Die Rettung des Außenteams
Kilian kämpfte sich gerade aus dem zerfallenen Gebäude raus während ich noch zu Jamie rüber sah.
„Wer ist das?" fragte er Neugierig. Verwirrt sah ich ihn an.
„Ihr habt doch miteinander gesprochen. Hast du da nicht nach seinem Namen gefragt?" er lachte.
„Hast du uns beobachtet?" ich zuckte mit den Schultern und sah zu Boden „Um ehrlich zu sein habe ich mir mehr sorgen um dich gemacht und habe vergessen zu fragen" erklärte er dann. Irritiert sah ich ihn an und fragte mich warum ein Fremder sich sorgen um mich machen sollte. Wir hatten zwar Freundschaft geschlossen, trotzdem kannten wir uns noch gar nicht.
„Das ist Jamie. Ein Kumpel von mir und er brachte mich gerade auf eine Idee" antwortete ich dann nur um mich von meinen eigenen Gedanken abzulenken. Kilian lachte, als hätt er das bemerkt.
„Und welche Idee wäre das?" Ich konnte verstehen warum er so amüsiert war. Er wusste nicht das was ich wusste und konnte somit nicht verstehen warum mich ein verschwitzter Mann der sich mit einem Holzkarren abmühte auf eine Idee brachte.
„Das wirst du bald erfahren" tat ich geheimnisvoll und lief ohne Umwege zu Jamie nach Hause.
Jamie ließ gerade den Holzkarren vor dem Haus seines Vaters fallen und wischte sich die Stirn mit seinem Ärmel ab als ich bei ihnen ankam.
„Da bist du ja endlich. Mein Vater wartet schon ewig auf dich" begrüßte mich Jamie angestrengt.
„Was? Warum?" er verdrehte die Augen.
„Na dein Bogen. Oder hast du schon vergessen das mein Vater auch Bogner ist?" jetzt fiel es mir wieder ein. Der Schmid sagte ja schon das ich einen neuen Bogen bekommen sollte, doch irgendwie hatte ich das vergessen. Noch ein Grund mehr um Jamies Vater zu besuchen. Gemeinsam betraten wir die Werkstatt die direkt mit dem Wohnhaus der beiden verbunden war.
Benjamin, der Vater von Jamie suchte gerade etwas hinter den Tresen als wir den Raum betraten.
„Da bist du ja endlich mein Sohn. Hast du das Holz mitgebracht?" fragte er ohne zu uns aufzusehen.
„Ja Vater und schau mal wer auch endlich da ist" verkündete Jamie schnippisch und sein Vater kam hinter dem Tresen hervor.
„Kate. Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr um deinen Bogen zu holen" begrüßte er mich. Verlegen kratzte ich mir den Hinterkopf.
„Mir... kam da was dazwischen" Jamie verdrehte neben mir die Augen.
„Wir wissen alle wie vergesslich du manchmal bist. Aber in deinem Gedankenchaos würde ich mich auch nicht zurechtfinden" scherzte er. Meine Antwort war ein zwicken in seinen Oberarm „Aua"
„Wie dem auch sei, jetzt bist du ja da" unterbrach uns sein Vater freundlich und mit einem schiefen Grinsen im Gesicht und verschwand in einer Kammer hinter den Tresen. Benjamin konnte noch nie an einem Gespräch teilnehmen ohne nebenbei etwas zu räumen oder zu suchen, das war immer sehr anstrengend. Vor allem wenn man wichtige Themen mit ihm besprechen wollte „Ich muss ja schon sagen Kate. In einer Soldatenuniform habe ich dich mir nie vorgestellt. Aber dich jetzt so zu sehen hat meine Meinung geändert. Du wirkst jetzt viel selbstbewusster" hörte ich ihn gedämpft aus der Kammer sagen.
„Ach echt?" fragte ich nur.
„Ja das ist mir auch aufgefallen. Du läufst viel aufrechter und nicht mehr so gebeugt wie vorher... mal abgesehen davon wie du dem Rekruten zurechtgewiesen hast... ich lege mich nicht mehr mit dir an" fügte Jamie noch mit einem belustigten Unterton hinzu. Nur Jamie schaffte es mich in nur einem Satz zu beleidigen und zu loben. Mit einem in ein Tuch eingewickelten Bogen kam Benjamin zurück zum Tresen, wo er den Bogen drauflegte.
