3. 20 Millionen
Mir hätte klar sein müssen, dass Gregorio es nicht bei ein paar Schlägen belassen würde, mein Benehmen ihn einfach zu sehr verärgert hatte und die Quittung erhielt ich nun jeden Tag aufs Neue. Er ließ mich körperlich in Frieden, doch die seelische Folter war nicht unbedingt viel besser. Er sprach mit mir weitaus herablassender als je zuvor, war gemein, verletzend mit seinen Worten und das aller Schlimmste war wohl, dass ich mein Recht verloren hatte exklusiv für die Oberschicht in seinem Club arbeiten zu dürfen. Seit drei Tagen musste ich nun ausschließlich für die gewöhnlichen Bürger der Stadt Kellnern und es war brutal. Man wurde hier behandelt, als ob man rein gar nichts wert wäre. Die Gäste der einfachen Schicht waren anders gestrickt als die reichen, gefürchteten Geschäftsmänner, sie wollten in den Club, um Frauen abzuschleppen, sich kurz etwas wichtig und besonders zu fühlen, betranken sich aufs übelste und waren einfach keine angenehmen Gäste in irgendeiner Weise. Dadurch, dass ich Gregorios Mädchen war und ganz offensichtlich seinen Respekt verloren hatte, erging es mir besonders schwer in diesem Bereich des Clubs. Ich wusste nicht, ob ich Gregorio nun einfach ganz egal geworden war oder nicht, doch wäre ich ihm noch wichtig, dann würde er nicht zulassen, was ich hier durchzustehen hatte. Mit dem Wissen, wer ich war, konnte ich mir viele widerlichen Sprüche hier anhören, wurde ständig unerlaubt irgendwo angefasst, litt weitaus mehr als ich es sonst hier müsste. Ich hatte den Punkt erreicht, wo ich lieber sicher in meinem Zimmer wäre, gezwungen wäre mit Puppen zu spielen als das hier durchzustehen, hier zu arbeiten.
„Wie überlebst du das Tag für Tag?", fragte ich Fiona, als ich eine neue Bestellung an der Bar aufgab, diese dort antraf, die ebenfalls auf ihre bestellten Getränke wartete.
„Man gewöhnt sich dran, auch wenn ich noch nie so behandelt wurde wie du. Sei bissiger, wenn sie dir blöd kommen. Du bist immer noch Gregorios Mädchen, er wird dich kaum bestrafen, weil du dich währst."
„Wird er nicht? Er ist sauer, er bestraft mich hiermit, wenn ich ihm die Kunden vergraule, bin ich wohl endgültig Geschichte", sagte ich, doch ich wollte es mir nicht noch weiter verscherzen müssen. Das hier war mein Verdienst. Hätte ich einfach nicht gelacht, würde es mir nach wie vor gut gehen. Der Joker würde sich nicht ein Stück für mich interessieren, Gregorio wäre nicht verärgert worden und alles wäre gut. Aber nein, ich war ein Idiot, der einfach ganz unpassend das Lachen anfangen musste. Was stimmte auch nicht mit mir?
„Oh man, mir gefällt es nicht das mitanzusehen. Die behandeln dich hier schlimmer als irgendwen sonst, denken du wärst Freiwild oder so", sagte Fiona, die ihr Tablett mit den Getränken belud.
„Vermutlich bin ich das auch wirklich einfach", seufzte ich, doch ich hatte wohl meine Privilegien verloren, war wertlos geworden. Es war eine Frage von Tagen, bis ich wohl tot in irgendeinem Container liegen würde. Ob man mich dann als Ella Wayne identifizieren würde? Würde meine Familie dann endlich wissen, dass ich bis jetzt noch gelebt hatte, eingesperrt war all die Zeit? Würde ich wenigstens tot nach Hause kommen? Ich schüttelte leicht den Kopf, nahm das Dutzend an Shots auf mein Tablett und lief vorsichtig mit der Bestellung zu meinem am meisten verhassten Tisch. Er lag etwas Abseits, war eine Sitzecke, in der vier Kerle saßen, die jetzt schon völlig betrunken waren, mich mehr anfassten als sonst jemand hier, deren Sprüche und Bemerkungen mir den Magen umdrehen ließen, doch wie konnte man nur so respektlos sein? Hassten diese Kerle Frauen grundsätzlich so sehr oder fühlten sie sich in ihrer Männlichkeit uns einfach restlos überlegen? Egal was es auch war, es war widerlich und ich wünschte mir sehr, dass jemand ihnen irgendwann zeigen würde, was für Schweine sie doch sind.
