12. Symbole
Der ganze Vorfall mit der Entführung war nun ein paar Tage her und ich fing an mich im Haus zu langweilen. Mir wurde es auf eine nette Art verboten zu Arbeiten solange ich verletzt war, sollte mich schonen, doch ständig nur um Haus zu sein war äußerst langweilend. Mein Körper hatte die ersten Tage höllisch weh getan, pulsiert und ich hatte gern nur im Bett liegen wollen, doch mir ging es eigentlich wieder gut. Der Schnitt an meinem Arm hatte sich bisher nicht entzündet, war immer noch geschwollen und schmerzte, doch er schien langsam zu heilen. Ich lag oft herum und dachte an diese Entführung zurück, war verstört davon, wie kurz ich mal wieder davorgestanden hatte, zu sterben, kam mir schäbig vor, wie ich behandelt worden war, wollte so gerne was dagegen unternehmen, endlich stärker werden, mich verteidigen können, doch wie? Ich hatte mich in meinem Leben noch nie richtig gewehrt, das in dieser Halle war so überraschend von meiner Seite aus gewesen, dass ich tatsächlich bereit gewesen war kämpfend unterzugehen, wenn es denn sein muss und es hatte sich gelohnt, denn nun war ich hier und ich lebte.
Wenn ich an die Halle dachte, dann kam aber auch immer wieder die Fledermaus in meinen Kopf. Ich war immer noch ganz zerzaust Batman mal gesehen zu haben, gesehen zu haben, dass dieser wirklich existierte und nicht nur eine Märchenfigur war, doch was hatte es mit ihm auf sich? Wie konnte er wissen, wer ich war? Hat er mal für meine Familie nach mir gesucht? Ich bezweifelte es. Als ich entführt worden war, hatte es Batman noch gar nicht gegeben, er war erst Jahre später in Gotham aufgetaucht. Doch er war so schockiert gewesen und seine Augen hatten mich an was erinnert, doch leider konnte ich sie mir nicht mehr als Bild hervorrufen, es war alles so schnell gegangen, ich war einfach nur ganz wirr.
Nächster Punkt, der mich irritierte, war der Joker. Ich war leicht überfordert damit, was ich von ihm denken sollte, doch an dem Tag, als er mich rettete, war ich so hin und weg von ihm gewesen, ich verstand es selbst nicht so ganz. War es einfach Dankbarkeit, die ich ihm gegenüber empfand, weil er mich so oft rettete? Ich konnte es nicht sagen, doch dachte ich an ihn, wurde mir warm und seine Nähe schien mir nicht mehr dieselbe Furcht zu bereiten wie zuvor. Ich hatte immer noch gewaltig Respekt vor ihm, doch er war bisher so sanft mir gegenüber gewesen, dass ich aufhören musste in ihm nur ein Monster sehen zu wollen, denn zu mir war es bisher nie eines gewesen.
Ja, mein Kopf platzte bald ein wenig von all den Gedankengängen in diesem und seufzend verließ ich so auch mein Zimmer, wollte Paul suchen. Diesen hatte ich seit der Flucht nicht mehr gesehen, hatte Angst, seine Verletzungen könnten übler sein als gedacht und ich wollte mich entschuldigen. Nur meinetwegen waren wir draußen gewesen, wurden entführt und er hatte so leiden müssen. Ich kam mir schlecht vor, doch wie hätte denn mit so etwas rechnen können? Na gut, meine Wahrscheinlichkeit draußen bei Nacht entführt zu werden war mittlerweile bei 100%, doch das war das zweite Mal, dass ich durch die Stadt spazierte und von Verrückten geschnappt wurde, ich sollte wirklich nie wieder ohne eine Gruppe an Begleitschutz nachts durch die Gegend laufen, sonst ende ich nur bei Gregorio oder anderen Irren.
Ich wusste nicht so recht, wo ich mit meiner Suche starten sollte, lief etwas planlos durch das Gebäude, traf unterwegs niemanden und lief so einfach mal in Richtung Garage, wusste, dass sich dort oft viele aufhielten und vielleicht würde mir ja jemand sagen können, wo Paul derzeit war. Ich hatte ihn die letzten Tage gar nicht gesehen, nichts mehr von ihm gehört, doch wenn ich so fertig gewesen war, dann müsste er das erst recht gewesen sein, so viel schlimmer hatte er wegstecken müssen.
