51.

Sophie

Ich wusste nicht so ganz genau, was ich tun sollte. Die Frau vom Infoschalter warf mir immer wieder böse Blicke zu. Ich hatte mich auf meinen Koffer gesetzt während ich wartete, aber vorher hatte ich mir noch einen Kaffee geholt, vom Airport Café um die Ecke.

Ich schaute mich immer wieder um in der Hoffnung Eystein schon frühzeitig zu erkennen. Doch um ehrlich zu sein, sah ich nur Menschen Menschen und noch mehr Menschen. Irgendwo begann ein Kleinkind laut los zu brüllen. Und nicht weit von mir schmiss sich sogar eins auf den Boden.

Fuck, und das sollte meine Zukunft sein? Nein, das konnte ich mir um ehrlich zu sein, nicht vorstellen. Vielleicht war eine Abtreibung ja doch gar nicht so schlecht.
Vor allem, als ich der Mutter dabei, zu sehen konnte, wie sie sich neben das Kind hockte, und versuchte, ihn mit sanften Worten auf seinem Wutanfall heraus zu befördern. Tja das war wohl nichts wenn dann sorgte es nur für die gegenteilige Reaktion, das Kind holte sogar aus und schlug die Mutter.

Aber hallo, hätte ich das als Kind getan, hätte ich sowas von eine gewatscht bekommen.
Ich konnte der Frau nur dabei zusehen wie sie mit dem Kopf nach hinten zuckte und dann weiter mit dem Kind süßlich redete. Der kleine Bengel hatte angefangen, mit den Fäusten auf den Boden zu trommeln und laut NEIN NEIN NEIN zu brüllen.
Was ist ein reizendes Kind. 

Ich konnte mir ehrlich gesagt, kaum vorstellen, eine Mutter zu sein.  Eine Mutter, was für ein komischer Gedanke war das bitte. Ich mein ich hatte noch nicht mal mein Studium beendet. Ich hatte es geschmissen wegen der Sache mit meiner eigenen Mom.
Auf einmal kam die Angst, was wäre, wenn ich keine gute Mutter sein würde?  Ich meine, ich wollte immer schon Kinder haben, aber es war einfach zu früh. Ich war fucking dreiundzwanzig Jahre alt. Ich war doch selbst gefühlt, noch ein Kind. Ich fragte mich wirklich, wie Finnie das geschafft hatte. Denn um ehrlich zu sein, wollte ich mich am liebsten nur heulend in einer Ecke verkriechen und so tun, als würde da kein Leben in meinem Unterleib heranwachsen. 
Ich mein das einzigste, was ich momentan wollte, war meine Mom und die konnte ich nicht haben...

Die Frau hatte es endlich geschafft, ihr Kind zu beruhigen, und der Kleine hielt sie nun ganz brav an der Hand fest. Sie waren am Informationsschalter angekommen, und Miss Oberzicke schaute nur mit hoch erhobener Nase, auf die beiden herab. Ich konnte nicht genau hören, was gesagt wurde doch die Mutter führte den kleinen Jungen an mir vorbei, mit ziemlich hängendem Kopf. Ich konnte hören, was der Junge sagte. »Mama, heißt das wir werden Papa jetzt doch nicht sehen?«
»Nein mein Engel sein Flug hat Verspätung das bedeutet, dass wir ihn höchstwahrscheinlich erst morgen früh sehen.« Ich wusste nicht warum aber irgendwie ging mir mein Herz auf, als ich das sah.

Ein leichtes Lächeln zog sich über meine Lippen. Und vorsichtig, legte ich eine Hand auf meinen eigenen Bauch.  Nur kurz, nur für einen Moment. »Alles wird gut« flüsterte ich leise zu mir selbst oder vielleicht auch zu dem Baby ich wusste es nicht. Konnte das Baby mich überhaupt schon hören? Hatte es schon Ohren? Fuck wie alt war das Ding denn überhaupt?

