41. Heimkehr
Bruce
Ich hatte sie gefunden. Aus reinem Zufall heraus hatte ich Ella gefunden und sie verloren.
Ich war von dem Autounfall angelockt worden und hatte herausfinden wollen, ob irgendein Krimineller des eindeutig gestohlenen Wagens noch draußen umherirrte, als ich sie gesehen hatte. Ich wusste nicht, was geschehen war, aber so verstört, panisch und aufgelöst wie sie gewirkt hatte, musste dieser Clown etwas Schreckliches getan haben. Natürlich hatte er das. Sie war seine Gefangene. Er hatte sie entführt und hielt sie bei sich. Von dieser Tatsache wurde mir immer noch schlecht. Ausgerechnet der Joker. Ausgerechnet mein schlimmster Gegner, die verrückteste Person, die mir je begegnet war. Was wollte er von meiner kleinen Schwester? Wieso sie? Von all den Frauen dieser verfluchten Stadt, wieso sie?
Alfred hatte mir ja erzählt, wie fasziniert er von ihr gewesen war, dennoch verstand ich es nicht. Dann hatte sie als Kind jemanden erschossen, und weiter? Reichte das aus, damit er sie festhält und foltert oder ihr sonst was antut? Es musste doch irgendeinen Sinn dahinter geben. Der Joker wirkte auf mich nicht wie jemand, der lange Freude an einer Person hatte. Ich hatte immer angenommen, er würde seine Gefangenen etwas foltern und dann töten, aber sie war schon sehr lange bei ihm und wirklich zugerichtet hatte sie auch nicht ausgesehen. Sie war zwar am Weinen gewesen und mir waren auf dem ersten Blick Blaue Flecken aufgefallen, aber sie hatte noch alle Gliedmaßen gehabt und so wie ich es verstand, arbeitete sie sogar in seinem verfluchten Club. Was genau wollte er also von ihr?
Ich konnte nicht vergessen, wie himmlisch es gewesen war sie gehalten zu haben. Sie hatte mich erkannt. Sie hatte mich einfach erkannt. Trotz der Maskierung hatte sie mich nach all den Jahren erkennen können. Sie gehalten zu haben hatte kurz ein Stück meiner Seele wieder ganz werden lassen. So lange hatte ich geglaubt, mein letztes bisschen Familie verloren zu haben und nun war sie da gewesen und ich hatte sie nur mal wieder im Stich gelassen. Ich hätte sie mit mir nehmen sollen anstatt zu gehen.
„Ihr hättet nichts anders machen können", sagte Alfred, der hinter mich trat, ganz genau wusste, wie sehr mein Versagen mich plagte. „Ihr hättet es Euch auch nicht verziehen, Hilferufe zu ignorieren."
„Ich habe mich gegen meine Schwester entschieden."
„Ihr habt Euch nicht gegen sie entschieden. Ihr hattet geglaubt, dass sie die paar Minuten sicher wäre. Ihr hättet nicht ahnen können, dass der Joker sie so schnell findet und das ohne, dass Ihr es bemerkt."
„Es ändert nichts, aber ich habe genug", sagte ich grimmig und wandte den Blick vom Zimmer meiner Schwester ab. Unberührt lag es da, all die Jahre nun schon, aber das wars. Es reichte. Ich spielte nicht länger nach den Regeln des Clowns. Ich hatte gewartet, ich hatte Ella zu oft im Stich gelassen.
„Du kannst Nina sagen, dass das Zimmer für Ella hergerichtet werden kann. Ich hole sie nach Hause, Alfred."
„Und wie genau stellt Ihr Euch das vor?"
„Ich weiß, wo der Joker seinen Club hat, Zeugen haben bestätigt, dass sie ab und an dort ist, meistens nur noch, wenn er dort ist. Ich werde sie also mitnehmen."
„Das klingt gefährlich."
„Und deswegen werde ich Hilfe brauchen."
In meiner Rolle als Batman suchte ich in der Nacht das Polizeipräsidium auf. Ich würde eine größere Ablenkung brauchen, wenn ich an Ella herankommen wollte. Leicht würde es sicher nicht werden, zumindest nicht, wenn ich sie unversehrt mitnehmen will und das am besten auch überlebe. Ich würde alle Wachen von ihr fernhalten müssen und ein Eindringen der Polizei könnte mir verhelfen.
„Ich habe wichtige Spuren, um Ella Wayne zu retten", sagte ich an Gordon gerichtete, die einzige Person, der ich halbwegs vertraute. Gordon war Polizist mit Leib und Seele. Er war wohl einer der wenigen Personen dieser Stadt, die sich nicht bestechen lassen würden. Er blieb sich treu, er wollte die Stadt zu einem besseren Ort machen. Deswegen war er meine Hoffnung. Er würde mir helfen.
„Den Club des Jokers zu durchsuchen ist riskant", sagte Gordon zögernd, als ich ihm meinen Plan schilderte. „Der auf dem Papier stehende Besitzer hat nichts verbrochen, damit wir eine offizielle Durchsuchung so schnell bekommen könnten."
„Und der Verdacht auf die Gefährdung einer Person reicht nicht?"
„Wenn es Beweise für diesen Verdacht geben würde, schon. Gibt es denn Beweise?"
„Wie wäre es mit Zeugenaussagen?"