Mir war nicht ganz wohl dabei, dort allein hinzugehen, immerhin waren das alles immer noch Kriminelle und einige von denen sahen mich meiner Meinung nach zu hungrig oder abwertend an, doch ich wollte nicht unbedingt den Joker aufsuchen und mit meinen Fragen nach Paul belästigen müssen. Wie erwartet war die Garage nicht verlassen, vier Kerle standen an den Autos gelehnt da, unterhielten sich lachend, waren allesamt unmaskiert und unsicher näherte ich mich ihnen vorsichtig, versuchte nicht ganz zu verängstigt zu wirken, meinen Mut innerlich zu sammeln, doch keiner würde es wagen, mir was anzuhaben, oder? Sie wussten doch mittlerweile sicherlich, dass der Joker aus einem absurden Grund irgendwie auf mich Acht gab, mich in Sicherheit wissen wollte, wären sie so dumm, mir was also anzutun? Sie sahen nicht sehr helle aus, in meinen Augen waren die meisten Kerle sowieso nicht gerade intelligent, doch würde was sein, würde ich einfach schreien.
Einer von ihnen bemerkte mich, stupste seine Begleiter an, die daraufhin alle verstummten, sich von den Autos abstützten und mich fragend ansahen.
„Was willst du hier?", fragte einer mich nicht sehr freundlich.
„Ich will wissen, ob ihr zufällig wisst, wo Paul ist?", fragte ich und sie tauschten Blicke.
„Paul? Was willst na du von dem?", fragte mich ein weiterer und die Kerle lachten leise, hatten eindeutig ganz falsche Gedanken. Genau das meinte ich. Idioten.
„Sehen, ob er wohlauf ist, also, wisst ihr, wo er ist?"
„Der Boss hat ein Verbot aufgestellt dich zu ihm zu lassen", sagte einer von ihnen und ich blinzelte leicht perplex aber wie bitte?
„Ein Verbot? Wieso?"
„Keine Ahnung, frag ihn doch selbst."
„Wenn du dich traust." Sie lachten alle, wandten sich wieder von mir ab und unschlüssig sah ich sie einen Moment an, ehe ich die Garage wieder verließ, nicht verstand, wieso der Joker das tat. Ein Verbot Paul zu sehen? Zu welchem Sinn und Zweck? Unsicher lief ich ein wenig durch das Haus, würde gern den Joker aufsuchen und fragen, doch ich war auch unsicher in der Hinsicht. Was ist, wenn ich ihn irgendwie störe? Er war eine beschäftigte Person, er hatte sicher besseres zu tun als sich meine Fragen nach Paul anzuhören. Andererseits wollte ich diesen gern sehen, musste mich entschuldigen, musste wissen, wie es ihm erging, also hatte ich im Prinzip keine andere Wahl als den Joker zu suchen und nach Paul zu fragen.
Ich versuchte es erst in seinem Arbeitszimmer, das jedoch verlassen schien, als ich anklopfte und keiner mir antwortete. Zögernd lief ich so also weiter in Richtung seines privaten Zimmers, wusste nun ja, wo sich dieses befand, doch durfte ich da überhaupt einfach hin? Vielleicht gab es eine Regel, die besagte, man dürfe ihn dort nicht stören? Es wäre nicht verwunderlich, immerhin würde jemand wie er doch sicher auch mal Ruhe haben wollen. Hadernd stand ich so vor der Türe, musste meinen Mut sammeln, um anzuklopfen. Er wird mir schon den nicht den Kopf abreißen, genau das redete ich mir ein, ehe ich schließlich an das Holz klopfte und schon seine Stimme hörte. „Ja!" Ich öffnete die Türe und sah gleich recht verstört zum Boden, doch ich hatte ja mit vielen gerechnet, hiermit im Grunde irgendwie wohl auch und doch war es recht verstörend den Joker zu sehen, wie er irgendwen folterte.
„Äh, ich komme später wieder", stammelte ich entsetzt, wollte rückwärts am liebsten wieder gehen.
