Versöhnung

Als ich den Kommandanten etwas zu lange geschockt angestarrt hatte, stand er auf und winkte mich zu sich.
„Folgen sie mir" geschlagen atmete ich aus und tat wie mir befohlen wurde.
Draußen lief er dann zu der noch nicht fertig gebauten Waffenkammer. Die Mauern standen schon, aber das Dach war noch nicht ganz fertig. Kilian war aber schon intensiv damit beschäftigt die Waffen auf einer ausgebreiteten Plastikplane zu sortieren. Ich blieb ein Stück hinter dem Kommandanten stehen in der Hoffnung das Kilian mich so nicht entdeckte, doch sobald er zu uns aufsah traf mich schon sein kalter Blick. Ich schluckte und sah weg
„Gefreiter. Wie kommen sie voran?" fragte der Kommandant ihn.
„Die Waffenkammer wird morgen fertig sein Sir" bestätigte Kilian. Der Kommandant wirkte zufrieden mit der Mitteilung.
„Ich brauche ein Langschwert" kam es nun von ihm und Kilian ging sofort los um ihm eines zu organisieren „Haben sie ihr Schwert dabei?" fragte er dann mich und ich war so verwirrt das ich erst nachsah ob ich mein Schwert am Gürtel trug und das obwohl ich nirgendwo mehr ohne hinging.
„Ja Sir. Was haben sie denn vor?"
„Das werden sie schon früh genug erfahren" kam es nur von ihm und ehe ich nachhaken konnte, tauchte Kilian schon mit einem frischgeschliffenen Langschwert auf um es dem Kommandanten zu reichen. Der Kommandant bedankte sich und wandte sich ab um dann in Richtung Südtor zu gehen. Ich hingegen sah Kilian noch einen Moment voller Schuld an bevor ich dem Kommandanten folgte.

