5.
Die Tür wurde förmlich aufgerissen als ich den Zimmer Schlüssel ins Schloss steckte. Anne, die blonde vollbusige Cousine von Blue öffnete die Tür von innen aus. Natürlich war sie schon auf, es war schließlich zwölf Uhr Mittags.
Eystein hatte ich in dem kleinen Vorzimmer des Motels gelassen. Eine Lobby konnte man den Raum nämlich nicht nennen. Es standen einige Plastikstühle, wie die auf denen man in der Schule gesessen hatte an einer ehemaligen weißen Wand. Inzwischen war sie eher ein graues etwas das man nicht mal mehr Wand nennen konnte.
Ein kleiner runder Holztisch stand daneben mit einige abgegriffenen Zeitungen und einem Gelbeseiten Heft. Gegenüber von den Stühlen stand ein Snack Automat wovon die Hälfte der Snacks schon über Hundertjahre alt sein mussten. Einige der Süßigkeiten wurden nicht einmal mehr hergestellt.
Ich schaute zu Anne, ihre blonden Haare fielen wie immer Perfekt gestylt über ihre Schultern während sie sich vor lehnte um hinaus auf den Gang zu spähen. »Ist Blue bei dir? Wir konnten sie den ganzen Morgen nicht finden?«, sagte sie in ihrer "ich bin besser als ihr alle" Stimme.
Ich konnte Anne noch nie leiden, Blues Cousine war der reinste Albtraum in meiner Kindheit gewesen.
Hatte sie mich doch gezwungen die Haare ihrer Barbie zu essen, als diese verfilzt und eklig waren, nur zu ihrer Belustigung.
Nein Anne und ich waren noch nie gut mit einander ausgekommen. Blue hatte uns nur in ein Zimmer gesteckt in der Hoffnung das so etwas wie Freundschaft zwischen uns entstehen würde. Spoiler Alert war es nicht.
Ich schob mich an Anne vorbei ins Zimmer, auf meinem Bett saßen die anderen drei Mädels, die mit zum Junggesellenabschied gekommen waren und machten sich die Fußnägel.
Danke aber auch...
»Soph, du bist wieder da!«, grüßte Maya mich. Maya war Blues und meine beste Freundin. Abgesehen von Finnie die allerdings nicht mit kommen konnte, weil ihr Mann einen Unfall gehabt hatte.
»Was hast du da an das sieht ja aus wie eine Nonnenkluft. Ganz schrecklich!«, meinte Tanja eine von Blues fragwürdigen College Freunden. Sie war so einer Person auf dessen Anwesenheit ich gern verzichten konnte, aber Blue nicht und das war eigentlich Blues Abend gewesen.
Nun fühlte ich mich auf einmal mieß das ich sie in die ganze Sache mit rein gezogen hatte. Überhaupt das die ganze Sache passiert war...
»Wo ist Blue, Soph?« fragte Maya mich. Auch Anne kam zurück in den Raum und ließ sich auf ihr Bett fallen.
»Sie besorgt etwas. Sie sollte in spätestens einer halben Stunde wieder da sein.« sagte ich während ich mich bückte und meinen Koffer unter dem Bett hervor zog. »Ich zieh mich Ebene um. Das Kleid juckt wie Sau!« sagte ich während ich mich schon wieder im Nacken Kratzte. Wobei meine Finger leicht über die vernabte Haut meines Tattoo fuhren.
Ich hatte es mir Stechen lassen nach Moms Tot. Es war eine kleiner Spatz der auf einem Ast saß. Leider hatte der Tätowierer zu tief gestochen somit war das Gewebe vernarbt. Dennoch liebte ich es.
»Woher hast du denn nun das Kleid? Du siehst darin aus wie meine Oma also echt ey« hörte ich Tanja erneut fragen. Und Jasmine die bis jetzt still gewesen war lachte schrill auf.
Ich beschloss so zu tun als hätte ich die beiden nicht gehört und verschwand in dem viel zu kleinen Badezimmer. Schnell legte ich meine Sachen auf dem geschlossenen Klo Deckel ab und griff nach meiner Reisezahnbürste.
In einer neuen Rekordzeit hatte ich mir meine Zähne gebürstet und meine Haare durchgerissen, wobei wohl eher heraus gerissen zählte. Da gefühlt die Hälfte meiner Haare nun nicht mehr auf meinem Kopf sondern auf dem Badezimmer Boden zu finden waren. Schade um die Haare. Oder so...
