3 Vergangenheit
Der Raum in den Alessandro sie brachte war reichlich geschmückt, viele Malereien zierten die Wände. In der Mitte des Raumes stand ein großer hölzerner Schreibtisch, der ebenfalls mit goldener Farbe verziert war. Davor lag ein brauner Teppich, der aber auch Tupfen von rotem Stoff enthielt. An der linken Wand hing eine Uhr, die momentan 19:16 anzeigte. Auf dem Teppich waren drei Stühle platziert. Einer von ihnen war schon besetzt, denn Matthew schien schon auf sie gewartet und Platz genommen zu haben.Hinter dem Schreibtisch saß ein Mann mit braunen Haaren und einem sanftmütigen Gesicht. Scarlett schätzte ihn auf Mitte dreißig.
»Setzen Sie sich ruhig.«, sagte der Mann zu Scarlett und sie nahm neben Matt Platz.
»Sie sich auch, Mr De Santis«, fügte er hinzu, als Alessandro immernoch da stand ohne sich zu rühren.
»Guten Tag, Scarlett Rains, willkommen in der Station der Hüter. Mein Name ist Elliot Havering.« Er legte eine kurze Pause ein, fuhr jedoch fort, als er merkte, dass Scarlett nichts auf seine Begrüßung erwiderte.
»Wissen Sie schon was für ein Kairé Sie besitzen?«, fragte er blickte allerdings nur in Scarletts verblüfftes Gesicht.
»Habt ihr denn noch garnichts über die Auserwählten und die Hüter erzählt?«, fragte er und blickte in die Gesichter der Jungs. Die wiederum verlegen zur Seite schauten.
»Nein. Entschuldigen sie bitte Mr. Havering«, sagte Alessandro.
»Also gut.Miss Rains, Sie sind eine der drei Auserwählten. Matthew Lyall und Alessandro De Santis wurden bereits erwählt. Sie sollten es sehr zu schätzen wissen hier zu sein, schließlich schaffen es nur drei der sechs Anwärter, auserwählt zu werden.«
»Und können die anderen Anwärter sich daran erinnern?«, fragte Scarlett, weil sie nicht so Recht wusste was passiert wäre, wenn sie diese dunkle Welt gesehen hätte und nichts weiter passiert wäre.
»Das können sie vermutlich nicht, doch es wäre auch nicht wichtig, wenn sie es könnten. Denn die Drei Anwärter, die versagen sterben.«
»…Also war der Schatten den ich sah, bevor ich das Licht berührte der andere Anwärter?Wer war er?« Scarletts Stimme war tonlos, sie war einfach nur schockiert.
»Ganz genau. Die andere Anwärterin war Maria Hastings. Doch sie starb, als Sie den Funken der Magie, den auch sie zum weiterkommen benötigte in sich aufnahmen.«
»Das ist schrecklich.« Scarlett war empört. »Sie lassen ja niemandem eine Wahl, es wäre etwas anderes, wenn man von den Risiken wüsste. Und was meinen sie eigentlich mit ›Funke der Magie‹?«
»Das war höchst respektlos Miss Rains. Dieses Mal werde ich darüber hinwegsehen, doch bei unserem nächsten aufeinander treffen sollten Sie es besser wissen.« Er legte eine Pause ein. Scarlett schaffte es allerdings kaum ihre Wut über all das zurückzuhalten und Mr. Havering weiter zuzuhören.
»Menschen sterben, Miss Rains. Das sollten Sie lieber lernen zu akzeptieren. Denn hier in der internationalen Station der Hüter werden Sie lernen, die Magie und all das, was mit ihr verbunden ist, zu schützen. In der Nacht in der Sie den Funken in sich aufgenommen haben, wurde die Magie, die sich bereits in Ihnen befand um das zehnfache verstärkt. Es gibt verschiedene Arten von Magie die wir ausüben, die man anhand der Farbe unserer Magie erkennt. Vermutlich haben Ihre Augen aufgeleuchtet, welche Farbe hatten sie?«
»Sie waren Blau.«, erwiderte Scarlett immernoch in dem selben farblosen Ton wie vorhin.
»Dann ist Ihr Kairé also Blau. Ihr Kairé ist Ihre Magie, Sie können sich entweder auf die Magie in Ihnen konzentrieren um es zu bekommen oder es reagiert auf einen Ort der überdurchschnittlich viel Magie enthält. Die verschiedenen Kairé stehen für verschiedene Dinge, bewirken jedoch letztendlich dieselbe Magie. Auch wenn manche Kairé, eine Veranlagung für manche Zauber geben.« Es schien als sei er fertig und Matt war auch schon dabei aufzustehen, aber in dem Moment ertönte noch ein letztes Mal die Stimme von Mr. Havering.