„Nein, nein, komm her!", wies dieser mich jedoch augenblicklich an und ich verharrte kurz, sah weiterhin zu Boden, wo auf dem Perserteppich eine Plane ausgebreitet war und auf der nun ein Mann lag. Seine Gliedmaßen waren alle mit Ketten entweder an den Bettpfosten oder anderen Dingen im Raum befestigt worden mit schweren Ketten und in seinem Mund steckte irgendein eigenartiger Ball. Sein ganzer Körper schien zu bluten, die Plane selbst war voller Blut und ich sah verstört weiter zum Joker, der gemütlich neben dem Kerl saß, komplett in weiß gekleidet war, wobei dieses weiß nun schon so einige rote Spuren aufwies und ich fragte mich, ob er sich genau deswegen so angezogen hatte. Der Mann war obenrum völlig entkleidet, trug untenrum nur eine kurze Hose, doch es schien als würde er leuchten in Rot.
„Komm, du solltest dir mein Kunstwerk ansehen", sagte der Joker recht euphorisch und ich schloss die Türe, lief mit einem schnell schlagendem Herzen näher auf beide zu, sah, dass unter dem ganzen Blut die Haut des Mannes recht geschwollen wirkte und das weil überall etwas in dessen Haut geritzt worden war. Kleine Muster, ganze Wörter, wobei eines der fürchterlichsten auf seiner Stirn geschrieben stand, denn da prang nun das Wort FREAK. Ich sah den Mann an und erkannte nun langsam auch erst, wer das hier eigentlich war, es war der Kerl, der Paul und mich entführt hatte. Der Anführer der Gruppe.
„Ich dachte, er wäre entkommen", murmelte ich leise.
„Keiner entkommt mir, meine Hübsche", sagte er, als wäre es eine Beleidigung das zu glauben und ich musste lächeln, doch das war entzückend. Ich hatte befürchtet, der Mistkerl würde weiter frei sein Leben leben können, doch das würde er nicht. Er lag hier, litt Qualen und ich fand es wundervoll.
„Willst du dich auf ihm verewigen?" Ich sah zum Clown, der mich ganz fasziniert ansah, eines seiner Messer mir reichte und ich wusste nicht, ob ich das könnte. Ich konnte doch niemand anderen einfach... nun ja, ich könnte schon, ich töte ihn ja nicht dabei und er hatte mir auch Schmerzen zubereitet, seine Männer zumindest und er hätte mir sonst was noch anhaben wollen. Ich nahm das Messer zur Hand, setzte mich auf die andere Seite des Mannes, gegenüber vom Joker und sah mir die zerschundene Haut des Opfers an. Es gab noch viele freie Stellen, doch es war schwer sie auf den ersten Blick zu erkennen so gerötet und voller Blut war alles.
„Was soll ich denn machen?", fragte ich, sah zum Joker, der vergnügt wirkte, mir eine Stelle auf dem Bauch zeigte, wo genügend Platz war.
„Was auch immer du willst, es muss tief genug sein, damit es eine Narbe bleibt, aber am besten nicht zu tief, wir wollen die Organe vorerst noch drinnen behalten." Ich hielt den Griff feste in meiner Hand, konnte mich nirgends an ihm richtig abstützen, ohne am Ende voll Blut zu sein, doch es war mir egal, dann würde ich eben etwas dreckig werden, er hatte es verdient zu leiden, also wäre es das wert. Ich lehnte mich an ihn, setzte die Klinge an die Haut und ritzte etwas in sein Fleisch. Ich hörte ihn gegen diesen Ball in seinem Mund schreien, fand es war eine gewisse Genugtuung ihn genauso schreien zu lassen, wie ich es auf seine Anweisungen hin musste. Ich lächelte freudig, ritzte ihm einen traurig schauenden Smiley auf den Bauch, der sofort stark das Bluten anfing und ich zog meine Hände wieder weg, als ich fertig war, doch sie waren dennoch beide ganz rot geworden.
„Und was machst du, wenn du fertig bist?", fragte ich freudig, ritzte noch weiter an andere freie Stellen Symbole in seine Haut, von sehr unsymmetrischen Kreisen bis hin zu Dreiecken, es war irgendwie ein witziges Gefühl das machen zu können, ihn dumpf schreien zu hören dabei. Es war so eine kleine, unschuldige Form der Folter. Ich tat im Grunde ja nichts wirklich Schlimmes, ritzte nur etwas in seine Haut, es ließ mich nicht so schäbig fühlen, wie ich es dachte, ganz im Gegenteil sogar.
