Kapitel 24

Ich bewege meinen Körper aufreizend zur laufenden Musik, während sich der Typ mit der massiven Alkoholfahne noch näher an mich drängt. Sein Schritt ist dabei deutlich an meinem Hintern zu spüren. In einer schwungvollen Bewegung drehe ich mich zu ihm und schlinge meine Arme um seinen Nacken. Seine Pupillen sind stark geweitet und sprühen gleichzeitig nur so vor Lust und Begierde, was ich deutlich zu meinem Vorteil nutzen kann. Um ihn noch verrückter zu machen, lasse ich meine geöffneten Lippen leicht seinen Kiefer entlang streichen, woraufhin sich sein Körper merklich anspannt. Ich bringe etwas Abstand zwischen uns, wobei ich ihm jedoch, ohne zu blinzeln, tief in die Augen starre und verführerisch auf meine Lippe beiße, was seinen Blick sofort dorthin schießen lässt. Scheinbar ist der Gute nicht weiterhin daran interessiert zu zappeln, da er mich grob an der Taille heranzieht und seine rauen Lippen stürmisch auf meine presst.

Sofort erwidere ich den Kuss, auch wenn sich einiges in mir dagegen sträubt. Der starke Geschmack des Alkohols macht mich schon fast betrunken und es wundert mich, dass dieser Kerl überhaupt noch tanzen, geschweige denn stehen kann. Immer wieder faszinierend, wozu der Mensch alles imstande ist. Ich beiße ihm spielerisch auf die Lippe, was ihm ein tiefes Brummen entlockt und dazu führt, dass er den Kuss noch mehr vertieft.

Während ich dieses Theaterstück weiterspiele, gleitet meine eine Hand in seine hintere Hosentasche, in der sich sein Geldbeutel befindet, der gut gefüllt ist. Mehr als gut. Ich hoffe, dass er nichts dagegen hat, wenn ich mir ein bisschen, vielleicht auch alles, von dem baren Inhalt ausleihe. In einer fließenden und geschickten Bewegung ziehe ich ihn heraus und halte das Portemonnaie unauffällig hinter meinen Rücken, wo es mir sofort von Kayla aus der Hand genommen wird. Mittlerweile sind wir ein mehr als eingespieltes Team, was diese Geschäfte angeht.

Meine Hände erkunden seinen Körper, damit diese eine Berührung nicht zu auffällig erscheint, womit er dann doch etwas bemerken könnte.

Kurze Zeit später spüre ich Kaylas Berührung an meinem Arm, die mir zeigt, dass ich das Portemonnaie zurücknehmen kann. Genauso fehlerlos wie ich es herausgezogen habe, schiebe ich es zurück in seine Hosentasche. Um den Schein zu wahren, führe ich diese Knutscherei ein wenig fort und kann nicht anders als ein wenig dabei zu Grinsen, da mal wieder alles perfekt über die Bühne gelaufen ist.

Atemlos löse ich mich von dem jungen Mann vor mir und deute ihm mit einem entschuldigenden Lächeln, dass ich auf Toilette muss. Diese Masche funktioniert immer, warum sollte ich mir also etwas anderes einfallen lassen? Er nickt bloß ganz benommen, was mein Kommando ist, den Club so schnell wie möglich zu verlassen.

Ich drehe mich zielstrebig um, woraufhin mein Blick sofort den von Darian trifft, der in der Nähe des Ausgangs steht und das Szenario genauestens beobachtet zu haben scheint. Er sieht alles andere als glücklich aus, was nach unserem Gespräch von letzter Woche keine große Überraschung darstellt. Mit ausgefahrenen Ellenbogen verschaffe ich mir einen Weg durch den brechend vollen Raum zum Ausgang, an dem nun auch bereits Kayla steht, die ein überlegenes Grinsen auf den Lippen trägt.

Zu dritt verlassen wir schließlich den stickigen Club und erlauben uns nach einigen Metern eine kleine Pause. Kayla summt fröhlich vor sich hin und holt prompt die Scheine aus ihrer Tasche, mit denen sie sich daraufhin Luft zufächelt und zufrieden seufzt.

„Geld ist doch etwas Schönes", murmelt sie glücklich und bringt mich sowie Darian mit ihrem Verhalten zu einem leichten Grinsen.

Wir konnten zweihundertsiebzig Euro ergattern. Wenn man es mit den Uhren und Armbändern vergleicht, ist es eher wenig, aber für Bargeld, das manche einfach mit sich schleppen, ist es verdammt viel. Dabei ist auch noch zu beachten, dass der Suffkopf einen Großteil davon bereits verbraten hat. Ich bin mir fast sicher, dass er mit diesen Massen lediglich Frauen beeindrucken und die ein oder andere damit abschleppen wollte. Jetzt wird er sich wohl auf andere Qualitäten beziehen müssen.

„Pack das Geld weg, bevor wir die Opfer von Dieben werden, wenn du so damit herumfuchtelst. Lasst uns gehen."

Kayla befolgt stumm, wenn vielleicht auch etwas beleidigt, meine Anweisung und steckt die Scheine zurück in ihre kleine Tasche.