»Alles weitere werden Ihnen Mr. Lyall und Mr. De Santis erklären. Wir haben schon einen Schlafplatz bereit gestellt und ihre Mutter informiert, dass Sie an einem Sonderprogramm der Schule teilnehmen und deshalb manchmal über die Nächte fort sind. Sie können jederzeit in der Station bleiben, wenn Sie das wünschen.« Damit stand er auf und geleitete sie zur Tür.
...
Sie bekam zum schlafen ein schlichtes kleines Zimmer mit Schreibtisch und Feldbett gestellt.Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, war sie froh endlich ein bisschen allein zu sein. Sie legte sich auf das Bett merkte allerdings schnell, dass sie nicht schlafen konnte und begann sich mit ein paar Schulaufgaben zu beschäftigen.
Viel schaffte sie jedoch nicht, denn nach nicht einer halben Stunde klopfte es an der Tür. Sie öffnete und fand Matt vor.
»Da du noch nicht schläfst, hast du bestimmt auch nichts dagegen, wenn ich rein komme oder?«, fragte er und wiedermal war Scarlett einfach nur genervt von ihm. Was aber sollte sie schon sagen? Also ließ sie ihn eintreten.
»Mathe?«, fragte er in einem skeptischen Tonfall.
»Ja. Ich bin allerdings nicht gerade herausragend darin.«, bestätigte sie.
»Ich kann Mathe auch nicht leiden.«, sagte er.
»Wieso bist du eigentlich hier?«, hakte Scarlett nach. Sie wollte, dass er endlich zum Punkt kam.
»Ich wollte das machen was Mr. Havering gesagt hat. Dir mehr über die Magie und die Kairé erzählen.«, behauptete er. Jedoch hatte Scarlett noch nicht oft miterleben dürfen, dass er das tat, was man ihm sagte und war skeptisch.
»Also…«, setzte er an und dehnte das Wort so lang er konnte.»Früher einmal, war Magie so normal wie, dass man Mathe hasst.« Scarlett konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Manchmal waren seine Witze so flach, dass sie schon wieder Lachhaft waren.
Er räusperte sich.
»Auf jeden Fall, konnte jeder sie ausüben und zwar wie er wollte. Und da sind wir auch schon beim Mathematischen Problem angelangt. Zwar hat es nicht viel mit Mathe gemein, aber dennoch. So fing es irgendwann an, dass Magie als Waffe eingesetzt wurde. Als es aussichtslos schien und fast alle Städte der Welt in Schutt und Asche lagen, schloss sich ein Team zusammen. Dieses Team fand einen Zauber mit dem man in der Zeit zurückreisen konnte, was das für ein Zauber war, weiß jedoch bis heute niemand. Jedenfalls haben sie dadurch verhindert, dass die Menschen jemals Magie entdeckten. Danach sind sie jedoch zurückgekehrt, von nun an nannte man sie die Hüter der Magie und sie wählten ihre Nachfolger. Von den Anwärtern und den Auserwählten, weißt du ja schon« Damit schien er seine Erzählung beendet zu haben. Währenddessen hatte er sich auf den Stuhl vor den kleinen Schreibtisch gesetzt.
»Okay, aber kannst du mir auch sagen wieso ausgerechnet ich, du und Alessandro auserwählt wurden?« Scarlett hoffte eine Frage gestellt zu haben, die er nicht beantworten konnte, aber sie wurde enttäuscht.
»Ja, kann ich.Es ist nun Mal so, dass die meisten Menschen unter ein Prozent Magie in sich haben. Jedoch haben die Anwärter einen weitaus höheren Prozentsatz. Dieser liegt im Normalfall bei Zehn bis Zwanzig Prozent. Wer dann allerdings auserwählt
wird, bleibt relativ dem Zufall überlassen.«
Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und zog die Mundwinkel nach oben. Scarlett wurde einfach nicht schlau aus ihm.
Dann zog er etwas aus der Tasche seiner Jeans hervor, es war eine Art lila Kristall.
»Das ist ein Amethyst.«, erklärte er und beugte sich nach vorn.
»Mit Amethysten können wir unseren Magie Prozentsatz messen.« Er musterte den Kristall in seiner Hand der nun in einem sehr grellen Rot leuchtete.
