11. Zuneigung

Als diese Männer Paul und mich mitnahmen, da war ich mir sicher gewesen, nun sterben zu müssen. Ich hatte jede Hoffnung verloren, hatte gewusst, dass es das nun gewesen sei. Die Chancen lebend aus so einer Sache zu kommen waren eben auch sehr gering. Wer schaffte es schon eine Entführung von einem Haufen Kerlen zu entkommen, die ganz klischeehaft einen verdammten Van fuhren, dem armen Paul sämtliche Knochen brachen und einen selbst ansahen, als wäre man irgendein Objekt und kein menschliches Wesen. Nein, die Typen waren kaltherzig und ich sah keinen Grund, wieso sie auch nur einen von uns verschonen sollten.

„Keine Sorgen, kleine Lady, wenn der Clown sich benimmt, wirst du ja vielleicht sogar leben", lachte einer meiner Entführer, als wir nach einer kurzen Fahrt in irgendeiner Lagerhalle herauskamen, ich hörte, wie im Nebenraum Paul weiter geschlagen und gepeinigt wurde. Seine Schreie hallten wie ein Schreckenslied zu mir herüber, trieben mir Tränen in die Augen. Ich wollte ihm helfen, wollte irgendwie handeln, doch was konnte ich schon bewirken? Versuche ich etwas, werde ich sicher nur erschossen und das wollte ich nicht. Ich war keine Hilfe und doch war es überhaupt erst meine Schuld, dass ihm das angetan wurde. Hätte ich nicht unbedingt nach draußen gewollt, dann wäre nichts hiervon geschehen.

„Was wollt ihr vom Joker?", fragte ich zittrig, sah verängstigt zu ihm und den anderen zwei Kerlen, die mit mir hier waren, die mich auf eine Weise ansahen, die ich mittlerweile kannte, die mir aber auch weiterhin missfiel, doch dann kam ich mir immer so schäbig und entblößt vor und ich wünschte mir im Moment sowieso lieber etwas anderes zu tragen als einen dünnen Schlafanzug, doch mit so etwas hatte ich kaum rechnen können.

„Antworten und wenn dein kleiner Begleiter sie uns hier nicht gibt, wird der Clown hoffentlich eher reden."
„Wieso sollte er? Man kann den Joker nicht erpressen", stellte ich klar, doch das klang nach einem äußerst dummen Plan. Was dachten die denn bitte? Dass er nun kommt und ihnen alles sagt, was sie hören wollen? So blöd konnten sie doch unmöglich sein und doch waren sie es offenbar.
„Wir haben dich und können ja testen, wie sehr er dich wirklich mag", stellte der Mann klar, wirkte recht erheitert, während er sprach und zückte ein Messer, dessen Anblick mein Herz sich enger zusammenziehen ließ, doch was würde er tun? Mich foltern? Wegen dem Joker? Was würde das bringen? Der Clown würde kaum seine Geheimnisse preisgeben wegen mir, so wichtig war ich nicht.

„Er mag mich nicht", sagte ich sofort ziemlich verschreckt, sah mit großen Augen auf die scharfe Waffe.

„Ach nein? Wieso sonst würde er dich retten und bei sich behalten?", fragte er, zog mich an meinem Handgelenk zu sich und presste mir das Messer an die Kehle. Ich versuchte flach zu atmen, die Nerven nicht völlig zu verlieren, auch wenn die Versuchung enorm war, so viel Furcht wie ich hatte, doch ich wollte nicht sterben, nicht hier, nicht so.

„Sicher nicht, weil er mich mag", sagte ich leise, „Ihm war eher danach, das bedeutet gar nichts, er würde mich jede Sekunde einfach töten können, nur weil er gerade Lust darauf hat."
„Hoffen wir mal, du irrst dich, denn das würde nicht schön für dich ausgehen", sagte er, schubste mich nun in die Arme seiner beiden Begleiter, die mich mehr festhielten, als es wahrlich nötig wäre und Ekel überkam mich, so nahe an ihnen zu sein, ihre Hände an mir zu spüren.