„Ich lasse die Wunden heilen, übergebe ihn in einen Käfig und hole ihn vielleicht wieder raus, wenn mir langweilig wird", sagte er und ich sah zu ihm auf, wo er mir das Messer wieder wegnahm, mir dabei die ganze Zeit in die Augen schaute.
„Du wirst ihn nicht töten?"
„Irgendwann sicherlich, vorher muss er leiden. Alles andere wäre doch zu einfach", sagte er und ich war beruhigt zu hören, dass der Kerl seine Strafe bekommen würde.
„Was ist mit Paul?", fragte ich, doch das war der eigentliche Grund, wieso ich überhaupt hergekommen war, um zu erfahren, was aus Paul geworden ist.
„Was soll mit ihm sein?", fragte der Joker, erhob sich und reinigte das Messer dabei mit einem Tuch.
„Wieso darf ich ihn nicht sehen?"
„Er hat dich in Gefahr gebracht."
„Nein, ich habe ihn in Gefahr gebracht", sagte ich, erhob mich nun auch und stieg über den Mann am Boden hinweg, lief mehr auf den Joker zu, „Ich habe ihm gedroht, eben allein nach draußen zu gehen, er hätte mich kaum festhalten können!"
„Was spricht dagegen?", fragte er, sah zu mir.
„Du meintest, ich wäre frei, kann gehen wann immer ich will", merkte ich an und er schnalzte amüsiert mit der Zunge, ehe er meine Hände ergriff und einen Moment war ich verwirrt, was er vorhatte, ehe er sie für mich mit dem Tuch in seiner Hand wie das Messer zuvor säuberte, das Blut im Groben wegwischte, auch wenn der rötliche Ton blieb.
„Er ist sowieso nicht fit, wenn er wieder arbeiten kann, wirst du ihn schon sehen", sagte er, klang nicht gerade fröhlich dabei, schien mich wohl wirklich gern von Paul fernhalten zu wollen, wieso auch immer.
„Ok", sagte ich leise, sah zu meinen Händen, die er nach wie vor reinigte und als ich meine Handgelenke ansah, kam mir eine Idee.
„Kann ich dich um was beten?", fragte ich ihn, sah nicht zu ihm auf, doch die Bitte war etwas schräg in gewisser Weise und ich wusste selbst nicht so recht, woher ich diesen Wunsch plötzlich hatte, doch er war da. Dieses ganze Ritzen von Motiven hatte mich irgendwie ganz euphorisch werden lassen.
„Um was?", fragte er und ich biss nervös auf meiner Unterlippe herum, ehe ich es wagte, aufzusehen.
„Kannst du mir auch was in die Haut ritzen?" Er wirkte sichtlich überrascht von dieser Aussage, ehe er ganz plötzlich laut das Lachen anfing, die Art von Lachen, die für die allermeisten wahnsinnig klang. Es war so laut, dass sicher das halbe Haus es hören müsste und ich wusste wirklich nicht, was an meiner Frage so unterhaltsam gewesen ist. Es war doch nur eine normale Bitte gewesen.
„Interessiert deine reine Haut etwas zu zerstören?", fragte er und ich schüttelte den Kopf.
„Nicht so wie bei ihm. Nur ein kleines Symbol an meinem Handgelenk", sagte ich, doch es war irgendwie nett so etwas auf einem zu haben. Klar konnte man sich auch einfach ein Tattoo stechen, doch der Gedanke Blut für das Symbol vergießen zu müssen erschien mir passender, tiefer, bedeutender. Außerdem würde es verheilt heller sein, unscheinbarer und ob jemand wie der Joker weiße Tinte besaß, wusste ich nicht. Ob er überhaupt tätowieren konnte, wusste ich nicht.
„Na gut, hast du je etwas in deine Haut geritzt bekommen?", fragte er, desinfizierte das Messer mit Alkohol.
Ja.
„Nein", sagte ich, log, doch würde ich ja sagen, würde er sehen wollen was und das war keine Option.
„Das wird brennen", warnte er mich, wies mich an, mich wieder zu setzen, was ich auch tat, ihm meine linke Hand dabei reichte, die er ergriff, mir kurz über das Handgelenk mit seinem Daumen dabei strich und ich merkte richtig, wie mein Puls in die Höhe schoss, ich nervös wurde.
