Die Probemission

Die Nacht war kühl, doch durch meine Erschöpfung konnte ich dennoch einigermaßen schlafen. Die Sonne schien gerade schwach durch die Lichtdurchlässigen Fensterläden, als ich Chiara bereits im Stall arbeiten hörte. Mit einem tiefen gähnen richtete ich mich in meinem Heu Bett auf und streckte mich.
„Hey Schlafmütze! Kannst du mir etwas Heu für die Pferde runterschmeißen?!" rief mir Chiara amüsiert zu. Lachend stand ich auf und ließ ihr etwas Heu runter, dann zog ich meine Uniform an und kletterte die Leiter zum Stall hinunter „Bist du Nervös?" fragte Chiara nun etwas besorgter während sie das Heu mit einer Mistgabel in den Boxen verteilte. Ich überlegte.
„Ich weiß nicht so recht. Es geht ja nur ins nächste Dorf und das wurde schon vor Jahren vom Außenteam gesäubert. Es wird schon nichts schlimmes passieren" versuchte ich optimistisch zu sagen. Doch in Wahrheit hatte ich große Angst vor der ersten Mission und ich war mir sicher das Chiara mir die Angst ansah.
„Aber nach der Probemission folgen weitere Missionen und die werden immer gefährlicher je näher ihr an die Stadt kommt" fügte sie nun ängstlich hinzu.
„Ich versuche da noch nicht drüber nachzudenken. Kümmern wir uns erstmal um die Pferde" lenkte ich ab und verschwand in der Futterkammer um das Kraftfutter vorzubereiten.
Sobald alle Pferde gefressen hatten, holte ich mein Pferd aus seiner Box und begann ihn zu striegeln.
„Heute ist unser großer Tag" murmelte ich. Elijah schnaubte, als wüsste er was heute auf uns zukam. Als sich die großen Stall Tore öffneten zuckte ich zusammen. Der Kommandant kam zusammen mit den Rekruten in Stall gelaufen. Er musterte mich eindringlich.
„Ich hatte schon sorge das ich sie wegen ihrer Verspätung Maßregeln muss Mrs Wulf. Doch tatsächlich waren sie schon vor allen anderen hier" stellte der Kommandant fest und ich war mir nicht sicher ob er gerade versucht hatte einen Witz zu reißen oder ob er das ernst meinte. Ich tauschte mit Chiara einen skeptischen Blick.
„Ja... Sir" stammelte ich unsicher. Der Kommandant kam mit Prüfendem Blick auf mich zu.
„Verausgaben sie sich hier nicht zu sehr. Sie sind Soldatin und kein Stallbursche"
„Wie meinen?" hakte ich unsicher nach.
„Sie haben Heu in den Haaren Soldat. Das wirkt unprofessionell" bemerkte er und lief weiter zu seinem Pferd. Hektisch versuchte ich das Heu aus meinen Haaren zu bekommen, da ich sicher nicht wollte, dass der Kommandant erfuhr, dass ich im Pferdestall schlief.
Eine Stunde verging bis alle Pferde gesattelt waren und sowohl Proviant als auch Waffen in den Satteltaschen verstaut waren. In Zweierreihe stellten wir uns vor dem Südtor auf. Hinter uns stand ein Planwagen der von einem erfahrenen Soldaten geführt wurde. Marco stellte sich extrem dämlich an und schaffte es kaum seine Fuchsstute auf der Stelle stehen zu lassen.
„Blöder Gaul, bleib doch stehen" fluchte er und hielt die Zügel dabei so straff, dass es die Mundwinkel des Pferdes nach hinten zog.
„Wenn dir jemand so im Maul herumziehen würde, würdest du auch nicht stillstehen" maulte ich ihn an und da ich wieder das Glück hatte direkt neben ihm zu stehen, war ich dazu gezwungen mir dieses elend mitanzusehen.
„Ach und wie macht man es richtig du Klugscheißer!?" fuhr er jetzt mich an.