„Ah, da ist unser heißer Feger ja", lallte einer von ihnen, als ich sie erreichte, wo ich mir nicht einmal mehr die Mühe machte zu lächeln, es einfach nicht mehr konnte.
„Fuck, Hübsche, du solltest ein paar von denen trinken und lockerer werden, deine Blicke sind ja böse", sagte nun der Nächste, als ich das Tablett abstellte, mich daran zu schaffen machte, die Gläser auf den Tisch abzustellen Stück für Stück.
„Ich darf nicht während der Arbeit trinken", sagte ich, hoffte sie würden das wenigstens kapieren, doch natürlich taten sie es nicht. Schwachköpfe.
„Wir verraten es auch keinem", sagte einer von ihnen und ich zuckte zusammen, als mal wieder unerlaubt eine Hand an meinem Po landete, schlug sie weg, brachte die Kerle zum Lachen und verschüttete dabei aus Versehen einer der Getränke.
„Schätze um das gut zu machen, musst du nun bleiben", lachte einer dreckig, zog mich kurzerhand zu sich auf den Schoß und augenblicklich überkam mich blanke Panik, doch er sollte die Finger von mir lassen!
„Lass mich los!", sagte ich überfordert mit der Situation, hasste es, dass man hier hinten nicht so sehr im Blickfeld stand, dass in dieser Stadt jeder nur an sich selbst dachte, niemand einem je helfen würde.
„Nicht so stürmisch, wir wollen doch nur deine reizende Gesellschaft genießen", sagte der Kerl, der mich hielt und ich merkte, wie mir die Tränen kamen, als der Typ neben ihm seine Hand auf meinen nackten Oberschenkel legte, nach oben strich und ich wollte mich strampelnd losreißen, doch sie waren mir überlegen, stärker als ich und es interessierte sie nicht, dass ich das nicht wollte, denn in ihren Augen besaß ich wohl einfach keine Rechte.
„Du musst immer noch für das Verschütten hier bezahlen", lachte einer der anderen Kerle und die anderen stimmten laut mit ein.
„Drück ihren Kopf runter, dann kann sie gleich anfangen ihren süßen Mund für was sinnvolles zu benutzen als nur zu jammern", sagte der Kerl neben mir und ich strampelte nur noch wilder, als ich den Sinn seiner Worte verstand, merkte, wie ich am Kopf gewaltsam heruntergedrückt wurde, klammerte mich an der Tischplatte fest, drückte dagegen an, hatte furchtbare Angst, kam mir schwach und erbärmlich vor, als es plötzlich laut knallte. Ich hörte die Männer schreien, ihre Griffe lockern, hörte weitere Schüsse abgefeuert werden, schrie auf, als mir Blut ins Gesicht spritzte, ich vom leblosen Körper einer der Typen auf dessen Schoß gedrückt wurde, glaubte in einer meiner ehemaligen geliebten Horrorfilme gelandet zu sein, doch das alles fühlte sich wie ein schlimmer Albtraum an. Was war hier los? Ich verstand langsam gar nicht mehr, wollte am liebsten wegrennen, doch wohin könnte jemand wie ich schon rennen?
Ich merkte, wie jemand meine Hand ergriff, mich unter dem Tisch weg von dem Chaos, dem Blut, den Toten zog und ich sah verschreckt zu niemand anderem als den Joker, der mir auf die Beine half, seine Waffe wegsteckte. Er hatte mich gerettet. Er hatte diese Mistkerle erschossen, um mich zu retten. Ich öffnete den Mund, schloss ihn gleich wieder, war überfordert mit der Sache, wusste nicht, was ich sagen oder denken sollte, sah verwirrt an ihm vorbei, wo ich bemerkte, wie andere Gäste weggerannt waren, ihnen das hier zu viel des Guten war und ich begriff immer mehr, dass die Jungs tot waren, alle vier waren sie tot, fort, ausgelöscht.
