Hinter dem Osttor

Zäh und knarrend schwangen die rostigen Scharniere der drei Tore auf. Man merkte schnell, dass diese Tore schon seit Jahren nicht mehr geöffnet wurden. Ich schluckte schwer, da ich wusste das es jetzt kein Zurück mehr gab und gerade als sich der Kommandant in Bewegung setzen wollte, kam aus der Menge der verängstigten und trauernden Angehörigen eine verzweifelte und weinende Frau hervor die sich am Bein des Kommandanten festkrallte.
„Tun sie das nicht... sie töten unsere Kinder, unsere Männer und unsere Frauen mit dieser Mission... warum können sie es nicht einfach gut sein lassen!? Sind denn nicht schon genug Menschen unter ihrer Führung gestorben!?" schrie ihn die Frau unter Tränen an. Mein Herz schien kurz stehen zu bleiben als ich die tiefe Trauer und die Angst in ihrer Stimme hörte. Der Kommandant musterte die Frau ohne dabei auch nur einen Muskel in seinem Gesicht zu verziehen. Keine Emotion war darin zu lesen, auch kein Mitgefühl.
„Eines Tages werdet ihr mir danken und begreifen wie wichtig das Außenteam für euer aller überleben ist" konterte er ernst und ließ die Frau von den Rekruten die nicht an der Mission teilnahmen von ihm entfernen.
„Wir überleben nur so lange, weil sie die meisten von uns umbringen!" schrie ein verbitterter Mann hinten aus der Menge. Der Kommandant reagierte nicht darauf und ritt stur geradeaus durch das Tor. Die Soldaten folgten ihm treu und ohne zu zögern. Ich sah noch ein letztes Mal zu meinen Freunden die verstört zwischen dem Kommandanten und mir hin und her sahen. Ich sah die Angst in ihren Augen. Auch in Kilians. Sie alle hatten Angst mich nie wieder zu sehen. Ich senkte meinem Blick und setzte dann auch mein Pferd in Bewegung. Egal wie sehr ich mich an meinem neuen Mut festkrallen wollte. In meinem Hinterkopf blieb immer dieser Gedanke verankert, das heute mein letzter Tag auf Erden sein könnte.

Anders als bei den Missionen durch das Südtor galoppierten wir nicht Blindlinks los, sondern ritten wachsam im Schritt auf den dichten Wald zu der nach einem kurzen Weg hinter der Mauer begann. Keiner sagte etwas. Alle waren damit Beschäftigt um sich herum die Wiesen und Sträucher nach Zombies und Wildtieren Ausschau zu halten. Einen Moment richtete sich meine Aufmerksamkeit auf die kleine Stelle am Waldrand wo ich noch vor nicht allzu langer Zeit das Bogenschießen geübt hatte. Kurz beschlich mich zu Wunsch der Kate von damals zu sagen das sie das das Leben kosten wird und das sie mit dem Schwachsinn aufhören sollte. Ich achtete aber dann doch lieber auf die Ohren und das Verhalten meines Pferdes, da diese Tiere hochsensibel waren und viel mehr wahrnehmen konnten als wir Menschen. Da die Ohren meines Pferdes ganz ruhig nach vorne zeigten, ging ich von keiner Akuten Gefahr aus. Doch als wir am Rand des Waldes ankamen, sah die ganze Sache schon anders aus.

Elijah begann sich etwas umzusehen und seine Ohren bewegten sich stark hin und her. Irgendwas war in diesem Wald, doch nur ich und der Kommandant schienen dies zu bemerken, da auch er sich vermehrt umsah. Aufmerksam sah ich in den dunklen Wald rechts von uns, doch ich sah nichts. Nur Bäume, Sträucher und jede Menge Laub auf dem Boden. Doch gerade das viele Laub ließ mich stutzig werden.
„Wartet mal" sagte ich. Alle sahen mich verwundert an.
„Was ist Soldat? Wir sollten nicht trödeln" maulte einer der anderen Soldaten genervt.
