8 Kane
Scarlett zuckte zusammen und drehte sich zu dem jenigen, der sie gepackt hielt um. Jedoch ließ dies sie nur noch mehr in sich zusammen schrecken. Es war ein Junge, den sie auf ungefähr Siebzehn schätzte, somit das Alter von Matt und Alessandro. Allerdings hatte er blonde Haare die sie Zehn Zentimeter lang schätzte, die er sich zu den Spitzen hin in einem herbstlichen Rot gefärbt hatte. Seine Augen waren von einem hellen Braun, welches man mit Honig vergleichen könnte. Er war ein Stück größer als sie und sein Blick fiel auf ihre immernoch glühenden Hände. Schlagartig wurde Scarlett bewusst,dass er die Magie gesehen hatte. Sie bekam Gänsehaut, denn sie wusste nicht, wie sie sich da wieder herausreden sollte. Doch der Junge wirkte nicht überrascht von ihren Händen,im Gegenteil Scarlett meinte sogar ein leichtes Lächeln über seine Lippen huschen zu sehen.
Mit einem Mal hob er seine linke Hand auf Augenhöhe, während diese begann zu leuchten, auch seine Augen leuchteten nun in einem strahlenden Grün. Er drehte seine Hand immer wieder und Funken stiegen daraus empor. Schon brannte ein Feuer in seinen Händen, was ihn allerdings nicht zu verletzen schien. Weiterhin machte er diese drehende Handbewegung, die vermutlich aber nur dazu diente, das ganze magischer wirken zu lassen. Scarlett wusste, dass dieser Junge eindeutig ein grünes Kairé zu besitzen schien. Als er ihren verblüfften Blick sah lachte er bloß.
»Tut mir leid, ich hab dir vermutlich einen riesen Schrecken eingejagt.«, sagte er immer noch lachend. Ein Grinsen war auf seinem Gesicht erschienen.
»Ich hätte mich vielleicht erst vorstellen sollen.« Er strich sich die Haare, die im über die Augen fielen aus dem Gesicht.
»Ich bin Kane, Kane Young und keine Sorge ich weiß über die Magie bescheid.« Er zwinkerte etwas übertrieben.
»Und wer bist du, wenn ich das fragen darf?« Er blickte Scarlett aus seinen nun wieder braunen Augen an.
»Ich bin Scarlett Rains, aber… woher weißt du von der Magie?«, fragte Scarlett skeptisch.
»Ach ja, natürlich. Ich komme aus London. Ich wurde dort auserwählt, bin fertig ausgebildet, aber kein Hüter geworden. Meine Eltern sind mit mir vor ein paar Wochen hierher gezogen und ich dachte ein wenig Gesellschaft von anderen Auserwählten, wäre keine schlechte Idee.« Er wirkte sehr lässig und man merkte, mit was für einer Leichtigkeit er Zauber ausführen konnte, was Scarlett auf seine Ausbildung zurückführte.
»Ach und hast du Lust den Abend mit mir zu verbringen?«, fragte er Scarlett und setzte ein selbstsicheres Lächeln auf.
»Ich kenne dich doch nicht einmal. Bis darauf, dass du irgendein entlassener Auserwählter bist, weiß ich doch gar nichts über dich.« Sie hatte eindeutig genug von ihm. Genau so ein aufdringlicher Typ wie Matt. Anscheinend wirkte sie eine gewisse Anziehungskraft auf siebzehnjährige auserwählte Jungs aus. Sie schmunzelte innerlich bei dem Gedanken.
»Entlassen?!«,fragte er kichernd.
»Für mich hörte sich das so an«, behauptete Scarlett mit einer arroganten Note in der Stimme. Jedoch scheiterte sie kläglich bei dem Versuch ernst zu bleiben und musste Lachen.
»Ich sehe wohl älter aus, als ich bin.«, meinte er immer noch lachend.
»Ach ja, und wie alt bist du dann? Ich hätte dich auf Siebzehn geschätzt.«, meinte Scarlett zu ihm.
»Oh, da muss ich leider zugeben, dass du richtig liegst.« Er zog eine belustigte Miene und musterte sie amüsiert.
»Und, wie wär's? Bestehst du immer noch darauf nicht mit einem ›Fremden‹ auszugehen?« Die Ironie in seiner Stimme verschwand und ließ Scarlett spüren, wie ernst ihm diese Sache war.
»Okay, aber nur wenn du niemandem davon erzählst.« Scarlett liebte es Bedingungen zu stellen, um zu sehen, ob es jemandem wirklich wichtig mit ihr war.