„Bringt sie mal zum Schreien, ich habe ein Telefonat zu führen", sagte der Kerl und ich sah ihm verstört nach, wie er ein Handy zückte, hatte keine Zeit, richtig zu begreifen, was er mit diesen Worten meinte, da wurde ich schon hart auf den Boden geschubst. Ich spürte, wie meine Knie und Handflächen aufrissen von dem Aufprall auf den harten Betonboden, doch ehe mich irgendwie hätte aufrappeln können, wurde ich schon von irgendwo getreten. Ich schrie auf von dem Gefühl, glaubte für ein paar Sekunden, mich übergeben zu müssen von dem Stoß in die Magengegend, krümmte mich auf dem Boden. Ein nächster Tritt folgte, der mich zum Heulen brachte und instinktiv kugelte ich mich zusammen, schützte meinen Kopf mit meinen Armen, hatte eine Angst, die mir neu war. Egal wie viel Schrecken ich bisher erlebt hatte, das hier war eine neue Form der Angst, die ich da empfand, doch so machtlos auf dem Boden zu liegen, getreten zu werden, das war Neuland. Ich kannte bisher eher die Angst vor sexuellen Übergriffen, die Angst, einfach schnell getötet zu werden oder die Angst, dass ich gefoltert werde, doch wirklich in der Position zu sein, wo man die Schmerzen erlebt, nur daliegt, schreien und weinen konnte, das war neu.

„Bitte"", schluchzte ich panisch und tatsächlich hörten die Tritte auf, nur damit sich jemand zu mir herabbeugte, meine Arme von meinem Kopf zog und mich mit seinem Gewicht weiter unten hielt.

„Nicht weinen, Süße, das ist doch alles nur Show", lachte der Mann, der auf mir saß, dessen Gewicht mich regelrecht zerdrückte, es mir erschwerte, richtig Luft zu kriegen. Ich wollte was sagen, ihn anflehen, mich in Ruhe zu lassen, doch da Schnitt er mir mit einem Messer, von dem ich gar nicht gesehen habe, dass er es besaß, in den Arm und erneut entwichen mir nur Schreie. Das Gefühl aufgeschnitten zu werden war nicht schön. Es fühlte sich an, als würde man brennen, als würde versucht werden mir der Arm vom Körper abzutrennen und ich strampelte wild herum, schrie wie verrückt und bekam zur Antwort eine Faust ins Gesicht, die mich zum Verstummen brachte. Meine Augen fielen mir kurz zu, so schwummerig wurde mir von dem Schlag, ich schmeckte Blut, spürte den Schmerz an meinem Arm nun jedoch auch viel weniger, doch mein Kopf war etwas wirr geworden von der Wucht.

„Na endlich ist sie still, das Gekreische hält man ja nicht aus, das muss doch wohl genug gewesen sein", lachte der andere Mann, der nur danebenstand, seinem Komplizen aufhalf, als dieser sich endlich von mir erhob und schwach blieb ich liegen, bewegte mich nicht. Ich wollte ihnen keinen Grund geben, mir weiter zu schaden, lag da, sah zur Decke hinauf und glaubte, mein ganzer Körper würde pochen und leiden.

„Kaum zu glauben, dass der fucking Joker eine Freundin hat", sagte einer von ihnen abfällig, „Wie zum Teufel kann der Freak eine Frau abkriegen?"
„Und dann noch eine mit so einer netten Figur, wenn der Boss fertig mit ihr ist, können wir sie ja anders zum Schreien bringen", lachte der andere und ich schloss die Augen, wollte am liebsten erneut schreien, einfach aus Frust heraus. Zu gern wollte ich aufspringen und beiden ein Messer in die Brust rammen, wollte ihnen Schmerzen zufügen, sie bestrafen, wollte dem Joker sagen, dass er sie bestrafen soll, doch ich war gerade im Moment zu nichts davon in der Lage und es frustrierte mich, nicht stärker zu sein. Ich wollte stärker sein dürfen, ich wollte nicht mehr das Mädchen sein, das Gregorio damals entführte, das sich wie Dreck von jedem Mann dieser Gott verfickten Stadt behandeln lassen würde.

„Er wird gleich da sein, seid bereit, die Kleine zu mir zu bringen", sagte der Anführer der Gruppe, der wohl wieder da war und ich öffnete meine Augen. Er würde also kommen. Der Joker würde kommen, doch wie würde das enden? Niemals würde er irgendwas für mich opfern, heißt das, ich würde gleich sterben? Oder würden diese Kerle sich wirklich noch vorher an mir vergreifen?