„Mitkommen!", sagte er, ergriff mit seiner von einem Handschuh bedeckten Hand meine, zog mich mit sich und ich war zu perplex, um zu widersprechen, kam mir ganz benebelt vor, als ob das alles vielleicht doch nur ein wirrer, schräger Traum war, nicht mehr und nicht weniger als das. Er führte mich durch den Club, weiter zur Türe, die ins Anwesen führte, wo sich schon die Wachen uns in den Weg stellten.
„Sie haben ihr keine Erlaubnis durchzugehen."
„Und die Kleine auch nicht?", fragte der Joker kühl, wo der Blick der Wache auf mir fiel, er überfordert wirkte.
„Sie kann durch, aber Ihnen..."
„Ich lasse sie nur nicht allein gehen, also entweder lässt du uns beide durch oder ich nehme sie mit mir und dann darfst du deinem Boss erklären, wo sein Goldstück hin verschwunden ist", drohte der Joker ihm, schien eine Wirkung zu erzielen. Die Wachen tauschten unsichere Blicke miteinander, hätten wohl bei jedem anderem nicht so schnell nachgegeben, doch der Joker war nicht irgendwer und so ließen sie uns passieren, weiter in den für alle Fremden verbotenen Teil des Hauses, meinem persönlichen Käfig.
Ich kam mir seltsam orientierungslos an der Seite des Clowns vor und das obwohl ich mich hier bestens auskannte, zumindest besser als er. Mein Kopf war so leer und doch auch so voll. Ich hatte das Gefühl, als ob ein Chaos in mir drinnen ausgebrochen wäre und ich war unfähig dieses zu richten, klar zu denken.
„Wo ist dein Zimmer?", fragte er mich, nachdem wir einige Schritte durch den Gang liefen, er meine Hand nach wie vor in seiner dabei hielt. Es war seltsam, dass diese Geste mich sicher fühlen ließ, doch wieso fühlte ich mich sicher bei ihm? Er war ein Mörder, psychisch gestört, völlig verrückt, krank und musste dringend eingewiesen werden, doch er hatte mir den Hintern gerettet. Wieso hatte er das getan? Wieso war er da gewesen? Oh, noch mehr Fragen, die mir den Verstand raubten.
„Das zweite rechts", sagte ich, war verwundert, wie leise und schwach meine Stimme klang. Es war als hätte mich alle Kraft verlassen und wie eine Puppe ließ ich mich weiter in mein Zimmer führen, wo der Joker stehenblieb, kaum traten wir ein. Ahja, ich hatte fast vergessen, dass Fremde es wohl leicht irritierend finden könnten zu sehen, dass mein Zimmer ein verdammtes Kinderzimmer darstellte, nicht aussah wie das einer jungen Frau.
„Und die nennen mich krank", murmelte der Joker angewidert von dem rosa süßen Anblick hier, zog mich weiter zum angrenzenden Badezimmer, wo ich zusammenzuckte, kaum erblickte ich mein Spiegelbild. Wow, ich sah wirklich aus, als ob ich eine Überlebende in einem Horrorfilm war. Meine Schminke war durch meine Tränen verlaufen, ließ mich wie ein Waschbär aussehen, ein blutverschmierter Waschbär, denn mein Gesicht war vom Blut der Kerle besudelt, ebenso meine Haare, mein Kleid, meine Arme und vermutlich auch noch andere Stellen an meinem Körper.
„Oh du wirst doch nicht kotzen müssen, oder?", fragte der Joker mich, der wohl bemerkt hatte, wie blass ich geworden bin, wie erstarrt.
„Nein", hauchte ich zu nicht mehr viel fähig, doch mir war nicht schlecht, ich war einfach zu schockiert. Ich ließ seine Hand los, lief zum Waschbecken, drehte das Wasser auf und wusch mir die Hände, sah zu, wie das Wasser sich rot färbte, wo mir auch auffiel, wie stark ich doch am Zittern war. Es war, als ob mein ganzer Körper beben würde und ich schloss meine Augen, versuchte tief durchzuatmen, doch das gerade war alles so überfordernd gewesen. Erst die Belästigung, meine Hilflosigkeit, dass sie alle tot waren, ihr Blut an mir haftete. Ich keuchte überrascht auf, als der Joker mich an der Taille packte, weg vom Waschbecken, nun gegen die Wand drückte, wo er mein Kinn umgriffen hatte, mich zwang ihn anzusehen.
