39. Verlorenes Mädchen

Das Auftauchen Batmans brachte Konsequenzen mit sich. Ich durfte wieder seltener nach draußen. Genauso schnell, wie meine kurze Freiheit gekommen war, war sie nun wieder fort und ich fand mich öfters als es mir lieb war allein im Haus wieder. Der Joker hatte diesbezüglich einiges zu klären und ging selbst nicht in den Club und wenn er doch einmal dort hingehen musste, dann ohne mich. Er wollte nicht sofort wieder alles riskieren. Vielleicht würde mein Leben ja ruhiger werden, wäre die Fledermaus erst fort? Ich dachte oft daran zurück, wie schräg meine Begegnungen mit dem Rächer Gothams waren. Irgendwas an ihm wirkte vertraut. Vielleicht war es einfach sein Ruf und dass man sich sicher bei ihm fühlen sollte, wenn man unschuldig war, aber da musste mehr sein, immerhin sollte ich mich eben nicht sicher bei ihm fühlen. Er wollte mich aus meinem Leben reißen, er wollte mich vom Joker trennen und das war nicht gut! Ich war nicht mehr perfekt. Ich hatte Fehler begangen, ich hatte schlimme Dinge getan. Wer sagte mir schon, dass Batman mir wirklich helfen wollte? Vielleicht wollte er mich auch einfach nur wegesperren.

Ich versuchte mich abzulenken, in dem ich weiter Schießen übte, weiter Zeit mit den Männern des Jokers verbrachte, die ich mochte. Sie lenkten mich tagsüber gut ab und jede Nacht wartete ich auf die Rückkehr des Jokers und er belohnte mich für meine geduldige Ader mit ganz viel körperlicher Nähe. Es war auf diese Weise erträglich, zumindest für eine kurze Weile. Lange würde ich das so nicht mehr mitmachen, bevor ich wieder durchdrehen und am Ende einen Fehler begehen würde, weil meine rebellische Art mit mir durchging; aber fürs erste benahm ich mich.

So wartete ich nun auch wieder einmal auf seine Rückkehr. Draußen regnete es in Strömen und da mir zu kalt gewesen ist nur ein Hemd des Jokers zu tragen, hatte ich mir einer meiner wenigen Schlafanzüge angezogen, saß nun auf dem Bett und starrte ungeduldig die Türe an. Wo war er nur? Er hatte versprochen, vor Mitternacht da zu sein und nun war es kurz nach eins. Ob ihm was geschehen war? Ich wurde nervös und je mehr Zeit verstrich, umso schlimmer wurde es. Was wäre, wenn Batman ihn erwischt hätte oder irgendwas schief gegangen war, er nun verletzt oder tot wäre? Meine Gedanken gingen mit mir durch. Ich wusste, es war albern. Sicher war alles gut und er war nur wie üblich zu vertieft in seine Geschäfte. Wenn er kommt, würde er meine Sorgen mit einem genervten Seufzen und dem Verdrehen seiner Augen abtun und mich anschließend tadeln, weil ich einen Schlafanzug trug. Er hasste es, wenn ich zum Schlafen irgendwas anderes trug als eines seiner Hemden. Am liebsten wäre es ihm wohl, wenn ich einfach immerzu nackt wäre, aber das konnte er vergessen.

Nein, ich konnte nicht länger ruhig warten. Wenn er noch länger weg sein würde, brauchte ich Ablenkung. Ich erhob mich mit diesem Vorhaben und verließ das Zimmer. Ich würde mir einen Tee machen, diesen in Ruhe trinken und wenn er dann immer noch nicht da wäre, würde ich schlafen. Dann würde es eben keinen Sex für ihn heute geben! Ich hatte es satt immer auf ihn warten zu müssen. Dann könnte er sich ruhig selbst bespaßen, aber ich würde ihm dabei nicht helfen. Mit dem Entschluss stampfte ich in die Richtung der Küche, als ich da ein Kichern hörte. Ich hielt von dem Geräusch an und lauschte nur noch angestrengter. Das Haus war um diese Zeit beinahe totenstill, dass ich also jemanden kichern hörte, war seltsam. Das war eine Frau. Eine Frau kicherte hier. Hier waren nur keine Frauen im Haus. Abgesehen von mir und der Putzkraft gingen hier keine Frauen ein und aus und kaum kicherte die Frau wieder, erkannte ich die Stimme und meine Hände ballten sich zu Fäusten. Heather. Was tat sie hier? Im Grunde konnte ich mir die Antwort gut zusammenreimen und das machte mich wütend. Also war der Joker zu spät, weil er Zeit mit ihr verbrachte? Ich wartete wie eine Idiotin in unserem Zimmer, weil er bei ihr war?