»Das… beruht auf gegenseitigkeit.«, sagte er und schenkte ihr ein Lächeln. Er fuhr sich mit den Fingern durch die blonden Haare und streckte ihr den anderen Arm entgegen, damit sie sich darin einhakte.
»Mademoiselle, wohin gedenken Sie heute Abend mit mir zu gehen?«, fragte er gekünstelt. Er hatte heute wohl schon einiges getrunken, doch Scarlett fand es amüsant und spielte mit.
»Geleiten Sie mich bitte in den VIP Bereich der ehrenwerten Midnight Bar.« Beide von ihnen schienen genau zu wissen, dass es im Midnight keinen VIP Bereich gab, aber es war ihnen egal und somit setzte Kane sich mit ihr an einen der Tische.
»Warte hier, ich hole uns ein paar Getränke.«, sagte er und stand darauf auf und ließ Scarlett am Tisch zurück.
Als er zurückkam, trug er ein ganzes Tablett mit Getränken und setzte dieses auf der Mitte des Tisches ab. Sobald er wieder saß, nahm er sich das erste Glas und kippte es sich mit einem Mal hinunter. Danach reichte er Scarlett eines der Gläser. Sie war eigentlich nicht allzu begeistert von alkoholischen Getränken, wollte aber nicht ablehnen. Sie nahm das Glas mit dem orangenen Cocktail und der Scheibe Orange an der Kante des Glases entgegen. Sie nippte einmal kurz daran und eine süßliche Flüssigkeit benetzte ihre Lippen. Der Geschmack gefiel ihr und sie nahm einen weiteren Schluck. Während sie ihr Glas leerte, hatte Kane schon drei der Gläser ausgetrunken.
»Was sind das für Cocktails?«, fragte Scarlett ihn, als sie sich bereits den zweiten nahm.
»Tequila Sunrise.«, sagte Kane. Scarlett wusste, dass der ihr nicht gut bekommen konnte, er war viel stärker, als sie während des Trinkens gedacht hatte. Doch irgendwie kümmerte es sie momentan überhaupt nicht und sie trank ein weiteres Glas aus.
»Und jetzt schau Mal hier hin« Kane wies auf einen Tisch, es war der Tisch an dem immer noch Amanda und Samantha saßen.
Plötzlich leuchteten Kanes Augen in Grün auf, dabei starrte er weiterhin auf den Tisch ihrer Freundinnen. Aus dem Nichts erschien ein Eimer Wasser über Samanthas Kopf, der sich über ihr leerte. Sie schrie auf Amanda kam auf sie zu. Kane lachte.
»War das nicht lustig?«, fragte er lachend, als er merkte, dass Scarlett es nicht so witzig zu finden schien, wie er.
»Weshalb tust du soetwas, sie sind meine Freundinnen.« Scarlett war wütend. Sie fand, dass es nicht richtig war, seine Magie so zu benutzen.
»Dann tut es mir leid, aber du musst doch zugeben, das war amüsant.« Wieder lachte er.
»Wenn du möchtest, dass ich hier sitzen bleibe, lässt du das den restlichen Abend«, sagte Scarlett gereizt.
»Nagut, aber wenn ich wollte könnte ich dich auch mit einem Zauber hier festhalten.«, sagte er und wieder erschien dieses Grinsen auf seinem Gesicht. Wieder leuchteten seine Augen auf und Scarletts Stuhl rückte, ohne das er ihn berührte näher an den Tisch und Kane packte ihre Hände.
»Du bist wirklich interessant Scarlett Rains und so Temperamentvoll. Das hätte ich dir garnicht zu getraut.« Ein weiteres Mal zwinkerte er ihr zu. Daraufhin beugte er sich vor und küsste ihre Hand. Der Kuss war ganz zart, wie eine Feder die über ihren Handrücken strich.
»Was hältst du eigentlich von mir? Denkst du ich hätte Angst vor dir, nur weil du ein Kairé besitzt?«, fragte Scarlett, aber sie lachte währenddessen.
»Na ja, ausgebildet bin ich ja auch noch und du schaffst es ja nicht einmal, deine Magie zu kontrollieren.«, erwiderte er und wies damit auf die Situation bei den Toiletten hin. »Außerdem, weißt du garnicht, was für Zauber ich alles kenne und benutzen könnte.«, fügte er noch hinzu.
»Scarlett?!«, ertönte plötzlich Samanthas wütende Stimme. Schnell wandte Scarlett sich ihr zu, sie hielt mittlerweile ihr drittes Glas Tequila Sunrise in der Hand, welches nur noch zur Hälfte gefüllt war.
