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Das Glück ist nur ein Traum, der Schmerz ist wirklich;
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"Wo warst du letzte Nacht?"

Ich saß nervös auf dem Stuhl direkt ihm gegenüber und starrte ihm flüchtig in seine braunen Augen, ehe ich dann die dunkle Tischplatte zwischen uns ins Visier nahm.

"Bei einem Kunden", log ich und hielt mir dann die Hand an den Kopf. "Pablo, ich habe starke Kopfschmerzen. Ich würde gerne-"

"Welcher Kunde?", unterbrach er mich mit hochgezogener Augenbraue und fuhr sich durch seine schwarzen Haare, ehe er mir dann wieder seinen Psychoblick schenkte.

Ich wusste überhaupt nicht was ich sagen sollte und spielte nervös mit meinen Fingern.

"Mir ist sein Name entfallen."

Pablo nickte nachdenklich und öffnete dabei die Schublade rechts von ihm, um darin herumzuwühlen, was mich neugierig aufschauen ließ.

"Love?", lenkte er meine Aufmerksamkeit wieder auf sich, doch schaute mich dabei nicht an. "Wieso lügst du mich an? Du weißt, ich kann so etwas nicht ausstehen und trotzdem tust du es."

Ich erwiderte ihm nichts, dafür war ich viel zu pansich und ich wusste ja nichtmal, was ich darauf antworten sollte.

Als ich dann dabei zusah, wie er einen Löffel herausholte und ihn lächelnd vor sich auf den Tisch legte, schaute ich ihm fragend in die Augen.

"Du kannst mir doch vertrauen. Wir kennen uns schon so lange. Also, wo warst du letzte Nacht?"

Seine Augen huschten flüchtig zu meinen Lippen, abwartend, was ich zu sagen hatte, doch es kam wieder nichts.

"Du enttäuschst mich immer wieder in letzter Zeit. Ich weiß ehrlich nicht, womit ich das verdient habe."

Er wich meinem Blick aus und als er dann plötzlich ein kleines Päckchen mit weißem Pulver und eine Spritze aus der Schublade holte, wusste ich ganz genau, was er mir antun wollte.

"Pablo", sprach ich mit bebender Stimme und sprang von meinem Stuhl auf, während er mich nur mit einer Ruhe ansah, die mir zu deutlich zeigte, wie krank seine Psychospielchen waren. "Bitte tu das nicht."

Er lächelte nur und zeigte auf den Stuhl, doch ich dachte überhaupt nicht daran mich zu setzen. Voller Panik lief ich zur Tür, rüttelte an ihr, doch dieser Mistkerl hatte den Schlüssel abgemacht. Von draußen hörte ich Housemusik, was hieß, das schreien mir nichts bringen würde, obwohl Josh nicht weit entfernt war.

Als ich mich wieder zu Pablo herumdrehte, war er gerade dabei, das Heroin auf den Löffel zu geben und machte dann mit der anderen Hand ein Feuerzeug an.

"Ich war bei einem Mann ohne Bezahlung!", platzte es dann aus mir heraus, während ich nervös hin und herlief.

"Name?"

"Reahlyn", sprach ich leise und anscheinend kannte auch er ihn, denn sofort suchte er meinen Blick und legte das Feuerzeug beiseite.

"Reahlyn?", wiederholte er dann meine Aussage, als würde er es nicht glauben können, woraufhin ich nur zustimmend nickte. "Und kannst du mir auch sagen, wieso mein Bruder mit einer Waffe auf mich los ist?"

Ich zögerte und wischte meine schwitzenden Hände an meiner Jeans ab, bis er das Feuerzeug wieder anmachte und an den Löffel hielt.

"Ich hab ihm gesagt, dass du mich missbraucht hättest", gab ich dann panisch zu und wieder schaute er mich verwirrt an.

"Und was hat er dagegen?"

Hatte er das ernsthaft gefragt?

"Oh mein Gott", lachte er dann plötzlich und erhob sich mit großen Augen von seinem Stuhl, als hätte er die Entdeckung seines Lebens gemacht. "Love, du macht mein Leben erst richtig lebenswert", sagte er stolz und nahm dann trotz seiner heiteren Stimmung die Spritze, um den Inhalt des Löffels darin aufzuziehen.

