37. Eine unvergessliche Nacht 2.Teil

Heyy Leutee!

Viel Spaß mit dem 2. Kapitel für heute. :)

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" The world is filled with evil things,

That blinds your eyes,

And steals your dreams."

-Anonym.

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Im Ballsaal,

Crystalline Schloss.

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Ich hob mein Kleid an, sodass ich mir beim Gehen leichter tat. Meine Augen hatten nur ihn im Visier und alles um ihn herum verschwamm. Als ich näher zu ihm kam, wurde der Drang, das Mädchen von ihm zu stoßen, stärker.

Plötzlich erschein eine Wand vor mir, an die ich stieß. Aber als meine Sicht wieder schärfer wurde erkannte ich, dass es sich um keine Wand, sondern um ein weißes Hemd handelte. Ein Hemd, das einem Mann gehörte. Ein Hemd, das nun voller roter Flüssigkeit war, welche durch unseren Zusammenstoß aus dem Glas geschüttet worden war.

Meine Augen blickten auf und trafen auf rote Augen, aber als er blinzelte, nahmen sie einen elektrisierenden blauton an.

„ Es tut mir leid!", sprudelte die Entschuldigung aus mir heraus, als ich meine Hand auf meinen Mund legte.

Der Mann, der aussah als wäre er in den Zwanzigern, lächelte einfach nur und sagte: „ Es ist in Ordnung. Ich hätte auch aufpassen sollen, wohin ich gehe."

Aber als der dann seinen Blick nach unten gleiten ließ, runzelte er nachdenklich die Stirn. Rasch nahm ich mir eine Serviette, die auf dem Nebentisch lag, und begann es sauberzumachen, immer noch in einem Zustand des Schockes. Ich war geschockt, weil er nicht so reagierte, wie ich es von einem Vampir erwartet hätte. Wie ich diese kannte, waren es leicht reizbare Kreaturen. Oder vielleicht war es auch nur Damien, der so war.

Ich fühlte, wie seine blauen Augen mich beobachteten, als ich versuchte sein Hemd zu reinigen. Doch egal, wie sehr ich es versuchte, der rote Fleck befand sich immer noch an derselben Stelle. Er wurde kein bisschen heller. Kein Zweifel, es handelte sich um Blut.

Schuld überkam mich und ich sagte: „ Kommen Sie mit mir."

Ich wusste sofort, wie ich dieses Problem lösen konnte. Der Waschraum war nicht weit vom Ballsaal entfernt. Es war Nacht, also mussten die Dienstmädchen die Wäsche bereits gemacht haben und Damiens frische Hemden müssten dort liegen.

Der Mann stellte keine Fragen und folgte mir, als ich ans andere Ende des Ballsaales ging. Ich nahm an, dass er meine Gedanken gelesen hatte und somit wusste, wohin wir gehen werden.
„ Ich weiß nicht, ob der König wütend sein wird, wenn Sie sich eines seiner Hemden ausborgen, aber er hat so oder so viele. Er kann gar nicht alle im Auge behalten."

Er schüttelte seinen Kopf. „ Glauben Sie mir, ihn wird es nicht stören. Wir sind wie Brüder."

„Wirklich? Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Sind Sie ein Adeliger aus einem anderen Königreich?"

„ Ich war einst ein Prinz.", er zuckte mit den Schultern und ließ das Thema fallen.

Als wir beim Waschraum ankamen, gab ich den Türen einen Stoß und wir wurden von Dunkelheit empfangen.

„ Woah.", er zog hörbar Luft ein, „ Ihre Haare. Sie leuchten."

Ich lächelte. „ Wie Flammen. Meine Sünde ist Zorn."

Ich nahm eine Kerze aus der Halterung am Gang und betrat den Waschraum. Die gefalteten Hemden lagen immer in der hintersten Ecke des Raumes.

„ Meine auch, aber ich verstehe es bei Ihnen überhaupt nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand wie Sie Zorn als stärkste Sünde haben soll. Für mich wirken Sie wie die süßeste Person überhaupt. Wie heißen Sie überhaupt?", er trat neben mich.

„ Alexis. Und Sie?"

„ Valentino.", antwortete er, aber er wirkte schockiert. „ Also, bist du Alexis? Entschuldigung, aber ich hätte nicht erwartet, dass du bei dieser Party anwesend sein wirst."

„ Warum?"

„ Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich hätte gedacht, dass du dich in irgendeinem Zimmer versteckst und Rachepläne ausheckst."