„Na komm, aufstehen!", donnerte einer von ihnen und zog mich an meiner Hand schon wieder hoch, wo ich schmerzvoll das Gesicht verzog davon, mich bewegen zu müssen. Alles in mir drehte sich und unsicher stand ich auf den Beinen, sah nun jedoch hasserfüllt zu den Männern.

„Schau nicht so sauer, es geht ums Geschäft, da muss man hart zupacken", sagte der, der mir all die Verletzungen zugefügt hatte und lachte dabei amüsiert, ebenso sein Freund.

„Wenn du dich ganz brav benimmst, kriegst du später auch eine hübsche Belohnung", sagte sein Freund nun, wackelte mit den Augenbrauen und ich bemühte mich, ihm nicht vor die Füße zu kotzen von seinen Andeutungen, musste auch Gott sei gedankt nicht mehr viel mit irgendeinem von ihnen sprechen, als nach einer nicht sehr langen Zeit die Türe aufging und ein weiterer Kerl uns zunickte, das wohl das Zeichen war. Also war der Joker wirklich gekommen. Ich konnte nicht glauben, dass er das tat. War er meinetwegen hier? Oder wegen Paul? Oder einfach, weil er sehen wollte, welcher Idiot sich mit ihm anlegte?

Ich wurde vorwärts gedrückt, weiter in den Nebenraum, wo ich gleich zuerst Paul bemerkte, der neben dem Anführer auf dem Boden kniete, recht fertig und blutig wirkte. Ich sah weiter zum Joker, der mit einem Abstand gegenüber von den beiden stand und verzweifelt sah ich zu dem Mafiaboss, der recht kühl und gleichgültig wirkte und auch noch allein war. Er war allein hierhergekommen? War er übergeschnappt? Die würden ihn doch nie einfach lebendig gehen lassen!

„Und du denkst, sie ist wichtig genug?", fragte der Joker den Mann, lächelte dabei erheitert und ich merkte, wie mein Herz schneller zu schlagen anfing. Hatte ich ja gesagt. Ich war eben nicht wichtig genug. Ich würde sterben. Oh fuck, ich würde sterben. Wie oft konnte jemand in so kurzer Zeit dem Ende entgehen? Ich würde wohl immer in ständiger Angst leben müssen. Aber das würde wohl alles heute ein Ende finden. Vermutlich werde ich gleich zum Beweis, wie ernst der Kerl es meinte, erschossen. Tränen kamen mir hoch, die ich schnell wieder wegblinzelte, doch jetzt war nicht die Zeit zum Weinen, ich musste standhaft bleiben. Ich wollte mit etwas Würde versuchen zu sterben.

„Wieso sonst würdest du sie behalten und Roberto wegsperren?", fragte der Anführer wütend, riss mich dabei an sich, weg von den anderen Kerlen, schlang einen Arm um meine Mitte und drückte eine Waffe an meine Schläfe. Panisch schluchzte ich von dieser Geste auf, sah völlig verschreckt zum Clown, glaubte gleich das Bewusstsein zu verlieren von dem Gefühl, die Pistole so an meinem Kopf zu haben. Ja, meine Würde war dahin, doch je näher man dem Tod kam, umso erschreckender war es. Ich war doch noch so jung, hatte nichts Schönes erlebt, nichts gesehen von dieser Welt, ich war nicht bereit zu sterben, doch ich hatte eh länger durchgehalten, als ich es sollte. Mein Tod hätte vor acht Jahren bei dem Überfall in meinem Haus eintreten können. Ich war ihm so oft entwischt, irgendwann würde er mich einholen und der Tag war wohl heute. Jeden Moment drückt er ab. Jeden Moment würde es Bang machen und alles wäre vorbei. Ob es weh tut? Ob ich es spüre? Wäre es einfach gleich aus? Ich sah weiter nur den Joker an, der jedoch gleichgültig wirkte, unbesorgt zu sein schien und meine Hoffnungen verflogen alle. Ich würde nicht gerettet werden, sollte es auch nicht verlangen. Er hatte mir geholfen, so oft, mehr konnte ich nicht mehr verlangen.