„Was hast du überhaupt dort unten zu suchen gehabt?", fragte er mich, klang sauer dabei und ich sah ihn verwirrt an, verstand die Lage nicht. Wieso interessierte ihn das? Wieso tat er all das? Dass er mich rettete war ja ganz nett, doch wieso interessierte es ihn, was nun weiter aus mir wurde? Ich atmete stockend ein, fühlte mich wie unter Feuer gestellt von der Nähe, so eingeengt von ihm zu sein, hatte das Gefühl, mein Körper wüsste nicht, wie er hierbei reagieren sollte.
„I-ich habe gearbeitet", erklärte ich mich, schuldete ihm doch eigentlich gar keine Antwort, doch rein theoretisch hatte es ihn nichts anzugehen, was ich tat.
„Dort unten? Bei solchen Typen, ohne Aufpasser? Ich dachte dein Daddy passt auf dich auf, als wärst du seine goldene Gans."
„Dank dir nicht mehr", sagte ich, wo er mein Kinn losließ, amüsiert wirkte.
„Er ist so verärgert auf dich, weil ich mit dir reden wollte?"
„Er denkt, ich würde es darauf anlegen", meinte ich leise, fühlte mich nach wie vor nicht unbedingt wohl, hatte Angst, was für Ärger noch im Anmarsch war, doch Gregorio würde durchdrehen von der Situation. Die Toten, dass der Joker hier war, ich mal wieder der Buhmann war. Ohweh, wie viele Ohrfeigen musste ich noch wegstecken?
„Legst du es denn darauf an?", fragte er mich, klang belustigt dabei und doch wirkte sein Gesicht ernst, schüchterte mich enorm ein.
„Wieso sollte ich? Mir macht es keinen Spaß bestraft zu werden", erwiderte ich standhafter als gedacht. Er musterte mein Gesicht und mal wieder glaubte ich die Narbe hinter meinem Ohr würde verräterisch brennen, doch die Angst enttarnt zu werden war da, doch wie würde er reagieren? Wie würde sich alles ändern? Gregorio würde auf jeden Fall ausflippen.
„Er wird dich bestrafen, weil ich dich davor bewahrt habe, Frischfleisch für ein paar Schwanzgesteuerte Idioten zu sein?", fragte er und ich merkte, wie trocken mein Mund wurde von der Art, wie er mich ansah, wie er mir noch nähergekommen war. Machte es ihm Spaß mich so aus der Fassung zu bringen? Machte es ihm Spaß mir Ärger einzubringen? Ich wünschte, ich würde schlau aus ihm werden.
„Vermutlich", sagte ich, doch Gregorio würde sauer sein, das wusste ich.
„Also hätte ich dich besser nicht retten sollen und die Kerle machen lassen?", fragte er, schien mich zu testen, meine Antwort genau abzuwarten, doch natürlich hätte ich das nicht gewollt! Er hatte diese Kerle getötet, sie für mich getötet. Ich hatte gewollt, dass jemand ihnen zeigt, wie widerlich sie sich benehmen, doch der Gedanke, dass sie wie Vieh erschossen wurden, gefiel mir, wenn ich ehrlich war, sogar noch besser und ich konnte es nicht verhindern zu lächeln, sah an mir herunter zu dem Blut, das an mir haftete, dachte daran, dass sie fort waren, bestraft worden sind und es stimmte mich glücklich.
„Haben sie sehr verängstigt geschaut, als sie starben?", fragte ich und er verengte die Augen von der Frage, meiner plötzlichen guten Laune.
„Oh, wie Rehe im Scheinwerferlicht", sagte er und ich lächelte nur noch breiter, biss mir auf die Unterlippe, doch das hatten sie verdient!
„Gut", sagte ich, sah in seine dunklen Augen, hatte das erste Mal kurz keine Angst in diese anzusehen, war wirklich dankbar von seinem Handeln, dass er das getan hatte, wozu ich nicht die Kraft besaß. Er war kurz wie mein persönlicher dunkler Rächer gewesen. Ironisch. Batmans Erzfeind Nummer eins hatte kurz seinen Job übernommen.
„Du solltest dir das Blut vom Gesicht waschen", sagte er, wo seine Stimme rau klang und ich hielt die Luft unbewusst an, als er mit seinen Fingern über meine Wange strich. Was tat er da? Wieso tat er das? Und wieso gefiel es mir auch noch? Es war seltsam so sanft von jemandem berührt zu werden, besonders von jemandem, dessen Hände zu so viel brutalerem fähig wären und doch fühlte es sich gerade an, als ob seine Finger Federn wären, die meine Haut behutsam streichelten und ich genoss diese menschliche Nähe. Es fühlte sich gut an, was sicher daran lag, dass mein Kopf und mein Körper allgemein einfach nur überfordert war.