»Was'n?«, fragte Scarlett leicht hin und lachte.
»Eben ist ein Eimer mit Wasser über meinem Kopf geleert worden, allerdings war niemand in der Nähe, der das hätte tun können. Also sag mir bitte wer von deinen magischen Freunden das war, damit ich ihm die Meinung sagen kann.« Man konnte sehen wie aufgebracht sie deshalb war.
»Ach, so schlimm war das nun auch nicht und ich hab Kane gesagt er solles lassen«, meinte Scarlett und blickte zu dem Jungen mit den rötlichen Haarspitzen.
»So schlimm war das nicht?! Der ganze Abend ist dahin und du hast für heute denke ich genug getrunken!«, sagte Samantha zornig.
»Ach ja? Du machst den Abend gerade erst kaputt, darf ich mich nicht mit wem anders unterhalten, als dir und Amanda?!« Scarlett hatte genug davon. Lautstark stand sie auf und eilte in hohem Tempo zur Tür. Sie wollte jetzt einfach nur noch nach Hause.
Während sie durch die Straßen lief, wurde ihr bewusst, dass sie so nicht nach Hause konnte, denn sie musste stark nach Alkohol riechen und ihre Mutter würde mit ihr darüber reden wollen. Also entschied sie sich dazu, einfach in die Station zu gehen, aber schon nach kurzer Zeit merkte sie, wie müde sie war. Somit setzte sie sich einfach in einer Gasse, an die Wand gelehnt auf den Boden.
»Scarlett? Geht es dir gut?«, wollte eine Stimme, die aus der Dunkelheit hallte, wissen. Als sich eine Gestalt aus der Nacht löste und auf sie zukam, erkannte sie Kane. Allerdings war er wohl neben Samantha momentan die letzte Person die sie sehen wollte. Sie dachte an Alessandro, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hatte, aber auch an Matt, den sie zwar nicht liebte, aber er ihr auch immer freundlich erschienen war.
»Seh ich etwa so aus?«, fragte Scarlett und unterdrückte ein Schluchzen.
»Natürlich nicht«, sagte er und fügte dann in einem ruhigen Ton hinzu »Hey, es tut mir leid, was da vorhin im Midnight passiert ist, ich war völlig betrunken, bin ich vermutlich immer noch etwas, aber ich habe meinem Verstand mit einem Zauber etwas auf die Sprünge geholfen.« Er klang komplett verändert, vielleicht war noch ein wenig Witz in seiner Stimme, aber auf eine ganz andere Weise, als während des Aufenthalts in der Midnight Bar. Langsam kam er näher auf sie zu und ließ sich neben Scarlett nieder. Erst wollte sie aufstehen und verschwinden, aber es schien so, als ob ihr Körper ihr nicht mehr gehorchen wollte und sie blieb sitzen. Sie spürte die Wärme, die Kanes Körper ausstrahlte und sie fühlte sich auf eine seltsame Weise wohl in seiner Nähe. Daraufhin rückte er noch ein Stück näher und schlang die Arme um sie. Scarlett umarmte ihn ebenfalls und schmiegte sich in die Mulde seines Schlüsselbeins. Scarlett merkte wie Tränen ihre Wangen hinab liefen, doch sie wischte sie nicht weg und rutschte noch näher zu Kane. Zwischen ihren Körpern war nur noch ein ganz geringer Abstand.
»Lass deinen Gefühlen freien Lauf, fühl es, den Schmerz, die Angst, die Enttäuschung, das Gefühl alleine zu sein, aber bedenke, dass bessere Tage kommen werden. Und du bist nicht allein, vergiss das nie.«, flüsterte er ihr ins Ohr. Scarlett wusste nicht, was sie damit anfangen sollte, doch gerade, in diesem Moment, war sie einfach froh nicht alleine zu sein, auch wenn die stummen Tränen die an ihrem Gesicht herunter kullerten immer mehr wurden. Weiterhin hielt er sie fest in seinen Armen und als er sich einen kurzen Moment von ihr löste, sah sie, dass auch seine Augen feucht schimmerten. Er sah sie aus seinen Augen, die nun im Mondlicht dunkel glitzerten, an. Auch Scarlett betrachtete ihn aus feuchten Augen und erkannte seine harten Konturen, er hatte hohe Wangenknochen und ein scharfkantiges Kinn. Seine schlanken Finger hielten ihr rechtes Handgelenk gepackt. Dann lehnte er sich neben sie gegen die Wand und sie blickten beide in die Sterne.
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