„Als ob ich meine Beweggründe mit dir teilen würde", sagte er simpel und der Mann, der mich hielt, senkte die Waffe, drückte mich noch enger an sich und ich atmete zittrig mit Tränen in den Augen auf, doch er hatte die Waffe gesenkt, würde ich also nicht sterben?

„Na gut, dann kannst du ja gehen und ich behalte die Hübsche hier für mich als Entschädigung. Meine Männer sind sowieso schon alle ganz scharf auf sie, es wird dich ja kaum stören, wenn ich sie etwas herumreichen werde, bevor ich ihr eine Kugel verpasse", sagte er, fasste mir dabei an die Brust und ich erschauderte, spürte, wie mein ganzer Körper sich von seinen Worten und dieser Geste verkrampfte und ich wusste wirklich nicht, was in dem Moment geschah, doch schien so, als würde nicht nur bei mir ein Schalter umgelegt werden. In dem Moment, wo ich aus reinem Frust und aus Furcht heraus meinen Kopf nach hinten schlug, dem Kerl hoffentlich ordentlich eine verpasste, hatte der Joker seine Waffe gezogen und erschoss die Wache, die Paul hielt. Mein Kopf schmerzte höllisch von dem Schlag, ich kippte augenblicklich zu Boden, kaum wurde ich losgelassen, war erstaunt, dass ich das getan hatte, doch wenn es um Belästigung ging, reagierte ich anders. Zu sterben war die eine Sache, doch mein halbes Leben wurde ich wie ein Lustobjekt betrachtet, so berührt zu werden, solche Dinge zu hören, sie gaben mir mehr Lebenswillen und Kampfgeist als irgendwas sonst und ich hatte wohl äußerst reflexartig gehandelt.

„Bring sie hier weg!", schrie der Joker und ich sah zu Paul, der dem Toten die Waffe entwendet hatte, sich zu mir bückte, mich zwang, aufzustehen und ich hörte weitere Schüsse fallen, wusste gar nicht, was hier geschah, hatte Angst, hatte große Angst und sah mich hektisch um, sah wie neue Leute eintraten, einige ganz eindeutig für den Joker arbeiteten, ihre vertrauten, seltsamen Masken trugen und mit einem rasenden Herzen und in einer gebeugten Haltung ließ ich mich von Paul wegziehen, raus aus der Mitte der Halle, raus aus dem offenen Schussfeld. Ich konnte nicht richtig denken, war einfach nur im Panikmodus und doch sah ich nicht nach vorne in Richtung Ausgang, sondern nur zurück. Ich suchte den Joker in den Massen an Leuten, war in Sorge um ihn, doch er hätte mich nicht zurückgelassen. Selbst ohne mein Handeln hätte er geschossen und er wollte mich in Sicherheit wissen, wies seinen besten Mann an, mich wegzubringen und vielleicht hätte ich das auch komplett, ohne mich zu weigern, zugelassen, wenn in dem Moment nicht jemand anderes die Halle betreten hätte oder eher von irgendeinem Fenster in den Raum gesprungen kam.

„Oh das muss doch ein fucking Scherz sein", murrte Paul, der Batmans Ankunft ebenso bemerkt hatte und mit großen Augen sah ich zu der Fledermaus, die es gleich auf den Joker abgesehen hatte. Ich hatte bisher immer eher angenommen, jemand wie Batman wäre eine Märchenfigur, würde gar nicht wirklich existieren, wäre eine Illusion dieser Stadt und doch war er nun hier, versuchte den Joker zu töten? Einzusperren? Zu besiegen? Ich wusste es nicht, doch er schien diesen stark aus dem Konzept zu bringen mit seinem unerwarteten Erscheinen und ich konnte das nicht mitansehen. Viele der anderen waren geflüchtet, kaum sahen sie den Rächer Gothams, doch ich riss mich nur von Paul los und rannte geradewegs auf diesen zu. Der Joker hätte mich nicht sterben gelassen. Das zu wissen, veränderte so vieles, denn er war hierhergekommen, hätte nicht zugelassen, dass mir noch mehr geschieht und die Dankbarkeit, die ich ihm gegenüber empfand, sie trieb mich vorwärts.