„Ist mir bewusst, aber ich werde es aushalten", sagte ich, kannte das Gefühl, auch wenn ich mir damals beinahe die Seele aus dem Leib geschrien hatte, doch das war eine andere Situation gewesen. Ich war ein Kind gewesen, hatte Angst gehabt, gedacht, er würde mir mein ganzes Ohr abtrennen. Das hier war nicht vergleichbar.
„Was darf es sein?", fragte er mich und ich lächelte schwach.
„Ein Kreuz."
„Ein Kreuz?", fragte er, als ob ich verrückt wäre, „Du bist nun christlich geworden?"
„Nein, aber jemand, der mir mal wichtig war, ist es gewesen", meinte ich, dachte an Nina, meine Haushälterin im Manor, die wie eine Mutter für mich gewesen war. Sie war sehr gläubig gewesen und ich wusste nicht so recht, wieso ich ein Symbol für sie in meine Haut ritzen wollte, doch ich brauchte etwas, das mir Halt gab. Ich hatte ein wenig Angst, zu sehr meine Bindung zu ihnen allen zu verlieren, vermisste sie alle schrecklich und wenn sie recht mit ihrem Glauben hatte, es einen Himmel, ein Paradies nach dem Tod geben sollte, vielleicht würden wir uns dort ja alle irgendwann wiedersehen? Ich bezweifelte immer mehr, dass wir uns als Lebende je wiedersehen würden, doch mein Weg schien mich nicht nach Hause zu bringen und hier in dieser Unterwelt der Stadt lauerte der Tod wahrhaftig an jeder Gott verdammten Ecke.
Der Joker sah mich einen Moment nur an von meiner Aussage, ehe er sich an die Arbeit machte. Ich vertraute darauf, dass er das gut meistern würde. Dass die Wunde tief genug wäre, um eine Narbe zu bilden, aber nicht tief genug, um mir am Ende meine Pulsader, die direkt dort verlief, aufzuschneiden. Als er den ersten Schnitt ansetzte, brannte er wirklich wie Feuer. Ich verzog das Gesicht, war versucht, meine Hand zu einer Faust zu ballen, hielt sie jedoch weiter entspannt, ließ es über mich ergehen. Es waren ja nur zwei Linien, so dass alles recht schnell zu Ende war und etwas zittrig von dem Schmerz sah ich zu der blutenden Stelle, sah zu, wie eine Linie Blut über meinen ganzen Unterarm glitt und ich war glücklich. Es brannte, fühlte sich geschwollen an, war auch geschwollen, doch es war perfekt. Der Joker drückte ein Tuch auf die Wunde und lächelnd sah ich zu ihm auf.
„Danke."
„Wieso habe ich nur das Gefühl, dass du noch öfters mit solchen Bitten kommen wirst?"
„Ich will sicher nicht so aussehen", bemerkte ich, nickte zu dem Kerl am Boden, der aussah, als wäre er bewusstlos geworden, zumindest regte er sich derzeit nicht mehr.
„Nein, bei deinen Symbolen würde ich mir mehr Mühe geben", sagte er und verband mein Handgelenk anschließend. Ich sah ihm dabei zu, konnte nicht ganz verstehen, wieso er mir gegenüber so viel sanfter war als zu irgendwem sonst, was genau er in mir sah, doch ich verstand ja genauso wenig, wieso ich nicht völlig von seiner Nähe angewidert war, ihn als psychisch verrückten Mörder ansah. Ja, es war alles etwas anders zwischen uns und es war beängstigend.
„Wenn du mich fragst, hast du es ihm angetan", sagte Fiona, mit der ich am Abend telefonierte. Ich lag auf meinem Bett, musste mal wieder nicht arbeiten und sie hatte heute ihren freien Tag, hatte endlich eine eigene Wohnung, ihre Freiheit, konnte machen, was sie wollte im Grunde, sollte nur paar Tage die Woche im Club arbeiten. Ich war froh für uns beide. Wir beide waren im Grunde frei, endlich frei, auch wenn ich immer noch das Gefühl hatte, als würde ich vor irgendwas davonlaufen, als würde eine ewige Unruhe in mir herrschen, doch wie sollte man auch mit allem, das gewesen ist, einfach so abschließen?
