16

Der nächste Morgen war... Seltsam. Zuerst musste sie herausfinden, dass sie gehörig verschlafen hatte. Nicht so, dass sie zu spät gekommen wäre, aber trotzdem. Verschlafen war verschlafen.
Dennoch schaffte sie es, zusammen mit Lottie, etwa zwanzig Minuten bevor der Unterricht begann im Klassenraum zu sein.
Der zweite Geschwindigkeitsrekord in zwei Tagen, das wird irgendwie beängstigend.
Langsam fühlte sie, wie ihre Augenlider schwer wurden. Sie war so müde. Doch noch etwas Schlaf war ihr wohl nicht gegönnt.
»Hallo? Entschuldige!«, verwirrt hob sie den Kopf und sah hinüber zu Lottie und einem Jungen, der ihr irgendwie bekannt vorkam. Die beiden stießen zusammen - nun eher verpasste Lottie ihm einen Kinn Haken- doch das schien ihn vollkommen kalt zu lassen.
Lange befand sie sich jedoch nicht in der Position der fern-ab-sitzenden-Beobachterin, denn der Neue musste sich anscheinend genau auf den freien Platz neben ihr setzen.
»Eigentlich ist es üblich, sich zu entschuldigen, wenn man jemanden gegen das Kinn geschlagen hat.«, gab er ruhig von sich. Da hat er schon recht. Doch Lottie schien nicht wirklich in der Stimmung dafür zu sein.
»Wie bitte?«, sie blinzelte empört, »Ist das dein Ernst?« 
»Du hast mir weh getan.«
Also danach sah es ehrlich gesagt nicht wirklich aus.
»Du hast dich angeschlichen. Du solltest dich bei mir entschuldigen!« 
»Da kannst du lange warten.« 
Genervt verdrehte Shaha die Augen, wie konnte man bloß so unreif und kindisch sein? Die Erstklässler verhielten sich ja erwachsener als diese beiden!
»Warum entschuldigst du dich nicht einfach Lottie? Du bist doch sonst nicht so stur...«, doch scheinbar hatte sie so leise gesprochen, dass die Blonde sie nicht verstanden hatte. Oder Lottie hatte sie schlichtweg nicht verstehen wollen, denn sie lächelte zuckersüß und seuselte: »Es wird dir noch leidtun, dass du so unhöflich zu mir warst.«
Sie hatte doch etwa nicht vor- Oh Allah steh uns bei...
Ein kleines schiefes Lächeln erschien auf den Lippen des Jungen und ein dunkles Haarbüschel fiel ihm in die Augen.
Er sah jemandem unglaublich ähnlich.
Jemandem, den sie nur allzu gut kannte.
Und mit einem Mal wusste Shaha, an wen er sie erinnerte: Ellie!
Oh nein...
»Ach ja? Und warum?«
Verzweifelt versuchte sie Lottie verständlich zu machen, dass sie unbedingt stoppen musste, doch sie scheiterte kläglich.
»Ich vergebe dir.«, gurrte die blonde herablassend, während sie es irgendwie schaffte, ihr zuckersüßes Lächeln aufrecht zu erhalten, »Du bist schließlich neu. Niemand soll der maradovischen Königsfamilie nachsagen, dass sie nicht großzügig ist.«
Shaha wäre am liebsten im Erdboden versunken, während sie wild mit dem Kopf schüttelte um Lottie zu signalisieren, dass sie unbedingt aufhören musste.
»Maradovisch?«, es lag eine unverkennbare Skepsis in seiner Stimme, als er es langsam wiederholte.
Oh je...
»Ja.«, der Versuch Lotties, majestätisch zu wirken machte alles nicht besser.
»Ich bin nämlich die Prinzessin von Maradova... «, entsetzt starrte Shaha sie an, »Aber du darfst mich Lottie nennen.«
Während der Pause, in der die beiden sich einfach nur anstarrten, versuchte Shaha das Thema zu wechseln.
»Uhm... Lottie, gehen wir in der Pause in... Die Bibliothek? Wir müssen noch den Aufsatz für Geschichte fertig schreiben.«, doch wieder wurde sie einfach überhört. Seufzend verschränkte sie die Arme, es war doch eh schon alles zu spät.
»Erstaunlich.«
Sie musste etwas tun, Lottie redete sich um Kopf und Kragen.
Abrupt stand sie deshalb auf und setzte ein freundliches Lächeln auf. »Wisst ihr was? Ich denke, es ist nur höflich, dass nicht nur Lottie sich vorstellt.«, mit diesen Worten wandte sie sich an den Neuen, doch der hob nur eine Braue. Ernsthaft?
Auf einmal öffnete sich die Tür und Ms Kuma trat herein, gefolgt vom Rest der Klasse.
»Wunderbar, du bist schon da und hast auch schon Freunde gefunden! Vielen Dank ihr beiden.«
Peinlich.
Aber sie hat uns auch irgendwie gerettet.
»Jamie, würdest du dich bitte vorstellen?«
»Guten Morgen. Mein Name ist Jamie Volk.«
Besorgt runzelte Shaha die Stirn.
Volk? Das ist zu einfach! Komm schon, das ist eine internationale Schule, was wenn du irgendwem über den weg läufst der russisch spricht?
Ein leises Seufzen entwich ihr, was ihr einen Seitenblick von Jamie einbrachte. Ups.
»Ich weiß nicht genau, wie lange ich auf dieser Schule hier bleiben werde. Meine Eltern reisen viel, deshalb sollte ich hier wahrscheinlich nicht allzu heimisch werden.«
Wirklich Sympathisch.
Nachdenklich betrachtete sie den Jungen.
Wer bist du Jamie Volk? Und woher kennst du die wahre Prinzessin von Maradova?

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