„Ist euch nicht das viele Laub aufgefallen?" fragte ich verwundert, doch nur der Kommandant sah genauer hin.
„Das ist ein Wald. Natürlich liegt hier Laub auf dem Boden. Was sollte daran so verdächtig sein?"
„Vielleicht die Tatsache das wir Frühling haben, die Bäume noch Grün sind und das so viel Laub für gewöhnlich im Herbst auf dem Boden liegen sollte" erklärte ich, aber auch dieses Mal schien nur der Kommandant sich dafür zu interessieren.
„Ist doch völlig egal. Wir sollten weiter und keine Zeit wegen ein paar Blättern vergeuden" drängte ein weiterer Soldat und sah dabei zum Kommandanten.
„Wir reiten weiter. Doch behaltet das Laub im Auge... mir gefällt das ganz und gar nicht" befahl der Kommandant. Siegessicher sah ich die zwei Soldaten an die mich eben noch verhöhnt hatten, dann ritten wir ein Stück tiefer in den Wald hinein.

Es wurde immer dunkler und düsterer. Die Mauer war nicht mehr in Sichtweite und keiner von uns wusste wie lange wir durch diesen Wald reiten mussten. Wenn ich mich noch recht erinnerte musste sich diese Ziegelbrennerei die der Kommandant erwähnt hatte direkt am Waldrand auf der anderen Seite befinden.
Es dauerte nicht mehr lange, bis die Pferde wieder nervös wurden. Unsicher sah ich mich um und als ich zu meiner linken den bergigen Wald hinaufblickte, glaubte ich eine Gestalt gesehen zu haben. Abrupt blieb ich stehen um genauer hinzusehen. Und tatsächlich eine scheinbar männliche Gestallt stand wie ein schwarzer Schatten oben im Wald, als würde er erwartungsvoll zu uns herabschauen. Es war kein Zombie, denn dafür stand er zu aufrecht und er bewegte sich zu wenig.
„Da" kam es Erschrocken aus mir heraus.
„Was ist denn jetzt schon wieder?" maulte derselbe Soldat wie zuvor.
„Da oben steht jemand. Seht ihr das nicht?" sagte ich und zeigte in die Richtung in der ich die Gestalt gesehen hatte, doch er war verschwunden „Da war jemand ich schwöre es" versuchte ich mich zu verteidigen. Die Soldaten lachten.
„Also entweder siehst du Geister oder du willst dich nur wichtigmachen, weil du Neuling bei der Mission mitdarfst" verurteilte mich der nächste Soldat.
„Das mache ich nicht. Da oben stand jemand und selbst euch Intelligenzverweigerern müsste doch auffallen das die Pferde immer nervöser werden!" konterte ich und sofort verstummten die lachenden Soldaten. Beim Kommandanten konnte ich ein angedeutetes schiefes grinsen erkennen das mir etwas Mut machte.
„Ts. Keine Ahnung was der Kommandant in dir sieht, aber du fängst an mich zu nerven" flüsterte mir der Soldat genervt zu ehe wir weiter ritten. Genervt schnaubte ich meinen Frust über meine Kollegen aus, dann sah ich ein letztes Mal in den Wald hinauf ehe ich den anderen folgte. Nur wenige Meter später ließ uns ein lautes knacken im Wald aufhorchen. Diesmal bekamen es alle mit.
„Ich sagte doch, da ist was!" fauchte ich leise.
„Sei Still!" maßregelte mich der Soldat und sah sich beunruhigt um.
„Bewaffnet euch" befahl der Kommandant und sofort griff ich nach meinen Bogen. Als ich dann nochmal in den Wald hinaufsah, tauchte die schwarze Gestalt wieder auf. Gefolgt von einem Elektrischen Surren welches in kurzer Zeit durch den gesamten Wald hallte. Die Pferde zuckten bei dem Geräusch zusammen und uns Soldaten stellten sich die Haare zu Berge. Ehe wir realisierten, was das genau war, begann es unter dem dichten Laub an zu rascheln. Sofort fingen die Pferde an nervös herumzutänzeln. Sie waren Bereit sofort loszurennen, wenn wir sie nicht zurückhalten würden. Wir hätten sie allerdings losrennen lassen sollen, wenn wir gewusst hätten, was als nächstes passierte.