„Wir bräuchten einen sehr guten Zeugen", merkte Gordon immer noch etwas kritisch an, auch wenn er bereit wäre, zu helfen. Er glaubte nicht daran, den Joker bei so einer Gelegenheit zu schnappen. Den Joker zu schnappen war beinahe unmöglich. Aber Gordon schien Ella retten zu wollen. Ein unschuldiges Mädchen aus den Händen der Tyrannei zu befreien war ihm wichtig. Ich durfte nur hoffen, dass der Joker unsere Pläne nicht durchschaut, dass er an diesem Abend weit genug von ihr entfernt sein würde.
„Den werde ich besorgen."
Ich hatte die Männer des Jokers lange beobachtet. Ich wusste, welcher von ihnen wann wo zu finden war. Genug verfolgen, um herauszufinden, wo das Versteck des Jokers war, hatte ich keinen bisher können. Die wenigstens zogen sich dorthin zurück und die, die es vermutlich taten, fuhren absichtlich so, dass jeder Verfolger abgehängt wurde. Sie waren vorsichtig. Alles andere würde den Tod für sie bedeuten. Dennoch hatte ich einen von ihnen ausgemacht, der mir etwas rebellischer vorkam, der von den Worten, die ich hin und wieder aufgeschnappt hatte, so wirkte, als hätte er ein Problem mit dem Clown und genau deswegen würde er mein Ziel sein. Jeder, der Zweifel oder auch nur den Funken der Abneigung gegenüber dem Joker zeigte, war nützlich.
Ich lauerte ihm auf, als er den Club verließ. Entspannt und ohne irgendeiner Sorge im Leben schlenderte er zu seinem Wagen, als ich ihn packte und mit mir nahm.
„Du arbeitest für den Joker", sagte ich bedrohlich, als ich ihn in der nächsten leeren Gasse gegen die Wand drängte. Mit großen Augen sah er mich panisch an, offenbar wäre ihm nie in den Sinn gekommen, einfach so vom Batman geschnappt zu werden. Diese Kriminellen fühlten sich zu sicher, wenn sie für die Großen arbeiteten.
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst", röchelte er, da ich meine Hand gefährlich an seinem Hals drückte.
„Keine Spiele. Du bist Steve Bolten, du bist 28 Jahre alt und arbeitest bereits eine ganze Weile für den Joker. Ich weiß auch, dass du kein großer Fan von deinem Boss bist."
„Hast du den Typen mal angesehen? Natürlich bin ich kein Fan von ihm!", sagte er aufgebracht, als ich meinen Griff etwas lockerte.
„Was weißt du über das Mädchen bei ihm? Ella Wayne."
„Die Kleine ist wie seine verfluchte Marionette. Sie macht alles, was er will, sie vertraut ihm blind. Er hat sie völlig zerstört."
Das werden wir ja sehen.
„Du magst sie", stellte ich fest, da er diese Dinge mit einer gewissen Verachtung aussprach, als würde er es einfach nicht begreifen wollen, als ob er versucht hätte, ihr zu helfen.
„Spielt keine Rolle. Ich bin nicht so blöd, dem Joker sein Mädchen zu stehlen."
„Wie bereit wärst du aber, sie zu retten?"
Steve zu knacken und alles an Informationen aus ihm herauszubekommen, war einfacher gewesen als angenommen. Seine Schwäche für meine Schwester und seine Verachtung für den Clown hatten mir geholfen.
Ich verfluchte mich dafür, nicht früher mit so drastischen Schritten gehandelt zu haben, aber nun stand der Tag fest. Nächstes Wochenende würde ich Ella zurückholen. Der Joker würde da angeblich im Club sein, Gordon würde nach Steves Aussage helfen und dann wäre sie weder daheim. Nach all den Jahren.
„Ich habe mir die Freiheit genommen, einige gute Psychologen zu suchen", sagte Alfred, nachdem ich ihm alles erklärt hatte.
„Psychologen?"
„Ella war viele Jahre in Gefangenschaft. Sie wird Hilfe brauchen."
„Eigentlich will ich sie nur nehmen und die Stadt ganz schnell verlassen."
„Was vielleicht weniger leicht sein wird, als Sie es annehmen", sagte Alfred. „Erst sollten Sie ihr helfen und Zeit geben, zu realisieren, dass sie frei ist. Dr. Georg Herbst ist ein exzellenter Kandidat. Er kommt aus der Schweiz, hat an den verschiedensten Universitäten..."
„Eine Frau wäre mir lieber. Sie wurde von Männern entführt und ihr wurde sonst was angetan", sagte ich, wollte es mir gar nicht vorstellen müssen. Wenn der Joker sie angerührt hat... es fiel mir sehr schwer, vor Wut nicht alles zu zerstören. Ich würde ihn dafür noch kriegen. Ich würde ihn büßen lassen!
„Wie wäre es dann mit Dr. Doris Campbell? Sie ist sehr talentiert und hat so einige Auszeichnungen gewonnen. Sie kennt sich besonders mit der Traumbewältigung aus."
„Kontaktiere sie. Sie muss jedoch wissen, dass alles diskret gehandelt wird. Sie wird gut bezahlt werden, aber muss absolutes Stillschweigen bewahren."
„Das lässt sich ausrichten", sagte Alfred, der mich anlächelte. „Ich kann nicht glauben, dass sie zurückkommt." Er wirkte kurz den Tränen nahe und ich lächelte ihn aufmunternd an. Ich konnte es auch nicht glauben, aber sie würde bald wieder hier sein.
„Bald wird endlich alles gut werden."
Aloha :) Es ist super kurz, aber es soll einfach ein kleines Zwischenkapitel sein, wie es mit Bruce weitergegangen ist und dieser hat ja ein paar nette Pläne geschmiedet xx
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