4 Das erste Mal verliebt
Nachdem er Scarletts Zimmer verlassen hatte, schlenderte Matthew den langen Gang entlang zu seinem eigenen.
Jedoch überlegte er es sich kurzerhand anders, als er an Alessandros Zimmer vorbeikam. Alessandro verbrachte viel Zeit in der Station und vermutlich war es auch heute so. Matt klopfte und nach kurzem warten, erschien der dunkelhaarige Junge mit den verschiedenfarbigen Augen an der Tür.
Er wirkte müde und hatte vermutlich schon geschlafen.
»Was willst du um diese Uhrzeit noch von mir?«, fragte Alessandro ihn.
»Ich muss mit dir reden, über das neue Mädchen, Scarlett.«
»Was ist mit ihr? Ist sie tot, weil du wieder so eine dämliche Idee wie heute Nachmittag hattest?« Alessandro hatte eindeutig keine Lust auf ein längeres Gespräch, doch Matt musste ihm davon erzählen.
»Kann ich reinkommen?«, fragte er und bekam ein leichtes Kopfnicken als Antwort.
Matt setzte sich bei Alessandro aufs Bett, sie waren schon bevor sie auserwählt wurden gute Freunde gewesen und trafen sich regelmäßig. Alessandro nahm neben ihm Platz.
»Worum geht's?«, fragte Alessandro ihn.
»Also, ich war vorhin bei ihr im Zimmer und…« Doch Alessandro unterbrach ihn.
»Hast du mit ihr geflirtet oder was?«
»Nein. Ich hab ihr von den Hütern erzählt und als ich ihr meinen Amethyst gegeben habe ist er explodiert. Das hier ist alles, was davon übrig geblieben ist.« Er zeigte ihm die schwarz schimmernden Stückchen, die er wieder an sich genommen hatte.
»Das war dein Amethyst?!« Alessandro wirkte erstaunt, vielleicht sogar leicht geschockt.
»Weißt du was da passiert ist?«, fragte Matt, er dachte, dass Alessandro womöglich doch etwas mehr Erfahrung hatte.
»Ich habe absolut keine Ahnung. Aber es ist definitiv nicht gut.« Seine Stimme senkte sich.
»Vielleicht ist sie…«
»Nein!«, schrie Matt, er wollte nicht einmal in Erwägung ziehen, dass sie vielleicht verflucht oder etwas in der Art war.
»Du magst sie.«, sagte Alessandro und Matt merkte, dass er ihn innerlich auslachte.
»Wie kommst du jetzt darauf?«, fragte Matt und hoffte, dass er nicht rot wurde.
»Allein, dass du diese Frage stellst…« Er kicherte. »Du beschützt sie und du redest in einer Art über sie… Du bist verliebt, gib es zu!« Sein Lachen war herzlich, auch wenn er Matt gerade ziemlich nervte.
»Ja gut, okay. Vielleicht empfinde ich irgendetwas für sie, aber ob man da gleich von Liebe sprechen kann…« Er legte eine dramatische Pause ein, um danach fortzufahren.
»Wenn ich ehrlich bin, wollte ich dich auch fragen, ob du bei ihr vielleicht ein gutes Wort für mich einlegen könntest oder sowas. Ich meine ja nur, sie schien nicht gerade interessiert an einem Date mit mir, als ich sie gefragt habe.« Matt verschwieg ihm allerdings, dass sie ihn daraufhin rausgeworfen hatte.
»Wenn es sein muss, aber nur, da es das erste Mal ist, dass du verliebt bist und ich es wirklich interessant finde, das weiter zu verfolgen. Außerdem hab ich dafür was gut bei dir.« Alessandro huschte wieder ein leichtes Grinsen übers Gesicht.
»Ja, auf jeden Fall. Danke.«
Damit schien das Gespräch beendet und Matt machte sich wieder auf den Weg zu seinem Zimmer.Er hörte wie aus manchen Zimmern Stimmen und auch Musik hervordrang. Schon von weitem erkannte er die Tür seines Zimmers, die er sofort als er hier das erste Mal übernachtet hatte mit seinem Namen in einem grellen Rot Ton versehen hatte.
Während er sich schlafen legte, dachte er noch lange an Scarlett und ob sie ihn auch mochte, bis er schließlich einschlief…
...
Scarlett wachte auf und realisierte erst als sie sich aufgesetzt hatte, dass sie in der Station war und eine der Auserwählten. Nach einem raschen Blick auf ihr Handy, musste sie feststellen, dass es schon 10:34 war und der Unterricht längst begonnen hatte. Allerdings hatte sie keine neuen Sachen zum anziehen hier, geschweige denn irgendwas zu trinken oder Essen. Doch sie musste zur Schule und es war ihr vollkommen egal wie.
Nachdem sie ihre Sachen gepackt hatte, stieß sie die Tür auf und versuchte sich an den Weg hierher zu erinnern. Sie ging die vielen verzweigten Flure entlang und war froh, als sie sah, dass sie am Ausgang war und somit den richtigen Weg gegangen war.