Vorsichtig näherte ich mich der Türe zu seinem Büro, die nicht ganz geschlossen war und wo die beiden sich wohl befanden. Ich wollte wissen, was hier vor sich ging und wünschte mir gleich, es einfach sein gelassen zu haben, niemals dieses Zimmer verlassen zu haben. Kaum lugte ich durch den Spalt in den Raum hinein, sah ich Heather, wie diese auf dem massiven Schreibtisch saß und der Joker zwischen ihren Beinen stand. Er war ihr dabei so nahe, dass mein Herz kurz zu Schlagen aufhörte. Verführerisch lächelte sie ihn an, hatte den Kopf schiefgelegt, während er seine Finger feste in ihre nackten Oberschenkel bohrte. Sie trug ein viel zu kurzes Kleid und er einer seiner glitzernden Anzüge. Ich musste nicht mehr sehen, um zu wissen, was hier vor sich ging oder eher, was gleich geschehen würde, und dennoch konnte ich meinen Blick nicht losreißen. Geschah das wirklich? Es konnte nicht geschehen und doch sah ich den Beweis direkt vor mir.

„Wieso sollte ich dir die Informationen geben?", fragte Heather mit einer süßen Stimme. „Ich kann dir nicht vertrauen. Du spielst deine kleinen Spiele. Wer sagt, dass du uns nicht alle eigentlich hintergehst? Du fickst die kleine Wayne, wer sagt, dass du nicht irgendeinen Deal mit ihr hast?"

„Wieso sollte ich? Ich spiele meine Spiele liebend gern, du sagst es selbst. Das alles ist nur ein Spiel und sie ist ein nettes Spielzeug", erwiderte der Joker beinahe schnurrend und ich blinzelte ganz verdattert. Spielzeug?

„Für ein Spielzeug scheint sie dir nur sehr wichtig zu sein. Du klebst regelrecht an dem jungen Ding, du benimmst dich wie ein Wachhund in ihrer Nähe." Heather verengte skeptisch die Augen.

„Das ist sie in keiner Weise. Ich erschleiche mir nur ihr Vertrauen und sie gibt mir alles, was ich haben will, sie macht alles, worum ich sie bitte. Ich verdrehe ihr nur den Kopf und mache sie zu meinem Besitz."
„Dummes Mädchen", kicherte Heather und ich glaubte zu fühlen, wie mein Herz zerbrach. Ich presste mir eine Hand vor den Mund, um keinen Laut von mir zu geben und wich von der Türe weg, neben die Wand, um bloß nicht gesehen zu werden.

„Aber es ist witzig zu sehen, wie die Tochter des großen Wayne die persönliche kleine Schlampe von jemanden wie dir geworden ist. Du könntest sie weiter demütigen, sie weiter entehren. Wenn du keine Lust mehr auf sie hast, kenne ich ein paar gute Lusthäuser, wo du mit ihr gutes Geld verdienen kannst. Sicher werden genug Männer liebend gern die kleine Schwester von Bruce Wayne haben wollen und so dumm wie die Kleine ist, wird sie das sicher liebend gern für dich machen", sagte Heather weiter und mehr konnte ich nicht hören. Mehr ertrug ich einfach nicht zu hören. Ich wich immer weiter von der Türe weg und erst als ich mir sicher war, dass keiner mich gehört hatte, fing ich zu Rennen an.