„Aber wieso sollte ich? Der Joker ist doch nicht irgendwer, der... ich weiß nicht... die Vorstellung ist seltsam", sagte ich stammelnd, doch man sah ihn nie wirklich was mit Frauen haben. Es hatte bisher nur diese Harley Quinn gegeben und laut den Erzählungen war er nur mit ihr zusammen gewesen aus Langeweile heraus und weil sie ihm wie ein treuer Welpe hinterhergedackelt war.
„Ok, dann sag mir, wieso er sonst all das für dich opfert und macht und so nett ist?", fragte sie, schien sich ihr Bild von allem längst erstellt zu haben, glaubte fest, dass er was von mir wollen könnte, doch irgendwie verschreckte mich der Gedanke sehr. Er war keine normale Person, er war anders, sehr anders und ich war so gewöhnlich, wie man es nur sein konnte, gleichzeitig verstört mich der Gedanke nach wie vor irgendeinem Mann dieser Welt je zu nahe kommen zu müssen. Ich wollte das nicht, niemals!
„Ich weiß es doch nicht. Nichts hiervon ist doch seine Art", murrte ich, wollte schlau aus der Lage werden dürfen, konnte es nur einfach nicht.
„Sei einfach vorsichtig, Ella. Ich meine klar ist er jetzt nett und aufopfernd, aber der Typ hat einen Ruf, ich will nicht, dass du noch öfters entführt und gefoltert wirst wegen ihm oder irgendwann ihm im Wege stehst bei einer seiner kriminellen Machenschaften."
„Ich halte Abstand, ich klebe ja nicht an ihm oder so. Ich bin nur bei ihm, wenn es sein muss", verteidigte ich mich, verbrachte ja nicht ständig Zeit mit ihm. Ich sah dabei auf mein verbundenes Handgelenk, doch selbst das heute war anders gewesen. Ich hatte ihn wegen Paul aufgesucht und nicht, weil ich seine Nähe vermisst habe. Ja, ich hatte sie schon irgendwie vermisst, es war eben faszinierend bei ihm zu sein und ich fühlte mich so sicher bei ihm, sah ihn mit anderen Augen seit er mich nur erneut gerettet hatte, doch ich war nach wie vor vernünftig!
„Gut, denn ich finde das alles etwas besorgniserregend. Du solltest nicht von Gregorio loskommen, um bei dem nächsten Verrückten zu landen."
„Man kann die zwei nur kaum miteinander vergleichen", merkte ich an, doch Gregorio hatte mich entführt und als einen ziemlich kranken Ersatz für seine Tochter gesehen, der Joker hatte mich gerettet und passte eher auf mich auf.
„Beides sind Kriminelle mit zu viel Macht", sagte Fiona und ich seufzte, verstand ihre Sorge, war ja selbst bekümmert von der Lage, doch würde ich mich hier unsicher fühlen, so würde ich gehen, doch bisher war alles gut, weswegen ich bleiben würde.
„Ich werde aufpassen, notfalls kannst du mir bei der Flucht helfen", kicherte ich, konnte mir bildlich vorstellen, wie sie die Augen verdrehte.
„Ja, ich werde ja so eine Hilfe sein", schnaubte sie, klang vergnügt.
„Natürlich doch, aber ich denke, ich lege mich hin, ich bin ziemlich erschöpft, wir sehen uns ja bald wieder."
„Gute Nacht meine Kleine.
„Gute Nacht." Ich legte auf und bliebe eine Weile so liegen, wollte nicht aufstehen und mir einen Schlafanzug anziehen, doch ich müsst es wohl, konnte nicht in Jeans schlafen, das wäre deutlich zu unbequem. Genervt stand ich auf mich noch bewegen zu müssen, als es zeitgleich an der Türe klopfte.
„Ja?", fragte ich, sah kurz zur Uhr, doch es war ungefähr elf Uhr, wer wollte so spät noch etwas von mir? Ich sah überrascht zu Steve auf, einer der jüngeren Kerle, die hier arbeiteten, mit dem ich bisher nur einmal gesprochen hatte, als dieser mich vor einiger Zeit mal auf mein Zimmer zurückbegleiten sollte.
„Tut mir leid für die Störung, der Boss will dich sehen."
„Jetzt?", fragte ich irritiert und er zuckte mit den Schultern.
„Er will dich bei der Versammlung dabeihaben", erklärte er und perplex sah ich ihn an. Versammlung? Was für eine Versammlung?
„Wieso?", fragte ich irritiert und er zuckte nur erneut mit den Schultern.
