Du bist zu bescheiden", sagte Alfred lächelnd, der ihr half, ein paar der Gerichte zu platzieren. Sie wurde rot von seinen Worten und setzte sich gegenüber von mich hin. Das Essen zum Heiligabend war einfach nur himmlisch.
„Das Telefon hat übrigens schon die ganze Zeit geklingelt", sagte Nina und Bruce verdrehte die Augen.
„Nicht einmal zu den Feiertagen wird man in Ruhe gelassen. Nächstes Jahr sage ich, dass man mich nicht einmal für Weihnachtsgrüße kontaktieren soll."
Ich fragte mich, was Bruce Pläne für die Zukunft wären. Würde er auch Gotham verlassen? Wäre Gotham denn bereit, ohne Batman zu leben? Ich traute mich ehrlich nicht, ihn zu fragen. Die Antwort könnte mir womöglich das Herz brechen, doch ich wusste, Nina würde mich sicher begleiten und auch wenn Bruce jetzt nicht mitkommen sollte, irgendwann würde er es. Irgendwann würde er einsehen, dass diese Stadt verloren war.
„Vielleicht ist etwas wegen der Firma?", stellte Alfred besorgt fest.
Mein Magen drehte sich kurz von seinen Worten. Ich dachte daran, wie der Joker sehr viel Kraft in die Zerstörung eben dieser Firma gesteckt hatte. Ob seine Pläne auch ohne ihn weitergehen? Rief man deswegen meinen Bruder an.
„Vielleicht solltest du besser wirklich ans Telefon gehen", sagte ich nervös, als es wie gerufen bereits erneut klingelte.
„Na gut, na gut, ich beeile mich." Genervt erhob er sich und schritt nach nebenan.
„Wie fühlst du dich denn, meine Liebe?", fragte Nina und ich lächelte leicht.
„Bestens, ich habe sogar ziemlich Hunger und-"
„WAS?" Bruce Stimme nebenan ließ uns alle aufhorchen. Er bemühte sich eindeutig ruhig zu werden, doch egal wer da am anderen Ende der Leitung war, machte ihn wütend. Wir erhoben uns alle zeitgleich als mein Bruder kurz darauf zurückkam, besorgt wirkte und mich sofort an die Hand nahm.
„Es gab vorhin einen Ausbruch im Arkham. Wir müssen sofort hier weg!"
„Ausbruch?"
„Arkham?"
Ich wurde blass, taumelte und Bruce hielt mich nur noch fester.
„Er wird kommen", hauchte ich entsetzt.
Der Joker würde kommen und er würde mich mitnehmen... oder töten. Sofort hielt ich mir den Bauch. Er durfte mich nicht kriegen. Er durfte dieses Baby nicht kriegen!
„Alfred, bring sie durch den Tunnel raus, ich ziehe mich um!"
„Sie können nicht als Batman auftauchen. Wie verdächtig wäre es, dass Bruce Wayne nicht hier ist aber Batman ganz genau weiß, wo er sein muss und das so schnell?"
„Er hat recht, Bruce. Bleib bei mir!", sagte ich und fluchend zog er mich weiter, als der Alarm im Haus anging.
„Jemand ist im Haus", hauchte Nina entsetzt. „Wo sind die Wachen?"
„Die meisten haben frei wegen der Feiertage, der Rest scheint wohl nicht mehr da zu sein." Hastig wollte mein Bruder weiter, hielt mich dabei schützend dicht hinter sich, wo ich von Alfred und Nina abgeschirmt wurde. Weit kamen wir nur nicht, als da vor uns ein Haufen maskierter Männer in den Raum stürzten. Sie schossen an die Decke, schossen auf teure Vasen, auf den gedeckten Tisch. Ich schrie und ließ mich von meinem Bruder in eine Ecke drängen, so weit es ging fort von diesen Leuten, wo ich mich klein machte, versuchte zu verstecken, auch wenn Verstecken sinnlos sein würde.
„Hände hoch!", schrie einer der Männer. Ich erkannte ihn nicht, erkannte seine Stimme nicht. Dass diese Meute für den Joker arbeitete, war jedoch eindeutig. Skurrile Masken, bunte Outfits, verrücktes Benehmen.
Bruce war darauf aus, zu kämpfen. Er schlug einer der Männer ins Gesicht und Alfred half ihm. Nur Nina war auf die Knie gesunken, die Hände erhoben. Es war schlauer so. Alfred wurde nur schnell zu ihr geworfen und Bruce war als Batman sicher stark, aber wie viel konnte er davon zeigen? Wie viel konnte er ohne einen halbwegs schützenden Anzug bewirken? Alle waren bewaffnet und der einzige Grund, weswegen noch keiner geschossen hatte, war weil es wohl ein Befehl sein musste.
All das kam mir so furchtbar vertraut vor. Hier zu sein, zu sehen, wie Alfred blutete, die maskierten Gestalten.
Ich kam mir wieder wie das Kind von einst vor, das eine Waffe in der Hand hatte und zum ersten Mal tötete. Dieses Mal kauerte ich nur verängstigt in einer Ecke, hielt mir den Bauch und schloss kurz die Augen, als seine Stimme ertönte.
„Na, na, na, wenn Bruce Wayne stirbt, muss das weitaus spektakulärer verlaufen. Jemand wie du hat nicht das Recht, jemanden wie ihn zu töten." In seiner vollen Pracht schritt er in den Raum, drückte den maskierten Clown von meinem Bruder fort und stellte sich grinsend vor ihn hin.
Ich sah, wie er meinem Bruder ins Gesicht trat, Blut spritzte und mir wurde schlecht.
„Also, wo ist sie? Wo habt ihr sie versteckt?" Suchend blickte er sich im Raum um und fand mich zu schnell. Für einen Moment setzte mein Herzschlag aus. Da war er also. So viele Wochen getrennt von ihm und nun war er hier. Er sah aus wie immer, als wäre nie was gewesen. Bunter Anzug, Schminke, ein Messer in der Hand und mit diesem lief er auf mich zu.
Er hatte einen Blick drauf, als ob er mich abstechen wollte, als ob er mich häuten wollte.
Sicher wollte er das. Ich wusste, was in ihm vor sich ging, wenn er sauer war. Er liebte es, mich zu bestrafen. Er liebte es, mich aufzuschneiden. Mich zu quälen beflügelte ihn und dass ich hier war, bei meiner Familie, es verstimmte ihn. Selbst wenn ich nichts dafür konnte, machte es ihn rasend. Seine Wut würde unschön werden. All das hier würde unschön werden.
Panisch richtete ich mich auf, wusste nicht, wie ich ihn stoppen sollte, doch ich musste ihn stoppen. Selbst wenn er mich nicht aufschlitzen wollte, würde er grob sein, würde er harsch sein und das durfte er nicht. Es ging um das Baby. Ich musste das Baby beschützen.
Kurz bevor er mich erreichte, mich packen konnte, platzte es aus mir heraus.
„Ich bin schwanger!", rief ich leicht hysterisch. „Ich bin schwanger, bitte verletz mich nicht!"
Aloha :) Bisschen mehr Drama incoming. Das Nächste ist aus der Sicht des Jokers. Schreibt mir eure Meinung xx
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