„Halt!", schrie ich besorgt, stellte mich zwischen die Männer und hob abwehrend die Hände dabei, „Lass ihn in Ruhe, er ist keine schlechte Person!" Es war vermutlich recht dumm und waghalsig so etwas zu machen, mich so vor ihn zu stellen und ich rechnete damit, dass er mich gleich einfach aus dem Weg räumen würde oder der Joker durch mich hindurch schießen würde, um an seinen Rivalen zu gelangen, doch stattdessen geschah eher was recht Unerwartetes.

„Ella?", fragte Batman, wirkte sehr schockiert, überrumpelt mich zu sehen und taumelte leicht zurück, als er mich entgeistert ansah. Woher wusste er, wer ich war? Verwirrt sah ich ihn an, hatte keine Ahnung, wie er mich kennen konnte, sah in sein maskiertes Gesicht und glaubte, seine Augen würden was Vertrautes ausstrahlen, doch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, hatte der Joker mich gepackt, seinen Arm um meine Taille geschlungen und warf etwas nach der Fledermaus.

„Halte das mal!", sagte er zu diesem, rannte mit mir so schnell es ging weg, als die Granate, die er geworfen hatte, schon explodierte. Ich hatte keine Ahnung, was aus Batman wurde, konnte mir nicht vorstellen, dass dieser sich so leicht töten lassen würde, doch er war sehr verwundert meinetwegen gewesen. Ich war versucht einzuknicken vom dem lauten Knall, davon, wie die Erde bebte, meine Ohren piepsten, doch der Joker zwang mich regelrecht auch weiter zu laufen, immer weiter, bis wir draußen ankamen, wo es geradewegs in den nächsten Van ging, der schon losfuhr. Ich kam mir vor, als würde ich unter Drogen stehen, so benebelt fühlte ich mich. Alles bewegte sich wie in Zeitlupe, ich hörte nichts außer einem Rauschen, saß zitternd und verängstigt zwischen den anderen, sah, wie der Joker nach vorne kletterte, den Fahrer vom Sitz drängte und selbst das Steuer übernahm. Einer der Männer sprach auf mich ein, doch ich verstand ihn nicht, sah ihn ausdruckslos an und war ganz durch den Wind. Wir waren fort. Ich lebte. Alles war gut und doch war es das nicht. Mein Körper schmerzte, mir war schlecht, ich war verwirrt, wollte heulen dürfen und gleichzeitig wollte ich stark bleiben. Schweigend saß ich wie versteinert die ganze Fahrt zurück da, realisierte kaum, als wir ankamen. Erst als jemand an mir rüttelte, erwachte ich aus meinem Trancezustand und verließ das Auto, stand unbeholfen in der Garage und wusste nach wie vor nichts mit mir anzufangen. Ich war mal wieder beinahe gestorben, hatte Batman getroffen, wurde vorher jedoch zusammengeschlagen und ich konnte einfach nicht mehr.

„Mitkommen!", wies der Joker mich an, lief voraus und meine Beine trugen mich ganz allein, folgten ihm. Ich hatte etwas Sorge, was nun sein würde, doch wie schlimm könnte es schon sein? Er würde mich kaum töten, hätte er es gewollt, hätte er mich dort zurückgelassen. Ich folgte ihm, ohne so recht zu wissen, wohin, bis wir schließlich ein Zimmer erreichten, wo ich stockend zum Stehen kam, doch ich war mir sehr, sehr sicher, dass das sein Schlafzimmer war. Ich war im verdammten Schlafzimmer des Jokers. Was war das nur für ein Leben, das ich da führte? Ich fing gleich wieder zu Zittern an, sah von der Bar, die hier einfach stand, weiter zu dem gewaltigen Bett. An einer Wand steckten unzählige Messer und noch mehr Löcher wiesen Stellen vor, an denen mal welche drinnen gesteckt hatten. Ich sah einen Haufen an Waffen herumliegen, sah schwere Pistolen an einer anderen Wand befestigt und in einer Ecke war eine Kiste voller Granaten. Wer lagerte so etwas in seinem Zimmer? Verschreckt sah ich zum Clown, der in einem Nebenzimmer gerade verschwand, vermutlich das Bad und ehe ich durchatmen konnte, war er schon wieder zurück und das mit einem Verbandskasten.