„Als ich hörte, dass ich für die beste Freundin meines Sohnes einen Bogen machen darf. Habe ich mir extra viel Mühe gegeben" verkündete er und ich wurde Rot im Gesicht.
„Du hättest die meinet wegen nicht so viel Arbeit machen müssen" sagte ich niedergeschlagen weil ich an die kommende Mission denken musste.
„Quatsch. Du bist in meinem Haus so oft ein und aus gegangen, dass du quasi schon zur Familie gehörst und die Familie bekommt nur das beste" lente er meine Bescheidenheit ab und offenbarte mir den Bogen. Ich war baff als ich den Edel verzierten Kriegsbogen vor mir liegen sah.
„Das... ist der schönste Bogen den ich jemals gesehen habe"
„Er ist aus Eibe gefertigt. Dem besten Holz das man für Bögen verwenden kann" erklärte er stolz. Ich war fassungslos und Beeindruckt. Einerseits weil dieser grandiose Bogen für mich war und weil er aus seltenem Holze für mich gefertigt wurde. Eibe wächst nicht häufig in dieser Gegend und das Material kam meistens über Expeditionen zu uns. Voller Ehrfurcht nahm ich den Bogen in meine Hände und betrachtete ihn sorgfältig.
„Danke Benjamin... ich werde gut darauf aufpassen" versprach ich, ohne zu wissen ob ich das Versprechen überhaupt halten konnte, nicht wenn ich an die Osttor Mission dachte. Ich war so fasziniert, dass ich den eigentlichen Grund warum ich hergekommen war fast wieder vergessen hatte.
„Warum bist du eigentlich hergekommen Kate? Der Bogen war ja eigentlich nicht der Grund" erinnerte mich Jamie wieder.
„Oh richtig... ich habe ein Anliegen" fing ich an und versuchte dabei in meinem Kopf die richtigen Worte zu finden.
„Und das wäre?" fragte Benjamin interessiert.
„Der Stützpunkt des Außenteams und vor allem die Waffenkammer sind in einem grotesken Zustand" fing ich gleich an.
„Ich weiß, aber bei uns kam nie ein Auftrag für die Instandhaltung an. Ich frage mich schon seit Jahren warum die anderen Stützpunkte so massiv sind und das des Außenteams nicht" erklärte Benjamin nachdenklich.
„Das liegt daran, das der Bürgermeister alle Aufträge ablehnt die vom Außenteam kommen. Die Waffenkammer ist stark beschädigt und bricht jeden Moment zusammen. Außerdem kann sich jeder Mühelos Zugang zu den Waffen verschaffen. Das ist gefährlich" erklärte ich ernst und ich sah die Fassungslosigkeit ihn den Blicken der beiden.
„Wie sieht dein Plan aus?" hakte Jamie gleich nach.
„Das Außenteam ist für die Verwaltung der Waffen verantwortlich. Wenn damit irgendwas passiert, wird die Schuld automatisch auf uns geschoben und unser Ansehen ist so schon nicht sehr hoch" fing ich an und es verwunderte mich, dass ich über das Außenteam sprach als wäre ich schon seit Jahren ein Teil von ihnen.
„Die Waffenkammer sollte Massiv aus Stein gebaut werden und näher an dem Stützpunkt aufgestellt sein, damit wir keine unnötigen Umwege dorthin haben. Außerdem brauchen wir einen Arbeitsplatz für einen Waffenmeister der Vorort Arbeiten kann"
„Ihr habt einen Waffenmeister?" unterbrach mich Jamie.
„Noch nicht. Aber sobald er einen Arbeitsplatz hat, ist die Sicherheit der Waffen gewährleistet" beide sahen mich beeindruckt an.
„Die Idee ist gut Kate. Ich habe ein großes Ansehen beim Bürgermeister, da ich alles baue was er verlangt. Egal wie Hirnrissig seine Projekte auch sind. Wenn ich also zu ihm gehe und ihm sage, dass wir dringend eine neue Waffenkammer brauchen. Wird er es mir sicher genehmigen" verkündete Benjamin und Erleichterung machte sich in mir breit.
„Das würdest du tun?"
„Ja, doch ich würde eine Kleinigkeit ändern. Ich würde eine Doppelwand zum Schutz einbauen und die Waffenkammer direkt am Stützpunkt anbringen. Und wenn dann zufällig ein paar Steine übrig bleiben... nun... wem würde es schon auffallen, wenn damit die Lücken in der Fassade des Stützpunktes aufgefüllt werden?" schlug Benjamin mit einem Augenzwinkern vor.