„Lass die Zügel lockerer und verlagere dein Gewicht in den Sattel du Idiot!" konterte ich so laut das der Kommandant kurz neben uns stehen blieb ehe er an die Spitze der Gruppe ritt. Marco tat widerwillig das was ich ihm sagte und die Stute blieb schnaubend auf der Stelle stehen.
„Geht doch. Blödes Mistvieh" für die Aussage sah ich ihn wütend an. Zu seinem Glück konnte ich nichts dazu sagen, da der Kommandant das Wort an sich riss.
„Heute ist es soweit. Die Jährliche Probemission der Frischlinge. Wir werden in Zweierreihe durch den Wald bis in das nächste Dorf reiten. Bleibt immer wachsam, denn auch wenn das Gebiet als gesäubert eingestuft ist. Könnten sich dort jederzeit wieder einzelne Zombies hin verirrt haben. Jeder hört auf meinen Befehl verstanden!?"
„Ja, Sir!" riefen wir im Chor
„Nun gut. Öffnet das Tor!" schrie der Kommandant zur Mauerwache hinauf. Nun war es soweit. Mein Herz raste als sich die drei Tor Zeitgleich öffneten und die zerstörte Asphaltstraße hinter sich offenbarte die direkt in den Wald führte. Kurz sah ich zu Marco und wartete auf den nächsten dummen Spruch den er bringen würde, doch er war Kreidebleich und starrte das Tor vor sich an. Nun gab es kein Zurück mehr.
„Vorwährts Marsch!" schrie der Kommandant wieder und galoppierte auf den Wald zu. Wir folgten ihm, nichts ahnend was auf uns zukam.

Wie bei einer Verfolgungsjagt rasten wir über den teilweise zerbrochen Asphalt. Überall standen rostige kaputte Autos denen wir ausweichen mussten und mein Blick ging immer wieder in den Wald hinein trotz der Angst einen Zombie zwischen den Bäumen entdecken zu können. Ich war zwar immer mal wieder zum Bogenschießen draußen im Wald, doch hatte ich nie einen Zombie Live gesehen. Nur auf Fotos oder in den Nachrichten als es noch welche gab. Kurz ging mein Blick wieder zu Marco der alles anderes als Sattelfest war. Er krallte sich in der Mähne seiner Stute fest und kniff die Augen zu. Und so wie seine Beine hin und her schwangen, war klar das sein Pferd einfach nur den anderen Pferden hinterherrannte.
„Marco! Drück deine Fersen runter! Dann hast du mehr halt im Sattel!" schrie ich ihm zu.
„Halt die Klappe Kate! Ich brauche deine Hilfe nicht!" ich hörte Angst in seiner Stimme. Innerlich gab ich mir selbst eine Ohrfeige weil ich ihm helfen wollte.
„Du wirst noch vom Pferd fallen und ich habe keine Lust dich einsammeln zu müssen!" konterte ich wieder. Marco hielt inne und drückte endlich seine Füße fester in die Steigbügel. Es sah nicht viel sicherer aus, doch die Gefahr das er bei der nächsten Erhöhung im hohen Bogen vom Pferd flog, war gemildert.
Nach circa zwanzig Minuten kamen wir auf dem Parkplatz an. Die Pferde schwitzten und schnaubten stark. Der Planwagen kam ein paar Minuten nach uns an, da er nicht so schnell war wie wir. Der Soldat fing gleich an sich um die Pferde zu kümmern nachdem wir abgestiegen waren und uns bewaffnet hatten. Zusammen mit dem Kommandanten gingen wir auf die eingeschlagene Glastür eines Supermarktes zu. Früher hatten wir hier immer eingekauft, nun erkannte man nur durch das halb zerfallene Schild über der kaputten Tür, dass es sich früher um ein Lebensmittel Geschäft handelte.
„Hier gibt es doch nichts mehr zu holen" meckerte Marco wieder los. Ich verdrehte nur die Augen und ich war mir sicher das der Kommandant dies sah, da er das zucken seines Mundwinkels unterdrücken musste.