Nein, ich wollte von meinem Baby nicht als Ding denken, aber ich wusste auch nicht, was das war und überhaupt das ganze, dass da jetzt etwas in mir war das zu einem Menschen heran wachsen würde war doch ziemlich surreal. 
Ich schaute von meinem noch nicht vorhandenen Bauch auf. In dem Moment sah ich ihn.  Er stand einige Schritte von mir entfernt. Auf eine Krücke gelehnt. Zu meinem Erstaunen sah er nicht wütend aus, ganz im Gegenteil. Er sah ja fast schon glücklich aus.

Was sollte das denn jetzt? Warum schaute er mich so an? Eben am Telefon hat er noch komplett wütend geklungen. Und ich hatte mich insgeheim darauf vorbereitet, verlassen zu werden wegen irgendeiner komischen anderen. Doch jetzt wo er mich so freudig anschaute, konnte ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass er vorhatte, sich von mir zu trennen. Ganz im Gegenteil...

Er kam auf mich zu gehumpelt, während ich mich von meinem Koffer erhob.
»Sophie«, Grüße er mich. »Wollen wir vielleicht woanders hingehen, wo wir weniger gestört sind?« er deutete hinter sich, einige Menschen, schauten und zu, unter anderem auch die "nette" Dame an dem Informationsschalter. Ja, die Frau brach sich glatt den Hals dabei, so wie sie ihren Kopf aus der Öffnung steckte. Wow...
»Natürlich« sagte ich und griff nach meinem Koffer.
»Lass mich dein Koffer nehmen. Mit Hjerte« sagt er den Kosenamen, Und bevor ich ihm antworten konnte, nahm er schon mein Koffer.
»Nein ich kann meinen Koffer alleine nehmen und nenn mich nicht Mit Hjerte Ich bin doch nicht mehr dein Herz.« Autsch das musste gesessen haben, zumindest wenn man nach seinem Gesichtsausdruck ging.
»Sophie« er klang verletzt, gut er sollte sich auch verletzt fühlen. Ich versuchte wieder an Finjas Worte zu denken. Schließlich wollte ich das Ganze hier retten und nicht noch tief in den Abgrund stürzen.

Ich schaute zu ihm hoch, nur um dann wieder auf meine Finger zu schauen.
»Lass uns erst einmal an einen ruhigen Ort gehen, bevor wir anfange zu streiten, in aller Öffentlichkeit.« murrte ich. Da ich sah, wie einige Leute schon begangen, ihre Kameras und oder Handys zu ziehen.
Na super, wir hatten also Publikum. Und unser aufeinandertreffen wirkte mehr als nur frostig.

Auch Eystein schien, das zu bemerken denn bevor ich mich so recht versah, hatte er mich gegen seine  Brust gezogen. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss und mein Herz anfing zu flattern. »Sie gucken alle«, schnurrte er in mein Ohr und aus irgend einem Grund glaubte ich das er das hier richtig genossen.
Als Eystein sich zu mir hinab beugte mit einem sinnlichen grinsen auf den Lippen. Wusste ich genau, was er vorhatte. Ich wusste nur nicht genau, wie ich reagieren sollte. Schließlich war er derjenige, der mich betrogen hatte, und er müsste sauer mit mir sein, weil er dachte, ich hätte ihn betrogen, was ich höchstwahrscheinlich zu Neunundneunzig prozent nicht getan hatte.

Die erste Berührung seiner Lippen war leicht, zärtlich und auch ein wenig schelmisch, aber er setzte etwas in Gange, dass das Potenzial hatte, sehr viel weiter zu gehen als er damit begann, an meiner Unterlippe zu knabbern, sie zu malträtieren und schließlich in seinem Mund zu saugen. Pure Erregung schoss durch meinen Körper und ließ mich innerlich auf stöhnen. Bei Gott, wie ich das vermisst hatte.
Sein Geschmack war genauso, wie ich ihn Erinnerung hatte, herb, maskulin und komischerweise auch ein bisschen rauchig, obwohl er gar nicht rauchte.

