Snow Leopard

Im menschlichen Alter von gerade einmal 19 zu sterben? Daran hatte ich wirklich noch nie gedacht. Doch nun war es soweit. Ich sah wie das Gebiss sich näherte und es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Ich kniff die Augen zusammen und presste mich an die Säule hinter mir, als ich den fauligen Atem des Tieres vor mir roch. Mit einem Mal jaulte es jedoch auf, was mich die Augen öffnen ließ und es schnappte nach hinten, wo ich die schwarzen Haare von Loki entdecken konnte. Blinzelnd konnte ich ihn nur anstarren, wie er den Hieben und scharfen Zähnen auswich. Warum in Odins Namen setzte er sein Leben aufs Spiel, um mich zu retten? War dieser Gott wahnsinnig?! Schnell sprang ich auf und nahm meinen ganzen Mut zusammen, als er auf den Boden gedrückt wurde und der Speichel des Tieres auf seine Schulter tropfte, weshalb er angeekelt den Kopf zur Seite drehte. "Hey!", schrie ich und ging auf die Zwei zu. Ich erreichte mein Ziel, als das Wesen sich erneut mir zuwandte. Ohne zu zögern schritt ich weiter, während sich meine Freunde langsam erhoben und entsetzt dem Schauspiel zusahen. Selbst das Tier schien etwas unsicher geworden zu sein, als ich dicht vor dem großen Maul stehen blieb und in die roten Augen sah. Sanft deutete ich auf den Boden und wartete, bis sich das Tier wirklich vor meine Füße legte und sogar winselte wie ein ängstlicher Hundewelpe.

Als ich mich hinkniete und meine Hand ausstreckte, um das Fell zu berühren, verblasste es und ich griff ins Nichts. Es hatte sich in Luft aufgelöst und ich verstand gar nichts mehr. Völlig verwirrt setzte ich mich auf den kalten Boden und bemerkte, dass der Thronsaal unbeschadet ist. Nicht ein einziger Kratzer, nur die Leiche von Elaine lag an Ort und Stelle. Als sich jemand in das Licht stellte, sah ich in Sifs Augen und konnte es nicht verhindern, dass mir ein verwirrtes "Hä" entwich, als die Anderen auch um mich herumstanden. Fandral griff unter meine Achseln und zog mich so auf die Beine. Ich fasste mir an den Kopf, als mich Sif auch schon fragte ob es mir gut ging. Ich nickte, dann überlegte ich kurz und schüttelte den Kopf: "Ja, nein also Ja doch. Aber was war... und wie ist es... und warum hast du mich...Häää!" Bei meinem letzten Gestammel blickte ich, die Arme von mir streckend, zu Loki, der verzweifelt versuchte den Speichel von seiner Schulter zu entfernen, woran er jedoch kläglich scheiterte. Völlig verwirrt und halb am Durchdrehen, hob ich meinen Bogen auf und rannte so schnell ich konnte aus dem Saal, in mein Zimmer. Dort angekommen schmiss ich meinen Bogen mit ganzer Kraft auf den Boden und sank neben meinem Bett auf die Knie. Ich wünschte ich könnte Weinen, denn sogar das war anders als bei allen Anderen. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich eine Träne vergossen. Wenigstens wurden meine Augen glasig.

Ich kam mir wie eine Verrückte vor. Erst träumte ich so etwas Bizarres und dann wurde es auch noch wahr! Was wenn ich das Ende Asgards träume und es wahr wird? Selbstzweifelnd stand ich auf und sah nach draußen. "Ich bin eine Gefahr.", flüsterte ich zu mir selbst und griff wie von selbst zu der Kette, die unter meinem Gewand hing. Es war eine Phiole mit goldenem Inhalt. Frigga hatte mir erklärt was dieser kleine Gegenstand an Wichtigkeit für mich hatte, jedoch wusste nur ich was sich in der Phiole befand.