Zunächst dachte ich das der Kommandant mit mir auf den Trainingsplatz gehen wollte, doch als wir an diesem vorbei zum Tor liefen, wusste ich auch nicht mehr was er vorhatte. Er winkte der Mauerwache zu die dann die Strickleiter herunterfallen ließ. Ich war beeindruckt zu sehen das der Kommandant sich von seinem fehlenden Arm nicht davon abhalten ließ diese Strickleiter hinaufzuklettern.
Oben angekommen kletterten wir auf der anderen Seite wieder herunter und liefen in den Wald.
„Wann genau werde ich sehen was sie vorhaben?" fragte ich irgendwann verunsichert nach. Der Kommandant blieb auf einer kleinen Lichtung stehen auf dessen Boden zu sehen war das hier regelmäßig trainiert oder sogar gekämpft wurde.
„Ich mag es nicht, wenn man mir beim Training zusieht. Darum komme ich hier her um unbeobachtet zu trainieren" erklärte er ohne sich zu mir umzudrehen. Wortlos zog er nur das Schwert das auf seinen Rücken gespannt war „Außerdem ist es nur ein Vorteil, wenn nicht jeder deinen Kampfstil kennt" fügte er noch hinzu und ich erkannte erst jetzt, dass ich den Kommandanten tatsächlich noch nie auf dem Trainingsplatz beim Trainieren gesehen hatte.
„Das verrät mir aber nicht warum wir jetzt hier sind" hakte ich ungeduldig nach. Er drehte sich mit einem etwas genervten Blick zu mir um.
„Nun um zu trainieren natürlich. Ihr Nahkampf lässt noch immer zu wünschen übrig" beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust.
„Sie sagten das ich beim Kampf gegen Zombies nicht perfekt im Nahkampf sein muss, wenn ich Fernkämpfer bin" maulte ich und erkannte fast zu spät das der Kommandant mich angriff. Es war beeindruckend das er stark genug war um das Langschwert mit nur einem Arm führen zu können, während ich es mit zwei Händen nicht einmal anheben konnte. Gerade noch rechtzeitig zog ich mein Schwert und blockte seinen Angriff ab.
„Sie haben recht. Im Kampf gegen Zombies reicht der Fernkampf prinzipiell aus" ich stieß ihn von mir weg und er holte direkt zum nächsten Angriff aus. Wieder blockte ich ihn, doch ich brauchte meine gesamte Kraft dazu „Aber unser Feind ist ein Mensch und Menschen sind viel gefährlicher als Zombies" als ich ihn wieder wegstieß griff er nicht gleich wieder an.
„Wie... können Menschen gefährlicher sein als Zombies?" keuchte ich und rieb mir den Arm der von den zwei Angriffen schon an seine Grenzen gekommen war.
„Zombies funktionieren alle gleich. Halte dich von Zähnen und Nägeln fern und wenn du ihnen in den Kopf schießt bist du sicher" fing er seine Erklärung an bevor eine Reihe von Angriffen folgten gegen die ich kaum etwas ausrichten konnte. Teilweise wich ich einfach nur aus, weil seine Angriffe so stark waren das ich ihnen nie hätte standhalten können. Dem letzten Angriff konnte ich nur ganz knapp ausweichen. Beinahe hatte mich die Klinge am Kopf erwischt. Ich verlor das Gleichgewicht, doch bevor ich zu Boden stürzen konnte presste mich der Kommandant mit seinem Unterarm gegen den Baum der hinter mir stand. Die Wucht presste mir die Luft aus der Lunge und ich konnte kaum noch atmen. Keuchend blickte ich in die Eisblauen Augen des Kommandanten die ich noch nie zuvor so nah vor mir gesehen hatte „Menschen sind unvorhersehbar. Du weißt nie wie sie reagieren, wie sie kämpfen oder wie ihre nächsten Schritte aussehen" mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust während er seinen Griff kein bisschen lockerte. Er starrte mich einfach nur starr an, als wolle er sichergehen das sich mir jedes Wort das er sagte in mein Hirn brannte. Er hielt inne, sein Blick wurde weicher. Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut und ich wusste nicht wie ich mich in dieser Situation richtig verhalten sollte. Also schwieg ich bis der Kommandant von selbst von mir zurück wich. Mit einem Blick den ich nicht deuten konnte sah er mich einen Moment schweigend an während ich nach Luft schnappte „Das sollte für heute als Lektion reichen... trainieren sie weiter... sie können den Ort hier gerne nutzen um in Ruhe zu trainieren Leutnant" sagte er dann knapp bevor er einfach ging und mich alleine im Wald zurückließ.
Perplex und schwer Atmend stand ich noch einige Minuten an diesem Baum und versuchte zu begreifen was gerade passiert war. Sobald sich meine Atmung wieder beruhigt hatte beschloss ich meine Schwertkünste an einem Abgesägten Baumstamm zu erproben. An der Rinde sah man schon tiefe Kerben die zeigten das ich nicht die erste war die den Stamm zum Training verwendete. Als dann der Abend langsam einbrach begab ich mich zurück zur Mauer.

In Gedanken versunken lief ich durch die Straßen und ließ die Worte des Kommandanten immer wieder in meinem Kopf Revue passieren. So lange bis ich die aufgeregte Liv auf mich zu rennen sah.
„Kate! Da bist du... ich habe dich schon überall gesucht" keuchend blieb sie vor mir stehen „Ich hätte nicht gedacht, dass man sich hier so gut verstecken kann" sprach sie weiter als sie wieder zu Atem kam.
„Warum suchst du mich denn?" fragte ich nur. Ich war müde und wollte eigentlich nur noch eine Kleinigkeit essen um dann ins Bett zu gehen.
„Nah wegen Raven! Oder hast du deinen Raben schon wieder vergessen?" sie wirkte etwas beleidigt. Da ich sehr viel um die Ohren hatte, hatte ich tatsächlich nicht mehr so oft nach dem verletzten Raben gesehen hatte, den ich nach dem Massaker im Wald gefunden hatte.
„Nein... natürlich nicht. Ich... hatte nur viel zu tun" verteidigte ich mich schwach und sah dabei betrübt zu Boden.
„Was hast du Kate? Geht es dir nicht gut?"
„Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Mach dir um mich keine Sorgen" winkte ich ab, doch an ihrem Blick erkannte ich das sie mir das nicht wirklich glaubte. Sie akzeptierte es jedoch das ich nicht darüber sprechen wollte und dafür war ich ihr sehr dankbar. Liv wusste genau das ich von selbst zu ihr kam, wenn ich über etwas sprechen wollte, somit wusste sie auch, dass sie nicht unnötig nachhaken musste.
„Nun, ihr Flügel ist verheilt. Ich denke das wir sie wieder freilassen können" erklärte sie etwas matt. Ich lächelte.
„Das ist großartig. Lass uns das gleich machen" schlug ich vor und da das eine perfekte Ablenkung zu meinen wirren Gedanken war, kam mir das erst recht gut gelegen. Etwas positiver gestimmt als vorher liefen wir zu ihrem Hof.

