Kapitel 3: Aphtahrot
„Dorian", ein dumpfer kleiner Aufprall.„Dorian..!" Müde rieb Eborin sich den Schlaf aus den Augen. Esdämmerte erst und die Decke lag wohlig warm um ihn geschlungen. Alswollte sie ihn in seinem Bett festhalten und nur zu gerne hätte ersich halten lassen. Zurück in diese Umarmung gekuschelt und denersten Sonnenstrahlen, den ersten Vögeln die schon so laut sangen,als wären sie schon Stunden wach, und eigentlich allem was dieserTag auch bieten würde zu entfliehen. Doch flog wie als Antwort dernächste Stein an das Fensterglas. Vorsichtig schob er Buch undDecke zu Seite. Er war wohl wieder eingeschlafen. Eigentlich sollteer nicht im Bett lesen. Nicht so spät. Nicht allein. Doch konnte ernicht davon lassen. Seite um Seite die im Kerzenschein jedes malerneut zum Leben zu erwachen schien. Geschichten, Abenteuer, Welten.Fern und Fremd. Spannend. Ganz anders als dort. Als hier. Ganzanders, als das was er lesen sollte. Durfte. Doch waren sie zuschade, diese anderen Bücher, seine Bücher, um zu verstauben.Ungelesen in einer Ecke zu vereinsamen. Und jedes mal, wenn seineHände vor Müdigkeit sanken, das Buch kurz nieder-legend und er daskleine Gewicht der Worte auf seiner Brust spürte, schien es ihm, alssuchten sie einen Weg in sein Herz. Noch schlaf trunken reckte ersich einmal, bevor er sich aus seinem Bett schwang. Hastig zwang ersich aus seinem Nachthemd. Weiß. Er warf sich ein einfaches weißesHemd und eine Hose über. Kühl. Die Holzdielen. Es war schon AnfangSommer, doch war das helle Holz, barfuß viel zu kühl um angenehmdarauf zu laufen. Doch weckte ihn die Kühle mehr und mehr. Mit einpaar geübten Sätzen durchquerte er den Raum. Nur den Boden so wenigberührend wie möglich. Ein Spiel. Es hatte den Charakter einesSpieles und das gefiel ihm irgendwie. Ein weiterer Stein und er hattedie Socken über gestreift und war auf den Flur geeilt. Er war nichtsonderlich lang. Doch auch nicht sonderlich kurz. Sein Zimmer,Arbeitszimmer, das des Dienstmädchen Marians und das seinerEltern...und das Leere Zimmer. Er stoppte kurz. Es war die letzteTür, gleich neben dem Ansatz der Treppe. In der Nacht schien sie ihnmanchmal anzustarren und leise zu knarzen. Er war froh nicht indiesem Raum schlafen zu müssen. Ein kalter Schauer lief ihm überden Rücken. Doch waren diese Gedanken mit den ersten Sonnenstrahlenfort getragen. Er schob sie zur Seite. Eborin sprang die Stufenhinunter. Er musste wissen wer um diese frühe Zeit sie besuchte! Vorallem sich auf diese Art und Weise ankündigte. Erst kam er vor derkleinen Tür des Nebeneingang stehen. Die Steine mussten von hiergeworfen worden sein. Im Vergleich zu Allem war sie unscheinbarer.Nur ein eiserner Knauf. Rund. Ohne jegliche Zierde und die Tür aushellem Holz. Innerlich machte er sich bereit. Atmete tief ein. Ruhig.Gefasst. Haltung. Er würde dem Besuch sagen müssen, dass seineEltern bereits fort, bei einem wichtigen Geschäftstermin waren. Eswar schon seltsam, dass selbst Mutter zu diesen mitkam, doch war nunnicht die Zeit darüber nachzudenken... Er schluckte. Schluckteseine Bedenken hinunter. Gespannt stieß er die Tür auf.
Das erste Sonnenlicht drang ihm entgegen.
Rote wilde Haare und ein ihn verschmitztanblinzelndes Lächeln.
„Auch mal wach?" Verwundert blinzelte er.
„Was machst du hier?", die Frag war ehrlich.Verwirrt. Müde. Fast hätte er wieder die Tür vor ihm zugeschlagen,oder ihn doch eher herein gelassen? Wie zu Bestätigung gähnte er.