Wir machen uns langsam auf den Heimweg, wobei Kayla einige Schritte vor Darian und mir läuft und dabei undeutliches Zeug vor sich her brabbelt. Währenddessen streift mein Arm immer wieder den von Darian. Die unangenehme Spannung zwischen uns ist mehr als deutlich zu spüren, doch ich wage es nicht, das Thema nochmals auf den Tisch zu bringen.

„Dir hat es gefallen", kommt es gerade so laut von Darian, dass nur ich seine Worte verstehen kann. Zumal Kayla sowieso nichts mitbekommt.

„Was?"

Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen und wende meinen Blick zu Darian, der jedoch stur auf den geteerten Weg starrt. Ich habe wirklich keine Ahnung, von was genau die Rede ist.

„Das Gefummel und Geknutschte mit diesem Arschloch. Ihr habt fast gar nicht mehr aufgehört", gibt er trocken zurück und schaut kurz zu mir, hält jedoch nicht den Blickkontakt. Da mir nichts anderes einfällt, lache ich laut auf, verstumme aber bei Darians ersterem Anblick sofort wieder.

„Meinst du, es wäre nicht etwas verdächtig, wenn ich alles schlagartig abbreche und ihm zeige, dass ich mich eigentlich vor ihm ekle? Es geht ums Geld, Darian. Um nichts anderes."

Warum rechtfertige ich mich überhaupt? Daraufhin bleibt er still, auch wenn ich ganz deutlich erkennen kann, dass er gerne etwas sagen würde. Sein Kiefer ist angespannt, tritt dabei noch mehr als sonst hervor und seine Stirn weist tiefe Furchen auf. „Außerdem ist beim Küssen oder beim Sex nichts dabei."

Außer man macht es nur, um dem anderen damit wohlwissentlich zu schaden. Was hier wohl leider der Fall ist.

„Das habe ich schon gemerkt."

Seine Stimme trieft nur so vor Enttäuschung, Wut und auch Verachtung, was mir einen tiefen Stich versetzt. In Italien war das alles noch kein Problem, aber offensichtlich hat sich etwas an Darians Denkweise grundlegend geändert. Es ärgert mich. Wie kann er mir jetzt ein schlechtes Gewissen machen, wo wir die Grenzen doch klar gesetzt hatten.

Mir hätte klar sein sollen, dass ich mich nicht auf bloße Worte verlassen kann. Ich konnte es noch nie, warum dachte ich also plötzlich, dass ich sie einmal für das nehmen kann, was sie zu sein scheinen? Nichts Ernstes. Dass ich nicht lache. Auf der anderen Seite kann ich ihn auch verstehen. Ich wäre sicherlich genauso verletzt.

Er muss ein verdammt guter Schauspieler sein, wenn er die ganze Zeit auf unbesorgt und lustig machen konnte. Wenn er die ganze Zeit so tun konnte, als hätte ihn die Scheiße kein bisschen gejuckt, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Da stellt sich mir die Frage, was sonst noch alles gespielt war und ist. Ich kann es nicht verstehen. Warum muss plötzlich alles ein so großes Problem sein? Warum kann er nicht einfach derselbe Darian wie am Morgen danach sein? Unbeschwert, lustig und unkompliziert wie immer. Nicht so... So wie er eben jetzt ist. Es gefällt mir nicht, denn es gefährdet unsere Freundschaft.

Es macht mich wütend, dass er es nun gegen mich verwendet, wo ich meine Absicht doch sehr deutlich gemacht hatte. Dass er sauer und verletzt ist, obwohl er überhaupt kein Recht dazu hat, diese Gefühle an mir auszulassen. Aber er tut es trotzdem. Unverbindlicher Sex ist offensichtlich nicht für jedermann etwas. Und mit jedermann meine ich Darian.

„Es tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen sollen", flüstert er beschämt. „Ich erkenne mich selbst kaum wieder. Scheiße, Mann."

Gerade als ich etwas erwidern und meiner trotzdem noch angestauten Wut Platz machen will, meldet sich Kayla laut und für meine Ohren viel zu euphorisch zu Wort.

„Wisst ihr was? Die Nacht ist noch jung und wir sollten uns mal belohnen. Lasst uns in einen anderen Club gehen und mal so richtig feiern. Ich finde, dass wir das wirklich verdient haben!", verkündet sie feierlich und bekommt dieses begeisterte, ekelhafte Grinsen gar nicht mehr vom Gesicht. „Wir könnten ja zu Basti. Dann müssten wir das neu gewonnene Geld nicht schon direkt wieder ausgeben."

„Wer ist Basti?", meldet sich Darian zu Wort.

„Ein alter Bekannter, wenn man es so nennen kann. Er ist Türsteher." Kayla führt noch einige weitere Informationen an und bringt Darian auf unseren Stand. „Ach und Dela hat ihm mal eine reingehauen", fügt sie vergnügt hinzu, was mich tatsächlich schmunzeln lässt. Das Bild von Bastis schmerzverzerrtem Gesicht wird mich immer glücklich machen.