»Bei mir müsste es bei circa 120 Prozent liegen und das Rot steht dafür, dass mein Kairé Rot ist.«
»Mr. Havering meinte doch vorhin, dass die verschiedenen Kairé verschiedene Bedeutungen haben. Welche sind das denn?« Mittlerweile hatte Scarlett wirklich etwas Interesse daran, mehr darüber zu erfahren.
»Na ja, also Grau oder Silber stehen für Gerissenheit, Blau steht für Schnelligkeit, Gelb oder Gold stehen für Leidenschaft, Grün steht für Stärke und Rot für Temperament.«
Er reichte Scarlett den Amethysten und sie nahm ihn in ihre Hände und wartete darauf, dass er reagierte. Er leuchtete Blau auf, jedoch nur für ein paar Sekunden, danach flackerte er und zersprang in winzig kleine Teile. Die Stücke, die sich noch in ihren Händen befanden, waren Schwarz verfärbt und Rauch stieg aus ihnen hervor.
»Sollte das so sein?«, fragte sie Matt, der jedoch nur überrascht auf die übrigen Stücke des Kristalls starrte.
»Nein, das sollte definitiv nicht so sein.«, hauchte er fassungslos und man hörte, dass er so etwas noch nie zuvor gesehen hatte.
Daraufhin nahm Matt ein paar der übrigen Teile in die Hand. Diese blieben jedoch Schwarz und nahmen keine andere Farbe mehr an.
»Scarlett, das ist einfach unfassbar, noch nie wurde ein Amethyst dermaßen beschädigt, dass er keine Farbe mehr annimmt.« Immer noch war seine Stimme staubtrocken, aber auch voller Faszination.
»Matt, es.. es tut mir leid. Ich wollte ihn nicht kaputt machen.«
»Das braucht dir nicht leid tun, du konntest ja nicht wissen, dass er zerspringt. Schließlich hab ich ihn dir gegeben.« Er atmete einmal tief durch.
»Wir sollten das morgen auf jeden Fall Mr. Havering zeigen, vielleicht weiß er ja, warum das passiert ist.«, sagte Matt.
»Dann weißt du also doch nicht alles.«, entgegnete Scarlett, sie fühlte sich gut, da sie jetzt nicht mehr die einzige war, die keinen Schimmer hatte, was gerade passiert war.
»Nein, aber das liegt nur daran, dass ich auch erst ein paar Wochen hier bin und dafür, weiß ich schon ziemlich viel.« Wiedermal versuchte er zu scherzen, jedoch war Scarlett momentan nicht in der Stimmung dafür.
»Aber Mal ne ganz andere Frage.«, sagte er und blickte Scarlett aus seinen Bernsteinfarbenden Augen an.
»Hättest du vielleicht Lust dich morgen mit mir zu treffen? Also außerhalb der Station.«, fragte er und Scarlett konnte hören, dass er das ernst meinte und es ihm wichtig war. Lange herum reden tut er wenigstens nicht, aber wenn er mit mir auf ein Date will soll er es doch gleich sagen…, dachte Scarlett. Sie hatte eigentlich keine Lust mit ihm auszugehen, wollte allerdings auch nicht seine Gefühle verletzen.
»Morgen kann ich leider nicht, tut mir leid.«, sagte sie.
»Ich würde jetzt gern schlafen, also wenn du nichts dagegen hast, würde ich es bevorzugen wenn du jetzt gehst.« Sie wollte, dass er so schnell wie möglich ging und setzte sich schon in Bewegung und bewegte sich in Richtung Tür.
»Ich kann auch an einem anderen Tag, wenn das ein Problem sein sollte…«
Doch Scarlett beachtete ihn nicht mehr und öffnete die Tür um ihre Aufforderung noch zu verdeutlichen. Matt merkte anscheinend, dass er nicht mehr erwünscht war und stand auf zum gehen. Als er im Türrahmen stand, drehte er sich allerdings noch einmal um.
»Hier.«, sagte er und drückte ihr einen Zettel in die Hand. »Meine Nummer, falls du es dir doch noch anders überlegst.« Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen und seine Augen glänzten.
»Vielleicht.«, sagte sie um ihn zufrieden zu stimmen.
...
Als er gegangen war, lag sie noch lange Zeit wach und dachte über die Geschehnisse des vergangenen Tages nach. Es war so vieles passiert und immernoch konnte sie nicht wirklich glauben, dass es tatsächlich Magie gab.Aber irgendwann gewann ihre Müdigkeit und obwohl sie noch ihre Schulkleidung trug, sank sie in einen tiefen Schlaf.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top