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Jeder muss seinen Frieden in sich selber finden, und soll der Frieden echt sein, darf er nicht von äußeren Umständen beeinflusst sein;
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Ich wusste nicht, wo ich mich befand. Erkannte nur Dunkelheit um mich herum und spürte eine Wärme in mir, die mir völlig neu und unbekannt war.
Mein Blut floss schneller durch meine Adern, mein Herz pochte stärker und auch meine Haut fühlte sich anders an, als ich sie in Erinnerung hatte.
Wo war ich nur?
Das musste ein Traum sein, denn das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war, in Reahlyns Armen eingeschlafen zu sein. Doch nun war ich hier vollkommen alleine und erkannte nur schwarz, bis sich der Mond einen Weg durch die Wolken bahnte und mir die Sicht auf eine große Wiese freigab.
Sie sah genauso aus, wie unsere Wiese, nur waren hier keine Hütten. Im Grunde war hier nichts, außer der düstere Wald um mich herum.
Eigentlich sollte ich panisch reagieren, schreien oder mich verängstigt fühlen... doch nichts passierte von alledem.
Ich akzeptierte meinen Zustand ohne weitere Gedanken über die Logik dahinter zu verschwenden und schaute dann an mir herab, um zu erkennen, dass ich nur einen weißen Schlafanzug anhatte, der sich super flauschig an meinem Körper anfühlte. Meine Sinne schienen ausgeprägter...
Dann fiel mein Blick auf meine Füße, die barfuß im Gras standen und da wurde mir plötzlich bewusst, dass mir doch eigentlich kalt sein sollte. Es musste also wirklich ein Traum oder wenigstens ein traumähnlicher Zustand sein, der mich hier an diesen Ort gebracht hatte.
Neugierig schaute ich nochmal flüchtig zum Himmel, wo der volle Mond mir entgegenstrahlte, bis ich heftig zusammenzuckte, als ich schlagartig das Knacken eines Astes neben mir im Wald hörte...
Doch obwohl ich mich von den Geräusch erschreckt hatte, verschwand meine Angst sofort wieder und neugierig lief ich einige Schritte zwischen den Bäumen hindurch, immer weiter, bis ich an einem wunderschönen hohen Baum ankam, der trotz der Dunkelheit gut zu erkennen war.
"Hey, Love."
Ein kalter Schauer zog mir über den Rücken und mit weit aufgerissenen Augen drehte ich mich zur Seite, um ihn plötzlich vor mir zu sehen, als wäre nie etwas passiert.
Sein weißes Hemd lag perfekt an seinem Körper und langsam kam er auf mich zu, um mich fest in seine Arme zu schließen.
Ich schloss meine Augen, spürte seinen Atem auf meinem Hals, seine Berührungen an meinem Rücken und nahm seinen Geruch intensiver denn je wahr.
Konnte das wirklich ein Traum sein?
"Esteban", hauchte ich dann mit Tränen in den Augen und löste mich widerwillig von ihm, um ihn mir genauer anzusehen...
"Ich danke dir für den Brief", lächelte er und lief mir voraus dann zu dem Baum, um mit der Hand darüber zu streichen.
Erst jetzt erkannte ich, dass die Initialen A&E dort eingeritzt waren.
"Ist das hier real?", fragte ich unsicher und trat dabei direkt neben ihn, während sein Blick immernoch auf den Baum gehaftet schien.
"Nein", gab er mir dann zurück und drehte sich zu mir herum. "Du wurdest von einem Alpha gebissen, Love... dein Unterbewusstsein ist bereit Abschied zu nehmen."
"Was meinst du mit Abschied?", wollte ich wissen und hatte plötzlich fürchterliche Angst, ihn vollkommen zu vergessen.
"Ich bin tot, und trotzdem liebst du mich noch. Sobald deine Verwandlung abgeschlossen ist, bin ich immernoch tot, der Unterschied wird sein, dass deine Liebe zu mir dann Vergangenheit sein wird."
Seine Worte kamen zwar klar und deutlich bei mir an, doch irgendwie wollte ich das alles nicht wahrhaben. Ich konnte mir das alles nicht vorstellen.
"Also ist es, wie Reahlyn es beschrieben hat?", erkundigte ich mich bei ihm. "Durch den Biss wird meine Liebe zu ihm noch stärker und ich bin gar nicht mehr im Stande, etwas für andere zu empfinden?"
Er nickte nur zustimmend und ich konnte nicht anders, als längere Zeit schweigend sein Gesicht anzustarren. Das hier war wirklich ein Abschied und ich wollte ihn genauso, wie er jetzt lächelnd vor mir stand, in guter Erinnerung behalten. Die dunklen Augen, die pechschwarzen Haare ...
"Du wirst sicher eine einzigartige Luna. Ich hab's schon vorher gemerkt. Deine Sorge um andere Menschen, dein Sinn für Gerechtigkeit, dein dich selbst nach hinten stellen... du wirst Reahlyn die perfekte Gefährtin sein."
Wehmütig sah ich zu ihm auf und sofort wich er meinem Blick aus und schaute wieder zu den eingeritzten Initialien.
"Ich bin jetzt glücklich und alles ist so gekommen, wie das Schicksal es vorgesehen hatte."
Er wandte sich mit dem Rücken zu mir und wollte gerade einen Schritt in den Wald machen, da hielt ich ihn aber an seinem Hemd zurück.
"Gehst du?", wollte ich traurig wissen und er drehte sich mit einem Lächeln auf den Lippen zu mir herum, um mir einen sanften Kuss auf meine Hand zu geben.
"Ja", hauchte er und musterte mich ein letztes Mal. "Deine Tochter wird wunderschön, Love."
"Woher weißt du?"
Er zwinkerte grinsend und verschwand dann genauso schnell in der Dunkelheit, wie er aufgetaucht war.
Mir wurde bewusst, dass das hier alles nur eine Illusion meines Unterbewusstseins war, aber es kam mir total real vor, weswegen mir auch einzelne Tränen über meine Wangen liefen, während ich gleichzeitig vor mich hinlächelte und in die Dunkelheit starrte.
Ich empfand nur noch Glück, mit dem Gedanken daran, dass auch er glücklich war und freute mich jetzt schon darauf, aus diesem Zustand zu erwachen und Reahlyn meine volle Hingabe zu geben.
Die Sehnsucht nach ihm wuchs immer mehr und während ich zurück zu der Wiese lief, verdunkelte sich der Himmel langsam wieder. Ich hörte leise Stimmen im Wind, drehte mich mehrmals im Kreis und erkannte plötzlich seine, nur irgendwie dunkler und bedrohlicher.
Sein Wolf rief nach mir und ich verlor keine Sekunde, um in die Richtung zu rennen, aus der mich diese Stimme rief.
Auf das wir uns vereinen, für die Ewigkeit...
"Lebe wohl..."
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