Sie sah, wie auch jemand anders in Richtung Ausgang lief. Während sie näher kam, erkannte sie jedoch auch wer es war. Sie hätte ihn jederzeit erkannt, seine Augen, seine Haare. Es war Alessandro.
»Oh Hi, was machst du denn hier?«, fragte er, als er sie bemerkte.
»Vermutlich dasselbe wie du. Ich möchte zum Ausgang und es wundert mich, dass du nicht in der Schule bist, hast du etwa auch verschlafen?« Scarlett konnte sehen, dass er schon länger wach zu sein schien, wollte aber sicherheitshalber trotzdem einmal fragen.
»Bist du verrückt?! Du kannst nicht in die Schule gehen, du kannst deine Magie nicht kontrollieren. Falls du in die Schule gehen solltest gefährdest du dich und andere!« Alessandros Stimme war lauter geworden und etwas Zorn schwang darin mit.
»Du hast schon mal gar nicht zu bestimmen, was ich zu tun und zu lassen habe.« Scarlett tat es sofort leid, wie sie mit ihm geredet hatte, konnte es allerdings nicht mehr rückgängig machen.
»Bitte, von mir aus, aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.« Damit ging er und Scarlett blieb noch eine ganze Weile regungslos stehen, um nicht einfach trotzig wieder auf ihr Zimmer zu rennen.
...
Als sie das Schulgebäude betrat, wirkte es, als wäre sie ganz weit entfernt davon, so als ob sie es nicht mehr erreichen konnte. Nicht mehr seit sie auserwählt wurde. Sie atmete einmal tief durch und machte sich auf den Weg zum Unterricht, zu diesem Zeitpunkt hatte sie Mathe und sie wusste, dass Amanda und Samantha auch dort sein würden. Sie würden Fragen stellen, dachte Scarlett. Fragen, die sie nicht beantworten konnte oder durfte.
»Hey, was ist denn gestern passiert? Du warst einfach weg.«, sagte Samantha und Scarlett fühlte sich jetzt schon schlecht ihr und Amanda nicht alles zu erzählen.
»Mir ging es nicht gut, da bin ich gegangen.« Scarlett hoffte, dass sie diese knappe Antwort akzeptieren und nicht weiter fragen würde. Dies tat sie dann auch, aber eher, da Unterricht war und nicht, weil sie nicht mehr erfahren wollte.
Scarlett bekam kaum etwas mit, was ihre Lehrerin sagte und dachte darüber nach, was sie Samantha und Amanda erzählen sollte. Das war nur eine Illusion, was Amanda gesehen hat. Ach Quatsch, das würd ich mir nicht Mal selbst glauben, dachte Scarlett.
...
Nach dem Unterricht wollten sie zur Cafeteria, doch dann erinnerte Scarlett sich daran, was Mr. Havering gesagt hatte. Dein Kairé ist deine Magie, du kannst dich entweder auf die Magie in dir konzentrieren um es zu bekommen oder es reagiert auf einen Ort der überdurchschnittlich viel Magie enthält.
»Ich hab keinen Hunger, vielleicht gehen wir lieber nach draußen?« Scarlett war bewusst, dass es ein kläglicher Versuch war, den beiden vorzuenthalten, dass sie nicht in die Cafeteria konnte, da ihre Magie sonst mit diesem Ort reagiert hätte.
»Äh, okay, klar.« Amanda klang etwas irritiert und auch Samantha schien nicht gerade begeistert. Daraufhin gingen sie nach draußen und setzten sich auf eine der vielen hölzernen Bänke.
»Amanda und ich, gehen uns jetzt Mal was zu essen holen. Schließlich, haben wir wohl hunger.« Samantha stand daraufhin auf und Amanda folgte ihr.
Scarlett saß nun allein dort und fragte sich, warum es überhaupt schlimm wäre den beiden davon zu erzählen. Allerdings, wusste sie nicht, ob sie das für sich behalten oder weiter erzählen würden.
Es klingelte, die Pause war beendet. Mit leerem Magen machte Scarlett sich auf den Weg zurück Richtung Schulgebäude. Doch sie wurde aufgehalten, denn Samantha und Amanda kamen ihr entgegen.
»Komm.«, sagten sie beide gleichzeitig. Scarlett folgte ihnen bis hinter die Schule. Samantha packte ihre Schultern und blickte sie aus ihren blauen Augen an.
»So, und jetzt sagst du uns was mit dir los ist!«, sagte Samantha und Amanda nickte zustimmend.
»Ich… äh… kann es euch nicht sagen, tut mir leid, aber ihr braucht euch echt keine Sorgen zu machen.« Das war alles was Scarlett sagte, bevor sie sich zum gehen umwandte. Doch jemand hielt ihr Handgelenk gepackt. Es war Amanda.
»Scarlett, bitte. Wir wissen doch alle, dass hier gerade irgendetwas gewaltig schief läuft.Weder ich noch Samantha, werden dir irgendwas vorwerfen oder dich auslachen, was immer es auch ist uns kannst du es sagen.« Ihre Stimme klang sanft und viel ruhiger, als die von Samantha. Scarlett taumelte ein paar Schritte rückwärts. Sie wollte nicht lügen. Sie konnte die Wahrheit nicht erzählen. Allerdings kannte sie die Zwei seit Jahren, sie hatte ihnen nie etwas verschwiegen und was wäre überhaupt so schlimm daran es ihnen zu erzählen?