„Was zum Teufel war das?" fragte einer der Soldaten ängstlich. Kurz darauf erfuhren wir es.
Hunderte, nein tausende Zombies sprangen aus dem Laub hervor und fielen über uns her. Die die ganz nah am Wald standen konnten kaum schnell genug reagieren, da wurden sie von ihren Pferden auch schon abgeworfen. Einige schafften es noch aufzustehen und gegen die Zombies zu kämpfen, der Rest wurde noch an Ort und Stelle von ihnen in Stücke gerissen. So schnell ich konnte schoss ich meine Pfeile auf sie. Panisch zielte ich in alle Richtungen und versuchte die Verwesten Ungeheuer von den Soldaten fernzuhalten. Aber es waren einfach zu viele und wie der Kommandant bereits festgestellt hatte, hatten wir zu wenig Bogenschützen um so einer Welle standzuhalten. Sie umzingelten uns in kürzester Zeit. Plötzlich griff einer von ihnen nach meinem Sattel und versuchte sich so zu mir raufzuziehen. Sofort schnappte ich mir das Messer das ich immer an meinem Oberschenkel befestigt bei mir trug und rammte es ihm in die Schläfe. Doch Elijah erschrak sich und Stieg auf seine Hinterbeine. Völlig unvorbereitet konnte ich mich nicht mehr festhalten und stürzte vom Pferd.
Es fühlte sich an als würde ich in Zeitlupe vom Pferd fallen. Ich sah die schreienden und teilweise fliehenden Soldaten. Ich sah wie sich die Zombies über das Fleisch der Soldaten hermachten die nicht alle Tod waren während das passierte und ich wusste, dass meine Zeit auf dieser Welt vorbei war, sobald ich mit dem Kopf auf den Boden aufschlug. Ich hoffte nur das ich nicht mehr mitbekam wie die Zombies mich fraßen.

Mit verschwommener Sicht und mit pochenden Kopfschmerzen, wachte ich umgeben von klageschreien, das panische wiehern der Pferde und das schmatzen und knurren der Zombies die sich über Menschliches Fleisch hermachten auf. Mein ganzer Körper schmerzte vom Stutz und während ich mich aufrichtete, fragte ich mich nur wie es sein konnte, dass ich noch am Leben war. Als ich mich auf dem Boden abstütze um aufzustehen, tauchte ich meine Hand unfreiwillig in eine Schleimige mit Erde vermischte Masse. Angewidert wollte ich mich zu meiner Hand drehen um nachzusehen was das war, doch in dem Moment als ich mich bewegte, stach mich etwas ins Becken. Fast schon Reflexartig griff ich danach und erschrak als ich eine Menschliche Rippe aus dem Schleimbedeckten Erdboden zog. Ich würgte und zog mich aus den Überresten des Zombies in den ich hineingefallen war. Mein ganzer Körper war mit dem Braun-Rötlichen Schleim bedeckt. Ich konnte nicht mehr dagegen ankämpfen und übergab mich in den Graben in dem ich lag. Dann versuchte ich meinen schmerzenden Körper auf dem Graben zu ziehen. Mit meinen Armen kämpfte ich mich aus dem Straßengraben, als ich bemerkte, dass mehrere Zombies vor mir standen.
Das wars. Bis jetzt hatte ich Glück, doch sobald die Zombies mich bemerken bin ich erledigt.