„Das ist wohl wahr Rekrut. Hier gibt es nur Kisten mit Sandsäcken zu hohlen. Denn es handelt sich um eine Probemission, sofern sie das wieder vergessen haben" nun musste ich aufpassen nicht zu lachen. Doch der Anblick wie Marco wie ein bockiges Kind seine Arme vor der Brust verschränkte, machte mir das nicht gerade leichter „Ihr werdet Zweierteams bilden und den Laden Erkunden. Heute werden eure Teamfähigkeit, euer Feingefühl und eure Ausdauer auf die Probe gestellt" fuhr der Kommandant wieder Sachlich fort, dann teilte er uns Listen aus und bestimmte die Teams „Kate und Marco. Ihr bildet das letzte Team"
„Das ist doch nicht ihr Ernst!" protestierte Marco sofort. Mir passte das auch nicht, doch ich traute es mich nicht den Entscheidungen des Kommandanten zu widersprechen. Nun jedenfalls nicht immer.
„Ihr beide könnt noch was voneinander lernen" verdeutlichte der Kommandant seine Entscheidung uns händigte uns noch ein Walki Talki aus um mit uns in Verbindung bleiben zu konnten.
„Pff... was soll ich von dem denn noch lernen" diesmal konnte auch ich mich nicht zurückhalten.
„Sie sind eine gute Schützin Kate, doch ein schlechter Teamplayer. Marco ist kein guter Schütze, jedoch schafft er es das eine kleine Gruppe seiner verzerrten Weltanschauung folgen" erklärte der Kommandant. Gegen seine Argumente traute sich keiner von uns etwas zu sagen. Der Kommandant wandte sich nun wieder der gesamten Gruppe zu „Dieses Geschäft ist schon seit Jahren leergeräumt. Wir haben beschriftete Kisten mit Sandsäcken verteilt. Eure Aufgabe ist es euch unbemerkt durch den Laden zu bewegen und die Kisten passend zu eurer Liste zu finden und nach draußen zu transportierten. Die Walki Talkis dienen zur Informationsweitergabe. Sobald ihr Schwierigkeiten bekommt oder eine Kiste gefunden habt, werdet ihr mich darüber informieren. Haben sie das Verstanden?"
„Ja, Sir!" sagten alle und wir machten uns auf den Weg durch den Laden.

Mit meinem Bogen auf Spannung schlich ich in gebeugter Haltung die ersten Gänge entlang. Marco hingegen lief ganz normal und versuchte nicht mal sich unauffällig zu verhalten.
„Unglaublich das ich ausgerechnet mit dir zusammenarbeiten muss" maulte er genervt und in normaler Lautstärke.
„Pst!" zischte ich ihn nur an. Er verdrehte die Augen.
„Spiel dich doch nicht so auf. Das Außenteam ist regelmäßig hier und säubert den Laden. Hier werden keine Zombies sein" sprach er einfach weiter. Vor einer Kiste blieb ich stehen.
„Wir sollen uns trotzdem so verhalten als wären hier Zombies. Sonst macht die ganze Übung doch keinen Sinn" flüsterte ich während ich die Liste mit der Kiste abglich „Das ist eine von unseren. Los hilf mir" stellte ich fest und zog die Kiste aus dem Regal. Marco bewegte sich keinen Millimeter „Ich dachte du bist der Teamplayer hier, also beweg dich!" versuchte ich ihn so leise wie möglich zurechtzuweisen.
„Du gehst mir auf die Nerven!" maulte er und half mir endlich die Kiste aus dem Regal zu ziehen.
„Falls es dich beruhigt. Das beruht auf Gegenseitigkeit" keuchte ich angestrengt, da die Kiste wirklich schwer war.
„Warte ich muss dem Kommandanten Meldung machen" wir stellten die Kiste auf dem Boden ab.
„Konntest du das nicht vorher machen" beschwerte er sich wieder.
„Halt endlich die Klappe. Ich bin auch zum ersten Mal hier" konterte ich und versuchte herauszufinden die das kleine Schwarz-Gelbe Gerät in meinen Händen funktionierte.
„Hast du noch nie ein Walki Talki benutzt oder was?" fuhr er mich an und riss mir das Gerät aus den Händen. Ich sagte nichts dazu und sah lieber dabei zu welchem Knopf ich drücken musste um mit dem Kommandanten sprechen zu können.