„Ich...", begann ich gerade, als die Türe aufging, ich verschreckt zu dem mir fremden Mann sah, der eingetreten kam, einen Anzug trug und kurz irritiert zwischen mir und dem Joker sah, ehe sein Blick beim Clown hängen blieb.
„Gregorio kommt", warnte er diesen und sofort wich der Joker einen Schritt von mir zurück, als wirklich keine drei Sekunden später Gregorio eintrat, der wütend ebenso zwischen mir und seinem Geschäftspartner hin- und hersah.
„Was ist hier los?", bellte er fast schon und ich sah wie einer seiner Adern auf seiner Stirn gefährlich pulsierte.
„Ich habe deinem Mädchen den Hintern gerettet, nicht der Rede wert", sagte der Joker fast schon gelangweilt, lief zu dem fremden Mann dabei, einer seiner Arbeiter wohl und ich spannte mich an, wollte nicht, dass er ging, doch würde er gehen, würde ich mit Gregorio allein zurückbleiben und ich hatte Angst vor den Konsequenzen dieses Abends. Er war jetzt schon völlig aufgebracht, er würde mich doch umbringen!
„Du hast Gäste erschossen!"
„Gäste, die dabei waren deine Tochter zu missbrauchen, das sind in meinen Augen keine Gäste, sondern Tiere, die man töten sollte", meinte der Joker auch weiter gelangweilt, sah ein letztes Mal zu mir, wo ich flehend wirkte, wenn ich auch nicht so ganz wusste, was ich von ihm wollte, doch ich wollte nicht allein sein. Mein Flehen war in der Lage nur leider egal. Ich gehörte Gregorio, der Joker wusste das und so ging er einfach, ließ mich allein meinem Schicksal gegenübertreten und mit einem unsicheren Blick sah ich zu dem wütenden Gregorio, der laut die Badezimmertüre zuschlug und ich schloss die Augen, hoffte, es wäre schnell vorbei.
Ich schlief nicht, konnte kein Auge zu kriegen nach den Ereignissen des Tages. Mein Gesicht schmerzte von Gregorios Schlägen und wenn ich dieses Mal keine blauen Flecken haben würde, wusste ich auch nicht weiter. Ich wusste nicht, wieso ich dafür bestraft wurde, dass mich jemand unerlaubt angefasst hatte, doch ich glaubte hierbei ging es mehr darum, dass der Joker mich gerettet hat, als dass die Gäste getötet wurden. Wenn er den Kerl so sehr hasst, wieso wollte er so dringend mit ihm zusammenarbeiten? Ich verstand Männer manchmal einfach nicht, verstand diese Welt nicht, von der ich ungewollt ein Teil war.
Laut knallte meine Türe auf und verschreckt setzte ich mich aufrecht hin, verstand nicht, was los war. Ich hatte mich erst vor vielleicht einer halben Stunde hingelegt, die Sonne würde noch lange nicht aufgehen, was also war hier los?
„Mitkommen!", befahl einer der Wachen, schaltete das Licht ein und ich blinzelte gegen dieses an, wurde schon von ihm aus dem Bett gezogen, stolperte ihm regelrecht aus dem Zimmer nach.
„Was ist los?", fragte ich, sah dabei zu Demetri, der im Gang wartete, angespannt wirkte.
„Der Boss will dich wegschicken", sagte er und ich war mir sicher, dass ich blass von den Worten geworden bin. Er wollte mich wegschicken. Also war der Tag nun da, ich wurde beseitigt. Nach sechs Jahren würde ich endlich gehen und das auf keine schöne Art.
„Wohin?", fragte ich leise, musste einfach wissen, was sein würde. Würde ich sterben? Würde ich leiden? Mir kamen die Tränen, doch ich unterdrückte sie so gut ich konnte, folgte beiden nach unten, dort, wo die Garage war, die ich seit meiner Ankunft vor sechs Jahren nicht mehr betreten hatte.
„Zur Auktion", sagte Demetri und ich sah wie er seine Zähne zusammenbiss, sauer war und ich glaubte eher mich übergeben zu müssen, hielt an, weigerte mich weiterzugehen.