Doch das taten sie nicht, sie liefen einfach weiter. Irritiert sah ich den Zombies nach und dann kam mir der Einfall warum ich überhaupt noch am Leben war. Ich war überdeckt von Zombie Überresten und die schienen meinen Menschlichen Geruch zu überdecken. Die Zombies hielten mich demnach für einen von ihnen. Völlig unter Schock stehend sah ich wie Pferde panisch umher liefen und versuchten zu fliehen. Einige Soldaten kämpften verzweifelt um ihr Leben, während andere am Boden lagen und zerfetzt wurden. Einige zuckten unnatürlich auf dem Boden während Zombies ihnen ihre Eingeweide aus dem Körper rissen. Eine Horror Vorstellung. Gefressen werden und sich gleichzeitig in einen von ihnen zu Verwandeln.
„Stehen sie auf, Soldat!" hörte ich plötzlich den Kommandanten schreien. Er kämpfte sich mit seinem Schwert durch den Zombiemenge und lief auf mich zu. Ihn zu sehen machte mir Hoffnung noch lebend hier raus zu kommen, doch als er gerade seine Hand nach mir ausstrecken wollte um mir zu helfen, kam ein Zombie von der Seite angesprungen und biss ihn in den Arm.
„Nein!" schrie ich. Unter Schmerzen stürzte der Kommandant zu Boden. Reflexartig zog ich meinen Bogen aus dem Schlamm und schoss dem Zombie einen Pfeil durch den Schädel. Meine Schmerzen ignorierend raffte ich mich auf und stürmte auf den Kommandanten zu, der mit Schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rücken lag.
„Sie wissen was sie zu tun haben" befahl der Kommandant, doch die Tatsache das er mir nach dem Zombiebiss noch Befehle erteilen konnte, ließ mich stutzig werden. Bei Marco hatten sich schon die schwarzen Adern auf dem gesamten Körper verteilt während er noch im Stande war mich anzuschreien. Ohne auf seinen Befehl ihn zu töten zu reagieren, riss ich ihm den unteren Teil des Ärmels ab. Warum er seine Jacke nicht mehr trug konnte ich nicht sagen „Befolgen... sie meinen... Befehl... Soldat!" keuchte er. Ich sah das erste Mal Angst in seinen Augen. Er wollte kein Zombie werden, doch wenn es auch nur die geringste Chance gab ihn zu retten, dann würde ich es versuchen. Egal was es kosten mag.
„Jetzt warten sie doch mal! Für jemanden der gerade von einem Zombie gebissen wurde, sind sie noch ziemlich gesprächig finden sie nicht!?" fuhr ich ihn an ehe ich mir die Bisswunde genauer ansah. Bei Marco hatten sich die Schwarzen Adern in Sekunden über den gesamten Körper verteilt und er war nicht mehr ansprechbar. Doch die Schwarzen Adern beim Kommandanten bewegten sich nur sehr langsam. Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Unsicher aber entschlossen sah ich dem Kommandanten in die Augen und ich erkannte, dass er nicht begreifen konnte, was gerade geschah. Wortlos zog ich ein noch sauberes Stofftaschentuch aus meiner Jackeninnentasche und faltete es mehrfach zusammen.
„Was haben sie vor?" fragte er verwirrt und mit zittriger Stimme. Seine Stimme so zu hören jagte mir einen Eiskalten Schauer über den Rücken. Den Mann den ich für den stärksten im ganzen Dorf gehalten hatte nun schwach und verängstigt vor mir zu sehen war ein Bild das sich wie ein schlechter Traum in mein Gehirn brannte.
„Ich werde sie nicht sterben lassen" sagte ich ernst, kurz bevor ich ihm das Stofftuch zwischen seine Zähne schob. Mein ganzer Körper fühlte sich taub an. Als würde ich das folgende völlig automatisch machen ohne die Kontrolle über meinen Körper zu haben. Wortlos zog ich mein Schwert und hob es hoch „Es tut mir leid" entschuldigte ich mich bei ihm und sah seine aufgerissenen Augen bevor ich das Schwert mit alle meiner Kraft Richtung Boden stürzen ließ. Oberhalb seines linken Ellenbogens, trennte ich ihm mit Nachdruck seinen infizierten Arm ab. Mit der Hoffnung ihm so das Leben zu retten...

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