„Wir haben die erste Kiste" sagte er in das Gerät und steckte es wieder weg.
„Ich glaube nicht, dass man das so sagt" merkte ich an.
„Das muss ich mir nicht von einer sagen lassen die nicht mal weiß wie das Gerät funktioniert" auch wenn mich die Aussage ärgerte, musste ich einsehen das er doch recht hatte, also beschloss ich auch dieses Mal nichts dazu zu sagen und griff nach der Kiste.

Zusammen brachten wir sie nach draußen, wo der Kommandant mit genervtem Blick auf uns wartete.
„Rekrut!" fing er gleich an und Marco ließ fast die Kiste fallen „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass man ihnen die Kommunikation so erklärt hat!?" schimpfte der Kommandant.
„Tut... mir leid... Sir" stammelte Marco, als hätte er sich nicht zuvor noch wie ein Wichtigtuer verhalten.
„Kate wird die Kommunikation übernehmen" ich schluckte als Marco mir das Walki Talki zurückgab. Ein schlechtes Gewissen kam in mir hoch, da Marco nie ärger bekommen hätte, wenn ich das Gerät verstanden hätte „Los macht das ihr da wieder reinkommt!" befahl der Kommandant streng und wir stolperten zurück in den Laden. Wir nickten hektisch und stolperten etwas zu unsicher zurück in das Geschäft um nach einer weiteren Kiste zu suchen.

Schweigend lief ich hinter Marco her. Sein Körper war angespannt und ich hatte das Gefühl, das eine seiner geballten Fäuste in meinem Gesicht landen könnte, wenn ich auch nur versuchte mit ihm zu sprechen. Und das obwohl ich mich tatsächlich gerne bei ihm entschuldigt hätte. Er stampfte mit den Füßen auf den Boden und als er eine leere Konservendose aus dem Regal schmiss und diese mit einem lauten scheppern auf dem Boden aufkam, konnte ich nicht mehr schweigen. Ich griff nach seinem Arm.
„Marco hör auf! Du bist zu laut!" schlagartig drehte er sich zu mir um und stieß mich zu Boden.
„Fass mich nicht an du freak!" schrie er mich an. Fassungslos sah ich ihn an und fragte mich wo dieser unberechenbare Zorn in ihm herkam.
„Ich wollte nie in dieses beschissene Außenteam und schon gar nicht mit dir! Geh mir aus dem Weg oder ich lasse deinen Tod bei der nächsten Mission wie einen Unfall aussehen!" schrie er und zückte sein Messer „Du wirst dir wünschen nie in unser Dorf gekommen zu sein" drohte er und lief auf mich zu. Mal abgesehen das ich diesen Wunsch schon oft hatte, konnte ich einfach nicht fassen was er zu mir sagte. War meine bloße Existenz Grund genug um solche Drohungen auszusprechen? Ich habe ihm nie etwas getan und verstand einfach nicht was ich falsch gemacht hatte um das zu verdienen.
„Marco... was soll das?" murmelte ich und versuchte unbemerkt an das Walki Talki zu kommen. Doch Marco bemerkte es und zog mich vom Boden hoch. Das Walki Talki trat er von uns weg.
„Ich mache dir das Leben zur Hölle du kleines Miststück!"
„Ich habe dir doch nie etwas getan... warum tust du das?" stammelte ich. Ich fragte mich welche Sicherung gerade in seinem Kopf durchgebrannt war, um so auszuflippen. Meine Atmung beschleunigte sich. Ich hatte Angst. Todesangst. Ich hörte etwas aus einem Regal neben uns fallen, doch Marco bemerkte es nicht. Er fing an zu lachen und ließ mich wieder los.
„Du solltest dein Gesicht mal sehen, als würdest du dir gleich..." er konnte seinen Satz nicht mehr beenden. Zu spät bemerkten wir, dass wir das Geräusch zuvor nicht hätten ignorieren sollen. Es waren keine Rekruten die zu tollpatschig waren, es war ein Zombie der blitzschnell hinter Marco stand und ihm in den Hals biss...

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