„Ich bin dafür." Eine großartige Möglichkeit, mir so richtig die Birne wegzusaufen. Diesmal wird mich niemand daran hindern können, denn im Club bin ich nicht die Einzige mit dieser Mission. Und vor allem nach Darians Anmerkungen, habe ich auf nichts mehr Lust als mich ins Koma zu saufen und alles zu vergessen. Den Schmerz tief in mir zu betäuben, der sich hartnäckig festgesetzt hat und nie so richtig verschwindet.

„Viel Spaß euch. Ich bin zu müde."

„Oh, schade. Komm gut nach Hause."

Er schenkt Kayla ein kleines Lächeln und nickt ihr zum Abschied zu, während er mich nicht einmal mit dem Arsch anschaut. Meine Wut steigt wieder ins unermessliche, weswegen ich Kayla am Arm packe und weiterschleife, um schneller mein Ziel zu erreichen. Ich halte diese Scheiße nicht mehr aus. Ich bin so sauer auf ihn und auch auf mich selbst.

„Da hat es aber jemand eilig." Sie guckt mich schief und interessiert von der Seite an, da ich normalerweise außerhalb unserer 'Arbeit' nicht unbedingt das Partymäuschen bin. Aber ich will auch keine Party machen, ich will einfach nur trinken. Ein Wunsch, der ausnahmsweise in Erfüllung gehen dürfte. Vielleicht sollte ich mir nur noch wünschen betrunken zu sein, wenn meine Wünsche dann endlich erfüllt werden. Eine ganz einfache Lösung zu einem oberflächlich komplizierten Sachverhalt. Wunderbar.

Ich erwidere nichts auf Kaylas Aussage hin, sondern schleife sie lediglich schnellen Schrittes hinter mir her. Es dauert somit nicht lange bis wir am Club angekommen sind, vor dem sich aufgrund der späten Uhrzeit eine eher überschaubare Schlange gebildet hat. Die Rush-Hour dürfte bereits ein wenig zurückliegen, was mir aber mehr als Recht ist. Ich will nicht klauen, womit es nicht brechend voll sein muss, und je schneller ich reinkomme, desto besser.

„Lange nicht mehr gesehen, Ladies. Ihr kommt natürlich kostenlos rein. Ich wünsche euch einen wunderbaren Abend." Bastis schleimiges und hinterlistiges Lächeln ist auf seinem Gesicht festgetackert und will auch nicht verschwinden, als ich ihm meinen Todesblick zuwerfe. Diese Kröte. Ich widerstehe dem Drang mein Knie in seine Weichteile zu versenken und folge Kayla wortlos in das Innere.

Die einzige Aufregung, die sich in mir breit macht, ist Alkohol meine Kehle hinunterlaufen zu spüren und somit bewege ich mich schnellen Schrittes auf die Bar zu. Irgendein schmieriger Lappen wird sich finden, der mir den ein oder anderen Drink spendiert. Mittlerweile dürfte ich die Taktik dazu besser als alles andere beherrschen.

„Ich gehe tanzen", teilt mir Kayla über die laute Musik hinweg mit und verschwindet schließlich zwischen all den Menschen auf der Tanzfläche. Davor wirft sie mir jedoch noch einen besonders besorgten Blick zu. Mir soll es recht sein.

Ich hieve mich auf einen der Barhocker und lasse meinen Blick über die anderen Gäste schweifen, bis ich auf einen Mann treffe, der ungefähr Ende zwanzig sein müsste und mich mehr als freundlich anlächelt, was ich erwidere. Er ruft den Barkeeper zu sich und teilt diesem irgendetwas mit. Kurz darauf wird ein Glas Whiskey vor mir abgestellt.

„Du siehst aus als könntest du etwas Stärkeres vertragen. Ich lade dich ein."

Ich starre den Typen von eben an, der nun jedoch dicht neben mir sitzt und die braune Flüssigkeit in seinem Glas mit einem Mal herunterkippt. Der Whiskey hinterlässt ein starkes Brennen, als ich es ihm nachmache, und sorgt augenblicklich dafür, dass sich eine angenehme Wärme in meinem Inneren ausbreitet.

„Ich bin Max."

„Cindy. Danke übrigens."

„Gerne. Freut mich sehr dich kennenzulernen." Er reicht mir seine Hand, die ich kräftig drücke. Mit einem schwachen Händedruck will ich sicherlich nicht konnotiert werden.

„Die Freude liegt ganz meinerseits", erwidere ich betont geschwollen, meine dabei eigentlich gar nicht Max, sondern eher das Glas vor mir, das bereits erneut bis oben mit Alkohol gefüllt ist.

Max und ich grinsen uns kurz an, bevor wir gleichzeitig den nächsten Drink herunterschütten. Wir scheinen uns sehr gut zu verstehen. Max redet nicht viel, er trinkt einfach mit mir und bezahlt auch noch. Was will man mehr? Das kann nur eine großartige Nacht werden, ich kann es spüren.

Lasset die Trinkspiele beginnen!

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