Das erotische saugen an meinen Lippen blieb nicht lange so zärtlich. Er wechselte so schnell und spiegelte so viel sexuelles Interesse wieder, das es fast ungehörig, schienen mich damit zu belästigen. Und das In aller Öffentlichkeit. Es gefiel mir, es ließ mich vergessen und das Wort wörtlich. Ich wollte damit belästigt werden, denn neben dem eher mädchenhafte Herz flattern, sorgte dieser Kuss dafür, dass ich mehr wollte.

Und bevor ich überhaupt richtig darüber nachdenken konnte, was gerade geschehen war, hatte er sich auch schon von mir gelöst. Es war, als hätte jemand einen kalten Kübel Eiswasser über mir ausgegekippt denn augenblicklich fand ich mich in der Realität wieder.
Die leider nicht so voller Herzflattern und ich will dich, waren. Sondern mehr nach Du hast mich betrogen und ich denke du hast mich auch betrogen. Na super.

Aber wenigstens starrten die Leute jetzt nicht mehr so. Kein Wunder, man hätte denken können wir würden gleich hier und jetzt treiben, so, wie er mich aufgefressen hatte. 

Nach dem ganzen Kuss Spektakel fanden wir uns zum Glück sehr schnell in dem selben Airport Café wieder, in dem ich mir eben schon einen Kaffe geholt hatte.
Diesmal hatte ich mir Tee bestellt, während Eystein ein Kaffee genommen hatte. Er sah mich an aus diesen blauen Augen mit einer Mischung aus Lust, die wahrscheinlich noch von unserem Kuss kam und etwas anderem, dass ich gar nicht erst betiteln wollte.
Ich wusste nicht, wie ich das Gespräch anfangen sollte. Ich mein, wie fing man so ein Gespräch an?

Ich starrte ihn für eine Weile nur an, während ich an meinem Tee nippte. Ich räusperte mich... »Also...«, begann ich. Eystein der gerade auf seinen Kaffe runter geschaut hatte, blickte auf. Seine blauen Augen musterten mich neugierig so als würde er auf meine nächsten Wort warten. Nur das ich noch keine Idee hatte wie ich weiter machen sollte. Also hob ich meine Tasse Tee an die Lippen und nahm einen Schluck, der mir die Zunge verbrannte. Ich hatte Mühe das heiße Zeug runter zu schlucken und das Gefühl als würde ich es den ganzen Weg bis in meinen Magen brennen, war auch nicht so Geil.  Ich kämpfte gegen ein Husten und Tränen in meinen Augen an, als ich dachte ich wäre so weit hob ich meinen Kopf und schaute Eystein erneut an.

»Ich hab dich nie betrogen.«, brachte ich flüsterleise über meine Lippen. »Bitte du musst mir glauben, wie hätte ich dich bitte betrügen sollen?«
»Ich weiß«, murmelte er. In seinen Augen blitzte wieder dieses Gefühl auf das ich nicht benennen konnte.
»Meine Ex ist nicht fähig Kinder zu bekommen, nur war das noch nicht klar als wir zusammen waren. Sie hat mir die Schuld gegeben dafür das wir keine Kinder bekommen konnten.
Ich war neunzehn als ich mit ihr zusammen gekommen war, und wir haben noch im selben Jahr versucht ein Kind zu bekommen weil wir dumm und jung waren. Weil wir glaubten die wahre Liebe gefunden zu haben... Und das hat offensichtlich nicht geklappt. Sie hat mir für drei Jahre vorgehalten das es meine Schuld sein muss. Also hab ich es irgendwann einfach zu meiner Realität gemacht, weil es die ja auch sein musste...«

Ich konnte ihn nur an starren. »Was jetzt?«, flüsterte ich leise. Ich war mir nicht sicher das ich mich verhört haben musste.
»Das Kind, ist von mir!«

Leute The Troublemaker ist bei Wattpad auf Platz 2 und das bei über 1.000 Geschichten am 15.03.24 ich freu mich total 🎉

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