Als wir bei ihr ankamen gingen wir gleich die glatte Holztreppe zu ihrem Zimmer rauf. In dem mit unterschiedlichen Holzmöbeln bestückten Raum wartete Raven bereits ungeduldig auf uns. Sie saß in einem Korb welcher mit mehreren Stoffen gepolstert war. Als sie uns sah hüfte sie aufgeregt auf und flog auf uns zu. Auf meinem Arm landete sie und sah mich an. Kurz glaubte ich das sie beleidigt aussah, weil ich so lange nicht mehr hier war.
„Schau, sogar der Rabe bekommt mit das du kaum noch anwesend bist" kommentierte Liv den Blick des Raben.
„Es tut mir leid ok. Die Arbeit im Außenteam beansprucht eben viel Zeit" entschuldigte ich mich bei den beiden. Raven stellte den Kopf schief und musterte mich, dann gab sie ein leisen krächzen von sich. Ich deutete es mal so dass sie meine Entschuldigung angenommen hatte. Was man von Liv nicht so einfach behaupten konnte.
„Das verstehe ich... aber für deine beste Freundin solltest du schon ab und zu etwas Zeit erübrigen können" schmollte sie. Geschlagen atmete ich aus.
„Du hast recht... sobald ich mich richtig in meinen neuen Posten eingearbeitet habe, versuche ich wieder mehr Zeit mit dir zu verbringen" versprach ich ohne zu wissen ob ich es halten konnte. Nicht wenn der Kommandant auf noch mehr verrückte Ideen kam.
„Ich erinnere dich daran. Na komm, lass uns rausgehen und Raven zurück in die Freiheit entlassen. Währe doch zu schade, wenn neben uns Menschen auch noch Vögel hier eingesperrt werden" ich nickte und folgte ihr mit dem Raben auf dem Arm nach draußen.
Es war noch nicht ganz dunkel und man konnte die Sonne noch hinter der Mauer verschwinden sehen.
„So Raven. Wir hatten zwar nicht wirklich die Möglichkeit uns besser kennenzulernen... aber das macht den Abschied wenigstens etwas leichter" fing ich an zu Raven zu sprechen.
„Das kann ich nicht von mir behaupten" murmelte Liv etwas niedergeschlagen.
„Raben sind schlaue Tiere und sie haben ein Erinnerungsvermögen. Vielleicht kommt sie uns ja mal besuchen" versuchte ich sie aufzumuntern. Sie lächelte und ich streckte den Arm aus.
„Leb wohl Raven. Lebe dein Leben in Freiheit" sagte ich voller Zuversicht und Raven flog davon.
Einen Moment standen wir da und sahen ihr nach, dann verabschiedeten wir uns und ich lief zurück zur Kaserne, wo ich gerade noch rechtzeitig vor beginn der Ausgangssperre ankam.