Ich musste weg. Ich musste ganz schnell weg von hier. Die Worte der beiden kreisten in meinem Kopf herum und zerstörten mich auf eine Weise, die mir die Luft zum Atmen nahm, die meinen Kopf zum Drehen brachte, von der ich kaum klar sehen konnte, so viele Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ein Spiel. Das war alles ein Spiel. Hätte ich es nicht wissen müssen? Ich hatte es ja immer irgendwie befürchtet, nur war ich tatsächlich so naiv gewesen ihm zu vertrauen, meine Ängste abzulegen, mir einzureden, in Sicherheit zu sein.

Ich musste kurz stoppen und verkrampfte mich, als ich glaubte, mich übergeben zu müssen. Ich krümmte mich, doch ich schaffte es mich zusammenzureißen. Ich rannte weiter, direkt in die Garage, wo ich den drei Männern, die Karten spielten, keine Möglichkeit gab mich richtig wahrzunehmen, da hatte ich mir schon einen Autoschlüssel geschnappt und rannte auf das passende Fahrzeug zu. Ein roter Porsche. Auffällig. Zu auffällig, aber es war mir gleich. Ich wollte nur weg. Ich musste weg. Wenn ich jetzt nicht fliehe, würde ich nie wieder gehen. Er würde mich festhalten und töten, weil ich seine Absichten herausgefunden hatte, oder er würde mich wirklich in ein Bordell verfrachten und zwingen, für ihn Geld zu verdienen.

Ich schluchzte auf von dieser schrecklichen Vorstellung und stieg ein, verriegelte die Türen, als die Männer mir nacheilten. Gut, jetzt war das einzige Problem, dass ich immer noch keine Ahnung hatte, wie man ein Auto fuhr. Ich hatte hier und da halbwegs zugesehen, aber eine wirkliche Ahnung hatte ich dennoch nicht.

Ich schaffte es den Motor zu starten, nachdem ich mich angeschnallt hatte und sah hilflos zu den vielen Knöpfen und Schaltern. Ich sah zu den verschiedenen Buchstaben und entschied mich für das R. Ich drückte auf eines der Pedale und das Auto fuhr in rasender Geschwindigkeit nach hinten, krachte durch das geschlossene Garagentor und ich schrie um mein Leben, drückte auf das andere Pedal und das Auto stoppte ruckartig. Ich sah zu dem Chaos, das ich veranstalte hatte, wollte jedoch nicht zu viel darüber nachdenken.

Ich schaltete und drückte wieder aufs Gas, fuhr raus aus dem Gelände. Es war leichter als gedacht das Auto zu fahren, die einzige Schwierigkeit war nur die Kraft des Fahrzeugs und dass ich keine Ahnung von den Straßenverkehrsordnungen hatte. Ampeln waren ja klar, der Rest eher weniger und da ich auf der Flucht war, konnte ich auch eher weniger Rücksicht auf rote Ampeln nehmen. Ich fuhr fast so verrückt wie der Joker durch die Straßen der Stadt, durch den Regen hindurch und sah dabei immer weniger. Je nasser meine Scheibe wurde, umso weniger erkannte ich und leider hatte ich absolut keinen Schimmer, wie man die Scheibenwischer anschaltete.

Es kam wie es kommend musste und ich krachte in ein Auto hinein. Meine Begegnung mit meinem Airbag war unschön. Ich glaubte Blaue Flecken in meinem Gesicht bekommen zu müssen von dem Aufprall und kurz dachte ich sogar, Nasenbluten zu kriegen, aber so war es nicht. Ich kam mir etwas benebelt vor und war froh, dass ich nicht ganz so schnell im Moment des Aufpralls gewesen war, kurz vorher wegen der mangelnden Sicht etwas abgebremst hatte, sonst wäre das hier sicher schlimmer ausgegangen.