Ich hielt inne und wandte mich zu ihm. „ Rache?"
„ Ja. Willst du die Personen nicht leiden lassen, die dich leiden ließen?" Er ließ mich nie aus den Augen. „ Ich weiß über die Prophezeiung Bescheid. Ich weiß, warum Damien dich eingesperrt hat. Du sollst der Grund für seine Zerstörung sein. Aber weißt du, was ich denke? Er hat seine eigene Zerstörung gekidnappt und sie über seiner Türschwelle gebracht. Du hattest damals möglicherweise keinen Grund ihn zu zerstören, aber nun hast du ihn. Er selbst hat dir den Grund geliefert."

Als ich seine Worte sacken ließ, fiel mir auf, dass er nichts außer die Wahrheit gesagt hatte. Ich hätte Damien nie getroffen, wenn er mich nicht gekidnappt hätte, wenn er mich einfach in Ruhe gelassen hätte.

Aber es machte keinen Sinn, dass mir jemand, der ein guter Freund von Damien war, mir so etwas an den Kopf warf. Was hatte dies zu bedeuten? Wenn sie wirklich Freunde waren, warum wollte er mich dann dazu bringen, Rache an Damien zu nehmen?

„ Ich weiß, dass du nun wahrscheinlich denkst, was für ein Freund ich bin. Ich möchte dich nicht dazu überreden, ihn anzugreifen oder so etwas in der Art. Ich kann nur nicht zusehen, wie falsche Dinge um mich herum geschehen. Ich kann nicht dabei zusehen, wie er mit den grausamen Dingen, die er dir angetan hat, davonkommt, ohne Buße zu empfinden."

„ Ich will mich nicht rächen. Das würde nur noch zu mehr Gewalt führen und Probleme erzeugen, die davor noch nicht da waren."

Aber er schien mir nicht zugehört zu haben, denn er sagte: „ Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn einem die Eltern weggerissen werdem oder eher, wenn man selbst weggerissen wird. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn es keine Arme der Eltern gibt, die einen auffangen, wenn man fällt oder es keine Stimme gibt, die dir am Abend sagt, wie sehr sie dich liebt. Alles, was es gebraut hat, war eine Person, die dich entrissen hat. Wenn ich mich an dieser Person rächen kann, wieso tust du es dann nicht?"

Die Art, wie er sprach und seine Gestik erinnerte mich an jemanden. Aber das Stirnrunzeln und der schmerzhafte Gesichtsausdruck, verhinderten, dass ich wusste an wen.

Plötzlich verfärbten sich seine Augen leicht violett, drehten sich nach innen und als sie sich wieder vordrehten, wurde das violette zu rot, bis die rötliche Verfärbung nur noch als Iris übrigblieb. In diesem Moment kam mir der Gedanke, ob es eine gute Idee war, mit einem Fremden alleine zu sein.

„ Willst du ihn nicht zerstören?" Man konnte deutlich die Schärfe in seiner Stimme wahrnehmen, jegliche Freundlichkeit aus ihr war verschwunden.

„ Ich will meine Welt nicht mit den Ruinen von jemand anderem erbauen."

Die Person, die das sagte, war nicht ich. Das konnte nicht sein. Die Worte kamen aus meinem Mund und es war meine Stimme, aber es war trotzdem nicht ich. Warum fühlte es sich so an als hätte ich keine Kontrolle mehr über mich selbst?

Er war für eine Minute tief in Gedanken versunken, dann lächelte er als hätten wir nicht gerade über die Zerstörung von jemandem geredet.

„ Nun gut."

Schnell nahm ich ein gefaltetes Hemd in die Hand und überreichte es ihm. Ich wollte nicht mehr in seiner Nähe sein.

Er nahm das Hemd und verkündete: „ Glückwunsch. Du hast den Test bestanden."

Ich starrte ihn verwirrt an. Was meinte er damit?

„ Das war ein Test, damit Damien eine endgültige Entscheidung treffen kann, ob er dich heute nun frei lassen kann oder nicht. Er wollte sichergehen, dass du dich nicht seinen Feinden anschließt und an ihm Rache nimmst. Aber nachdem ich ihm mitteile, dass du keine Bedrohung für ihn darstellst, wird er dich heute gehen lassen. Ein für alle Mal."

Ich konnte nicht fassen, dass ich immer wieder und wieder meine Unschuld dem sturköpfigen König beweisen musste. Wollte er, dass ich es mit meinem eigenen Blut auf einen Zettel schreibe? Wenn er so weitermachte, dann könnte es sein, dass ich eines Tages genau das machte, wovon er so große Angst hatte.

„ Also hast du die ganze Zeit gelogen? Du bist kein Prinz, oder? Du arbeitest für ihn."