Ein leises Klopfen ließ mich aufschrecken und zur Tür sehen, durch die Thor und Loki ihre Köpfe streckten. "Was kann ich für euch tun?", murmelte ich und ging zu meinem Bogen, um ihn aufzuheben. "Die Frage lautet wohl eher was wir für dich tun können.", lächelte Thor und trat mit seinem Bruder ein, "Wie geht es dir?" Ich drehte mich weg und legte den Bogen an seinen Platz zurück: "Gut. Mir geht es gut." Und das stimmte ja auch. Mir ging es gut, ich war nur sehr verwirrt. "Sie lügt.", kam es von Loki, der wie ich sah, die Arme verschränkt hatte und mich durchdringen ansah. Ich ging kurz nebenan in mein Bad, um ein Tuch zu holen, reichte es dem Gott dann und deutete mit einem Nicken auf seine Schulter. "Gerade Ihr solltet doch wissen, dass ich nicht lügen kann. Auch wenn ich es manchmal möchte. Sehr gerne sogar. Aber ich kann es nicht und daran kann ich auch nichts ändern.", sagte ich verbittert und starrte auf den Speichel. "Schon witzig. Jeder Schaden den das Viech angerichtet hat ist verschwunden, aber den Sabber an meinem Bruder hat es zurückgelassen.", mischte Thor sich lachend ein, was sein Bruder mit einem Todesblick kommentierte.

"Thor es gibt da etwas, dass du wissen solltest.", sagte ich, ging zur Kommode und nahm die Zeichnung von dem Wesen, um sie dem Gott zu geben. Ein paar Minuten sah er sich die Details an und blickte dann von mir zu Loki und wieder zurück. "Wie?", fragte er nur und doch wurde mir bei diesem einem Wort eiskalt. Auch Loki hatte mit seiner Reinigungsarbeit aufgehört und kam näher, blickte mich an, was nicht wirklich hilfreich war. Ich sah ihnen nicht in die Augen: "Ich hatte es geträumt. Das Alles. Die Blutspur, Elaine und den Kampf." "Gab es gar keine Abweichungen?", fragte Thor entsetzt. "Nun. Loki. Er war nicht bei dem Kampf tätig. Und in meinem Traum bin ich...", ich musste nicht weiter reden damit die Zwei verstanden.

Nach langem Schweigen faltete Thor meine Zeichnung zusammen: "Ich werde Vater davon berichten." Und schon war er mit wehenden Umhang durch die Tür verschwunden. Seufzend wischte ich mir mit den Händen übers Gesicht und ließ sie dann dort. "Einfach nur krank.", flüsterte ich und vergaß fast, dass Loki noch anwesend war, der sich wieder meinem Bücherregal zugewandt hatte. Da fiel mir etwas ein, weshalb ich zu ihm ging und das Buch über die Geschichte der Dunkel- und Lichtelfen in die Hand nahm. Ich erinnerte mich daran, dass er großes Interesse an diesem Buch hatte, also seufzte ich erneut und hielt es ihm wortlos hin. Erstaunt drehte er sich zu mir und nahm das Buch vorsichtig in die Hand, las den Titel erneut und sah mir dann fragend in die Augen. "Ihr könnt es haben. Es klingt komisch, aber ich trau mich nicht dieses Buch zu lesen.", antwortete ich auf seine unausgesprochene Frage. Er schüttelte den Kopf und wollte mir das Buch zurück in die Hand drücken: "Nein, das kann ich nicht annehmen. Es wurde dir geschenkt." "Dann schenke ich es nun Euch. Geschenke soll man annehmen.", lächelte ich mild und blickte auf das Buch. "Ich danke dir." Ich schüttelte mit dem Kopf und wandte mich ab: "Ich habe Euch zu danken. Ihr habt mir das Leben gerettet. Ich stehe tief in Eurer Schuld." "Vergiss nicht das du mich danach gerettet hast.", erwiderte Loki und klemmte das Buch unter den Arm. "Ich bin mir sicher Ihr hättet Euch selbst helfen können.", lächelte ich und setzte mich auf die Stufe, die zu Bett und Balkon führte. "Vermutlich hast du recht ja. Dennoch denke ich das ein Dank angebracht ist, sonst kann ich mir eine Rede von Mutter anhören.", schielte er zu mir. Grinsend wank ich ab.