„Was soll das?", fragte die andere Wache genervt, doch ich beachtete ihn gar nicht, sah nur meinen Freund an.
„Das kannst du nicht zulassen!", sagte ich, konnte die Tränen nicht halten, doch so eine Auktion bedeutete, dass ich wie irgendeine Ware verkauft werden würde und das nur zu einem einzigen Zweck.
„Was soll ich tun? Ich bin ein einziger Mann, Ella, ich kann nichts machen", sagte Demetri, der so wirkte, als ob er selbst den Tränen nahe ist, doch das war einfach unmenschlich jemandem so etwas anzutun.
„Töte mich", flehte ich, doch der Tod wäre mir lieber, als was auch immer mich in der Auktion erwarten würde.
„Ella, du kannst mich nicht um so etwas bitten", sagte er und ich schluchzte auf, wurde weitergezogen.
„Bitte! Ich will das nicht"; sagte ich flehend und er schüttelte den Kopf, sah nicht zu mir.
„Tut mir leid Prinzessin, ich werde dich da rausholen, aber jetzt gerade kann ich nichts tun."
„Später ist es zu spät", sagte ich, doch dann wäre eh alles egal.
„Ich werde alles geben", sagte er, doch er würde nichts erreichen. Er hatte doch recht. Er war eine Person in einer Welt voller Mafiabosse und großen Leuten. Er war genauso machtlos wie ich.
Ich sah Gregorio nicht mehr, doch er würde sich auch nicht verabschieden, wieso sollte er? Das, was auch immer zwischen uns war, war nicht familiär oder sonst irgendwie innig gewesen. Ich war seine Gefangene gewesen, die er nun durch irgendein armes, unschuldiges Mädchen ersetzen würde, das wie ich ahnungslos durch Gothams Straßen läuft, unwissend, dass ihr Leben sich für immer ändern würde. Vielleicht wird sie Glück haben und auch sechs Jahre oder mehr leben dürfen, ehe alles so furchtbar endet.
Ich wurde in einen schwarzen SUV gebracht, saß in meinem rosafarbenen Schlafanzug umgeben von den Wachen da, ließ die Tränen still über mein Gesicht kullern, dachte an das, was mich nun erwarten würde. Ich würde verkauft werden und das an jemanden, der weniger nett als Gregorio wäre, jemand, dem es nur um meinen Körper geht, den er besitzen wollte, einnehmen wollte und der bloße Gedanke, dass irgendein fremder, schmieriger Mann mich anfasst, reichte aus, dass ich mich fast übergeben hätte. Oh konnten wir nicht einen Autounfall haben und alle sterben? Es wäre besser als das, was sonst kommt.
Ich sah nicht viel von Gotham, war zu eingeengt im Auto, war zu sehr in Gedanken, um viel sehen zu können und da es nachts war, war sowieso alles dunkel. Wir fuhren in eine Tiefgarage und dort wurde ich nur erneut wie Ware mitgezogen, sah ein letztes Mal zu Demetri, der beim Auto blieb, mir mitleidig nachsah, nichts tun würde, es nicht könnte. Ich versuchte mich taub zu stellen, während ich barfuß den Kerlen folgte, sah, wie sie mit anderen Leuten sprachen, ich gemustert wurde, als ob man sichergehen würde, dass ich unbeschadet war, in einem guten Zustand und ich fragte mich, was wäre, wenn ich das eben nicht gewesen wäre. Wenn mein blaues Auge sich schneller bemerkbar machen würde, mein Arm gebrochen wäre? Würde mich dann noch jemand kaufen wollen? Irgendwer wäre sicher bereit gewesen.
Verwundert nahm ich wahr, wie ich in eine Arztpraxis gebracht wurde, die sich in dem Gebäude befand, sah zu einer nett wirkenden Frau mit kurzen, blonden Haaren, die eindeutig die Ärztin war, gehüllt in einem weißen Kittel.
„Das ist also das Mädchen", stellte sie fest, lächelte mich freundlich an und reichte mir etwas, das aussah wie ein ziemlich hässliches Nachtgewand.
„Wir warten draußen", sagten die Männer mit unwohlen Blicken, ließen uns zu zweit zurück und verwirrt sah ich sie an, verstand nicht, was ich mit dem Stück Stoff nun sollte.