„Wenn ich verstehen würde, was er sich so manchmal denkt... naja, komm einfach, sie fängt gleich an", sagte er und ich folgte ihm aus dem Zimmer, fragte mich ja wirklich, was diese Versammlung bewirkte, worüber gesprochen wird, wieso ich dabei sein sollte. Mir war nicht ganz wohl bei der Sache, doch ich zog es durch, folgte ihm durch die Gänge bis zu dem Raum, wo diese Versammlung stattfinden würde. Die Türen waren offen, ich sah einen Haufen an Leuten in dem großen Saal, fast alle waren Männer und unwohl sah ich mich um, kannte solche Treffen, hatte sie bei Gregorio mitbekommen und es ließ mich innerlich panisch werde, stimmte mich sehr nervös, doch es würde mich nicht wundern, wenn einige von denen wüssten, dass ich Gregorios Gefangene gewesen war, mich von diesem noch kannten, ihn kannten. Panisch sah ich mich nach dem Joker um, konnte ihn nicht gerade leicht in dem vollen Raum ausmachen und bemerkte, wie die anderen Anwesenden mich teilweise bemerkten. Ich hörte viel Getuschel, ignorierte die lästigen Blicke und war wütend von dem, was ich teilweise heraushörte.
„Ist das die Schlampe an der Seite des Clowns?"
„Die muss verrückt sein."
„Armes Mädchen muss bei so einem Freak sein."
„Er muss sie sicher verdammt gut bezahlen, damit sie nicht schreiend wegrennt."
„Wieso sollte jemand wie sie, was jemandem wie ihm wollen?"
„Scheint als hätte jeder eine Meinung über mich", murmelte ich und Steve lächelte amüsiert, führte mich an ihnen vorbei zum Clown, der an der Spitze des Tisches saß, gelangweilt wirkte, während irgendwer neben ihm eindringlich auf ihn einsprach.
„Ignoriere sie alle", sagte Steve und das müsste ich wohl wirklich, sah einfach nur den Joker an, blendete die anderen und ihr Gerede aus, doch es machte mich wütend, dass sie sich alle für so viel besser hielten. Sie alle glaubten toller, besser und was weiß ich zu sein, doch keiner von ihnen hätte mich so gerettet wie der Joker, keiner hätte mich bei sich behalten und nicht einmal in irgendeiner Weise belästigt!
Der Joker bemerkte mich auch, sah nur noch zu mir, während ich auf ihn zulief, schien den Mann an seiner Seite endgültig vergessen zu haben, der wiederum schmollend auch zu mir sah, sauer war, die Aufmerksamkeit gänzlich verloren zu haben.
„Ella", begrüßte der Joker mich und ich lächelte.
„Wieso diese späte Einladung?", fragte ich und er lehnte sich mehr zurück, legte seine mit Ringen verzierten Finger aufeinander, sah ziemlich gut aus in dem blutroten Anzug, dem ganzen Gold, das er bei sich trug. Er hatte Stil, das hatte Gregorio nie gehabt.
„Mir war danach", sagte er simpel, als gäbe es keinen weiteren Hintergedanken und ich musste schmunzeln, doch dafür opferte ich also meinen Schlaf? Na gut, dann wäre es eben so.
„Also bin ich hier, weil dir langweilig war?"
„Wie kann mir nicht langweilig sein mit einem Haufen an Schwachköpfen zu reden", meinte er lächelnd und ich musste kichern, bemerkte, wie nun wirklich jeder zu uns sah, verstört wirkte, dass ich tatsächlich freiwillig hier war, mich sogar gut mit dem Joker zu verstehen schien. Sicher dachten sie alle, ich wäre irre, doch irgendwie war es mir im Moment gleich. Ich musste niemandem irgendwas beweisen. Ich war eben freiwillig hier, was war schon dabei? Man konnte über ihn sagen, was man wollte, doch er war die Person, bei der ich mich von ihnen allen am sichersten fühlte und ich bezweifelte, dass irgendwer ihm in der Hinsicht das Wasser jemals reichen könnte.
Aloha :) Ungefähr eine Stunde Verspätung, upsi xD Ich hoffe es hat euch dennoch gefallen, was haltet ihr von Ellas neuer Einstellung dem Joker gegenüber? Freue mich über eure Meinung xx
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