Ich verließ das Auto, stand nun barfuß in einem kurzen Schlafanzug im Regen auf der Straße und sah ganz panisch zu dem verärgerten Fahrer des anderen Autos. Ich hatte keine Zeit mich mit so etwas zu befassen. Ich musste fort, bevor er mich finden würde. Ich hatte zu viel Aufmerksamkeit auf mich gelenkt. Er würde das Wrack finden und sicher suchte er mich längst. Meine Flucht konnte kaum unbemerkt geblieben sein. Ich rannte deswegen fort, wahllos durch die Straßen und Gassen der Stadt. Wo sollte ich hin? Innerhalb von Minuten war ich durchnässt und ich zitterte wie verrückt vor Angst und Kälte und weil mein Körper von dem kleinen Unfall schmerzte. Ich könnte zu Fiona, aber da würde er als erstes nach mir suchen. Ich kannte außer ihr niemanden in dieser Stadt und diese Tatsache ließ mich so allein fühlen, dass ich weinend in einer leeren Gasse zu Boden sank. Ich zog meine Knie an, schlang meine Arme um diese und weinte bitterlich. Ich kam mir gefangen in einem Albtraum vor. Sicher war ich schlafen gegangen und nichts hiervon war echt geschehen. Der Joker hatte mich nicht nur benutzt, er war nicht kurz davor Heather zu ficken und tat dies sicherlich auch nicht seit längerem. Alles war gut... nichts war gut.

Ich schluchzte auf, konnte das alles nicht fassen. Meine Blödheit kostete mich alles. Nun würde er mich umbringen oder verkaufen oder foltern oder vergewaltigen lassen. Wie hatte ich ihm nur vertrauen können? War ich wirklich so naiv? Ich hätte rennen müssen. Ich hätte längst rennen müssen.

„Nein, nein, nein", sagte ich, raufte mir mein nasses Haar, wollte so nicht denken, aber ich hatte es gehört. Ich hatte dieses Gespräch gehört. Ich musste aufhören mich meiner erbärmlichen Illusion hinzugeben und ich hatte der Realität entgegenzublicken. Er hatte mich ausgenutzt, ich hatte ihm alles von mir gegeben und ich hatte ihn damit bestens unterhalten. Was sollte ich nur jetzt machen? Ich konnte nicht auf der Straße bleiben. Ich hatte nichts. Kein Geld, keine Klamotten, nichts. Ich dachte an Bruce und mein Haus und die Entscheidung war damit eigentlich gefallen. Ich musste aufhören vor meiner Vergangenheit zu fliehen. Wenn ich leben wollte, würde ich zurück nach Hause müssen. Würde ich nicht gehen, würde ich sterben. Nur wie sollte ich von hier aus zurückfinden? Ich hatte keine Ahnung, wo ich war.

Mit etwas an neuer Stärke erhob ich mich und wollte mich suchend umsehen, als ich nur bemerkte, wie ein Mann sich mir ganz unauffällig genähert hatte.

„Hast du dich verlaufen, kleines Mädchen?", fragte er belustigt und ich sah ängstlich zu ihm. Er trug einen schwarzen Hoodie, wo die Kapuze viel von seinem Gesicht verbarg. Er war größer als ich, muskulöser und das reichte aus, um Angst vor ihm zu haben. Ich würde keinem Mann dieser Welt jemals wieder vertrauen und besonders nachts würde ich Abstand wahren.

„Bleib stehen!" Ich versuchte standhaft zu wirken, aber meine Stimme war brüchig und ich sah sicher alles andere als gefährlich aus. Ich sah eher wie eine verrückte Obdachlose aus, so wie ich hier im strömenden Regen stand.
„Oder was?", fragte er, näherte sich mir auch weiter.

„Oder du wirst es bereuen!" Ich war nicht diejenige, die diese Worte aussprach und ähnlich wie der fremde Mann erstarrte ich von der dunklen Stimme Batmans, die hinter mir ertönte. Der Mann löste sich zuerst aus dieser Stare und rannte so hastig weg, als ob der Teufel hinter ihm her wäre. Die Fledermaus machte sich nicht die Mühe ihm zu folgen und mit großen Augen drehte ich mich zu dem Dunklen Retter um. Da war er. Mal wieder. Mal wieder stand Batman vor mir, mal wieder hatte er mich in dieser Stadt finden können und das war das erste Mal, dass ich ehrlich froh war ihn zu sehen.