„Setz dich!", wies er mich an, deutete auf den Perserteppich auf dem Boden und wie befohlen zwang ich meinen Körper, sich zu setzen, spürte, wie ausgezehrt und erschöpft ich war. Alles pochte, alles schmerzte, ich wollte mich in eine Badewanne voll mit warmem Wasser legen dürfen und schlafen, doch das war vorerst keine Option.

Aufmerksam sah ich zu, wie der Joker den Kasten öffnete, diesen auf den Boden legte und sich ebenfalls hinsetzte, mir so nahe war, dass ich normalerweise völlige Panik bekommen hätte, doch ich war gerade im Moment so zerzaust, ich saß nur da und sah ihn an.

„Das muss genäht werden", sagte er und meinte den Schnitt an meinem Arm, den ich bis gerade längst wieder vergessen hatte.

„Und das kannst du?", fragte ich leise, da er schon dabei war, das passende Werkzeug dafür aus dem Kasten zu kramen.

„Sehe ich aus wie jemand, der einfach ins Krankenhaus spaziert?", fragte er mich und eigentlich hätte mir das auch klar sein können. Er wurde sicher oft verletzt und war nie ins Krankenhaus gegangen, hätte es unmöglich können. Ich schüttelte also den Kopf und erschauderte, als er meinen Arm ergriff, sich die Wunde genauer ansah, ehe er aufstand und zu seiner Bar lief, mit einer Flasche zurückkam.

„Das wird brennen", warnte er mich vor, schüttelte einen Teil der Flüssigkeit einfach über die Wunde und ich schrie sofort auf, glaubte angezündet worden so sein so plötzlich und so extrem war der Schmerz, doch er war nur von sehr kurzer Dauer und nun roch mein Arm wunderbar nach Alkohol oder eher Desinfektionsmittel, so hochprozentig wie das gewesen ist.

„Du hast dich gewehrt", stellte er klar, als er die Flasche wegstellte und die Nadel zur Hand nahm, meinte wohl meine Kopfnuss, von der mein Schädel immer noch brummte.

„Erst am Ende", murmelte ich, sah unwohl zu seinen Händen, als er erneut meinen Arm ergriff.

„Aber du hast es getan, du hättest dich nicht von diesen Leuten weiter quälen lassen", stellte er klar und ich verzog das Gesicht, als die Nadel in meine Haut stach, hätte zu gern eine Betäubung erhalten, doch ich war mir sehr sicher, dass das keine Option war und gleichzeitig war es egal. Ich hatte so viel gelitten heute, ein wenig mehr machte keinen Unterschied mehr.

„Ich will mich nicht mehr so behandeln lassen", sagte ich, sah weg von ihm, versuchte den Schmerz auszublenden, was unmöglich war.

„Wie was genau? Ein schwaches Mädchen oder wie eine Hure?"

„Ich bin keins von beidem!", sagte ich kalt, sah zu ihm, wo er kurz den Blick ebenfalls hob und zu mir sah. Er kannte mich mehr als es mir lieb war. Er wusste, dass das genau die zwei Dinge waren, die mich ausmachten oder eher die Dinge waren, die andere Leute an mir als erstes ausmachten. In den Augen aller war ich nur ein dummes, kleines Mädchen oder eben eine Nutte und das nur wegen meines Körpers. Er sah mich nicht als das an, ich wusste, dass er das nicht tat, doch er wollte mich provozieren und ich wusste nicht so recht, wieso.

Ihm so nahe zu sein gab mir die Chance, ihn richtig zu mustern. Seine Schminke war stark verschmiert, seine Haare zerzaust, an seinem Hemd haftete Blut, auch wenn ich mir sicher war, dass es nicht seines war, ein Teil vermutlich eher von mir stammte, denn egal wie zerzaust er gerade auch wirkte, ich sah schlimmer aus.

„Was bist du dann?", fragte er mich. Ja, was war ich? Ich wünschte, ich wüsste es.

„Ich weiß es nicht", hauchte ich ehrlich und er schnalzte mit der Zunge, lächelte flüchtig und machte weiter beim Verarzten.

„Lügnerin."
„Wieso sollte ich lügen?"
„Weil du zu viel Angst hast", erwiderte er und ich hatte keine Ahnung, was er damit aussagen wollte, doch da war er schon fertig mit dem Nähen. Wow, das ging verdammt schnell, doch er war sicher abgehärtet darin, das schnell zu erledigen, wenn man mal auf der Flucht war.