„Ihr seid die besten. Danke" und mit diesen guten Neuigkeiten lief ich zurück zum Stützpunkt.
Kilian sprach gerade mit dem Kommandanten als ich dort ankam.
„Da sind sie ja. Wie ich sehe, haben sie endlich ihren Bogen abgeholt. Unser Neuer Waffenmeister hat mir außerdem gerade erzählt, dass sie einen spontanen Einfall hatten. Ich bin schon gespannt diesen zu hören" etwas Eingeschüchtert blieb ich vor den beiden stehen. Ich wusste nicht so recht ob mein Vorhaben mir nicht gerade versuchte ein eigenes Grab zu schaufeln.
„Ähm... ja... und ich habe gute Neuigkeiten... denke ich" stammelte ich unsicher vor mich hin. Am Blick des Kommandanten sah ich, dass ihm diese Unsicherheit nicht gefiel.
„Stehen sie aufrecht und reden sie Selbstbewusst!" befahl er und ich dachte daran das Jamie vor ein paar Minuten noch sagte, dass ich genau das jetzt draufhatte. Doch in der Gegenwart des Kommandanten fiel mir das doch nicht etwas schwer. Zu groß war mein Respekt ihm gegenüber.
„Ja Sir! Entschuldige... Wir erhalten eine neue Waffenkammer und unsere Fassade wird repariert" verkündete ich und ich blickte in den Fassungslosen Gesichtsausdruck des Kommandanten. Auch Kilian sah verblüfft aus.
„Seit Jahren versuche ich eine Genehmigung dafür zu bekommen. Wie haben sie das in so kurzer Zeit geschafft?" fragte der Kommandant ernst und erstaunt zugleich. Verlegen wich ich seinem Blick aus und fing an, an meinen Fingern herumzuspielen.
„Nun... ich kenne den Leiter der Handwerker ziemlich gut"
„Sie haben Verbindungen?" hakte der Kommandant hartnäckig nach. Es wirkte als hätte er mir das niemals zugetraut und verübeln konnte ich ihm das nicht, da er bisher nur von mir wusste das mich hier keiner leiden konnte.
„Wenige... aber ja" gab ich zu.
„Verbindungen wie diese könnten uns durchaus nützlich sein" diese Aussage machte mich irgendwie wütend. Es kam mir so vor als wollte er mich für meine Verbindung zu Benjamin ausnutzen.
„Sie könnten auch eigene Verbindungen haben, wenn sie nicht immer so schroff und unhöflich zu den Leuten wären!" sprudelte es zornig aus mir heraus. Reflexartig hielt ich mir den Mund zu, da ich eigentlich nicht vor hatte das laut zu sagen.
„Ich bin beeindruckt wie sie gleichzeitig Unsicher und Respektlos sein können Mrs Wulf" schimpfte der Kommandant mit verschränkten Armen. Da ich mich jetzt ohne hin schon in die Scheiße geritten hatte, nahm ich all meinen Mut zusammen um mich aus dieser Situation noch retten zu können. Kilian war mit erschrockenem Blick einen Schritt zurückgewichen. So aufrecht wie ich konnte, stand ich vor ihm und sah ihm direkt in seine Eisblauen Augen, vor denen ich sonst immer große Ehrfurcht verspürte.
„Es gibt einen Unterschied zwischen Respektlosigkeit und der Wahrheit. Und das wissen sie genau... Sir" kurz herrschte Stille zwischen uns. Im Augenwinkel sah ich wie Kilian verwirrt zwischen uns hin und her sah, unsicher darüber ob er sich dazu äußern sollte oder nicht. Ich beschloss ihn schnell aus dieser Miesere zu befreien „Wenn sie mich also entschuldigen würden. Ich möchte meinen neuen Bogen ausprobieren" mit den Worten machte ich auf dem Absatz kehrt und lief zum Trainingsplatz.