Ich rieb mir die Augen, da ich plötzlich so müde war. Ich kniff die Augen zusammen und stütze mich mit den Armen ab. Mir wurde mit einem Mal so heiß und ein unerträglicher Druck machte sich in meinen Ohren breit. "Nienna? Ist alles in Ordnung mit dir?", nahm ich die besorgte Stimme von Loki dumpf war. Loki ist besorgt? "Natürlich bin ich besorgt. Ich habe dich vor zwei Stunden gerettet, da kannst du mir doch jetzt nicht tot umfallen." Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich den Satz laut ausgesprochen hatte. Als ich spürte das Loki neben mir stand, schlug ich die Augen auf, um ihm zu versichern, dass es mir gut ging. Doch als ich dies tat, drehte sich alles und ich wusste wenn ich mich nicht hinlegen würde, würde ich umkippen, weshalb ich mich auf den Rücken rollte. Ich spürte wie ich zitterte und ich nur schwer Luft bekam. Ich sah wie sich Loki zu mir kniete und seine kühle Hand auf meine glühende Stirn legte. Er sagte etwas, doch ich hörte nicht was, ich sah nur das sich seine Lippen bewegten. Ich schüttelte leicht den Kopf, damit er verstand. Besorgt nickte er und hob mich vorsichtig hoch, um mich zu einem Heiler zu bringen. Wo er das Buch hatte wusste ich nicht, aber was tat das jetzt zur Sache. Ich schloss die Augen, um nicht an das Geschaukel zu denken, denn mir wurde augenblicklich schlecht. Zittrig atmete ich aus und driftete dann in eine Dunkelheit, aus Hitze und Schwindel.

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, wunderte ich mich, dass ich keinen Fiebertraum hatte. Oder konnte ich mich nur nicht daran erinnern? Blinzelnd öffnete ich die Augen und schloss sie sofort wieder. Verdammt war das hell. Beim zweiten Versuch, klappte es jedoch und ich lag in meinem Zimmer. Moment. In meinem Zimmer? Ich dachte Loki hätte mich zu einem Heiler getragen. Verwirrt setzte ich mich vorsichtig auf, als auch schon die Tür aufging und Frigga mit Thor und Loki hereinspaziert kam. "Nienna du bist wach.", freute sich Frigga und schloss mich gleich in eine Umarmung. "Ja. Aber wie bin ich denn hierhergekommen. Ich dachte Lo-" "Habe ich auch. Der Heiler meinte du bräuchtest Ruhe, weshalb ich dich wieder in dein Zimmer gebracht habe. Was du jedoch genau hast, ist noch unklar.", unterbrach Dieser mich. Mit einem Nicken schlug ich die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Doch bevor ich aufstehen konnte, hielt mich Thor an der Schulter zurück: "Ruhe." "Jaha. Ich wollte doch nur die Balkontüre aufmachen." "Dann sag mir das doch. Dein Wunsch sei mir Befehl.", lachte Thor, verbeugte sich und ging auf meine Balkontüre zu. Schnell sprang ich auf und hielt ihn davon ab, die Türe auch nur zu berühren: "Nein! Du hast meine Balkontüre schon einmal kaputt gemacht. Einmal reicht vollkommen." Ich hörte Loki lachen, sah wie mir Frigga neue Klamotten in den Schrank hing und ich ging wieder in mein Bett. "Und was mach ich jetzt den ganzen Tag?", jammerte ich und spielte mit einer Haarsträhne, um sie mir dann als "Bart" über die Oberlippe zu legen. "Bettruhe.", sagte Thor und machte sich auf den Weg aus meinen Zimmer genauso wie Frigga, die mich noch kurz anlächelte bevor sie die Tür schloss. "Wie wäre es mit Lesen?", schlug Loki halbherzig vor, doch ich wusste, wenn ich anfing zu lesen, bekam ich nur wieder Kopfschmerzen. Ich wollte an die frische Luft um Energie zu tanken, vielleicht konnte ich ja draußen lesen. "Ja mal sehen.", murmelte ich und stand auf um mir frische Klamotten aus dem Schrank zu ziehen, "Wenn es Euch nichts ausmacht mich jetzt alleine zulassen, damit ich mich fertigmachen kann?" Der Gott nickte verstehend blieb aber dann kritisch im Türrahmen stehen: "Fertig wofür?" "Um draußen zu lesen?", fragte ich ironisch. Ohne ein weiteres Wort ging der Prinz aus meinem Zimmer und ich nahm ein schnelles Bad, zog mich an, band meine Haare zu einem Pferdeschwanz und schnappte mir ein Buch über Midgard.