Danach kramte ich in meinem Koffer nach den Hot Pants die ich hier irgendwo rein geschmissen haben musste. Und nach meinem Lieblings Shirt von der Band W.I.C.A.N Es war eine Indee Band. Die aus Irland kam und hauptsächlich altmodisch klingende Lieder schrieben.
Ich mochte zwar auch Pop und andere Musik aber mit Metall war ich aufgewachsen. Es brachte mir einfach keine Freude mehr. Nicht wenn ich gesehen hatte wie mein Vater über Songs verzweifelt war.
Nicht wenn ich dabei zugesehen hatte wie die ganze Band daran fast zu Grunde gegangen war.
Dann hörte ich wie es draußen an die Zimmertür Klopft. Das war bestimmt Blue mit der Pille. Ich streckte meinen Kopf durch den offenen Spalt der Badezimmertür und schaute ins Zimmer. Es war Anne die die Tür öffnete. Mehr konnte ich leider nicht sehen da ich dafür aus dem Bad hätte raus gehen müsste. Doch die raue Stimme war eindeutig nicht Blues. Oh nein... Oh nein, nein nein!
»Könntet ihr meiner Frau vielleicht sagen das sie sich beeilen soll? Der Flug geht in zwei Stunden und wir müssen noch zum Flughafen!« Anne knallte ihm die Tür ins Gesicht mit den Worten:
»Sorry Buddy. Falsche Tür!«
Ich musste ein Lachen unterdrücken bevor ich so schnell wie möglich meine Sachen zusammen packte. Das wirklich wirklich hässlich Kleid mit den passenden Schuhen landeten wieder in der Tüte.
In der ich leider kein Beleg fand ansonsten hätte ich beides zurück gegeben, den die hochhackigen blauen Schuhe mit Gold Muster waren fast so schlimm wie Blues Killer Pumps die höchstwahrscheinlich noch in dem Club lagen oder aber beim Standesamt. Wo auch immer sie lagen es war mir doch herzlich egal. Allerdings hätte ich schon gern mein Winterjacke wieder gehabt und gegen die Strumpfhose hätte ich jetzt auch nichts. Die Hot Pants hatte ich ja nur eingepackt weil Blue gemeint hatte wir sollten etwas einpacken für Club besuche.
Schnell band ich mir noch meine Haare hoch nur um einen Schrei zu unterdrücken. Die seiten meines Halses war voller Knutschflecke. Das war schon kein Hals mehr das war einfach nur blau an blau. Ich schluckte und fuhr sacht über einen der schon lilanen flecke. Autsch. Wie war mir das nicht aufgefallen?
Schnell öffnete ich meine Haare wieder und legte sie über meine Schulter damit auch ja niemandem dieses Schlachtfeld auffiel. In dem Moment verfluchte ich mein Vergangenheits Ich das beschlossen hatte das ich keinen Schal brauchen würde. Oh mein Gott das wäre ja so peinlich wenn jemand das sehen würde... noch schlimmer wenn irgendwelche Paparazzi davon Bilder machen würden. Ich ließ mich auf den Klo Deckel fallen und überlegte ob ich es noch schaffen würde das Desaster zu überschminken.
Nein nein nein... es klopfte schon wieder an der Tür diesmal hörte ich wie Anne zur Tür ging, inzwischen erkannte ich ihren Gang echt gut da sie ihr linkes Bein immer leicht schliff. »Hey ich hab dir doch gesagt... Oh Blue. Der Typ da lungert die ganze Zeit vor der Tür rum! Hören sie sie ist nicht hier! Das ist Privatsphären Verletzung und Belästigung ich ruf die Polizei...« Ich riss die Tür auf und stürmte förmlich aus dem Bad, als ich Blues Namen hörte.
So sehr ich Anne auch nicht leiden konnte gerade hätte ich sie am liebsten abgeknutscht für ihr lautes Mundwerk. Blue stand zwischen Anne und Eystein der ihr anscheinend mit in das Zimmer folgen wollte.
»Jetzt hör auf Anne.« keuchte Blue. Sie hielt eine kleine Tüte in der Hand. Ihre Augen trafen auf mich.