Auf dem Platz angekommen musste ich erstmal durchschnaufen. Zum ersten Mal hatte ich mich dem Kommandanten gegenüber behauptet und ihm gezeigt, dass er nicht mit allen so umgehen konnte, wie es ihm gerade in den Kram passte. Der Gedanke das ich mich selbst in diesem Moment nicht wiedererkannte ging mir dabei nicht mehr aus dem Kopf. Mit zittrigen Knien stellte ich mich vor die Strohpuppen deren Köpfe diesmal mit Zielscheiben ausgestattet waren. Ich nahm meinen neuen Bogen in die Hand und Zielte mit dem ersten Pfeil. Dieser Bogen fühlte sich ganz anders in meiner Hand an als der vorherige Übungsbogen. Dieser hier war Massiver und fügte sich perfekt in meine Hand ein. Hochkonzentriert zielte ich auf den Kopf der Puppe und ließ den Pfeil durch die Luft fliegen. Doch anders als zuvor blieb dieser nicht einfach in der Zielscheibe stecken. Nein. Da dieser Bogen viel mehr Kraft und Spannung besaß, durchstieß der Pfeil die Scheibe und die Puppe komplett und blieb in den Baum dahinter stecken. Doch das schlimmste daran war nicht das ich die Puppe damit kaputt gemacht hatte, sondern die Tatsache, dass gerade eine Frau mit einem Korb Äpfel unterwegs war. Einer dieser Äpfel wurde von meinem Pfeil an den Baum genagelt. Erschrocken ließ sie fast den Korb fallen und ich den Bogen.
„Entschuldigung" schrie ich peinlich berührt.
„Pass doch auf wo du hin schießt! Euch Soldaten vom Außenteam ist auch gar nichts mehr heilig!" schimpfte die Frau ehe sie weiter ging. Langsam wurde mir klar warum einige Soldaten draußen im Wald trainierten. Nach der Sache beschloss ich lieber kein weiteres Mal mit diesem Bogen hier zu üben. Nachdenklich begann ich durch das Dorf zu spazieren.
Während ich über die alten und beschädigten Asphaltstraßen lief. Beobachtete ich das treiben der Stadt. Ich lief über den Markt wo meine Mutter ihren Gemüseeintopf verteilte und mich missbilligend ansah, als ich an ihr vorbeilief. Ich sah Liv die wieder gegen ihren Willen auf dem Marktplatz Milch und Käse verteilte. Sie konnte nicht verbergen wie sehr sie diese Aufgabe hasste. Beiläufig winkte sie mir zu, als sie mich sah. Auch Jamie stand zusammen mit seinem Kumpel Finn auf dem Platz um Reparatur Aufträge für die Handwerker zu sammeln. Finn war ein sehr ruhiger und zurückhaltender Mann den ich nur Flüchtig kannte. Er hatte etwas längeres Blondes Haar und Grüne Augen. Ein Junger Mann der sehr zurückgezogen lebte. Wenn ich ihn sah, dann nur zusammen mit Jamie oder bei der Arbeit. Als ich den Marktplatz verließ, kam ich nach einer Weile an der Krankenstation vorbei. Sie befand sich direkt neben den Pferdeställen. Ein einfaches Holzgebäude welches wie unsere Waffenkammer nicht so Massiv gebaut wurde, wie es hätte gebaut werden sollen. Erstaunt blieb ich stehen als Jana die Krankenstation verließ.
„Jana? Ist alles in Ordnung?" fragte ich gleich besorgt.
„Oh Kate. Ich habe dich schon länger nicht mehr gesehen. Keine Sorge, es geht mir gut. Nur die letzte Grunduntersuchung nachdem ich so lange in der Wildnis da draußen war" erklärte sie gleich und das beruhigte mich wieder, da ich dachte die Grunduntersuchung der Neulinge wären schon vorbei gewesen.
„Dann ist ja gut... hast du dich denn schon gut eingelebt?" hakte ich weiter nach, da das Leben hier für niemanden leicht war.
„Ja... eigentlich schon. Aber es ist nicht einfach eine passende Arbeit zu finden" ich lachte.
„Es beruhigt mich zu wissen, dass es nicht nur mir so ging"
„Das stimmt wohl. Die Arbeit auf dem Hof macht mir aber großen Spaß und Liv ist echt nett. Ich wünschte ich hätte sie schon vor der Apokalypse besser kennengelernt" erzählte sie und es freute mich zu sehen das sie mit der freien Stelle auf dem Hof mehr anfangen konnte als ich.
„Das freut mich zu hören. Ich hätte es auch toll gefunden wenn Liv euch besser hätte kennenlernen können" sie wurde Rot und wir verabschiedeten uns wieder, da sie auf dem Hof schon erwartet wurde.
Als ich dann weiter lief dauerte es nicht lange, bis ich Reece fand der sich sehr vertieft mit Andrea unterhielt...
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