»Okay, aber es darf unter keinen Umständen vorkommen, dass es IRGENDJEMAND anderes erfährt. Unter keinen Umständen!« Samantha und Amanda nickten, eingeschüchtert von Scarletts harschem Ton. Nachdem sie einmal tief durch geatmet hatte, setzte sie an zu erzählen.
»Vermutlich könnt ihr euch daran errinnern, was gestern in der Cafeteria passiert ist.« Wieder zustimmendes Nicken.
»Daraufhin wurde ich von ein paar Typen angesprochen, die mich dann in eine Art unterirdische Station geführt haben…«
...
Nachdem Scarlett ihnen alles erklärt hatte, die Stelle mit Matt, hatte sie natürlich ausgelassen, schauten beide nur leicht verdutzt. Dann fing Samantha an zu lachen, allerdings schien sie schnell zu merken, dass was Scarlett erzählt hatte, alles andere, als ein Witz gewesen zu sein schien und sie verstummte.
»Wenn ihr mir nicht glaubt, kann ich es euch nach der Schule zeigen.«, sagte Scarlett, um die Geschehnisse glaubwürdiger zu machen.
»Okay, ich hatte heute sowieso noch nichts vor.«, meinte Samantha und Amanda sagte etwas ähnliches. Scarlett hatte gehofft, sie hätten keine Zeit oder wären nicht interessiert und jetzt, musste sie sie irgendwie ohne gesehen zu werden in die Station schmuggeln. Zum Glück, hatte sie von Mr. Havering noch einen Schlüssel, für den Eingang mit der Wendeltreppe bekommen. Der Gedanke an das schwarze Loch, wo Matt zuvor hinunter gesprungen war, schauderte sie immer noch. Achtzehn Meter, so tief war es, hatte Alessandro gesagt und Matt war dort hinab gesprungen, als wäre es das normalste der Welt…
Als die Klingel das letzte Mal leutete, machten sich Scarlett, Amanda und Samantha auf den Weg zu der Station der Hüter. Allerdings musste Scarlett die beiden etwas enttäuschen.
»Geht ruhig schon mal bis dort« Sie deutete auf einen etwas weiter entfernten Waldrand.
»Ich muss noch kurz in die Stadt.«
»Ja, okay, dann bis gleich.«, sagte Amanda noch, doch Scarlett hörte sie schon nicht mehr. Eine Sache musste sie noch dringend erledigen, und zwar jetzt.
...
Scarlett konnte ihre Freundinnen schon von weitem auf sie warten sehen und war froh, dass die beiden noch nicht alleine weiter gegangen waren. Sie liefen noch ein ganzes Stück bis sie zu der Stelle mit dem Schlüsselloch im Boden kamen.
»Was machst du da?«, fragte Samantha, während Scarlett die Tür öffnete.
»Ich hab euch doch erzählt, dass das eine Tür ist.« Scarlett war ein wenig genervt. Als sie die Tür geöffnet hatte,machten sie große Augen und Scarlett musste innerlich Grinsen. Sie ging vor und Amanda und Samantha folgten ihr. Scarlett musste ihnen mehrmals versichern, dass die Treppe sehr wohl ein Ende hatte, welches sie auch nach einiger Zeit erreicht hatten.
Zum Glück schien gerade nicht viel in der Station los zu sein und niemand bemerkte sie. Scarlett zeigte ihren Freundinnen, dass Zimmer in dem sie vorige Nacht geschlafen hatte.
»Ja, ich muss zugeben, das ist einfach unfassbar. Es gibt tatsächlich Magie, ist es wie in den ganzen Büchern?« Amanda wirkte fasziniert.
»Ich meine eher nicht, aber ich habe bis jetzt selbst kaum Ahnung« Mehr ging Scarlett auf die Frage nicht ein, sie selbst war nie so fasziniert gewesen von Fantasiewelten und wusste somit kaum worum es in solchen Büchern ging. Amanda hingegen, hatte ein ganzes Regal voll mit ihren Büchern, die sie alle gelesen hatte.
Danach machten sie sich auf zum gehen und Scarlett war erleichtert, dass alles so glatt gelaufen war, wenn sie bedachte, was alles so hatte schief gehen können. Der Schlüssel hätte nicht funktionieren können, jemand hätte die Wendeltreppe runterfallen können oder…
In dem Moment erblickte Scarlett Alessandro, der durch die Gänge lief.
»Oh mist! Kommt mit, er sollte euch besser nicht sehen.« Allerdings rührten Samantha und Amanda sich kein Stück und Alessandro kam immer näher in ihre Richtung. Er schaute auf und entdeckte die Drei. Scarlett wollte gar nicht wissen, was jetzt passieren würde, jedoch stand eines Fest: Er hatte sie gesehen.
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