»Sophie!!!« Blue war in Sekunden schnelle bei mir während sie über ihre Schulter zu Anne meinte. »Lass ihn rein Anne und hör auf so herum zu brüllen!«
»Aber er ist ein Wildfremder und sucht nach seiner Frau, die offensichtlich nicht hier ist.« protestierte Anne die sich nun im Türrahmen aufgebaut hatte und Eystein wütend anstierte.
Jetzt verstand ich warum ihre zwei Blagen auf jedes Wort ihrer Mutter hörten, wenn ich ihr Kind gewesen wäre und sie mich so anstarren würde hätte ich auch alles dafür gegeben nicht noch einmal so angeblickt zu werden.
Die anderen Mädels hatten sich inzwischen auch von meinem Bett bequemt und kamen herüber.
»Oh mein Gott ODIN!« Kreischte Jasmine. Hatte ich vergessen zu erwähnen das Blue sie auf einem Metall Konzert kennengelernt hatte? Tja ups... auf jedenfall sprang sie den Armen Eystein an und krallte sich an ihm fest. Dieser stand ziemlich steif da und tätschelt der komplette aufgelösten Frau unbeholfen den Rücken. Während er mich anschaute und die Worte »Hilf mir« mit dem Mund formte. Ich schüttelte grinsend den Kopf das war gerade zu gut. Zumindest bis Jasmin sich immer noch in seinen Armen zu Anne umwand und sagte. »Er hat doch gar keine Frau!«
Blue neben mir bekam einen Lachanfall den sie in ein hüsteln umwandelte. Sie öffnete den Mund, höchstwahrscheinlich um mich zu verraten. Es war ein Wunder das die Hühner die Nachrichten noch nicht angemacht hatten... Schnell packte ich Blue am Arm und riss sie mit mir ins Badezimmer.
»Du weißt schon das sie es erfahren werden wenn du spätestens mit ihm aus diesem Zimmer gehst«, hob sie fragend eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen.
»Mir doch egal so bleibt mir wenigstens ein bisschen mehr Zeit so zu tun als wäre das alles nur ein böser Traum. Ich meine schau dir meinen Hals an!« jammerte ich, während ich die Tüte aufriss und die Pille aus der Tüte nahm. Schnell wusch ich einen Zahnputzbecher aus und befühlte ihn mit dem Wasser das Blue ebenfalls noch gekauft hatte.
Schon schob ich mir die kleine helle Pille zwischen die Lippen und spühlte sie zusammen mit einem großen Schluck Wasser meine Kehle hinunter. Blue hob inzwischen meine Haare an nur um einen Lachanfall zu bekommen.
»Das ist nicht Lustig Blue!« rügte ich sie. Inzwischen hatte sich meine beste Freundin immer noch nach Luftschnappend auf den Klodeckel gesetzt und brachte zwischen Lachern hervor.
»Er scheint ein Biest im Bett zu sein. Glaubst du ich kann ihn mir mal borgen? Nate und ich hatten darüber nach gedacht mal einen Dreier auszuprobieren...«
Ich verzog das Gesicht als ich mir ungewollt vorstellte wie der dürre Nate mit seiner nickelbrille versuchte Eystein wie einen Baum zu besteigen. Nun musste ich auch kichern und meinte zu Blue. »Lieber nicht. Nicht das dein baldiger Ehemann doch noch entscheidet dich für ihn sitzen zu lassen.«
»Pah das würde er sich doch sowieso nicht trauen!« meinte Blue. Ich deutet nur wieder auf meinen Nacken.
»Glaubst du das kriegen wir mit Make Up wieder hin?«
»Hast du Make Up dabei das Tattoos abdecken kann?« ich schüttelte den Kopf.
»Dann würde ich sagen es sieht eher schlecht aus!« meinte Blue trocken.
Es klopfte gegen die Tür.
»Seit ihr so weit? Sophie wir müssen jetzt wirklich los wenn wir den Flieger nicht verpassen wollen!« hörte ich Eysteins Stimme.
Ich wand mich erneut zu Blue.
»Bitte sag mir das du wenigstens einen Schal oder ein Tuch dabei hast...« flehte ich. Blue schüttelte bloß den Kopf. Also musterte ich mich noch einmal im Spiegel und strich meine Haare zurecht bevor ich meinen Koffer nahm und nach der Türklinke griff.
Auf, Auf in die Schlacht!
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