Ich sah im schwachen Licht der Kerze, das er den Kopf schüttelte. „ Dieser Teil war wahr. Ich war einst ein Prinz. Ich wäre König geworden, hätte mir den Titel ein anderer nicht weggeschnappt."

Er wirkte abwesend. Seine sturmblauen Augen blickten zu Boden, dennoch sah ich eine Emotion in ihnen aufblitzen.
Schuld.

Er fühlte sich schuldig. Aber für was?

„ Oh. Es tut mir leid.", es war anscheinend ein heikler Punkt, den ich gerade getroffen hatte, weshalb ich mich entschuldigte.

Valentinos Augen lösten sich keine Sekunde von meinen, als er begann, sein Hemd aufzuknöpfen, womit seine gebräunte Brust enthüllt wurde. Als ich wieder Herr über meinen Körper war, drehte ich mich um, damit er etwas Privatsphäre hatte. Ich wartete, bis er sagte, dass er fertig sei.

Ich drehte mich wieder um und bemerkte, dass ich zufälligerweise ein Hemd genommen hatte, dass zu seinen Augen passte. Er brauchte nicht lange, um die Krawatte wieder um seinen Hals zu binden.

Da er nur angeheuert worden war, um mich auszuspionieren, machte ich keinen weiteren Versuch, ein Gespräch zu beginnen, als ich ihn aus dem Wäscheraum führte.

„ Schau, ich weiß, dass du mich dafür hasst. Ich habe nur meinen Job gemacht."

Ich nickte leise und stellte die Kerze zurück in die Halterung am Flur. Ich konnte die Musik und das Gelächter vom Ballsaal hören, der nicht so weit entfernt war, als ich ein anderes Geräusch wahrnahm.

„ Lass es mich wieder gut machen. Darf ich um diesen Tanz bitten?"

Meine Augen weiteten sich verwundert, als er seine rechte Hand ausstreckte und auf meine Antwort wartete. Seine Frage erinnerte mich an Damien und das eine Mädchen, die eng umschlungen beieinander gewesen waren. Mir war klar, dass er gerade irgendwo war. Wahrscheinlich bei einem seiner heiß geliebten Fangirls. Ich hatte nichts Besseres zu tun. Wieso also nicht.

Als ich meinen Mund öffnen wollte, um ja zu sagen, erschien ein Mädchen, welches nicht älter als zwölf Jahre sein konnte. Ich dachte, dass es sich hier um eine Erwachsenenparty handelte, warum war die dann hier?

„ Miss! Ich habe Sie überall gesucht", ich konnte an ihrer Stimme erkennen, dass sie gerannt sein musste, „ seine Majestät hat mich geschickt, um Ihnen das zu geben."

In ihrer Hand hielt sie ein Tablett, auf dem sich ein perfekt gefaltetes Blatt befand. Zögerlich nahm ich es entgegen und öffnete es.

(Jetzt das Lied spielen)

Triff mich auf der Terrasse.

Der Moment, auf den du solange gewartet hast,

ist endlich gekommen.

Alle Tränen hast du verbraucht.

Ab jetzt, bin ich an der Reihe zu trauern

Und du bist an der Reihe zu scheinen.

Nach heute werden sich unsere Wege nie wieder

Kreuzen.

Denn, wenn du einen Schritt durch das Portal gemacht hast,

wird dein Leben beginnen.

Und es wird das Ende von meinem sein.

-Damien, alias das „selbstverliebte Arschloch."

Mit jedem weiteren Wort blieb mir der Atem weg. Meine Brust zog sich zusammen, als seine Worte in mein Gehirn vordrangen. Was meine er mit dem letzten Satz?

Warum dachte ich darüber nach?

Mein Traum wurde wahr. Ich bekam endlich das, was ich mein ganzes Leben schon begehrte. Ich sollte meine beinahe Freiheit feiern. Ich sollte vor Freude herumhüpfen. Aber das tat ich nicht. Ich sollte glücklich sein. Aber das war ich nicht.

Ich wusste nicht, weshalb.

Ich konnte nicht atmen.

Luft. Ich brauchte Luft.

„ Könntest du mir die Terrasse zeigen?", fragte ich das kleine Mädchen. Meine Stimme war kaum mehr als ein Wispern. Unzählige Gefühlen breiteten sich in mir aus und mir wurde schwindelig.

Ich murmelte so etwas wie Bis später zu Valentino, als ich dem kleinen Mädchen zu den Stiegen des Ballsaales folgte.

Als sie die gewaltigen Türen öffnete, sah ich die Terrasse.

Sie drehte sich zu mir und machte einen Knicks, was mich unvorbereitet traf. Was hatte ich getan, um so eine besondere Behandlung zu bekommen? Bevor ich sie fragen konnte, verschwand sie wieder im Gang.

