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Wer die anderen neben sich klein macht, wird nie groß werden;
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"Du bist ein verdammtes Arschloch!", entfuhr es mir und schnell suchte ich den Weg in die Garderobe, ohne mich noch einmal zu Pablo herumzudrehen. Ich unterdrückte die Tränen, die immer wieder versuchten sich in meine Augen zu drängen. Als ich schließlich vor dem Spiegel an meinen Klamotten ankam, zog ich mich an und atmete erstmal tief und fest durch.

Josh... mein armer Josh. Als hätte er es nicht schwer genug, musste Pablo ihm auch noch einen reindrücken - und das mit mir als Waffe. Ich war es im Grunde, die ihm wehtat, auch wenn es Pablo war, der es steuerte.

"So eine Scheiße!", fluchte ich und konnte dann die Tränen doch nicht mehr zurückhalten, während ich mich auf den Stuhl sinken ließ und mein Gesicht in meinen Händen versteckte.

Ich wollte doch nie jemanden verletzten und plötzlich empfand ich mich als eine Qual...

Nach einer viel zu kurzen Zeit, um das alles zu verarbeiten, zwang ich mich dazu, mich zusammenzureißen und schaute mich dabei im Spiegel an. Ich wischte mir die Tränen weg, rang nach Luft und verlor mich in diesem grauenvollen Anblick.

Ich konnte mich selbst nicht mehr ertragen und gab Pablo mittlerweile sogar Recht. Ich sollte Josh ins kalte Wasser werfen, um ihn zu schützen und seine Gefühle nicht weiterhin zu zerstören.

Erschöpft erhob ich mich, setzte ein gequältes Lächeln auf und lief dann erhobenen Hauptes zur Bar.

"Da bist du ja! Du schuldest mir noch was!", empfing mich Ronald sofort dreckig grinsend und machte sich anscheinend an diesem Tag keine Mühe, mir irgendwas vorzuspielen.

Dafür spielte ich meine Rolle perfekt.

"Entschuldige, dass ich dich warten lassen habe, Süßer", begrüßte ich ihn mit einem Kuss auf die Wange und schaute flüchtig zu Josh, der starr an mir vorbeiblickte.

"Dann auf ein neues", riss Ronald meine Aufmerksamkeit wieder auf sich und nickend folgte ich ihm aus dem Schuppen.

"Love", hörte ich jemanden neben mir, doch da ich sicher jetzt überhaupt keinen Nerv darauf hatte, mich mit Esteban auseinanderzusetzen, lief ich einfach weiter ohne mir eine Reaktion anmerken zu lassen.

Oben an der Treppe angekommen, hielt Ronald mir die Tür auf und sofort wehte mir die eiskalte Luft ins Gesicht, während meine Augen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen mussten.

Ich folgte Ronald schweigend in eine der Nebenstraßen und erinnerte mich, diesen Weg mit ihm am Vortag nicht gegangen zu sein. Als wir dann um eine Ecke bogen, die ich als enge Sackgasse erkannte, drückte er mich plötzlich hart gegen die kalte, harte Wand neben mir.

Mein Schrei verstummte durch seine Hand, die er fest auf meinen Mund presste und erschrocken schaute ich in sein hässliches Gesicht, in dem sich keinerlei Emotionen spiegelten.

"Du hast mich einfach liegen gelassen, du kleine Hure", knurrte er und wollte mit der anderen Hand meine Hose öffnen, doch durch den Verband war es wohl schwerer, als er erwartet hatte.

"Ein Mucks und ich rupfe dir deinen Kehlkopf raus", drohte er mir und nahm dabei ganz langsam seine Hand von meinen zitternden Lippen.

Mein ganzer Körper fühlte sich taub an und innerlich schrie ich - äußerlich jedoch starrte ich ihn nur angsterfüllt an, was ihn anscheinend sogar noch mehr belustigte.

"Zieh dich aus", forderte er, doch ich weigerte mich mit einem Kopfschütteln, woraufhin seine Hand hart auf meine Wange knallte. Ich zog tief Luft und weinte bitterlich los, doch wieder lachte er nur noch lauter.

"Dann mach ich es eben!"

Er kam näher, leckte über meine Wange und drängte seine Hand dabei unter meine Hose, sodass ich widerwillig stöhnen musste.