„Es ist unschön, wird sicher nicht gut verheilen, sich entzünden und höllisch schmerzen, aber du wirst leben und den Arm sicher auch behalten", sagte er, zog einen Verband und machte mir diesen noch um die Verletzung herum, die sich mittlerweile sehr warm anfühlte und zu pulsieren schien.

„Danke", murmelte ich, fand die ganze Situation nach wie vor sehr befremdlich. Dass ich hier war, er sich persönlich um mich kümmerte. Das hätte auch jeder andere machen können oder es hätte ihm gleich sein können.

„Der Rest muss selbst heilen, aber das Blut solltest du dir noch abwaschen", sagte er, musterte mich und meine vermutlich unzähligen Blutergüsse, ehe er seine Hand an mein Gesicht legte, ich leicht verschreckt zusammenzuckte von dieser plötzlichen Berührung, mir ganz elektrisiert vorkam, als er dieses behutsam anfasste, sein Blick auf meine Lippen fiel.

„Oh, diese Bastarde werden leiden", murmelte er und ich bemühte mich ruhig weiter zu atmen, als er mit seinem Daumen über meine geschwollene Unterlippe strich, die mittlerweile nicht mehr blutete. Ich merkte, wie mein Herz am Rasen war, wie in mir alles ganz hibbelig wurde und ich wusste nicht so recht wieso. Ich hatte seltsamerweise keine Angst im Moment, war eher dankbar. Ich war dankbar für einfach alles, das er für mich tat. Immer wieder rettete er mich, nun verarztete er mich auch noch und ich kam mir so sicher und geborgen in seiner Nähe vor. Er war mein Beschützer und ich konnte nicht verstehen, wie ich ihn je als Monster und Verrückt ansehen konnte. Er war kein Monster, ein Monster hätte nicht all das für mich getan. Ohne es verhindern zu können, schloss ich die Augen, genoss es nach all den Schlägen mal so sanft berührt zu werden, wurde nur noch müder und wollte zu gern mich an ihn schmiegen und... stopp! Ich öffnete meine Augen wieder, verstand nicht so recht, wieso ich mir so etwas wünschte. Ja, er war vielleicht im Inneren gut, ich verspürte eine Zuneigung ihm gegenüber, doch ich war mir sicher, dass wenn ich mich ihm in die Arme werfen würde, das sicher unschön enden würde. Der Joker würde mich kaum umarmen wollen, was wusste ich schon, was er überhaupt an mir sah.

„Ich sollte gehen, ich bin erschöpft", sagte ich, erhob mich und verzog das Gesicht vor Schmerz, kam mir leicht überfahren vor.

„Gute Nacht, meine Hübsche", sagte er und ich sah nicht zurück, als ich ging, erstaunt feststellen musste, dass mein Zimmer nur ein paar von seinem entfernt lag und eilig lief ich in dieses, wollte mich nur noch umziehen und schlafen dürfen, war so durcheinander, denn meine Emotionen spielten leicht verrückt. Ich verspürte ein seltsames Gefühl, wenn ich an den Joker dachte, vermisste seine Nähe, obwohl ich noch gerade bei ihm gewesen bin. Es war schräg. Ich dachte wieder an meinen Albtraum zurück, der, wegen dem ich überhaupt so spät in der Nacht draußen herumgelaufen war. In diesem hatte er mich geküsst und bei der Erinnerung daran, wurde mir ganz warm und ich fasste mir an die Lippen, glaubte, sie würden kribbeln. Ich sollte nicht zu naiv sein, in meinem Traum hatte er mich anschließend immerhin abgestochen und sofort verschwand das Kribbeln wieder. Ich verwechselte Dankbarkeit womöglich einfach mit irgendwas anderem, kannte es nicht, dass jemand so aufopfernd für mich war, doch war es so verkehrt, so glücklich zu sein, wenn ich an ihn dachte?

Aloha :) Es geht dank einer kleinen Spende auf Ko-Fi früher weiter als gedacht. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen, was sagt ihr zu der kleinen Annäherung der beiden? Und auch zu Batmans Auftritt, der nun seine kleine Schwester das erste Mal wiedersah und das lebend. Freue mich über eure Meinung xx

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