Draußen angekommen, führte mich mein Weg zu den Ställen. Ich wollte meinen geliebten Hengst Alchattal wiedersehen und beschloss kurzerhand auszureiten. Wenn Thor davon Wind bekäme wäre ich tot. Also beeilte ich mich und ritt mit ihm in den Wald auf eine schöne kleine Lichtung. Dort stieg ich ab und setzte mich ins Gras um zu lesen, während Alchattal genüsslich fraß. So verging der Tag und als es bereits dämmerte, machte ich mich auf den Rückweg. Im Schritt ritt ich durch das Waldstück und hörte nach einiger Zeit ein klägliches Miauen. Wie von selbst blieb der schwarze Hengst stehen und ich stieg ab, um mich nach der Ursache des Geräusches umzusehen. Als ich mich einem Gebüsch aus Dornen näherte, wurde das Miauen lauter. Vorsichtig griff ich in die Dornen, welche sich in meine Haut bohrten und ich anfing zu bluten. Den Schmerz nicht beachtend, bekam ich einen weichen Pelz zu packen. Achtsam zog ich das Tier hoch und nahm es schließlich auf den Arm, um es zu mustern. Es war ein Schneeleopardenjunges, ganz klein und mit Dornen im hellem Fell, zitterte es vor Angst und Aufregung. "Na du kleines Ding? Wo ist denn deine Mutter?", fragte ich und es sah mich mit großen Kulleraugen an, als es plötzlich nochmal miaute. Erneut griff ich durch die Dornen und zog ein zweites Junges heraus. Entschlossen nickte ich und stieg mit den Jungen auf Alchattal, um schnell in den Palast zu kommen. "Ihr werdet mich in große Schwierigkeiten bringen, ihr Kleinen. Thor wird begeistert sein.", sagte ich sarkastisch und bemerkte erst jetzt, dass einer der Leoparden verletzt war. Er hatte einen langen Kratzer an der Seite und blutete stark. "Oh nein. Eure Mutter muss euch wohl gegen das unbekannte Wesen beschützt haben. Wie konntet ihr so lange nur überleben?", entsetzt trieb ich den Hengst an und sprang, im Stall angekommen, herunter. Ich fragte den Stallburschen höflich ob er sich um Alchattal kümmern könnte und rannte dann schließlich in den Palast, wo ich zu meinem Glück mit keinem Geringerem zusammenstieß als Thor, der in Begleitung von Loki durch die Gänge tigerte. Entsetzt blickten die zwei Brüder auf die Fellknäul in meinem Arm und Thor schnaubte wütend, was mich zum Schlucken brachte.

Odin steh mir bei! Ich war ja sowas von mausetot. Unschuldig grinsend blickte ich den Gott des Donners an, was er alles andere als lustig fand. "Wo warst du in Odins Namen? Und was um Himmels Willen ist das da?!", brüllte er, weshalb ich den Jungen die Ohren zuhielt. "Nicht so laut!", zischte ich und sah zu Loki der sich grinsend zurückhielt. Na wartet Prinzlein. "Ich war draußen und hab gelesen, so wie es Loki vorgeschlagen hat.", lächelte ich scheinheilig und musste mir ein Lachen verkneifen, als ich Lokis Gesicht sah. Völlig perplex blickte er zu mir, um sich dann bei Thor zu rechtfertigen: "Ich habe lediglich gesagt sie solle lesen, weil sie gefragt hatte was sie den ganzen Tag tun soll." "Ich habe Euch aber sogar gesagt das ich rausgehen werde, lediglich die Idee das ich ausreiten könnte, kam noch hinzu.", antwortete ich und ging an den Beiden vorbei. "Na schön. Geht es dir wenigstens besser? Und wer sind die kleinen Kerle?", fragte Thor etwas entspannter. "Ja viel besser, danke. Und das sind Schneeleopardenjunge. Ich habe sie in einem Dornengebüsch jammern hören. Der Kleine hier ist verletzt und ich werde mich um ihn kümmern, wenn ihr nichts dagegen habt?", erklärte ich und sah dann bettelnd zu den beiden Prinzen, die sich gegenseitig ansahen und dann ergeben nickten. "Also gut. Aber dann schlepp jetzt bitte meinen Bruder mit.", sagte Thor und schubste Loki in meine Richtung der ihn nur empört ansah. "Ich werde zu den Anderen gehen, da ist dir Niennas Gesellschaft doch sicher lieber oder? Außerdem trägst du ein bisschen mit Schuld, dass sie so lebensmüde ist. Schließlich hast du sie auf die Idee gebracht.", lachte der Prinz und ging auch schon davon. "Ausnahmsweise hat er sogar recht. Lieber eine Verrückte, als fünf an einem Tisch.", sagte Loki spöttisch, nahm mir einen der Beiden ab und ich konnte nur die Augen verdrehen. "Natürlich deswegen seid Ihr auch der Gott des Wahnsinns.", sagte ich euphorisch und ging mit ihm zu meinem Zimmer.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top