Aber das war kein Geräusch aus Lust, eher ein Stöhnen der Verzweiflung und die Gänsehaut, die über meine Arme zog, war purer Ekel vor diesem Mistkerl.

"Das gefällt dir doch", raunte er mir ins Ohr und leckte mir anschließend die Tränen von den Wangen, während ich seine Finger grob in mich eindringen spürte und gedanklich komplett abdriftete.

"Du bist so geil", stöhnte er und entzog mir seine Hand, um sie an seine eigene Hose zu legen.

Ich schaute hoch in den Himmel, hörte ihn vor mir schwer atmen und bekam plötzlich den Drang mich zu übergeben.

"Auf die Knie", befahl er halbstöhend und ich tat es einfach und ließ mich auf den harten Asphalt fallen, während ich mich schon selbst anwiderte.

"Ohjaaa..", hörte ich ihn noch über mir raunen und dann, kurz bevor ich etwas anderes wahrnahm, kam plötzlich ein lautes Motorrad die Straße entlang gefahren und hielt dabei direkt vorne am Eingang der Sackgasse.

Verwundert und gleichzeitig verzweifelt schaute ich dem Fahrer entgegen, der blitzschnell mit seiner schwarzen Lederjacke und dem schwarzen Helm abstieg und auf uns zukam.

Ronald schloss seine Hose, nahm den Fahrer wütend ins Visier und wollte gerade etwas sagen, da zog der Fremde einfach eine Waffe.

"Das ist doch ein Scherz", lachte Ronald hysterisch, doch sein Lachen verstummte wieder.

"Auf die Knie!", schrie der Fremde Ronald an und zielte dabei direkt auf seinen Schritt. "Und nein - das ist kein Scherz!"

Mit geöffnetem Mund sah ich ihm direkt auf das Visier seines Helms und versuchte mich daran zu erinnern, wo ich seine Stimme schon mal gehört hatte.

"Love, steh auf", wandte er sich mir zu und nachdem ich ihn immer noch wie unter Schock ansah, kam er einen Schritt auf mich zu und reichte mir seine Hand. "Komm schon, Kleine."

Ich schaute flüchtig zu Ronald, der genauso fassungslos schien wie ich und nahm nur zögerlich die Hand des Mannes, um mir vorsichtig von ihm aufhelfen zu lassen. "Warte am Motorrad", flüsterte er mit sanfter Stimme unter seinem Helm hindurch und wandte seinen Kopf anschließend wieder Richtung Ronald.

"Hab ich dir nicht gesagt, du sollst auf die Knie!", schrie er ihn an und sofort hob Ronald seine Hände ergebend und machte genau das, was er verlangte.

"Hör mir zu!", warf er mit zitternder Stimme ein und zeigte dabei auf mich. "Ich habe sie dafür bezahlt. Sie wollte es so. Sie ist eine verdammte Hu-"

Ein so lauter Knall, dass ich mit geschlossenen Augen aufschrie, hallte immer wieder von den Wänden wieder und versetzte mich in Angst und Schrecken. Als ich meine Augen mit rasendem Herzen wieder öffnete, sah ich Ronald, der nah vor mir mit einem Loch im Kopf auf dem Boden lag.

"Oh mein Gott", hauchte ich zitternd und dachte ich müsste von diesem Anblick jeden Moment zusammenbrechen, doch ich fasste mir nur schweigend ans Herz und versuchte angestrengt zu Atem zu kommen.

"Nimm den Helm", hörte ich den Unbekannten sagen und sah ihm mit großen Augen dabei zu, wie er ihn auszog und mir reichte.

Seine eisblauen Augen huschten über mein Gesicht und die braunen Haare sahen genauso verwuschelt aus wie das letzte Mal.

"Reahlyn", stellte ich panisch fest und warf noch einen flüchtigen Blick auf Ronald, ehe ich mich umdrehen und abhauen wollte - doch er hielt mich zurück.

"Wo willst du hin?", fragte er ungläubig darüber, wie ich reagierte und sofort entriss ich ihm meinen Arm.

"Weg von dir! Du hast ihn- ... Oh mein Gott, du hast ihn getötet!", schrie ich verzweifelt, doch Reahlyn schien das überhaupt nichts auszumachen.

"Steig auf das Motorrad", grinste er. "Oder muss ich dich zwingen?"

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