Ich holte einmal tief Luft, hob mein Kleid an und stieg über die Türschwelle hinaus auf die Terrasse. Sofort empfing mich die windige Nacht. Die Terrasse war mit den anderen Teilen dieses Schloss verglichen groß, aber merkwürdigerweise einfach gestaltet. Der Boden war aus Beton und in den Ecken waren hier und da Pflänzchen herausgewachsen. In der Mitte befanden sich Sessel und eine Hängeschaukel.

Der Anblick vor mir beeindruckte mich. Damien stand mit dem Rücken zu mir am Rand und hatte seine Hände in die Hosentaschen gesteckt. Jedoch schenkten ihm meine Augen kaum Aufmerksamkeit, da sie von der Stadt weit weg von hier abgelenkt wurden. Die Lichter blinkten wie funkelnde Sterne. Dies war wohl einer der höchsten Stellen des Schlosses. Was mich überraschte war, dass es kein Geländer am Rand gab. Doch dann kam mir der Gedanke, dass Vampire gar keines brauchten, denn wenn sie fallen sollten, dann können sie einfach ihre Augen schließen und sich wegteleportieren.

Ich blickte zum wolkenlosen Himmel auf und dankte dem Mond, der zumindest etwas Licht spendete. Aber wenn die Sonne hier unecht war, war es dann der Mond auch?

Ich musste Maria später fragen.

Meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als mir wieder einmal bewusstwurde, dass ich sie nie wieder sehen werde. Sie war wegen ihrer kranken Schwester, die ein Mensch war, nicht mehr hier. Wie kamen die Menschen, die in der Vampirwelt lebten, überhaupt hierher? Das wird wohl für immer ein Rätsel für mich bleiben.

„ Du hast mich hergerufen?", durchbrach ich die Stille der Nacht.

„ Ja. Das habe ich."

Er machte keine Bewegung, sagte nur diese vier Wörter. Ich trat näher an ihn heran, ohne einen weiteren Versuch zu unternehmen, meine Haare zu richten, denn der Wind brachte sie durcheinander.

„ Sobald ich das Portal geöffnet habe, werden wir beide hindurch gehen. Es wird sich für ein paar Sekunden so anfühlen als würdest du fallen, doch dann wirst du zurück in der Wirklichkeit sein. Du wirst zurück in der Menschenwelt sein."

Er wandte mir immer noch den Rücken zu, was mir langsam auf die Nerven ging. Er war zu neutral, zu kalt. Er sprach professionell als wäre er in einem seiner königlichen Meetings.

Es gab einfach noch so viel zu sagen. Es waren noch zu viele unausgesprochene Fragen zwischen uns. Aber die Sache ist, dass ich auch nicht wusste, was ich von ihm erwartete zu sagen.

Du willst nur, dass er dich vor dem Weggehen aufhält.

Nein. Ich wollte nichts lieber als hier endlich zu verschwinden. Ich sehnte mich nach Freiheit. Ich wollte einfach frei sein.

„ Es gibt ein Appartement, für das ich miete zahle. Mach dir keine Sorge wegen den Rechnungen, bis du eine fixe Arbeitsstelle hast. Meine Männer werden sich darum kümmern. Du wirst in deinem Appartement zwei Dienstmädchen vorfinden, die dir im Alltag helfen werden. Wenn du irgendetwas brauchst, wende dich an sie." Als er das sagte, klang es etwas lächerlich.

Ich fühlte, wie mein Herz einen Sprung machte, als er die Pläne erwähnte, welche er für mich hatte. Dennoch beschlich mich ein bitteres Gefühl bei dem Gedanken. Ich bemerkte, dass ich innerlich einen Kampf führte. Dieser musste sofort aufhören.

Ich schlag meine Arme um mich selbst, als mir ein Windstoß entgegenblies. Eine Zeil lang standen wir einfach nebeneinander und blickten auf die lebhafte Stadt herab als könnten wir das Leben jeder Person verfolgen.

„ Wie ist es so in der Menschenwelt?", fragte ich Damien ohne ihn anzusehen.

Ein paar Bilder der Menschenwelt flackerten vor meinen Augen auf, aber sie waren alle verschwommen und undeutlich. Mein Lehrer hatte mich einmal getadelt, als ich die Schulwände beschmiert hatte. Und viele Erinnerungen an meine Eltern, jedoch wollte ich diese Türe nicht noch einmal öffnen.