„Du", hauchte ich, wusste nicht, ob ich lachen oder wieder weinen sollte. Er würde mich nach Hause bringen können. Er würde mich vor dem Joker beschützen können. Ich war in Sicherheit. Batman hatte mich nie vor Gregorio retten können, aber nun würde er mir helfen. Nun war er mein Retter.

„Was machst du hier? Hat dir irgendwer was angetan? Bist du verletzt?", fragte die Fledermaus überaus besorgt nach und ich schüttelte den Kopf, sah ihn entgeistert an. Irgendwas an ihm irritierte mich für einen Moment. Ich sah ihn an, ich sah ihn richtig an und war etwas perplex.

„Bruce?" Ich wusste nicht, wieso ich das sagte, aber ich sah das maskierte Gesicht an und aus einem ganz absurden Grund schien alles Sinn zu machen. Wieso er mir so vertraut vorkam, wieso er mich so dringend suchte, wie er sofort gewusst hatte, wer ich gewesen bin, als er mich in der Halle damals gesehen hatte. Ich sah ihn an und das, was von seinem Gesicht zu erkennen war, erinnerte mich so sehr an Bruce. Es war albern, immerhin hatte ich meinen Bruder seit Jahren nicht mehr gesehen, aber sein Gesicht war etwas gewesen, das ich in dieser Zeit so sehr in meiner Erinnerung abgespeichert hatte, das ich ohne Erinnerungsfotos in meinen Gedanken abspeichern musste. Er wirkte so vertraut. Alles an ihm wirkte so vertraut. Seine Statur, die Art, wie er sich um mein Wohlergehen erkundete.

„Du bist es", hauchte ich, da er kurz ganz perplex wirkte, richtig erschüttert, dass ich ihn erkannt hatte. Ich konnte es nicht fassen. Mein Bruder. Er war hier. Er war Batman. Er war der verfluchte Batman.

„Wie..."
„Du bist hier", schluchzte ich und warf mich praktisch in seine Arme, wo er mich, ohne zu zögern, festhielt, mich so stark an sich drückte, dass ich drohte zerquetscht zu werden, aber es war mir gleich. Er hielt meine Welt zusammen. Er hielt mich ganz. Er war wieder da. Nach all den endlos langen Jahren war er wieder da. Ich erinnerte mich gar nicht mehr daran, wann ich ihn das letzte Mal so umarmt hatte.

Eine enorme Last fiel von mir. Kurz war alles vergessen. Der Schmerz, die Angst, meine traumatische Vergangenheit. Kurz war ich wieder das kleine Mädchen von einst und ich war sicher in den Armen meines großen Bruders.

„Du bist tatsächlich hier, du hast mich gefunden, du... du..."
„Psht, alles wird gut, ich bringe dich nach Hause. Ich bringe dich fort von hier. Er wird dich nie wieder kriegen. Ich lasse nicht zu, dass dir irgendwer jemals wieder schaden wird", beruhigte er mich, sprach nun deutlich normaler und nicht mehr in der ganz so tiefen Stimme der Fledermaus.

„Er sucht mich. Ich habe so eine schreckliche Angst. Er wird mich finden, ich weiß, dass er mich finden wird."
„Es wird alles gut werden, Ella. Ich habe dich und ich werde dich nicht wieder gehen lassen, ich verspreche es dir." Er sah mich eindringlich an und hilflos nickte ich, bis ich da nicht weit von hier Schüsse hörte und Schreie. Die Geräusche erfüllten die Nacht und verschreckt sah ich in die Richtung. Ich hörte Kinder weinen, eine Frau hysterisch nach Hilfe schreien und noch mehr Schüsse.

„Was geht da vor sich?"
„Die Polizei wird sich darum kümmern, ich bringe dich weg!"

„Aber da braucht jemand Hilfe", sagte ich und erschauderte, weil die Schreie lauter und panischer wurden, das Geräusch des weinenden Kindes mein Herz zerbrach. Ich wollte helfen, aber ich war keine Hilfe.