„Zieh dir das bitte an, lass keine Unterwäsche an, ich muss sichergehen, dass du wirklich noch eine Jungfrau bist", erklärte sie mir und ich blinzelte kurz ganz verdattert, doch die machten hier wirklich ernst.
„Und wenn ich keine bin?", fragte ich und sie zog die Augenbrauen in die Höhe.
„Bist du denn keine?"
„Ich meine nur, wenn ich keine wäre, es würde alles ändern, oder?"
„Keine Sorge Schatz, eine zu sein wird dir hier mehr Glück bringen als keine zu sein. Du wirst in gute Hände kommen, vielleicht wird es dir sogar gefallen und wenn du gut bist, werden sie dich länger behalten und dir wird es an nichts fehlen. Männer lieben es eine Frau als erstes gehabt zu haben, sie werden sich um dich reißen, besonders wenn sie wissen, dass du das Goldstück Gregorios bist, aus gutem Elternhaus kommst", sagte die Frau, glaubte ernsthaft mich so aufmuntern zu können, doch eigentlich machte sie mich nur noch panischer. Ja, ich konnte mir nichts Besseres vorstellen, als die Trophäe eines alten Sacks zu werden.
Ich wurde untersucht, gebadet, zurechtgemacht, geschminkt und schließlich in einem weißen Hauch von Nichts gehüllt. Ich trug Unterwäsche, wie ich sie noch gar nicht kannte. Vor meiner Gefangenschaft hatte ich mich zu jung gefühlt sexy Unterwäsche zu tragen, bei Gregorio hatte ich so etwas auch nie tragen müssen, denn egal wie krank sein Verhältnis zu mir auch gewesen ist, in heißer Unterwäsche hatte er mich sicher nicht sehen wollten, und nun Dessous zu tragen war schräg, fühlte sich ganz befremdlich an. Ich wollte meinen Körper bedecken, wollte nicht in Strapsen und Unterwäsche durch die Gegend laufen, wollte meine kleinen Mädchenkleider wieder tragen dürfen, doch die würde ich nie wieder zurück kriegen, denn nun war die Kindheit vorbei, ich war offiziell erwachsen und würde wie eine Hure verkauft werden, nur komplett gegen meinen Willen.
Ich wurde fertiggemacht in einen runden Raum geführt, unterdrückte zwanghaft neue Tränen, sah mit großen Augen nun dafür zu den Glaswänden um mich herum, die alle verdunkelt waren. Sie konnten mich sehen, ich sie aber nicht, wie praktisch. Die Wachen ließen mich allein zurück und unwohl drehte ich mich im Kreis, kam mir so entblößt vor, so verlassen und hilflos und konnte die Tränen nun doch nicht mehr länger halten. Ich war wie irgendein Tier im Zoo.
„Meine Herren, das Startgebot für die 22 Jährige Schönheit, die im früheren Besitz von Gregorio war und nach wie vor eine von uns bestätigte Jungfrau ist, liegt bei 2 Millionen Dollar", sagte eine Stimme durch einen Lautsprecher und ich glaubte mich verhörte zu haben. 2 Millionen? Für mich? Klar, ich war Milliardärin, 2 Millionen waren nichts dagegen, doch dass jemand dennoch so viel zahlen wollte für Sex war krank, immerhin waren diese Kerle vielleicht reich, aber nicht unbedingt milliardenschwer reich. Ich sah wie um mich herum rote Lichter kurz aufleuchteten, sie wohl alle bereit wären das zu zahlen und ich erschauderte von dieser Tatsache, zu sehen, wie viele Teilnehmer hierbei mitmachten.
Die Auktion ging von da an los, der Preis stieg immer weiter in die Höhe, die Lichter leuchteten fröhlich weiter auf und mir wurde schwindelig von diesem ganzen Trubel, was hier gerade geschah. Ich sank auf den Boden, schlang meine Arme um meine Knie, schloss die Augen, hörte schließlich irgendwann, wie das letzte Gebot fiel, nur noch einer bereit dazu war, die 20 Millionen zu zahlen. Das war also mein Preis. Ich war 20 Millionen Dollar wert und mit ihnen verlor ich endgültig alles, was mir geblieben war.
Aloha :) Ich hoffe euch gefällt das Kapitel. Würde mich sehr über eure Meinung freuen xx
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top