"Weißt du, Reahlyn und Esteban waren Mal beste Freunde. Jeden Tag spielten sie als Kinder im Wald, während meine Mutter mich in den Wahnsinn trieb, auf die beiden aufzupassen. Unzertrennlich waren sie. Esteban sah ihn mehr als Bruder als mich", erzählte er mir die Vergangenheit der beiden Männer, die mir so viel bedeuteten und auch wenn ich nicht wusste, wieso er mit mir darüber sprach, interessierte es mich so sehr, dass ich sogar vergaß, das Pablo mit der Spritze beschäftigt war.

"Dann aber, hat sich Esteban unsterblich in Alice verliebt, Reahlyns Schwester und es gab die ersten Streitigkeiten. Esteban und Alice wollten durchbrennen und das passte Reahlyn nicht, genauso wie mir. Ich brauchte meinen Bruder hier, um mein Geschäft aufbauen zu können. Brauchte einen Mann bei der Polizei, doch bei ihm hieß es nur noch Alice hier, Alice da. Es war schrecklich."

Er klopfte mehrere Male mit dem Fingernagel an die Spritze und lächelte mir dann entgegen, während er langsam auf mich zukam.

"Ich musste sie umbringen, Love. Sonst hätte ich alles verloren", sagte er dann und erschocken darüber, was er sagte, zog ich tief Luft und hatte das Gefühl, gleich einfach tot umzufallen. Die Wahrheit traf mich so tief in meinem Herzen, dass ich mir sicher war, es würde jede Sekunde aufhören zu schlagen.

"Aber weißt du was wirklich schön ist meine Liebe. Das wieder eine Frau zwischen den Beiden steht. Ach, es ist einfach herrlich", lachte er und stand dann genau vor mir, um meinen Arm in seine Hand zu nehmen. Ich konnte mich nicht mehr wehren. Stand einfach nur da und war unter Schock. "Und jetzt hörst du mir ganz genau zu, meine Liebste. Du weißt ich liebe dich und du weißt auch, dass niemand dich je so lieben wird wie ich. Entweder, du brichst den Beiden auf grausame Weise ihre Herzen und zeigst der Welt, dass du zu mir gehörst, oder aber ich jage den Beiden einfach eine Kugel in den Kopf und spritze dir so viel Heroin, dass du nichtmal mehr zählen kannst, wie oft am Tag du missbraucht wirst."

Er setzte die Spritze an und sofort riss ich erschocken meinen Arm zurück.

"Hör auf, bitte!", flehte ich und sah eingeschüchtert zu ihm hoch. "Ich werde den beiden das Herz brechen! Ich verspreche es, aber tu ihnen nichts."

Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und sah ihm tief in die Augen, was ihn sich beruhigen ließ. Im Inneren legte ich mir den Plan zurecht, ihn bei der nächsten Gelegenheit zu erschießen. Was anderes hatte er nicht verdient und was anderes blieb mir auch nicht mehr übrig.

"Und noch was. Solltest du vorhaben jemandem von unserer Abmachung zu erzählen, dann denk an Benjamin, Love."

Mein Mund öffnete sich und erschrocken über diesen Namen, der mir mein Leben bedeutete, wich ich einen Schritt zurück und starrte ihn mit Tränen in den Augen an.

"Wie kannst du es wagen, seinen Namen in den Mund zu nehmen!", schrie ich dann verzweifelt und erinnerte mich an unser Baby, dass nur wenige Stunden nach der Geburt gestorben war. Er wurde mir einfach weggenommen. Ich konnte ihn nichtmal halten...

"Wieso nicht?", lachte er und ich ballte vor lauter Hass meine Hände zu Fäusten.

"Weil er gestorben ist du mieses-!"

Ich wollte gerade verzweifelt auf ihn los, da umfasste er meine Tailie und drehte mich so herum, dass ich mit meinem Rücken an seiner Brust stand und er hielt mich so fest, dass ich mich selbst mit ganzer Kraft nicht befreien konnte.

"Er lebt Love und nur ich weiß, wo er ist, also sei mein braves Mädchen. Vergiss die Beiden und sorg dafür, das mein Bruder mir wieder beisteht. Ich brauche ihn, genau wie ich dich brauche. Vertraust Du mir, vertraue ich dir und dann werden wir ganz bald wieder eine Familie sein. Ich hab's dir doch versprochen, dass ich dir ein schönes Leben schenke."

Er flüsterte mir diese Worte ins Ohr, doch ich nahm sie nicht mehr wahr. Alles schien sich in diesem Moment aufzulösen. Mein Verstand entglitt mir. Mein Herz starb ... Selbst meine Augen erkannten nichts mehr. Da war nur noch leere Verzweiflung und der alles in mir einnehmende Wunsch zu sterben.

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