„ Es ist nicht besser als hier, vielleicht sogar schlimmer. Zumindest dulden wir eine andere Rasse, die Menschen, welche unter uns stehen. Aber sie...Sie wenden sich gegen ihre eigene Art. Hass unter den Menschen brennt den Planeten nieder, manchmal sogar wortwörtlich."

Gänsehaut breitete sich aus, als sich diese Bilder in meinem Kopf formten. War ich bereit in so eine Welt einzutreten? Alleine?

„ Ich bin Hass an jedem einzelnen Tag meines Lebens begegnet. Ich denke, ich komme damit zurecht."

Ich versuchte, stark zu klingen, aber die Unsicherheit in meiner Stimme verriet mich.

Er ließ seinen Kopf hängen als würde er auf den Boden unter seinen Füßen blicken. Als ich mich zu ihm wandte, war sein Blick immer noch starr auf die Stadt gerichtet. Unzählige Gedanken tummelten sich in meinem Kopf.

Ich begann, den Wind zu beneiden, der durch seine Haare wehte. Ich wollte der Wind sein, welcher sein Gesicht küsste, wollte die Luft sein, die er atmete. Tränen sammelten sich in meinen Augen, wahrscheinlich hatten sich diese durch den Wind gebildet. Als ich versuchte sie wegzublinzeln, rannten sie meine Wangen herab. Ich biss mir auf die Unterlippe, als mir etwas klar wurde.

Ich musste ihn verlassen, um zu meiner Freiheit zu gelangen.

Aber ich war nicht bereit zu gehen.

„ Bist du bereit?", fragte er mich. Ich schirmte meine Gedanken vor ihm ab, zumindest versuchte ich es.

„ Ja." Eine Lüge.

„ Gut. Ich nicht." Damien wandte sich schließlich zu mir und sein Anblick raubte mir den Atem.

Seine goldenen Augen strahlten heller als je zuvor. Möglicherweise durch die unvergossenen Tränen. Seinem Gesichtsausdruck nach zu Urteil, bereitete ihm sogar das Atmen Schmerzen. Plötzlich versteinerte sich sein Ausdruck, nur seine Augen erzählten eine komplett andere Geschichte. Ich hatte noch nie so viele verschiedene Emotionen auf einmal gesehen.

Meine Augen konnten nicht ertragen, ihn so zusehen. Meine Ohren konnten nicht ertragen, seine gebrochene Stimme zu hören. Mein Verstand konnte seinen verletzlichen Zustand nicht ertragen. Und mein Herz...Mein Herz wünschte sich nichts sehnlicher als ihm seine Schmerzen zu nehmen.

Bevor ich realisierte, was ich tat, ging ich auf ihn zu und nahm ihn in meine Arme. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und zog ihn so nahe zu mir, sodass wir nur noch durch unsere Kleidung voneinander getrennt waren. Es dauerte nicht lange, bis er die Umarmung erwiderte. Aber das hier war nicht eine einfache Umarmung. Eine Umarmung war nicht das Wort, welches das hier ausdrückte. Das hier war die Vereinigung zweier Seelen. Dies war ein Versprechen an mich selbst. Es wird immer nur ihn geben, nur ihn. Nachdem ich mich von ihm gelöst hatte, fühlte es sich so an als würde ich einen Teil von mir zurücklassen.

„ Ich-ich war mir so sicher.", begann er, „ Ich war mir so sicher. Ich habe mir selbst versprochen, dass ich es nicht wieder tun werde."

Was meinte er damit?

Plötzlich sprach er nicht mehr mit gebrochener und niedergeschlagener Stimme, sondern sagte selbstbewusst:

„ Aber wenigstens werde ich eines meiner Versprechen halten. Ich habe dir versprochen, dass du heute frei sein wirst. Und ich werde genau das tun. Ich werde dir Freiheit schenken."

Bevor ich ihm mitteilen konnte, dass ich doch noch nicht bereit war, traf mich etwas.

Schmerz.

Stechender Schmerz.

In meinem Bauch.

Ich entfernte mich von ihm und mein Blick glitt zu meinem Bauch herab.

Ein Dolch wurde in ihn gerammt. Rote Flüssigkeit floss aus der Wunde und bedeckte mein bereits rotes Kleid.

Damien hatte auf mich eingestochen.

„ Es tut mir leid.", wisperte er, was ich überraschenderweise hören konnte.

Plötzlich stieß er mich zurück. Dann verstand ich, warum er die ganze Zeit am Rand gestanden war. So konnte er mich ohne Probleme von der Terrasse stoßen. Als meine Füße den Halt verloren, flog mein Körper rückwärts in die Hände es kalten Windes.

Ich fiel. Aber nicht in die Menschenwelt, sondern in meinen Tod. 

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