Bruce schien zu zögern und kapitulierte. Er war zu sehr der Held. Er konnte nicht weghören, wenn jemand ihn brauchte. Er drückte irgendwelche Knöpfe an seinem Anzug und packte mich dann an meinen Schultern, sah mich eindringlich an.

„Du wartest hier. Das Batmobil ist in drei Minuten da, du steigst ein und verriegelst die Türen, bis ich da bin, verstanden? Keiner wird es schaffen, dich aus diesem herauszubekommen, also bleib einfach ruhig, Ella!" Ich nickte und sah zu, wie er zu den Schreien eilte. Ich machte mich sofort wieder ganz klein in der Gasse, suchte Unterschlupf unter einer kleinen Überdachung und wartete auf das Erscheinen des Batmobils.

Diese Nacht war verrückt. Ich konnte nicht fassen, was hier alles geschah. Ich war vor dem Joker geflohen, ich hatte meinen Bruder wieder gesehen und herausgefunden, dass er Batman war. Das war alles so skurril. Wie konnte irgendwas davon wirklich geschehen? Bruce war Batman? Der Joker verarschte mich nur? Es war alles so irritierend, mir schwirrte schon richtig der Kopf.

Ich sah Scheinwerfer aufleuchten und atmete auf, doch die Erleichterung hielt nur zwei Sekunden, denn als Leute aus dem Auto stiegen und ich so realisierte, dass es nicht das Batmobil war, das da gekommen war, bekam ich Furcht. Er hatte mich gefunden.

Ich wollte nach Bruce schreien, aber kein Laut verließ meine Lippen. Ich rannte stattdessen los, in die andere Richtung, einfach nur fort von seinen Leuten.

In dem Moment, wo ich das Ende der Gasse erreichte, kam dort nur auch wieder ein Auto zum Stehen und ich knallte gegen Paul, der aus dem Van ausgestiegen kam, seine Arme eisern um mich schlang, bevor ich das Weite suchen konnte. Nun schrie ich doch. So hysterisch und laut, dass mein Bruder mich sicher hören musste, nur würde er nicht mehr rechtzeitig hier sein, denn da hatte Paul mich bereits in Auto getragen und dieses fuhr mit quietschenden Reifen los.

„Beruhige dich, Ella", sagte Paul und wickelte eine Decke um meinen durchnässten Köper, aber ich versuchte mich weiter zu wehren, strampelte wild um mich, so dass zwei Männer mich festhalten mussten, während er mich mühsam abtrocknete und in den Sitz schnallte.

„Er wird mich töten", schluchzte ich und keiner der Anwesenden sagte irgendwas dazu. Paul wirkte eher irritiert darüber, was wohl geschehen war, dass ich überhaupt das Weite gesucht hatte, aber er wagte es nicht, irgendwas zu sagen. Wie eine Gefangene wurde ich zurück zum Anwesen geschleppt und ich konnte nichts dagegen unternehmen.

Man brachte mich zu meinem Schlafzimmer, eingewickelt in der Decke, wo ich zitternd und weinend auch schon dem Joker gegenübertreten musste, der so zornig wirkte, wie ich es sehr selten erlebt hatte. Die Begleiter ließen mich mit ihm allein und ängstlich sah ich zu ihm, als er sich mir näherte, wo ich sofort panisch zurückwich. Was würde er nun machen? Ich stellte mir alle Horrorszenarien vor, die mir einfielen und noch mehr Tränen kamen mir. Wie hatte ich bis vor wenigen Stunden noch seine Nähe als wohltuend empfinden können? Ich fühlte mich verraten. Von ihm, von meinem Körper, der in seiner Nähe immer so erbärmlich schwach war.

„Bleib weg von mir!"

„Du fliehst, mitten in der Nacht, klaust eines meiner Autos, baust einen Unfall, versteckst dich bei strömenden Regen halbnackt in irgendeiner Gasse", sagte er ruhig, gefährlich ruhig und war zu meinem Erstaunen sogar stehen geblieben.