Gerade lief ich die Treppe zu meiner Wohnung rauf, als mir Kilian auf den mit Teppich ausgekleideten Stufen entgegenkam. Wie angewurzelt blieben wir beide auf der Stelle stehen und starrten uns an.
„Hi" sagte er knapp. Ich wich wieder seinem Blick aus.
„Hey... du bist in letzter Zeit öfter hier" stellte ich fest um zu verschleiern wie Schuldig ich mich seinetwegen immer noch fühlte. Auch er sah jetzt zur Seite.
„Man muss kein Soldat sein um einen Anspruch auf eine Wohnung in der Kaserne zu haben. Es reicht aus, ein Mitglied zu sein" ich spürte wie meine Wangen vor Scharm rot anliefen. Darauf hätte ich auch selbst kommen können „Außerdem sind die Wohnungen hier etwas größer als die in den Flüchtlingsunterkünften" fügte er noch hinzu. Ich versuchte herauszuhören ob er immer noch wütend auf mich war, doch konnte ich seine Stimmlage nicht wirklich deuten.
„Verstehe... dann... herzlich Willkommen" konnte ich nur sagen und versuchte schnell an ihm vorbei nach oben zu laufen. Kilian hielt mich aber am Arm fest um mich davon abzuhalten.
„Kate warte..." geschockt sah ich ihn an. Ich wusste absolut nicht was als nächstes passierte „... ich will nicht streiten... ich habe nachgedacht und ich habe verstanden warum du mich verdächtigt hast" er hielt inne und sah zu Boden „Es gefällt mir nach wie vor nicht das du es getan hast... aber ich verstehe warum du es getan hast" ich schluckte und wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Kilian sah mich nun direkt an und ließ meinen wieder Arm los „Können wir... vielleicht nochmal von vorne anfangen?" fragte er dann und es hörte sich an als hätte er einen Kloß in seinem Hals gegen den er ankämpfte. Die ganze Situation überforderte mich völlig. Mir blieb die Luft weg, mein Herz raste wie wild und mein gesamter Körper stand unter einer so enormen Anspannung, das ich glaubte jeden Moment zu platzen. Also nickte ich nur und presste ein leises:
„Okay" hervor. Kilian lächelte schwach und nickte ebenfalls.
„Das freut mich... Gute Nacht Kate" sagte er dann noch zum Abschied und ging weiter. Wie festgefroren blieb ich noch einen Moment auf der Stufe stehen. Als ich mich dann endlich wieder bewegen konnte, rannte ich so schnell ich konnte in meine Wohnung wo ich mich mit meinem ewig drehenden Gedankenkreisel ins Bett legte.

Am nächsten morgen machte ich mich schon früh fertig um zum Stützpunkt zu gehen. Ich wollte mir noch ein paar Expeditionsberichte ansehen bevor der Kommandant mich wieder mit anderen Aufgaben und Trainingseinheiten ablenkte. Doch als ich unten im Aufenthaltsraum ankam, begegnete ich Kilian der schon vor mir auf dem Weg zur Arbeit war.
„Du bist ja früh wach" begrüßte er mich.
„Dasselbe könnte ich zu dir sagen" er lachte, die Anspannung zwischen uns war aber noch immer sehr präsent. Aber was hatte ich auch anderes Erwartet? Das nur weil wir nochmal von vorne anfangen wollten, alles vergeben und vergessen war?
„Heute wird die Waffenkammer fertiggestellt und ich muss die ganzen Waffen fertig sortieren und katalogisieren" erklärte Kilian sachlich als würde er sich einem Vorgesetzten gegenüber rechtfertigen wollen.
„Ich dachte du hast schon alle Waffen erfasst die wir haben"
„Das schon. Aber noch nicht den finalen Platz wo sie aufbewahrt werden. Ich habe ein System ausgearbeitet wodurch ein kurzer Blick auf die Liste ausreicht um zu wissen wo welche Waffe zu finden sein wird... und damit bin ich noch nicht ganz fertig" beeindruckt sah ich ihn an. Da jedes System ein Upgrade zur vorherigen Waffenkammer gewesen wäre. Aber wenn dieses System tatsächlich funktionierte, würden wir nicht mehr so viel Zeit beim austeilen der Waffen brauchen.
„Das ist beeindruckend" verlegen sah er zur Seite.
„Danke... sollen wir dann los?" lenkte er ab und wandte sich der Tür zu. Kurz sah ich perplex zwischen ihm und der Tür hin und her, dann nickte ich und ging mit ihm zusammen zum Stützpunkt.

Auf dem Weg dorthin lockerte sich die Angespannte Stimmung zwischen uns wieder ein wenig und wir fingen sogar an über lustige Geschehnisse die im Inneren der Mauer so geschahen zu lachen. Doch die gute Laune hatte ein jähes Ende, als wir den Stützpunkt erreichten und uns dort der Kommandant und er Arzt begegneten. Der Kommandant sah beinahe besorgt aus und als er mich mit diesem Blick ansah, wusste ich, dass das was dann folgte kein gutes Ende für mich nehmen konnte...

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