Kapitel 57: Das Reich
Wieder sah ich Phyria. Ich war unsagbar fasziniert, und gleichzeitig schrecklich unsicher in ihrer Nähe.
Ich saß in Ranajeas Zimmer auf dem Boden und spielte mit ein paar flachen Steinen. Hinter mir auf einem Sofa, saßen Mama, Ranajea und Sali, und sie unterhielten sich leise.
Vor mir saß die junge, schwarzhaarige Frau an einem Tischchen und betrachtete sich im Spiegel. Mit einem geübten Handgriff zog sie zwei glatte, hölzerne Stäbchen, die mit wunderschönen, blauen Edelsteinen verziert waren, aus ihrem tiefschwarzen Haar und ließ es über ihre Schulter fallen. Sie war nur in einen blauen Bademantel gehüllt, als sie sich umdrehte.
„Wollt ihr nun von diesem Reich hören, oder nicht?" Sie hatte eine schöne Stimme, auch wenn sie etwas... gereizt klang.
Meine Mutter und Sali sahen auf, und Ranajea lächelte. „Gerne. Fang an", säuselte sie.
Phyria strich sich das Haar aus dem Gesicht.
„Auch wenn ihr es hier ganz schön habt..." Sie deutete mit einer abfälligen Handbewegung nach draußen, „dort ist es noch schöner. Dort liegt alles im Himmel, die Menschen sind wohlhabend und wir bauen eine Menge kostbarer Steine ab. Wir mögen luftige Kleider, nicht diese eng anliegenden Dinger." Phyria runzelte mit der Stirn, bevor sie weitersprach. „Aber die Sache hat einen Haken. Wir sind ein kleines Volk, und dennoch gibt es nie genügend Nahrung für alle. Das bedeutet: obwohl wir alle so... reich sind... müssen manche unserer Kinder hungern."
Mittlerweile war sie aufgestanden und schritt auf und ab.
„Das alles... tut mir unsagbar leid, Phyria", sagte Mama langsam. „Aber... was stellst du dir vor?"
„Nun ja-" Jetzt lächelte die hübsche, schwarzhaarige Frau. „Habe ich euch noch nicht von meinem Plan erzählt?"
Die Szene wechselte. Plötzlich saß ich auf einer Wiese, bunte Blumen wiegten sich neben mir im Wind. Ich lachte glücklich.
Mit einem Mal hörte ich Schritte und ich sah mich suchend um. Mama kam auf mich zu, und als sie mich sah, breitete sich ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Ich quietschte, als sie mich hochhob und mich im Wind umher wirbelte.
Den Mann, der neben Mama stand, bemerkte ich erst, als wir uns ihm zuwandten. Er lächelte freundlich. Er hatte dunkelbraune Haare und leicht schrägstehende, wässrig blaue Augen.
„Hallo. Wer bist du denn?" Seine Stimme klang ein wenig rau, als wäre er es gewohnt, laut zu sprechen, aber mit mir sprach er leise und sanft.
Ich starrte den Mann an. „Limeana."
„Limeana... ein schöner Name."
„Und du?", fragte ich in kindlicher Neugier.
„Tian. Mein Name ist Tian."
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