„Ich habe dich gesehen... mit ihr. Ich habe euch gehört." Ich atmete zittrig ein, blinzelte angestrengt meine Tränen weg, aber immer mehr neue kamen.

„Hast du das."
„Ich will nicht mehr bei dir sein. Ich will weg. Lass mich gehen. Du hattest deinen Spaß mit mir... lass mich gehen. Bitte, ich will nach Hause."
„Ich werde dich niemals gehen lassen!", stellte er rau klar, kam mir wieder näher und wirkte von meinen Worten so gereizt, dass ich Angst hatte, er würde mich angreifen oder bestrafen oder einfach irgendwas tun, was ich nicht wollte. Ich wollte nicht von ihm berührt werden, ich wollte Abstand, großen Abstand.

„Bitte", schluchzte ich. „Ich will nach Hause, ich will-"
„DU GEHÖRST MIR!", schrie er mich an, hatte den Abstand zwischen uns endgültig überbrückt und umgriff so schmerzhaft mein Kinn, dass ich aufschrie.

„Du gehörst mir und du wirst nirgendwo hingehen, niemals! Ich werde dich niemals gehen lassen!", wiederholte er sich nun wieder etwas ruhiger, griff mit einer Hand an meine Taille, wo er unter mein nasses Oberteil rutschte, meine Haut berührte und ich panisch wurde.

„Fass mich nicht an!", quiekte ich. „Ich will nicht von dir angefasst werden!"

Er hatte was gegen Vergewaltigungen und ich hoffte, dass das nicht auch nur eine Lüge gewesen ist, dass er genug Anstand haben würde, mich zu nichts dergleichen zu zwingen und erleichtert nahm ich zur Kenntnis, dass er mich losließ, ein Stück zurückwich. Meine Worte gefielen ihm in keiner Weise. Ich sah ihm an, dass er so einiges an Dingen mit mir tun wollte, aber er zügelte sich. Beinahe erwartete ich, dass er mich dann eben einfach quälen würde, um seinen sexuellen Frust anders herauszulassen, aber das tat er auch nicht.

„PAUL!" Ich sah zur Türe, als dieser eintrat, nervös zu seinem Boss sah.

„Ja, Sir?"
„Bring Ella auf ihr altes Zimmer. Ich habe Dinge zu erledigen und muss sichergehen, dass sie nicht flieht. Sie wird sich vermutlich wohler dort fühlen." Paul wies mir an, ihm zu folgen, packte mich dabei sanft aber bestimmend am Arm und wie in Trance ließ ich mich in mein altes Zimmer führen.

Er sperrte die Türe hinter sich zu und kaum war ich in dem dunklen, kalten Zimmer allein, brach alles über mir zusammen. Ich wollte mich aufs Bett werfen und weinen, aber ich hatte so eine Angst, was nun sein würde, dass ich mich lieber verstecken wollte. Ich kam mir wieder wie ein Kind vor, das sich aus Angst unter dem Bett versteckt hatte, denn genau das tat ich. Ich kroch unter das staubige Bett, kugelte mich dort mit der Decke um mich gewickelt zusammen und wartete. Ich wartete darauf, was nun sein würde, ich wartete darauf, dass Bruce mich vielleicht doch finden und retten würde, auch wenn ich wusste, dass er es nicht würde. Das war dann wohl das Ende. Hier in diesem Zimmer hatte ich damals gewusst, dass ich kurz davor stand, Teil der Verdammnis zu werden, würde ich bleiben, und nun war es so weit. Nun war ich wahrlich verloren.

Aloha :) Das Kapitel war hoffentlich interessant genug für euch xD Ella mal wieder auf der Flucht, eine neue Begegnung mit Batman und sein Geheimnis wurde gelüftet. Mal sehen, wie es nun weitergehen wird. Ich weiß nicht, ob ich in diesem Jahr noch ein Kapitel schaffen werde, aber ich versuche es. Bis dahin wünsche ich euch aber schöne Feiertage xx

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