„Wie was mache ich hier? Ich habe dir doch gesagt,dass ich dich mitnehmen werde.", Oliver lachte als wäre es dasVerständlichste und offensichtlichste der Welt. Doch Eborin wusstenicht ob es wirklich an ihm oder seiner Müdigkeit lag. „Wohin?",er gähnte wieder und fuhr sich durch sein Haar. Das hatte ervergessen. In alle Richtungen standen sie ihm wohl ab. Es erklärteschon einmal die Laune von Oliver. Wobei... er war Oliver. War ernicht immer so? Kurz schüttelte er den Kopf, bevor er seine Schuheholte und sie anzog. „Anfang des Jahres? Monsichelball?...Gazo. DerGesch-" „Was wirklich!" Er ignorierte, dem Triumph auf OliversGesicht. Er war hellwach. Auf einmal. Spannung. Sie ließ ihn ganzunruhig werden. Auf einmal. Von den Zehen, bis zu den zerzaustenHaarspitzen. Ohne einen Gedanken begann er vor Freude auf und ab zuhüpfen. Wortwörtliche Luftsprünge. Er stoppte kurz. Haltung. Ermusste..es war keiner sonst hier. Er blickte sich verstohlen kurz um.Um nur wieder in Freude zu verfallen. Er hatte es tatsächlichgeschafft. Dieser .. „Na. Komm wir müssen wieder zurück seinbevor sie es sind." Er winkte und gebot das er ihm folgensollte. Wieder schüttelte er kurz den Kopf. Worauf hatte er sich bloßeingelassen?
Sie liefen schon eine Weile. Der Familie Verdongehörte ein großer Teil des Waldes um Aphtahrot. Selbst war er nochnie dort gewesen. Sein Bauch kribbelte leicht vor Aufregung und seinHerz machte kleine Sprünge. Um wieder dann kurz fast stehen zubleiben. Sie würden ihn umbringen, wenn Vater, oder Mutter daserfahren würden. Einatmen. Sie würden es nicht erfahren. Ausatmen.Die Waldluft war angenehm. Der Geruch von feuchter Erde. Tau. Bäumeund ein kleiner Bach. Und allem voran ein freudestrahlender Oliver,der sich mit Leichtigkeit durch, das Gewirr aus Ästen, Sträuchernund Schlamm bewegte. Er tat es mit einer Selbstverständlichkeit, dieEborin nicht hinten anstehen lassen wollte. Fröhlich schwatzten sie,während Schritt für Schritt ihr Ziel näher rückte und er sichfragte, ob das weiße Hemd, wirklich die beste Wahl gewesen war.
„Sieh mal!", aufgeregt zeigte Oliver auf denBach.
Eborin hob die Augenbraue. „Sind sie nicht toll?"
Das einzige was er sah war der Bach... und ein paarkleine Frösche. Funkeln. Er hatte noch nie..außer in Büchernwelche gesehen. Wohl schienen sie sich zu fühlen. Still und braungrün. Er musste schmunzeln. Er durfte sich nichts anmerken lassen.Nicht zu viel, sonst würde er ihn bestimmt damit aufziehen. Olivermochte wirklich diese kleinen Schleimbeutel. Wenn er es nicht besserwüsste, würde er wahrscheinlich einen immer mit sich tragen, mitWürmchen füttern und stundenlang beobachten.
Es war schon amüsant. Doch hatten sie leider nichtgenug Zeit. Er tippte Oliver auf die Schulter.
Er bedeutete ihm weiter zu gehen.
„Komm schon, nur etwas mehr."
„Wir verpassen das Beste noch!"
„Du bist ja richtig aufgeregt!", er stieß ihnfreundschaftlich in die Seite.
„Nein, ich bin nur deinetwegen mit. DerGeschichtenerzähler ist mir natürlich völlig egal!"
Oliver kratze sich gespielt am Kopf „Ich weiß nichtob ich mich jetzt angegriffen oder geehrt fühlen sollte."
Ein leichter Schlag auf den Hinterkopf. Die Jungenlachten. Es war ein schöner Tag Anfang Sommer.
„Nimm", er warf ihm einen braunen Wollmantel zu.„Wir sind gleich da." Die Wolle kratzte leicht. Doch störte esnun nicht. Viel mehr war er von dem Anblick der Stadt gefangengenommen, die sich vor ihnen auftürmte.
Die Straßen Aphtahrot gegen den Wald. Wie vom Regenin die Taufe. Al sie ankamen, herrschte schon reges treiben. Dieersten Händler standen an ihren Plätzen. Es wurde gefeilscht,Münzen klirrten und Rufe, Stimmen schallten durcheinander. Schritte,Pferde und Fuhrwerke. Der Klang einer Stadt. So hatte er es sichvorgestellt. Doch nun ihn nicht Seiten von dem Bild trennten. Alleswar um ihn. Jetzt. Gasse um Gasse war anders und doch zum verwechselngleich. Nah hielt er ich an Oliver. Er schien unbeeindruckt vonallen. Er schien es alles nicht mehr war zu nehmen. Oder einfach nicht überflutet mit allem zu sein, wie Eborin. Das erste Mal, DieHäuser waren riesig. Die reichen Viertel, Am Rand waren schnellhinter ihnen und sie schritten weiter und weiter. Die Häuser wurdenhöher und enger. Pfahl. Die Fassaden. Verzweigter und enger wurdendie Wege. Brüchig. Der Pflasterstein. Noch fester schlang er denbraunen Wollmantel um sich. Warm. Etwas zu warm, doch sicher. EineHand. Beruhigten legte Oliver seine Hand auf Eborins Schulter.
„Keine Sorge, wir sind da.", er deutete auf denSpringbrunnen in der Mitte des Platzes.
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